Präambel RL 2020/876/EU

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 113 und 115,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die schwerwiegenden Risiken für die öffentliche Gesundheit, sonstige Hemmnisse infolge der COVID-19-Pandemie und die Ausgangsbeschränkungen, die von den Mitgliedstaaten zur Eindämmung der Pandemie verhängt wurden, haben die Fähigkeit von Unternehmen und Steuerbehörden der Mitgliedstaaten, einigen ihrer Verpflichtungen aus der Richtlinie 2011/16/EU des Rates(3) nachzukommen, erheblich beeinträchtigt.
(2)
Mehrere Mitgliedstaaten und Personen, die verpflichtet sind, den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Informationen gemäß der Richtlinie 2011/16/EU zu übermitteln, haben beantragt, die in der genannten Richtlinie festgelegten Fristen zu verlängern. Diese Fristen betreffen den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten, deren Begünstigte in einem anderen Mitgliedstaat steuerlich ansässig sind, und über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen, die mindestens eines der in Anhang IV der Richtlinie 2011/16/EU aufgeführten Kennzeichen aufweisen ( „meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen” ).
(3)
Die COVID-19-Pandemie hat die Tätigkeit vieler Finanzinstitute und Personen, die zur Meldung meldepflichtiger grenzüberschreitender Gestaltungen verpflichtet sind, erheblich beeinträchtigt und hindert sie daran, ihren Meldepflichten gemäß der Richtlinie 2011/16/EU fristgemäß nachzukommen. Die Finanzinstitute sehen sich derzeit mit dringenden Aufgaben im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie konfrontiert.
(4)
Zudem wird die Arbeit der Finanzinstitute und Personen, die zur Meldung verpflichtet sind, durch arbeitsbedingte Störungen erheblich beeinträchtigt, vor allem durch die Gegebenheiten der Telearbeit im Zuge der Ausgangsbeschränkungen in den meisten Mitgliedstaaten. Desgleichen wurden die Datenerhebung und -verarbeitung durch die Steuerbehörden der Mitgliedstaaten negativ beeinflusst.
(5)
Diese Situation erfordert eine sofortige – und so weit wie möglich – koordinierte Reaktion innerhalb der Union. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, den Mitgliedstaaten eine Möglichkeit einzuräumen, die Frist für den Austausch von Informationen über Finanzkonten, deren Begünstigte in einem anderen Mitgliedstaat steuerlich ansässig sind, zu verlängern, damit die Mitgliedstaaten ihre nationalen Fristen für die Vorlage dieser Informationen durch die Meldenden Finanzinstitute anpassen können. Darüber hinaus sollte den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben werden, die Fristen für die Vorlage und den Austausch von Informationen über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen zu verlängern.
(6)
Die Fristverlängerung zielt auf die Bewältigung einer Ausnahmesituation ab und sollte nicht die durch die Richtlinie 2011/16/EU geschaffene Struktur oder die Funktionsweise der Richtlinie 2011/16/EU beeinträchtigen. Es ist daher notwendig, dass die Fristverlängerung begrenzt ist und weiterhin im Verhältnis zu den durch die COVID-19-Pandemie verursachten praktischen Schwierigkeiten bei der Vorlage und dem Austausch von Informationen steht.
(7)
In Anbetracht der derzeitigen Unsicherheit hinsichtlich der Entwicklung der COVID-19-Pandemie und der Tatsache, dass die Umstände, die die Annahme der vorliegenden Richtlinie rechtfertigen, für eine gewisse Zeit fortbestehen könnten, wäre es auch angemessen, die Möglichkeit einer fakultativen Fristverlängerung vorzusehen. Eine solche Verlängerung sollte nur erfolgen, wenn die in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen erfüllt sind.
(8)
Angesichts der erheblichen Auswirkungen der wirtschaftlichen Störung infolge der COVID-19-Pandemie auf den Haushalt, das Personal und die Arbeitsweise der Steuerbehörden der Mitgliedstaaten sollte der Rat ermächtigt werden, auf Vorschlag der Kommission einstimmig eine Verlängerung der Frist zu beschließen.
(9)
Eine Fristverlängerung sollten keine wesentlichen Aspekte der Verpflichtung zur Meldung und zum Austausch von Informationen gemäß der Richtlinie 2011/16/EU beeinträchtigen und es sollte sichergestellt werden, dass alle Informationen, die während des Verlängerungszeitraums meldepflichtig werden, gemeldet oder ausgetauscht werden.
(10)
Wegen der Dringlichkeit, die sich aus den außergewöhnlichen Umständen infolge der COVID-19-Pandemie ergibt, der damit verbundenen Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit und seinen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen, sollte eine Ausnahme von der Achtwochenfrist nach Artikel 4 des dem Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügten Protokolls Nr. 1 über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union gelten.
(11)
Die Richtlinie 2011/16/EU sollte daher entsprechend geändert werden.
(12)
Da die Mitgliedstaaten zur Verlängerung der Fristen binnen kürzester Zeit handeln müssen, da diese Fristen andernfalls gemäß der Richtlinie 2011/16/EU anwendbar werden, sollte die vorliegende Richtlinie umgehend in Kraft treten —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

Standpunkt vom 19. Juni 2020 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)

Standpunkt vom 14. Juni 2020 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)

Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. L 64 vom 11.3.2011, S. 1).

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