§ 6 SeeLAuFV

Praktische Ausbildung

(1) Die praktische Ausbildung ist von den Lotsenbrüderschaften durchzuführen. In den Lotsenausbildungsabschnitten 2 und 3 wird die jeweilige praktische Ausbildung auf dem Lotsrevier der ausbildenden Lotsenbrüderschaft durchgeführt. In Ausnahmefällen können Ausbildungsfahrten in Abstimmung der ausbildenden Lotsenbrüderschaft mit anderen Lotsenbrüderschaften in anderen Lotsrevieren durchgeführt werden, um alle Ausbildungseinheiten zu erfüllen. Folgende Ausbildungseinheiten sind zu durchlaufen:

1.
Ausbildungsfahrten
a)
unter Anleitung von Seelotsinnen und Seelotsen, die während einer Ausbildungsfahrt Unterweisungen durchführen (anleitende Seelotsinnen und anleitende Seelotsen) auf in dem Seelotsrevier verkehrenden Fahrzeugen sowie auf Fahrzeugen bei Distanzlotsungen,
b)
im Bereich der Seeschiffsassistenz,
c)
auf Schleppfahrzeugen während einer Verschleppung und
d)
auf Lotsenversetz- und Zubringerfahrzeugen,
2.
Üben der Schiffsführung auf einem geeigneten Fahrzeug unter Anleitung,
3.
Schiffsführungssimulationen an von der Aufsichtsbehörde anerkannten Schiffsführungssimulatoren,
4.
Wachdienst in den Lotsenwachen unter Aufsicht ausgebildeter Wachleiterinnen und Wachleitern,
5.
Einsatz bei den Verkehrszentralen des Reviers einschließlich der Radarberatung,
6.
bei im Revier für die Schifffahrt zuständigen Behörden sowie
7.
die Teilnahme an Lehrgängen und weiteren Ausbildungsmaßnahmen nach dem Ausbildungsrahmenplan nach Anlage 1.
Zur praktischen Ausbildung können außerdem Übungen auf bemannten Schiffsmodellen gehören.

(2) Die praktische Ausbildung ist inhaltlich auf die theoretischen Ausbildungsinhalte des Ausbildungsrahmenplans nach Anlage 1 abzustimmen. Schwerpunkt der praktischen Ausbildung ist die Anwendung der Kenntnisse, die eine Seelotsin oder einen Seelotsen in der Praxis zum sicheren Handeln auch in schwierigen Situationen befähigen. Die praktische Ausbildung umfasst insbesondere die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit dem Brückenteam unter Normal- und Notfallbedingungen bei Berücksichtigung von psychologischen, sprachlichen, physiologischen und kulturellen Besonderheiten.

(3) Zur selbstständigen Lotsberatung oder zur Ausübung einer anderen selbstständigen Tätigkeit mit eigener Verantwortung dürfen die Seelotsenanwärterinnen und Seelotsenanwärter nicht herangezogen werden. Beim angeleiteten Mitfahren obliegt die Verantwortung der anleitenden Seelotsin oder dem anleitenden Seelotsen. Bei Ausbildungsfahrten soll nur eine Seelotsenanwärterin oder ein Seelotsenanwärter pro anleitender Seelotsin oder anleitendem Seelotsen teilnehmen.

(4) Die praktische Ausbildung an dem Schiffsführungssimulator oder dem bemannten Schiffsmodell muss Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur sicheren Kontrolle der Bahnführung sowie ein angemessenes Verhalten in Notfällen vermitteln. Dazu gehören insbesondere

1.
die Beurteilung und sichere Nutzung des verfügbaren Fahrwassers im Verhältnis zum Raumbedarf des Fahrzeugs,
2.
das Fahren mit einer sicheren, situationsangemessenen Geschwindigkeit,
3.
die sichere Änderung von Richtung und Kurs des Fahrzeugs,
4.
die Berücksichtigung von hydrodynamischen, hydrologischen, hydromorphologischen und aerodynamischen Einflüssen auf die Bahnführung des Fahrzeugs und
5.
die Beurteilung von Situationen hinsichtlich potenzieller Gefährdungen sowie deren Verringerung durch sicherheitsorientiertes Handeln.

(5) Eine Ausbildungsfahrt umfasst

1.
das eigenständige und systematische Informieren durch die Seelotsenanwärterin und den Seelotsenanwärter über das jeweilige Revier sowie die vollständige Planung einer Ausbildungsfahrt nach relevanten nautischen, rechtlichen und formalen Gesichtspunkten,
2.
eine Vorbesprechung mit der anleitenden Seelotsin oder dem anleitenden Seelotsen hinsichtlich der Ausbildungsfahrt und der sich darin situativ ergebenden Umstände,
3.
die aufmerksame Beobachtung der Ausbildungsfahrt sowie das Stellen von am jeweiligen Ausbildungsstand angepassten Aufgaben durch die anleitende Seelotsin oder den anleitenden Seelotsen,
4.
die Unterweisung während der Ausbildungsfahrt durch die anleitende Seelotsin oder den anleitenden Seelotsen,
5.
eine Nachbesprechung mit der anleitenden Seelotsin oder dem anleitenden Seelotsen hinsichtlich der Ausbildungsfahrt, insbesondere die Erörterung des Leistungs- und Ausbildungsstandes der Seelotsenanwärterin oder des Seelotsenanwärters.
Anspruchsvolle Ausbildungsfahrten insbesondere bei Nacht, verminderter Sicht oder stürmischen Wetterverhältnissen sind nach tatsächlicher Möglichkeit durchzuführen.

(6) Jede Ausbildungseinheit nach Absatz 1 ist von der Seelotsenanwärterin oder von dem Seelotsenanwärter durch einen Bericht zu dokumentieren. Der Bericht über die Ausbildungsfahrten muss Folgendes enthalten:

1.
Name der Seelotsenanwärterin oder des Seelotsenanwärters,
2.
Name der anleitenden Seelotsin oder des anleitenden Seelotsen,
3.
Seegebiet und Revier, Beginn und Ende der Fahrt nach Zeit und Ort,
4.
hydrologische und meteorologische Gegebenheiten, insbesondere Strömungen, Wind, Niederschlag und Sichtverhältnisse,
5.
Name, Rufzeichen, Nationalität und Fahrzeugtyp, Länge, Breite, Tiefgänge, Antriebe, Steuereinrichtungen, Ladung und Besonderheiten und
6.
beobachtete Ausbildungsinhalte und ausgeführte Aufgaben sowie deren Zuordnung zu den Inhalten des Ausbildungsrahmenplanes.
Die anleitende Seelotsin oder der anleitende Seelotse prüft den Bericht über die Ausbildungsfahrten auf fachliche Korrektheit und Vollständigkeit, bewertet die während der Ausbildungsfahrt gezeigte Leistung und bestätigt dies schriftlich oder elektronisch.

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