Präambel VO (EU) 2020/1149
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission(1), insbesondere auf Artikel 68 Absatz 1,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates(2) fallen Diisocyanate unter eine harmonisierte Einstufung als Inhalationsallergene der Kategorie 1 sowie als Hautallergene der Kategorie 1. Diisocyanate werden in der gesamten Union in einer Vielzahl von Sektoren und Anwendungen als chemische Bausteine eingesetzt, unter anderem vor allem in Schäumen, Dichtungsmitteln und Beschichtungen.
- (2)
- Am 6. Oktober 2016 legte Deutschland der Europäischen Chemikalienagentur (im Folgenden „Agentur” ) ein Dossier(3) gemäß Artikel 69 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (im Folgenden „Dossier nach Anhang XV” ) vor, um das in den Artikeln 69 bis 73 der genannten Verordnung vorgesehene Beschränkungsverfahren einzuleiten. Im Dossier nach Anhang XV wurde angeführt, dass die Sensibilisierung der Atemwege durch Hautkontakt mit und Einatmen von Diisocyanaten bei Arbeitnehmern zu Berufsasthma führt, das als wesentliches Problem des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz in der Union identifiziert wurde. Die Anzahl der jährlich durch Diisocyanate verursachten neuen Fälle von Berufskrankheiten (schätzungsweise mehr als 5000 Fälle) wird als unannehmbar hoch betrachtet. In dem Dossier nach Anhang XV wurde nachgewiesen, dass Maßnahmen auf Unionsebene erforderlich sind, und es wurde vorgeschlagen, die industrielle und gewerbliche Verwendung sowie das Inverkehrbringen von Diisocyanaten als solche und als Bestandteil anderer Stoffe oder Gemische zu beschränken.
- (3)
- Mit der im Dossier nach Anhang XV vorgeschlagenen Beschränkung wird bezweckt, die Verwendung von Diisocyanaten in industriellen und gewerblichen Verwendungen auf die Fälle zu reduzieren, in denen eine Kombination von technischen und organisatorischen Maßnahmen vorhanden ist und eine standardisierte Mindestschulung absolviert wurde. Informationen über den Zugang zur Schulung sollten in der gesamten Lieferkette verbreitet werden, wobei die Wirtschaftsakteure, die diese Stoffe und Gemische in Verkehr bringen, dafür verantwortlich sein sollten, dass den Abnehmern dieser Stoffe oder Gemische Schulungen angeboten werden.
- (4)
- Am 5. Dezember 2017 verabschiedete der von der Agentur eingerichtete Ausschuss für Risikobeurteilung (im Folgenden „RAC” ) seine Stellungnahme(4) mit der Schlussfolgerung, dass die vorgeschlagene Beschränkung in der durch den RAC geänderten Form im Hinblick auf die Wirksamkeit bei der Verringerung der Risiken die geeignetste unionsweite Maßnahme darstellt, um die von der Exposition gegenüber diesen Stoffen ausgehenden Risiken zu reduzieren. Darüber hinaus war er der Auffassung, dass durch die Einführung der vorgeschlagenen Beschränkung in ihrer geänderten Form auch die mit Diisocyanaten in Verbindung stehenden Fälle von Dermatitis zurückgehen würden.
- (5)
- Der RAC kam zu dem Schluss, dass entsprechende Schulungen eine Grundvoraussetzung sind, und dass jeder Arbeitnehmer, der mit Diisocyanaten umgeht, ausreichend Kenntnis von den mit diesen Stoffen verbundenen Gefahren haben und sich der mit ihrer Verwendung verbundenen Risiken bewusst sein sollte. Er sollte auch hinlänglich mit guten Arbeitsmethoden und angemessenen Risikomanagementmaßnahmen (RMM) vertraut sein, wozu auch die korrekte Verwendung einer geeigneten persönlichen Schutzausrichtung gehört. Der RAC stellte fest, dass besondere Schulungsmaßnahmen notwendig sind, um ein Bewusstsein für die Bedeutung angemessener RMM und für Hinweise zur sicheren Handhabung für den Gesundheitsschutz zu schaffen.
- (6)
- Der RAC war der Auffassung, dass der für Diisocyanate in Stoffen oder Gemischen festgesetzte Grenzwert von 0,1 Gewichtsprozent dem niedrigsten Konzentrationsgrenzwert entspricht, der für bestimmte als Inhalationsallergene der Kategorie 1 eingestufte Diisocyanate gilt. Außerdem stimmte der RAC mit dem übermittelnden Land dahin gehend überein, dass die Einführung eines indikativen oder bindenden Arbeitsplatzgrenzwerts nicht ausreichen würde, um die Zahl der Fälle von Berufsasthma so weit wie möglich zu senken, da derzeit kein Schwellenwert für die sensibilisierenden Eigenschaften von Diisocyanaten bekannt ist.
- (7)
- Am 15. März 2018 nahm der Ausschuss für sozioökonomische Analyse (im Folgenden „SEAC” ) der Agentur seine Stellungnahme(5) an und bestätigte die Schlussfolgerung des RAC, dass die vorgeschlagene Beschränkung nach Abwägung des sozioökonomischen Nutzens und der Kosten die geeignetste unionsweite Maßnahme zur Bewältigung der festgestellten Risiken ist. Darüber hinaus kam der SEAC zu dem Schluss, dass die vorgeschlagene Beschränkung für die betroffenen Lieferketten finanziell zumutbar ist.
- (8)
- Der SEAC empfahl, die Anwendung der Beschränkung um 48 Monate aufzuschieben, um allen Akteuren genügend Zeit für die vollständige Umsetzung der Beschränkungsanforderungen einzuräumen.
- (9)
- Das Forum der Agentur für den Austausch von Informationen zur Durchsetzung nach Artikel 76 Absatz 1 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 wurde zu den Stellungnahmen des RAC und des SEAC bezüglich der vorgeschlagenen Beschränkung konsultiert und seinen Empfehlungen wurde Rechnung getragen.
- (10)
- Am 9. Mai 2018 hat die Agentur die Stellungnahmen des RAC und des SEAC an die Kommission übermittelt. Aufgrund dieser Stellungnahmen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Verwendung oder das Inverkehrbringen von Diisocyanaten als solche, als Bestandteil in anderen Stoffen und in Gemischen ein unannehmbares Risiko für die menschliche Gesundheit mit sich bringt. Die Kommission ist der Auffassung, dass gegen diese Risiken unionsweit vorgegangen werden muss.
- (11)
- Unter Berücksichtigung des Dossiers nach Anhang XV sowie der Stellungnahmen des RAC und des SEAC vertritt die Kommission den Standpunkt, dass industriellen und gewerblichen Anwendern ein Mindestmaß an Schulungsanforderungen vorgegeben werden sollte, unbeschadet strengerer nationaler Regeln in den Mitgliedstaaten. Die Kommission ist außerdem der Auffassung, dass Informationen zu dieser Anforderung in der Verpackung enthalten sein sollten.
- (12)
- Im Hinblick auf eventuelle zukünftige Überprüfungen der derzeitigen Beschränkung sollten die Mitgliedstaaten der Kommission gemäß Artikel 117 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 über alle festgelegten Schulungsanforderungen, die Zahl der gemeldeten Fälle von Berufsasthma und berufsbedingten Atemwegs- und Hauterkrankungen, alle nationalen Expositionswerte am Arbeitsplatz und über Informationen über Durchsetzungsmaßnahmen Bericht erstatten.
- (13)
- Unbeschadet der Rechtsvorschriften der Union im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, insbesondere der Richtlinie 98/24/EG des Rates über chemische Arbeitsstoffe(6), sollen dank dieser Beschränkung die Arbeitgeber ihre Risikokontrolle verbessern können. Da durch diesen Rechtsakt die Umsetzung der bestehenden Anforderungen im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz durch die Einführung von spezifischen Schulungsprogrammen für den Umgang mit Diisocyanaten in der gesamten Lieferkette weiter vorangebracht wird, werden kleine und mittlere Unternehmen daraus Nutzen ziehen können.
- (14)
- Für Wirtschaftsteilnehmer sollte eine ausreichend lange Frist gelten, damit sie sich auf die neuen Anforderungen einstellen können. Ein Übergangszeitraum von drei Jahren wird als angemessen erachtet, damit die betroffenen Arbeitskräfte die erforderlichen Schulungen durchführen können.
- (15)
- Die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 sollte daher entsprechend geändert werden.
- (16)
- Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen stehen im Einklang mit der Stellungnahme des nach Artikel 133 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 eingesetzten Ausschusses —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1.
- (2)
Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1).
- (3)
https://echa.europa.eu/documents/10162/63c411e5-cf0f-dc5e-ff83-1e8de7e4e282
- (4)
https://echa.europa.eu/documents/10162/737bceac-35c3-77fb-ba7a-0e417a81aa4a
- (5)
https://echa.europa.eu/documents/10162/d6794aa4-8e3a-6780-d079-77237244f5f9
- (6)
Richtlinie 98/24/EG des Rates vom 7. April 1998 zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (ABl. L 131 vom 5.5.1998, S. 11).
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