Präambel RL 2020/739/EU

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2000/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit(1), insbesondere auf Artikel 19,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Union ist bestrebt, ihre hohen Standards zur Gewährleistung eines angemessenen Schutzes der Gesundheit der Arbeitnehmer aufrechtzuerhalten, was besonders im Kontext einer weltweiten Gesundheitspandemie von hoher Bedeutung ist. Der Ausbruch von COVID-19, einer neuen Coronavirus-Krankheit, hat seit Anfang 2020 alle Mitgliedstaaten getroffen und in allen Sektoren und Dienstleistungen erhebliche Störungen verursacht, die sich unmittelbar auf die Gesundheit und Sicherheit aller Arbeitnehmer in der gesamten Union auswirken.
(2)
Mehr denn je sind die strikte Einhaltung und die Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Unionsvorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz von größter Bedeutung. Die Richtlinie 2000/54/EG enthält Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer vor einer Gefährdung ihrer Sicherheit und Gesundheit, der sie aufgrund der Exposition gegenüber biologischen Arbeitsstoffen bei der Arbeit ausgesetzt sind oder sein können, einschließlich der Vorbeugung gegen eine solche Gefährdung. Sie gilt für Tätigkeiten, bei denen Arbeitnehmer im Rahmen der Ausübung ihres Berufes biologischen Arbeitsstoffen ausgesetzt sind oder sein könnten, und nennt die Maßnahmen, die bei jeder Tätigkeit, bei der die Gefahr einer Exposition gegenüber biologischen Arbeitsstoffen besteht, zu treffen sind, um Art, Ausmaß und Dauer der Exposition der Arbeitnehmer gegenüber solchen Arbeitsstoffen zu ermitteln.
(3)
Anhang III der Richtlinie 2000/54/EG enthält die Liste der biologischen Arbeitsstoffe, die bekanntermaßen Infektionskrankheiten beim Menschen hervorrufen, eingestuft entsprechend dem Ausmaß des von ihnen ausgehenden Infektionsrisikos. Gemäß der einführenden Bemerkung Nr. 6 in dem genannten Anhang sollte die Liste aktualisiert werden, um dem jüngsten Kenntnisstand hinsichtlich wissenschaftlicher und epidemiologischer Entwicklungen Rechnung zu tragen, die zu wesentlichen Änderungen geführt haben, einschließlich der Existenz neuer biologischer Arbeitsstoffe.
(4)
Im Oktober 2019 wurde mit der Richtlinie (EU) 2019/1833 der Kommission(2) Anhang III der Richtlinie 2000/54/EG geändert, wobei insbesondere zahlreiche biologische Arbeitsstoffe, darunter das Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Related-Virus (SARS-Coronavirus) und das Middle East respiratory syndrome coronavirus (MERS-Coronavirus), hinzugefügt wurden.
(5)
Das Virus „Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Related-Virus-2” oder kurz „SARS-CoV-2” , das den Ausbruch von COVID-19 verursacht hat, weist große Ähnlichkeiten mit dem SARS-Virus und dem MERS-Virus auf. Angesichts der derzeit verfügbaren epidemiologischen und klinischen Daten über die Merkmale des Virus, wie Übertragungsmuster, klinische Merkmale und Infektionsrisikofaktoren, sollte SARS-CoV-2 dringend in Anhang III der Richtlinie 2000/54/EG aufgenommen werden, um einen weiterhin angemessenen Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zu gewährleisten.
(6)
SARS-CoV-2 kann bei den infizierten Personen schwere Krankheiten verursachen, die insbesondere für ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmer mit Vorerkrankungen oder chronischen Erkrankungen eine ernste Gefahr darstellen. Obwohl derzeit weder ein Impfstoff noch eine wirksame Behandlung verfügbar ist, werden diesbezüglich auf internationaler Ebene beträchtliche Anstrengungen unternommen und bereits zahlreiche Impfstoffkandidaten ermittelt. Unter Berücksichtigung der neuesten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse und klinischen Daten sowie der Empfehlungen von Sachverständigen, die alle Mitgliedstaaten vertreten, sollte SARS-CoV-2 als Humanpathogen der Risikogruppe 3 eingestuft werden. Mehrere Mitgliedstaaten sowie EFTA-Staaten und andere Drittländer haben Maßnahmen zur Einstufung von SARS-CoV-2 in die Risikogruppe 3 eingeleitet.
(7)
Im März 2020 veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation Leitlinien zur biologischen Sicherheit für Laboratorien in Bezug auf das neue Coronavirus und die Untersuchung klinischer Proben von Patienten, die mit SARS-CoV-2 infiziert sind.(3) In diesen Leitlinien ist festgelegt, dass nichtproliferative diagnostische Labortätigkeiten, wie z. B. die Sequenzierung, in einer Einrichtung unter Anwendung von Verfahren durchgeführt werden können, die mindestens der Sicherheitsstufe 2 entsprechen (Biosicherheitsstufe 2, BSL 2), während proliferative Tätigkeiten mit SARS-CoV-2 in einem Hochsicherheitslabor mit Unterdruck zur Atmosphäre (Biosicherheitsstufe 3, BSL 3) durchgeführt werden sollten. Um ausreichende Kapazitäten sowie die Kontinuität der unentbehrlichen Arbeit der Diagnoselabors in der gesamten Union zu gewährleisten, sollte dies in Anhang III der Richtlinie 2000/54/EG deutlich gemacht werden.
(8)
Angesichts der Schwere der globalen COVID-19-Pandemie und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß Grundsatz 10 der europäischen Säule sozialer Rechte(4) das Recht auf ein gesundes, sicheres und geeignetes Arbeitsumfeld hat‚ sollte diese Richtlinie eine kurze Umsetzungsfrist vorsehen. Auf der Grundlage einer breit angelegten Konsultation wurde eine Umsetzungsfrist von 5 Monaten für angemessen erachtet. Angesichts der außergewöhnlichen Umstände sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, diese Richtlinie möglichst vor Ablauf der Umsetzungsfrist umzusetzen.
(9)
Mit der Richtlinie (EU) 2019/1833 wurden auch Anhang V und Anhang VI der Richtlinie 2000/54/EG geändert, in denen die Sicherheitsmaßnahmen und Sicherheitsstufen für Laboratorien, Tierhaltungsräume und industrielle Verfahren festgelegt sind. Um den Arbeitnehmern angemessenen Schutz zu bieten, sollte auch der Termin für die Umsetzung der Änderungen dieser Anhänge bezüglich der Exposition gegenüber SARS-CoV-2 vorverlegt werden.
(10)
Die Kommission wird die Lage hinsichtlich des Ausbruchs von COVID-19, einschließlich der Entwicklung eines möglichen Impfstoffs und der Verfügbarkeit weiterer technologischer und wissenschaftlicher Daten und Erkenntnisse zu SARS-CoV-2, weiterhin aufmerksam verfolgen. Auf dieser Grundlage wird die Kommission erforderlichenfalls die durch die Annahme dieser Richtlinie festgelegte Risikogruppeneinstufung überprüfen.
(11)
Die Notwendigkeit, das bestehende Schutzniveau für Arbeitnehmer, die im Rahmen der Ausübung ihres Berufes biologischen Arbeitsstoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein könnten, beizubehalten und zu sichern, wurde ebenso berücksichtigt wie die Notwendigkeit sicherzustellen, dass die Änderungen nur die wissenschaftlichen Entwicklungen im jeweiligen Gebiet berücksichtigen, wodurch Anpassungen am Arbeitsplatz nötig sind, die rein technischer Art sind.
(12)
Bei der Ausarbeitung dieser Richtlinie wurde die Kommission von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten unterstützt, die technische und wissenschaftliche Unterstützung leisteten. Darüber hinaus wurde der dreigliedrige Beratende Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zu den rein technischen Anpassungen der Richtlinie 2000/54/EG im Zusammenhang mit dem Ausbruch von SARS-CoV-2 konsultiert.
(13)
Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung vom 28. September 2011 der Mitgliedstaaten und der Kommission zu erläuternden Dokumenten(5) haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird.
(14)
Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des gemäß Artikel 17 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates(6) eingesetzten Ausschusses —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 262 vom 17.10.2000, S. 21.

(2)

Richtlinie (EU) 2019/1833 der Kommission vom 24. Oktober 2019 zur Änderung der Anhänge I, III, V und VI der Richtlinie 2000/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich rein technischer Anpassungen (ABl. L 279 vom 31.10.2019, S. 54).

(3)

Weltgesundheitsorganisation, Laboratory biosafety guidance related to coronavirus disease (COVID-19), vorläufige Leitlinien, 19. März 2020 ‚ https://apps.who.int/iris/rest/bitstreams/1272450/retrieve

(4)

Europäische Säule sozialer Rechte, November 2017, https://ec.europa.eu/commission/priorities/deeper-and-fairer-economic-and-monetary-union/european-pillar-social-rights_de

(5)

ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.

(6)

Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. L 183 vom 29.6.1989, S. 1).

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