Präambel VO (EU) 2020/698

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 91 und Artikel 100 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Anhörung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Der COVID‐19‐Ausbruch und die damit einhergehende Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit stellen eine beispiellose Herausforderung für die Mitgliedstaaten und eine hohe Belastung für die nationalen Behörden, die Bürgerinnen und Bürger der Union und die Wirtschaftsteilnehmer, insbesondere die Verkehrsunternehmen, dar. Die Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit hat außergewöhnliche Umstände geschaffen, die die normale Tätigkeit der zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten sowie die Arbeit der Verkehrsunternehmen in Bezug auf die Verwaltungsformalitäten beeinträchtigen, die in verschiedenen Verkehrsbereichen zu erfüllen sind und die zum Zeitpunkt der Annahme der relevanten Maßnahmen vernünftigerweise so nicht vorhersehbar waren. Diese außergewöhnlichen Umstände haben gravierende Folgen für verschiedene Bereiche, die unter das Verkehrsrecht der Union fallen.
(2)
Insbesondere können die Verkehrsunternehmen und andere Betroffene möglicherweise nicht den erforderlichen Formalitäten oder Verfahren zur Einhaltung bestimmter Vorschriften des Unionsrechts im Zusammenhang mit der Erneuerung oder Verlängerung von Bescheinigungen, Lizenzen oder Genehmigungen nachkommen oder andere erforderliche Maßnahmen zur Beibehaltung ihrer Gültigkeit ergreifen. Aus denselben Gründen sind möglicherweise auch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nicht in der Lage, Verpflichtungen aus dem Unionsrecht nachzukommen und dafür zu sorgen, dass entsprechende von den Verkehrsunternehmen gestellte Anträge vor Ablauf der festgelegten Fristen bearbeitet werden. Daher müssen Maßnahmen verabschiedet werden um diesen Problemen Abhilfe zu schaffen und sowohl Rechtssicherheit als auch das ordnungsgemäße Funktionieren der betreffenden Rechtsakte zu gewährleisten. Dazu sollten insbesondere in Bezug auf bestimmte Fristen entsprechende Anpassungen vorgesehen werden, wobei die Kommission die Möglichkeit haben sollte, Verlängerungen auf der Grundlage eines Antrags eines Mitgliedstaats zu genehmigen.
(3)
In der Richtlinie 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(2) sind Vorschriften in Bezug auf die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr festgelegt. Diese Fahrer müssen Inhaber eines Befähigungsnachweises sein und nachweisen, dass sie eine Weiterbildungsmaßnahme abgeschlossen haben, indem sie im Besitz eines Führerscheins oder eines Fahrerqualifizierungsnachweises sind, auf dem die Weiterbildung vermerkt ist. Da es aufgrund der außergewöhnlichen Umstände infolge des COVID‐19‐Ausbruchs, der in manchen Mitgliedstaaten spätestens zum 1. Februar 2020 begonnen hatte, für den Inhaber eines Befähigungsnachweises schwierig ist, Weiterbildungsmaßnahmen abzuschließen und Befähigungsnachweise zur Bescheinigung der Beendigung der Weiterbildung zu erneuern‚ ist es erforderlich, die Gültigkeitsdauer dieses Befähigungsnachweises um sieben Monate ab ihrem Ablaufdatum zu verlängern, um die Kontinuität des Straßenverkehrs zu gewährleisten. Maßnahmen hinsichtlich dieser Themen, die Mitgliedstaaten im Einklang mit Artikel 8 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 2003/59/EG, Anhang I der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(3) oder Anhang II der Richtlinie 2003/59/EG vor Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung getroffen haben, sollten gültig bleiben.
(4)
Die Richtlinie 2006/126/EG enthält Vorschriften über den Führerschein. Die Richtlinie sieht die gegenseitige Anerkennung von Führerscheinen vor, die von den Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines Unionsführerscheinmusters ausgestellt werden, und enthält eine Reihe von Mindestanforderungen in Bezug auf diese Führerscheine. So müssen insbesondere Fahrer von Kraftfahrzeugen Inhaber eines gültigen Führerscheins sein, der nach Ablauf seiner Gültigkeitsdauer erneuert oder in einigen Fällen umgetauscht werden muss. Da es aufgrund der außergewöhnlichen Umstände infolge des COVID‐19‐Ausbruchs, der in manchen Mitgliedstaaten spätestens zum 1. Februar 2020 begonnen hatte, schwierig ist, Führerscheine zu erneuern‚ ist es erforderlich, die Gültigkeitsdauer bestimmter Führerscheine um sieben Monate ab ihrem Ablaufdatum zu verlängern, um die Kontinuität der Mobilität auf der Straße zu gewährleisten.
(5)
In der Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) sind Vorschriften über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr festgelegt. Die Einhaltung der Vorschriften über Lenk-, Arbeits- und Ruhezeiten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) und der Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(6) ist für die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs und der Straßenverkehrssicherheit von wesentlicher Bedeutung. Da trotz der Schwierigkeiten bei der Durchführung der regelmäßigen Nachprüfungen von Fahrtenschreibern aufgrund der außergewöhnlichen Umstände infolge des COVID‐19‐Ausbruchs die Kontinuität der Erbringung von Straßenverkehrsdiensten gewährleistet werden muss, sollten Nachprüfungen gemäß Artikel 23 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 165/2014, die zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. August 2020 hätten erfolgen müssen, nun spätestens sechs Monate nach dem Zeitpunkt durchgeführt werden, zu dem sie gemäß dem genannten Artikel erforderlich gewesen wären. Aus demselben Grund ist es durch die Schwierigkeiten bei der Erneuerung und Ersetzung von Fahrerkarten aufgrund der außergewöhnlichen Umstände infolge des COVID‐19‐Ausbruchs gerechtfertigt den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten hierfür zusätzliche Zeit einzuräumen. In solchen Fällen sollten die Fahrer in die Lage versetzt und verpflichtet werden, auf praktikable Alternativen auszuweichen, um die erforderlichen Informationen über Lenk-, Arbeits- und Ruhezeiten zu erfassen, bis sie eine neue Fahrerkarte erhalten.
(6)
In der Richtlinie 2014/45/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(7) sind Vorschriften über die regelmäßige technische Überwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern festgelegt. Die regelmäßige technische Überwachung ist eine komplexe Aufgabe, die dafür sorgen soll, dass Fahrzeuge während ihres Betriebs in einem sicheren und umweltfreundlichen Zustand gehalten werden. Da es aufgrund der außergewöhnlichen Umstände infolge des COVID‐19‐Ausbruchs, der in manchen Mitgliedstaaten spätestens zum 1. Februar 2020 begonnen hatte, schwierig ist, regelmäßige technische Überwachungen durchzuführen, sollten die regelmäßigen technischen Überwachungen, die zwischen dem 1. Februar 2020 und dem 31. August 2020 hätten erfolgen müssen, nun zu einem späteren Zeitpunkt, jedoch nicht später als sieben Monate nach Ablauf der ursprünglichen Frist durchgeführt werden, wobei die betreffenden Prüfbescheinigungen bis zu diesem späteren Datum gültig bleiben sollten.
(7)
In der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates(8) sind gemeinsame Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers festgelegt. Der COVID‐19‐Ausbruch und die damit verbundene Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit haben schwerwiegende Auswirkungen auf die finanzielle Lage des Sektors, sodass einige Verkehrsunternehmen die Anforderung der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht mehr erfüllen. In Anbetracht des geringeren Tätigkeitsumfangs infolge der Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit wird davon ausgegangen, dass die Unternehmen mehr Zeit benötigen werden als sonst, um nachzuweisen, dass die Anforderung der finanziellen Leistungsfähigkeit erneut dauerhaft erfüllt ist. Daher sollte die für diese Zwecke in Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 festgesetzte Höchstfrist für Beurteilungen der finanziellen Leistungsfähigkeit des Verkehrsunternehmens, die den Zeitraum zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2020 ganz oder teilweise abdecken, von sechs auf zwölf Monate verlängert werden. Wenn bereits festgestellt wurde, dass diese Anforderung nicht erfüllt wird, und die von der zuständigen Behörde gesetzte Frist noch nicht abgelaufen ist, sollte die zuständige Behörde diese Frist auf insgesamt zwölf Monate verlängern können.
(8)
In den Verordnungen (EG) Nr. 1072/2009(9) und (EG) Nr. 1073/2009(10) des Europäischen Parlaments und des Rates sind gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs bzw. für den Zugang zum grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrsmarkt festgelegt. Für den grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr und den grenzüberschreitenden Personenverkehr mit Kraftomnibussen ist unter anderem der Besitz einer Gemeinschaftslizenz und für Fahrer, die Staatsangehörige eines Drittlandes sind und die die Gütertransporte durchführen, eine Fahrerbescheinigung erforderlich. Auch der Linienverkehr mit Kraftomnibussen ist genehmigungspflichtig. Diese Lizenzen, Bescheinigungen und Genehmigungen können erneuert werden, nachdem überprüft wurde, dass die einschlägigen Bedingungen weiterhin erfüllt sind. Da es aufgrund der außergewöhnlichen Umstände infolge des COVID‐19‐Ausbruchs schwierig ist, Lizenzen und Bescheinigungen zu erneuern‚ ist es erforderlich, ihre Gültigkeitsdauer um sechs Monate ab ihrem Ablaufdatum zu verlängern, um die Kontinuität des Straßenverkehrs zu gewährleisten.
(9)
In der Richtlinie (EU) 2016/798 des Europäischen Parlaments und des Rates(11) sind Vorschriften über die Eisenbahnsicherheit festgelegt. Aufgrund der Ausgangsbeschränkungen und des zusätzlichen Arbeitsaufwands, der mit der Eindämmung des Ausbruchs der COVID-19 verbunden ist, haben die nationalen Behörden, Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreiber Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Erneuerung einheitlicher Sicherheitsbescheinigungen und – im Hinblick auf das bevorstehende Ablaufen bestehender Sicherheitsgenehmigungen – bei der Erteilung solcher Genehmigungen für einen Folgezeitraum, der unter die Artikel 10 bzw. 12 der genannten Richtlinie fällt. Die Frist für die Erneuerung einheitlicher Sicherheitsbescheinigungen sollte daher um sechs Monate verlängert werden, die betreffenden bestehenden einheitlichen Sicherheitsbescheinigungen sollten entsprechend gültig bleiben. Ebenso sollte die Gültigkeitsdauer solcher Sicherheitsgenehmigungen um sechs Monate ab ihrem Ablaufdatum verlängert werden.
(10)
Gemäß Artikel 33 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/798 haben einige Mitgliedstaaten den Umsetzungszeitraum für diese Richtlinie verlängert. In diesen Mitgliedstaaten gelten somit weiterhin die Bestimmungen der Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(12). Daher ist es ebenfalls notwendig, eine Verlängerung der Fristen für die Erneuerung von Sicherheitsbescheinigungen und Sicherheitsgenehmigungen vorzusehen, die gemäß den Artikeln 10 und 11 der Richtlinie 2004/49/EG erteilt wurden, und deutlich zu machen, dass die betreffenden Sicherheitsbescheinigungen und -genehmigungen entsprechend gültig bleiben.
(11)
In der Richtlinie 2007/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(13) sind Vorschriften über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Union führen, festgelegt. Gemäß den Artikeln 14 Absatz 5 und 16 dieser Richtlinie ist die Fahrerlaubnis für Triebfahrzeugführer vorbehaltlich regelmäßiger Überprüfungen zehn Jahre gültig. Da es aufgrund der außergewöhnlichen Umstände infolge des COVID‐19‐Ausbruchs schwierig ist‚ die Fahrerlaubnis zu erneuern, sollte die Gültigkeitsdauer von Fahrerlaubnissen, die zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. August 2020 ablaufen, um sechs Monate ab ihrem Ablaufdatum verlängert werden. Ebenso sollte Triebfahrzeugführern eine zusätzliche Frist von sechs Monaten für den Abschluss ihrer regelmäßigen Überprüfungen eingeräumt werden.
(12)
Mit der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(14) wird ein einheitlicher europäischer Eisenbahnraum geschaffen. Gemäß Artikel 23 Absatz 2 der genannten Richtlinie können Genehmigungsbehörden eine regelmäßige Überprüfung vornehmen, um sicherzustellen, dass das Eisenbahnunternehmen weiterhin die Bestimmungen nach Kapitel III dieser Richtlinie erfüllt, die sich auf seine Genehmigung beziehen. Gemäß Artikel 24 Absatz 3 der genannten Richtlinie können Genehmigungsbehörden eine Genehmigung wegen Nichterfüllung der Anforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit aussetzen oder widerrufen und bis zum Abschluss der Reorganisation des Eisenbahnunternehmens auch eine befristete Genehmigung erteilen, wenn die Sicherheit nicht gefährdet ist. Aufgrund der durch den COVID‐19‐Ausbruch verursachten außergewöhnlichen Umstände haben die Genehmigungsbehörden ernste Schwierigkeiten‚ regelmäßige Überprüfungen von bestehenden Genehmigungen durchzuführen und die entsprechenden Entscheidungen zu treffen, in Bezug auf die Erteilung neuer Genehmigungen nach Ablauf einer befristeten Genehmigung. Deshalb sollten die Fristen für die Durchführung von regelmäßigen Überprüfungen, die gemäß der genannten Richtlinie zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. August 2020 ablaufen, um sechs Monate verlängert werden. Ebenso sollte die Gültigkeitsdauer der befristeten Genehmigungen, die zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. August 2020 ablaufen, um sechs Monate verlängert werden.
(13)
Gemäß Artikel 25 Absatz 2 der Richtlinie 2012/34/EU müssen die Genehmigungsbehörden über Anträge auf Erteilung einer Genehmigung innerhalb von drei Monaten nach Vorlage aller erforderlichen Angaben, insbesondere derjenigen gemäß Anhang III der genannten Richtlinie, entscheiden. Da es aufgrund der außergewöhnlichen Umstände infolge des COVID‐19‐Ausbruchs schwierig ist, die entsprechenden Entscheidungen zu treffen, muss diese Frist um sechs Monate verlängert werden.
(14)
Eisenbahnunternehmen, die vor dem COVID‐19‐Ausbruch finanziell stabil waren, sehen sich mit Liquiditätsproblemen konfrontiert, die zur Aussetzung oder Widerrufung der Genehmigung oder zu ihrer Ersetzung durch eine vorläufige Genehmigung führen könnten, ohne dass hierfür eine strukturelle ökonomische Notwendigkeit besteht. Die Erteilung einer vorläufigen Genehmigung gemäß Artikel 24 Absatz 3 der Richtlinie 2012/34/EU könnte dem Markt ein negatives Signal hinsichtlich der Überlebensfähigkeit der Eisenbahnunternehmen senden, was wiederum ihre - andernfalls vorübergehenden - finanziellen Probleme verschärfen würde. Sofern die Genehmigungsbehörde auf der Grundlage der im Zeitraum zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. August 2020 durchgeführten Prüfung feststellt, dass ein Eisenbahnunternehmen die Anforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit nicht mehr erfüllen kann, sollte daher vorgesehen werden, dass die Genehmigungsbehörde vor dem 31. August 2020 beschließen kann, die Genehmigung des betreffenden Eisenbahnunternehmens nicht auszusetzen oder zu widerrufen, sofern die Sicherheit nicht gefährdet ist und sofern innerhalb der folgenden sechs Monate realistische Aussichten auf eine zufriedenstellende finanzielle Sanierung des Eisenbahnunternehmens bestehen. Nach dem 31. August 2020 gelten für das Eisenbahnunternehmen die allgemeinen Vorschriften des Artikels 24 Absatz 1 der genannten Richtlinie.
(15)
In der Richtlinie 96/50/EG des Rates(15) sind die Bedingungen für den Erwerb von Schifferpatenten für den Binnenschiffsgüter- und -personenverkehr in der Union festgelegt. Die Inhaber von Schifferpatenten müssen sich nach Vollendung des 65. Lebensjahres regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen unterziehen. In Anbetracht der Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem COVID‐19‐Ausbruch ergriffen wurden, und insbesondere aufgrund des eingeschränkten Zugangs zu medizinischen Diensten für ärztliche Untersuchungen, können sich die Inhaber von Schifferpatenten in dem von diesen Maßnahmen betroffenen Zeitraum möglicherweise nicht fristgerecht den vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchungen unterziehen. Daher sollte die Frist für ärztliche Untersuchungen in all jenen Fällen, in denen sie andernfalls zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. August 2020 abgelaufen wäre oder ablaufen würde, um sechs Monate verlängert werden. Die betreffenden Schifferpatente sollten entsprechend gültig bleiben.
(16)
In der Richtlinie (EU) 2016/1629 des Europäischen Parlaments und des Rates(16) sind technische Vorschriften für Binnenschiffe festgelegt. Artikel 10 dieser Richtlinie sieht eine Begrenzung der Gültigkeitsdauer der Unionszeugnisse für Binnenschiffe vor. Darüber hinaus sieht Artikel 28 der Richtlinie (EU) 2016/1629 vor, dass Dokumente, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen und von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten gemäß der zuvor geltenden Richtlinie 2006/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(17) vor dem 6. Oktober 2018 erteilt wurden, bis zu ihrem Ablauf gültig bleiben. Wegen der im Hinblick auf den COVID‐19‐Ausbruch getroffenen Maßnahmen kann es für die zuständigen Behörden praktisch schwierig oder teilweise sogar unmöglich sein, die technischen Untersuchungen durchzuführen, die nötig sind, um die Gültigkeit der einschlägigen Zeugnisse zu verlängern oder die in Artikel 28 der Richtlinie (EU) 2016/1629 genannten Dokumente zu ersetzen. Um den weiteren Betrieb der betreffenden Binnenschiffe zu ermöglichen, ist es daher geboten, die Gültigkeitsdauer der Unionszeugnisse für Binnenschiffe und der in Artikel 28 der Richtlinie (EU) 2016/1629 genannten Dokumente, die andernfalls zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. August 2020 abgelaufen wäre oder ablaufen würde, um sechs Monate zu verlängern.
(17)
Die Verordnung (EG) Nr. 725/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates(18) enthält Vorschriften zur Erhöhung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen. In der Richtlinie 2005/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(19) sind Maßnahmen zur Erhöhung der Gefahrenabwehr in Häfen angesichts der Bedrohung durch sicherheitsrelevante Ereignisse festgelegt. Außerdem wird mit dieser Richtlinie sichergestellt, dass die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 725/2004 getroffenen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr durch eine erhöhte Gefahrenabwehr in den Häfen begünstigt werden. Die anhaltende Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit erschwert es den Behörden der Mitgliedstaaten, die Inspektionen und Besichtigungen zur Gefahrenabwehr im Seeverkehr durchzuführen, die für die Erneuerung bestimmter Dokumente erforderlich sind. Um den Mitgliedstaaten und der Schifffahrtsbranche einen flexiblen und pragmatischen Ansatz zu ermöglichen und wesentliche Lieferketten offen zu halten, ohne die Sicherheit zu gefährden, ist es daher notwendig, die Fristen für die nach diesen Rechtsakten der Union vorgeschriebenen Überprüfung von Risikobewertungen und Plänen zur Gefahrenabwehr um einen angemessenen Zeitraum zu verlängern. Auch in Bezug auf Schulungen und Übungen zur Gefahrenabwehr im Seeverkehr, die nach den Rechtsakten der Union innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens durchgeführt werden müssen, sollte Flexibilität eingeräumt werden.
(18)
Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, dass die Anwendung der Vorschriften, von denen diese Verordnung abweicht und die sich unter anderem auf die Erneuerung oder Verlängerung von Bescheinigungen, Lizenzen oder Genehmigungen beziehen, aufgrund von Maßnahmen, die er getroffen hat, um die Ausbreitung von COVID‐19 zu verhindern oder einzudämmen, über die in dieser Verordnung genannten Zeitpunkte hinaus voraussichtlich weiterhin nicht durchführbar ist, so sollte die Kommission ermächtigt werden, dem betreffenden Mitgliedstaat zu gestatten, die in dieser Verordnung genannten Fristen gegebenenfalls weiter zu verlängern, wenn der Mitgliedstaat dies beantragt. Um Rechtssicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Verkehrssicherheit und Gefahrenabwehr nicht gefährdet wird, sollte diese Verlängerung auf das Maß beschränkt werden, das erforderlich ist, um dem Zeitraum Rechnung zu tragen, in dem die Erfüllung von Formalitäten, Verfahren, Kontrollen und Ausbildungsmaßnahmen voraussichtlich weiterhin nicht durchführbar ist, und auf keinen Fall länger als sechs Monate betragen.
(19)
Die gesamte Union leidet unter dem COVID‐19‐Ausbruch, wenn auch nicht gleichermaßen. Die Mitgliedstaaten waren in unterschiedlichem Maße und zu unterschiedlichen Zeiten betroffen. Da die Ausnahmen von den normalerweise geltenden Vorschriften auf das erforderliche Maß beschränkt werden sollten, sollten die Mitgliedstaaten in Bezug auf die Richtlinie 2006/126/EG, die Verordnung (EU) Nr. 165/2014, die Richtlinie 2014/45/EU, die Verordnung (EG) Nr. 1072/2009, die Verordnung (EG) Nr. 1073/2009 und die Richtlinie 2007/59/EG die Möglichkeit haben, diese Rechtsakte ohne die in dieser Verordnung vorgesehenen Ausnahmen weiterhin anzuwenden, sofern die Anwendung dieser Rechtsakte weiterhin durchführbar ist. Dasselbe gilt, wenn ein Mitgliedstaat mit solchen Schwierigkeiten konfrontiert war, jedoch geeignete nationale Maßnahmen getroffen hat, um diese abzumildern. Die Mitgliedstaaten, die sich dafür entscheiden, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, sollten jedoch keinen Wirtschaftsbeteiligten bzw. keine Einzelperson daran hindern, sich auf die in dieser Verordnung vorgesehenen Ausnahmeregelungen zu verlassen, die in einem anderen Mitgliedstaat gelten, und sie sollten insbesondere die Bescheinigungen, Lizenzen und Genehmigungen, deren Gültigkeitsdauer durch diese Verordnung verlängert wurde, anerkennen.
(20)
Da die Ziele der vorliegenden Verordnung, nämlich die Verlängerung der im Unionsrecht festgelegten Fristen für die Erneuerung und Verlängerung der Gültigkeitsdauer bestimmter Bescheinigungen, Lizenzen und Genehmigungen sowie die Verschiebung bestimmter regelmäßiger Kontrollen und Weiterbildung infolge der außergewöhnlichen Umstände, die durch den COVID‐19‐Ausbruch im Straßen-, Schienen- und Binnenschiffsverkehr sowie im Bereich der Gefahrenabwehr im Seeverkehr verursacht wurden, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(21)
Wegen der Dringlichkeit infolge der durch den COVID‐19‐Ausbruch verursachten außergewöhnlichen Umstände wurde es als angemessen erachtet, eine Ausnahme von der Achtwochenfrist nach Artikel 4 des dem Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügten Protokolls Nr. 1 über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union vorzusehen.
(22)
Aufgrund der Unvorhersehbarkeit und Plötzlichkeit des COVID‐19‐Ausbruchs sowie der für den Erlass einschlägiger Maßnahmen erforderlichen Gesetzgebungsverfahren war es nicht möglich, die nötigen Maßnahmen rechtzeitig zu erlassen. Aus diesem Grund sollten die Bestimmungen dieser Verordnung auch für den Zeitraum vor dem Inkrafttreten der Verordnung gelten. Angesichts der Art dieser Bestimmungen führt ein solcher Ansatz nicht zu einer Verletzung des berechtigten Vertrauens der Betroffenen.
(23)
Da die mit dem COVID‐19‐Ausbruch verursachten Umstände im Bereich des Straßen-, Schienen- und Binnenschiffsverkehrs sowie der Gefahrenabwehr im Seeverkehr unbedingt unverzügliches Handeln erfordern, wobei gegebenenfalls den Mitgliedstaaten eine angemessene Zeitspanne zur Verfügung gestellt werden sollte, in der sie die Kommission darüber unterrichten, ob sie sich entscheiden, bestimmte Ausnahmen in dieser Verordnung nicht anzuwenden, sollte diese Verordnung aus Gründen der Dringlichkeit am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten, um sicherzustellen, dass der Zeitraum der Rechtsunsicherheit, von der zahlreiche Behörden und Wirtschaftsteilnehmer in verschiedenen Sektoren insbesondere bei bereits abgelaufenen Fristen betroffen sind, möglichst kurz bleibt —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 15. Mai 2020 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 20. Mai 2020.

(2)

Richtlinie 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates und der Richtlinie 91/439/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 76/914/EWG des Rates (ABl. L 226 vom 10.9.2003, S. 4).

(3)

Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 18).

(4)

Verordnung (EU) Nr. 165/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Fahrtenschreiber im Straßenverkehr, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr (ABl. L 60 vom 28.2.2014, S. 1).

(5)

Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (ABl. L 102 vom 11.4.2006, S. 1).

(6)

Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben (ABl. L 80 vom 23.3.2002, S. 35).

(7)

Richtlinie 2014/45/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die regelmäßige technische Überwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/40/EG (ABl. L 127 vom 29.4.2014, S. 51).

(8)

Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers und zur Aufhebung der Richtlinie 96/26/EG des Rates (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 51).

(9)

Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 72).

(10)

Verordnung (EG) Nr. 1073/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrsmarkt und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 88).

(11)

Richtlinie (EU) 2016/798 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über Eisenbahnsicherheit (ABl. L 138 vom 26.5.2016, S. 102).

(12)

Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG des Rates über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen und der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44).

(13)

Richtlinie 2007/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft führen (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 51).

(14)

Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 32).

(15)

Richtlinie 96/50/EG des Rates vom 23. Juli 1996 über die Harmonisierung der Bedingungen für den Erwerb einzelstaatlicher Schifferpatente für den Binnenschiffsgüter- und -personenverkehr in der Gemeinschaft (ABl. L 235 vom 17.9.1996, S. 31).

(16)

Richtlinie (EU) 2016/1629 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. September 2016 zur Festlegung technischer Vorschriften für Binnenschiffe, zur Änderung der Richtlinie 2009/100/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 2006/87/EG (ABl. L 252 vom 16.9.2016, S. 118).

(17)

Richtlinie 2006/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über die technischen Vorschriften für Binnenschiffe und zur Aufhebung der Richtlinie 82/714/EWG des Rates (ABl. L 389 vom 30.12.2006, S. 1).

(18)

Verordnung (EG) Nr. 725/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Erhöhung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen (ABl. L 129 vom 29.4.2004, S. 6).

(19)

Richtlinie 2005/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Erhöhung der Gefahrenabwehr in Häfen (ABl. L 310 vom 25.11.2005, S. 28).

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.