Anlage 2 TAV

(zu § 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2)

(Fundstelle: BGBl. I 2022, 1824 - 1831)

Präambel

Spezialisierte psychotraumatologische Kenntnisse sind Grundlage für die qualifizierte Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Traumafolgestörungen. Da entsprechende Unterrichtsinhalte in den grundständigen Weiter- und Ausbildungscurricula von Kinder- und JugendpsychotherapeutInnen, Psychologischen und Ärztlichen PsychotherapeutInnen nicht in ausreichendem Umfang integriert sind, empfiehlt die DeGPT folgende Standards für eine Qualifikation in „Spezieller Psychotraumatherapie mit Kindern und Jugendlichen (DeGPT)“.

Das von der DeGPT erarbeitete Curriculum trägt der Forderung anerkannte Behandlungsverfahren bzw. Behandlungsmethoden zu lehren Rechnung und wird regelmäßig nach dem aktuellen Stand der Forschung aktualisiert.

In der vorliegenden Curriculumsüberarbeitung wurden sowohl die Behandlungsempfehlungen der S3 Leitlinie Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) als auch die Ergebnisse einer Umfrage bei den von der DeGPT anerkannten Weiterbildungsinstituten und den AbsolventInnen der DeGPT-Curricula einbezogen. Die Ergebnisse der Umfrage zeigten einen erhöhten Bedarf an Weiterbildung für die Themenbereiche akute Traumafolgestörungen und der transkulturellen Kompetenz auf. Diesem Bedarf wurde in Vertiefungsmodulen von jeweils 16 Stunden Rechnung getragen. Zudem wurde das Vertiefungsmodul „Kinderschutz“ hinzugefügt. Das aktuelle DeGPT-Curriculum sieht für die Erlangung der Zertifizierung „Spezielle Psychotraumatherapie mit Kindern und Jugendlichen (DeGPT)“ die Absolvierung des Basiscurriculums im Ausmaß von 140 Stunden sowie verpflichtend mindestens eines der drei genannten Module (Vertiefungsmodul „Behandlung akuter Traumafolgestörungen“, „Transkulturelle Kompetenz“ oder „Kinderschutz“) im Umfang von je 16 Stunden vor.

Voraussetzungen

Deutschland:

Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/in
Approbation/Anerkennung als ärztliche/r oder psychologische/r Psychotherapeut/in
Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
Approbation als Arzt/Ärztin und Facharztqualifikation für Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychotherapeutische Medizin/Psychosomatische Medizin*

Schweiz:

Anerkennung als Fachpsychologe/in für Psychotherapie FSP/BAG
Psychotherapeut/in mit kantonaler Praxisbewilligung
Facharzt/-ärztin/ FMH für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
Anerkennung als Facharzt/-ärztin FMH für Psychiatrie und Psychotherapie*

Österreich:

Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapeutische Medizin
Facharzt/-ärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin*
Arzt/Ärztin mit dem Diplom „Psychotherapeutische Medizin der Österreichischen Ärztekammer“
Eintrag in die Liste der „PsychotherapeutInnen“ des zuständigen Ministeriums
Eintrag in die Liste der „Klinischen PsychologInnen“ des zuständigen Ministeriums
Klinische PsychologInnen mit einer im Österreichischen Psychologengesetz 2013 geforderten Stundenanzahl an Selbsterfahrung können das Zertifikat „Spezielle Psychotraumabehandlung mit Kindern und Jugendlichen (DeGPT)“ erwerben.

Zu beachten ist, dass die Weiterbildung in „Spezieller Psychotraumatherapie mit Kindern und Jugendlichen (DeGPT)“ alleine jedoch nicht zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen ermächtigt. Die Voraussetzung hierfür sind die berufsrechtlichen Vorgaben in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Qualifikation in „Spezieller Psychotraumatherapie bei Kindern und Jugendlichen“ (DeGPT)

ACurriculare Inhalte/ModuleStud. (UE)
 1.Theoretische Grundlagen
Geschichte der Psychotraumatologie
Definitionen (traumatischer Stress, Trauma Typ I, II, ACE, sequentielle Traumatisierung, etc.)
Häufigkeit der traumatischen Lebenserfahrungen im Kindes- und Jugendalter und Häufigkeit von Traumafolgeerkrankungen und komorbiden Störungsbildern
Besondere Aspekte des Traumagedächtnisses in den verschiedenen Lebensaltern
Überblick über den aktuellen Stand der Traumatherapieforschung bei Kindern und Jugendlichen
Entwicklungspsychologische/-psychopathologische Aspekte bei der Entwicklung von Traumafolgestörungen
Auswirkungen von Traumatisierung auf die Familie und soziale Bezugssysteme
Gesellschaftliche Auswirkungen von Traumatisierungen (gesellschaftliche Folgekosten, soziale Teilhabe)
Gewalt in Familie und Gesellschaft, Genderaspekte
Rechtliche Grundlagen Gewaltschutzgesetze (Kinderschutz, Jugendhilfe, Grenzen der Schweigepflicht, Opferentschädigungsgesetz, Zivilrecht, Strafrecht, etc.)
Möglichkeiten kontinuierlicher Fortbildung und Supervision/Intervision (S3-Leitlinie, weitere Leitlinien, Fachgesellschaften)
4
 2.Ätiologische Modelle und neurobiologische Grundlagen
Überblick über ätiologische Modelle zur Entstehung von Traumafolgestörungen
Kenntnisse über Schutz- und Risikofaktoren für die Entwicklung von Traumafolgestörungen bei unterschiedlichen Arten der Traumatisierung mit besonderer Perspektive auf das Kindes- und Jugendalter
Neurobiologische Grundlagen (HPA-Achse, Hippocampus, Amygdala) und Neuroimmunologie
Körperliche Traumafolgestörungen, Auswirkungen von Traumatisierung in der Kindheit auf die körperliche Gesundheit (Wirkmechanismen, Langzeitfolgen)
4
 3.Grundlagen der Diagnostik und Differentialdiagnostik
Diagnostische Einordnung im ICD-11 und DSM-5
Diagnosekriterien für Kinder unter 6 Jahren. Besondere Aspekte der Diagnostik bei Kleinkindern bei frühkindlicher Traumatisierung (vorsprachliches Alter)
Überblick über verschiedene aktuelle psychometrische Testverfahren zur Erfassung von Traumafolgestörungen und einzelner Symptome (Anwendung und Interpretation in Theorie und Praxis)
Entwicklungspsychologie zum Nutzen von Selbstbeurteilungen/Auswirkungen von Traumatisierung und Vernachlässigung auf die Entwicklung der Selbstwahrnehmung
Mythos der Retraumatisierung durch diagnostische Interviews
Einbezug von Bezugspersonen in die Diagnostik
Diagnostische Methoden/Verfahren zur Beurteilung des Misshandlungs- und Vernachlässigungsrisikos (inkl. Häusliche Gewalt)
8
 4.Einbezug des Herkunftssystems in die Traumatherapieplanung4
Die AusbildungsteilnehmerInnen sollen lernen, welche systemischen Folgen sich durch kindliche, elterliche und transgenerationale Traumatisierung ergeben können. Außerdem sollen Grundlagen für den Einbezug der Eltern in die Traumatherapie und die Elternberatung vermittelt werden.
Insbesondere sollte auf folgende Aspekte eingegangen werden:
Aspekte transgenerationaler Traumatisierung
Systemische Aspekte des Umgangs mit Trauma in der Familie
Auswirkungen von elterlicher Traumatisierung auf das Erziehungsverhalten
Umgang mit häufigen pädagogischen Problemen in Folge von traumatischen Erfahrungen der Kinder (Trennungsangst, Schlafstörungen, Regression, Impulsivität, (Auto-)Aggression, emotionale Instabilität, Dissoziation, etc.)
Aufgaben der Eltern, Pflegeeltern und sozialpädagogischen Fachkräfte bei der Begleitung eines Kindes während einer Traumatherapie
Umgang mit vernachlässigenden und misshandelnden Elternteilen in der Therapie
 5.Beziehungsgestaltung, Affektregulation und Ressourcenaktivierung16
In diesen Lerneinheiten sollen Fachwissen und dem Entwicklungsstand des Kindes entsprechende therapeutische Techniken vermittelt werden, die es erlauben eine tragfähige therapeutische Beziehung aufzubauen und den PatientInnen helfen sich zu stabilisieren, indem sie ihre Emotionen besser erkennen und regulieren und ihre Ressourcen aktivieren können.
Beziehungsgestaltung, insbesondere bei interpersoneller Traumatisierung
Berücksichtigung des hohen Stresslevels der Kinder und Jugendlichen bei der Beziehungsaufnahme
Folgen von interpersoneller Traumatisierung auf die Bindungssicherheit (Bindungstheorie) und die soziale Informationsverarbeitung
Einfluss auf das Bedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle bei der Gestaltung der therapeutischen Beziehung
Techniken zur Reflexion der emotionalen Reaktion und der ausgelösten Handlungsimpulse bei den behandelnden TherapeutInnen
Techniken zur Förderung der Affektregulation und Ressourcenaktivierung
Förderung von Affektregulation, Selbst- und Beziehungsmanagement und sozialen Kompetenzen sowie von intra- und interpersonellen Ressourcen. Techniken zur Re-Orientierung und Unterbrechung intrusiver Symptome durch Distanzierung.
1.
Kognitive Techniken (z. B. Explorieren und Verändern dysfunktionaler Kognitionen, Bearbeiten von Kognitionen und Emotionen zu Schuld, Scham und anderer traumaassoziierter kognitiv-emotionaler Schemata)
2.
Imaginative Techniken zur Distanzierung und Ressourcenaktivierung (z. B. Imaginationsübungen, Screentechniken)
3.
Gezielte Förderung der Fähigkeit zur Affektmodulation (Wahrnehmung, Interpretationen Regulation) und Affektkontrolle (z. B. achtsamkeitsbasierte und körperbasierte Übungen, Psychoedukation)
4.
Symptommanagement bei Selbstverletzungen und anderen selbstschädigenden Handlungen (Skillstraining). Erstellen von Notfallplänen („Notfallkoffer“) und Ressourcenlisten
5.
Aktivierung von Ressourcen, welche mit der Bewältigung von belastenden Ereignissen und Situationen einhergehen
Aus allen fünf Bereichen sollen Techniken ausführlich dargestellt, praktisch eingeübt und ihr differenzieller Einsatz diskutiert werden (Entwicklungsalter, Indikation, Rahmenbedingungen)
 6.Transkulturelle Kompetenzen4
Besonderheiten klinischer Symptomatik (kulturspezifischer Krankheitsausdruck, genderspezifische transkulturelle Aspekte) Krankheitskonzepte/Therapieerwartungen.
Ein Überblick soll gegeben werden zu:
Entwicklungspsychologische und systemische Aspekte von Migration (Parentifizierung, divergierende Erziehungsvorstellungen, Integrationsprobleme von traumatisierten Familien)
Multilinguale Diagnostik (Instrumente, DolmetscherInnen)
Postmigrationsstressoren, Prämigrationserfahrungen
Überblick über Begrifflichkeiten von Kultur, Migration (Migrationsprozess), erzwungene Migration
Überblick über transkulturelle Kompetenzen (Akkulturation und Identität)
Überblick über Besonderheiten im Therapieverlauf (z. B. Psychoedukation, kultursensitive Behandlungsansätze)
Rechtlicher Status (Juristische Grundlagen, Auswirkungen auf Behandlung)
Dolmetscher gestützte Therapie (Regeln, Professionalisierung des Dolmetschers, länderspezifische Abrechnungsmöglichkeiten)
 7.Überblick über die Möglichkeiten der Krisenintervention und die Behandlung akuter Traumafolgen
Überblick über die nosologischen Konzepte und Diagnostik akuter Traumafolgen in ICD-11 (akute Belastungsreaktion) und DSM-5 (akute Belastungsstörung)
Vorstellung der AWMF-S2-Leitlinie „Diagnostik und Behandlung von akuten Folgen psychischer Traumatisierung“
8
Akute Traumatisierung: Phasenverlauf und Symptomatik, Begriffsklärungen und Vorstellung der Konzepte der „psych(olog)ischen Erste Hilfe“ (PEH) und „Psychosozialen Notfallversorgung“ (PSNV) in präklinischen Kontexten, z. B. Kriseninterventionsteams, psychologische Akutbetreuung, Notfallseelsorge
Grundlagen der Gesprächsführung mit akut belasteten Betroffenen mit dem Fokus Unterstützung natürlicher Verarbeitungsprozesse, Identifikation und Aktivierung von Ressourcen
Traumaspezifische Beratung und Einbeziehung von Angehörigen bei akuten Belastungsreaktionen/-störungen
Unterstützung natürlicher Verarbeitungs- und Integrationsprozesse, Kenntnisse über prä- und posttraumatische Schutz- und Risikofaktoren, Identifikation und Aktivierung von Ressourcen. Spezifische Anforderungen bei Kriseninterventionen vor Ort (aufsuchende Hilfe), Interventionen und Unterstützungsmaßnahmen in speziellen Betreuungskontexten, z. B. Schule, Sportveranstaltungen, Freizeitaktivitäten mit Anforderungen an Einzel- und Gruppeninterventionen. Umgang mit akuten Risikokonstellationen, z. B. Dissoziation, Suizidalität
Screening bzw. prognostische Einschätzung für die Entwicklung von Traumafolgestörungen nach akuter Traumatisierung mit Berücksichtigung der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
Überblick über Behandlungs- und Unterstützungsmöglichkeiten für akut von Gewalt betroffenen Kindern und Jugendliche (Kinderschutz, klinisch forensische Ambulanzen, Schutzhäuser, etc.)
Psychoedukation zu natürlichen Belastungsreaktionen
 8.Traumafokussierte Behandlung der PTBS bei Kindern und Jugendlichen32
Vermittelt werden sollen die Kernelemente evidenzbasierter Behandlungsansätze mit traumafokussierten Interventionen, die eine Exposition im Sinne einer kognitiven und emotionalen Auseinandersetzung mit dem traumatischen Ereignis und/oder seiner Bedeutung für die eigene Biographie im Sinne eines ressourcenorientierten Narratives beinhalten. Durch die Intervention kann eine kognitive Neubewertung und Restrukturierung der traumatischen Erinnerung erfolgen. Eine sehr hohe Evidenz liegt im Kindes- und Jugendalter für verschiedene Formen der kognitiven Verhaltenstherapie vor. Auch zu anderen kognitiv-verhaltenstherapeutischen Verfahren wie der Narrativ Exposure Therapie für Kinder (Kidnet) und der prolongierten Exposition gibt es erfolgreiche RCT Studien. Für das für Kinder adaptierte EMDR Manual liegen im Kindes- und Jugendalter inzwischen Metaanalysen vor, die ebenfalls dessen Wirksamkeit belegen.
Es sollen eine traumafokussierte Vorgehensweise detailliert in Theorie (Krankheitsmodelle, Indikation, Kontraindikation, Differentialindikation) und Praxis (praktische Übungen, Beherrschen des Behandlungsprotokolls) vermittelt werden (24 h). Ein anderes Therapieverfahren soll im Überblick mit Fokus auf Gemeinsamkeiten evidenzbasierter Therapieverfahren vorgestellt werden und unterschiedliche Zugänge die das Erlernen der Hauptmethode unterstützend vertiefen können (8 h). Nähere Ausführungen dazu siehe unten. Die Behandlung sollte in Theorie (Krankheitsmodelle, Indikation, Kontraindikation, Differentialindikation) und Praxis (praktische Übungen, Beherrschen des Behandlungsprotokolls) gelehrt werden. Hierbei sollte auch der Einbezug von Eltern und Betreuern konkret angeleitet, reflektiert und geübt werden.
Herstellung intrapsychischer, körperlicher und sozialer Sicherheit und Stabilität (Kinderschutz, biopsychosoziale Sicherheit) in möglichst allen Lebensbereichen des Kindes
Beachtung der Besonderheiten der Beziehungsgestaltung durch den Therapeuten
Vermittlung von Fähigkeiten zur Affektregulation und funktionaler Interaktion, Rekonstruktion des erschütterten Selbst- und Weltbildes, (Re-) Aktivierung von Lebensfreude und Vermittlung von Hoffnung
Traumabearbeitung, Exposition (imaginative Exposition in Bezug auf die Traumaerinnerung, narrative Exposition, Exposition in vivo)
Reorganisation der Erinnerungen und Integration
Fachgerechte Berücksichtigung komorbider Störungen in einem Behandlungsplan
Es müssen zwei traumafokussierte Behandlungsverfahren vorgestellt werden. Aufgrund der wissenschaftlichen Evidenz, sollte eines der Verfahren 1 – 3 ausführlich im Umfang von 24 UE, ein weiteres Verfahren (aus 1 – 6) im Umfang von 8 UE im Überblick und eines der beiden gewählten Verfahren in ihrer kinder- und jugendlichenspezifischen Anwendung vermittelt werden.
1.
Trauma-fokussierte kognitiv-behaviorale Therapie (Tf-KBT)
2.
Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR)
3.
Narrative Expositionstherapie für Kinder und Jugendliche (KIDNET)
4.
Traumazentrierte spieltherapeutische Verfahren
5.
Mehrdimensionale psychodynamische Traumatherapie bei Kindern (MPTT-KJ)
6.
Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie bei Kindern (PITT)
Adaptationen wie etwa bei der Verwendung eines gruppentherapeutischen Settings (etwa nach Katastrophen oder Großschadenslagen), sollen ebenfalls vorgestellt werden.
Über Behandlungsansätze bei traumabedingter prolongierter Trauer und Kind-Eltern-Therapie bei Kindern bis drei Jahren wird informiert.
 9.Behandlung von komplexen Traumafolgestörungen und komorbider Symptomatik bei Kindern und Jugendlichen32
Der aktuelle Erkenntnisstand zur komplexen PTBS im Kindes- und Jugendalter ist insbesondere im Bereich der Interventionsforschung deutlich beschränkter als im Erwachsenenalter. Für Jugendliche spricht vieles dafür sich am Forschungsstand für Erwachsene zu orientieren und eine Kombination aus einem evidenzbasierten Traumatherapieverfahren und Fertigkeitentraining zu vermitteln. Für das Kindesalter ist die Befundlage unsicher, es gibt jedoch deutliche Hinweise darauf, dass eine erfolgreiche Expositionstherapie auch die Emotions- und Beziehungsregulation verbessert. Die Materialien und Sprache müssen dem aktuellen Entwicklungsstand angepasst werden.
Spezifika der Beziehungsgestaltung zu komplex traumatisierten Kindern (Vermittlung auch von spielerischen Methoden zum Aufbau einer therapeutischen Allianz)
Komplexe PTBS im Kindesalter – historische Entwicklung (von Desnos über Traumaentwicklungsstörung zur Diagnose komplexe PTBS im ICD-11). Bedeutung von Kindheitstraumata für den weiteren Entwicklungsweg
Psychoedukation bei komplexer PTBS in verschiedenen Entwicklungsaltern
Symptome einer komplexen PTBS im Bezug zu den zentralen Entwicklungsaufgaben, Verständnis von Komorbidität und Differentialdiagnostik (Abgrenzung von Persönlichkeitsstörungen, Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen)
Erkennen und Einschätzen von körperlichen Zeichen physischer Misshandlung und Vernachlässigung
Risikofaktoren für Kindesmisshandlung, -missbrauch und Vernachlässigung
Wissen um Täterstrategien bei sexuellem Missbrauch
Beratung von Bezugspersonen: pädagogische Herausforderung durch komplexe PTBS
Spezifika der Beziehungsgestaltung in verschiedenen Entwicklungsaltern (spiel- und gesprächstherapeutische Zugänge)
Spezifika der Anwendung des Haupttherapieverfahrens (KVT oder EMDR) für die Behandlungen von komplexer PTBS:
Vorbereitung und Rahmenbedingungen der Expositionsbehandlung
Auswahl des Ereignisses mit dem die Expositionstherapie begonnen wird
Debatte über die Bedeutung der Stabilisierungsphase (Substanzgebrauch, Selbstverletzung, Suizidgedanken)
Umgang mit Dissoziation während der Behandlung
Stabilisierung nach der Behandlung
Schutz vor Reviktimisierung
Dem Entwicklungsstand entsprechende Interventionen zur Verbesserung der Emotionsregulation
Bei Kindern: Sammlung von altersentsprechenden Techniken und Methoden
Bei Jugendlichen: Sammlung von Techniken und Methoden (DBT-A/P, START: Stress- Traumasymptoms-Arousal-Regulation-Treatment)
Dem Entwicklungsstand entsprechende Interventionen zur Verbesserung der Beziehungsregulation
Dem Entwicklungsstand entsprechende Interventionen zur Verbesserung des Selbstwertes und der Selbstwertregulation
10.Selbsterfahrung und Psychohygiene8
Themenzentrierte Selbsterfahrung (auch im Gruppensetting) bei vom jeweiligen Ausbildungsinstitut benannten und entsprechend qualifizierten SupervisorInnen.
Psychohygiene für PsychotherapeutInnen:
Reflexion von potentieller sekundärer Traumatisierung und Burnout-Risiken
Reflexion der eigenen therapeutischen Haltung und Abstinenz
Verfahren und Methoden zum Selbstschutz und Psychohygiene für BehandlerInnen
11.Supervision20
Regelmäßige Supervision eigener Behandlungsfälle (in der Regel videodokumentiert) durch entsprechend qualifizierte SupervisorInnen (u. a. Indikationsstellung und Behandlungsplanung) im Einzelsetting oder in Gruppen (maximal 6 Teilnehmer).
BAbschlusskolloquium
Kollegiales fallbezogenes Gespräch mit Dokumentation der Prüfungsthemen in einem stichpunktartigen Protokoll.
Als Voraussetzungen für die Zulassung zum Abschlusskolloquium sind 4 supervidierte und dokumentierte Behandlungsfälle (Kurzfassung – 4 – 6 Seiten) mit unterschiedlichen Störungsbildern (Vollbild PTBS, komplexe Traumatisierung u. a. nach frühen Kindheitstrauma Behandlungsstunden, und – wenn möglich – Akuttraumatisierung) einzureichen, von denen alle Behandlungsfälle eine volle Diagnostik (einschließlich mindestens 2 traumaspezifischer Testverfahren) beinhalten müssen und 2 dem Abschlusskolloquium zugrunde gelegt werden. Vorzugsweise sollten die Fälle videodokumentiert und supervidiert sein. Insgesamt müssen mindestens 50 traumatherapeutische Behandlungsstunden absolviert und dokumentiert worden sein (dies beinhaltet auch Stunden mit Angehörigen).
Die Supervision der Behandlungsfälle erfolgt im Verhältnis 1:4
Gesamtstunden (UE)140
CVertiefungsmoduleStud. (UE)
Vertiefungsmodul „Behandlung akuter Traumafolgestörungen“
Vertiefung der nosologischen Konzepte in ICD-11 (Akute Belastungsreaktion) und DSM-5 (Akute Belastungsstörung) sowie deren Auswirkungen auf die Behandlung akut belasteter Kinder und Jugendlicher
Vertiefung AWMF-S2-Leitlinie „Diagnostik und Behandlung von akuten Folgen psychischer Traumatisierung“
Überblick über traumafokussierte Behandlungstechniken in den ersten 4 Wochen nach akuter Traumatisierung (Evidenzbasis, aktueller Forschungsstand zur Wirksamkeit empfohlener Verfahren und ihrem Einsatz für verschiedene Zielgruppen)
Besonderheiten der Akutbetreuung und der Psychosozialen Notfallversorgung durch abgestufte Unterstützungsangebote
Vertiefung: Allgemeine Gesprächsführung mit akut belasteten Kindern und Jugendlichen und deren Angehörigen (im Einzel- und Gruppensetting, z. B. bei Ereignissen in der Schule, beim Sport, bei Großveranstaltungen). Gesprächsführung mit akut belasteten Erziehungsberechtigten
Überblick über aktuelle Empfehlungen und Leitlinien zur Behandlung von Betroffenen großer Schadenslagen (z. B. TENTS, The National Child Traumatic Stress Network/NCTSN)
Vertiefung: Psychoedukation für Angehörige zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen nach akuten Belastungen/Traumatisierungen
Vertiefung: Psychoedukation für Angehörige zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen nach akuten Belastungen/Traumatisierungen
Hinweise auf weiterführende professionelle Hilfsangebote in Akutsituationen
Vertiefung: Umgang mit schwerwiegenden Symptomen (z. B. Dissoziation, Suizidalität oder psychotischen Zuständen)
8
Vertiefung einer traumafokussierten Behandlungstechnik zur Frühintervention in den ersten 4 Wochen nach akuter Traumatisierung (Theoretischer Hintergrund, Evidenzbasis, Vorgehen und Materialien)
Praktisches Einüben des Verfahrens in Kleingruppen anhand von Fallbeispielen
8
Gesamtstunden (UE)16
Vertiefungsmodul „Transkulturelle Kompetenz“
Grundkenntnis: Istanbul Protokoll, aufenthaltsrechtliche Bestimmungen und Verfahren mit besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse und Rechte von Kindern, Jugendlichen und unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten (UMF). Recht auf Familienzusammenführung
Vertiefung: Sequentielle Traumatisierung und Postmigrationsstressoren, Prämigrationserfahrungen
Besonderheiten klinischer Symptomatik je nach Entwicklungsalter mit Berücksichtigung des kulturspezifischen Krankheitsausdrucks und transkultureller Aspekte
Krankheitskonzepte/Therapieerwartungen
Vertiefung Diagnostik (Multilinguale Instrumente, Einbezug von DolmetscherInnen)
Einbindung in multiprofessionelle Netzwerke, Schulassistenz, Jugendhilfe, Kooperation mit anderen Einrichtungen: Behandlungszentren, Integrationskurse, etc.
Praktisches Einüben der Verfahren in Kleingruppen anhand von Fallbeispielen
8
Vertiefung einer traumafokussierten Behandlungstechnik, die im transkulturellen Setting gut anwendbar ist
Möglichkeiten und Grenzen von therapeutischen Interventionen bei unsicherer äußerer Situation und anhaltender Stresssituation. Einführung in Prinzipien von „psychological first aid“ und Mental Health Psychosocial Support (MHPSS). Umgang mit Krisensituationen bei neuerlichen Belastungen
Vertiefung zu Besonderheiten im Therapieverlauf (z. B. Psychoedukation, Stabilisierung, kultursensitive und kontextangepasste Behandlungsansätze)
Dolmetscher gestützte Therapie (Regeln, Professionalisierung und Bedarfe an Fortbildung und Supervision des Dolmetschers/der Dolmetscherin, Abrechnungsprozedere)
Praktisches Einüben der Verfahren in Kleingruppen anhand von Fallbeispielen inklusive dolmetschergestützte Traumatherapie
8
Gesamtstunden (UE)16
Vertiefungsmodul „Kinderschutz und Einbeziehen des Herkunftssystems“
Übereinkommen über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtkonvention)
Kindeswohl und Feststellung einer Kindeswohlgefährdung
Vorgehen bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung
Formen der Gewalt und Vernachlässigung (incl. körperlicher Muster)
Systemische Beachtung des Umgangs mit Trauma in der Familie
Gesprächsführung bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung
Gesprächsführung mit Kindern und Jugendlichen mit Misshandlungserfahrungen
Grundsätze für das Gespräch mit Obsorgeberechtigten/Eltern
das „Konfrontationsgespräch“
Dokumentation von Gesprächen im Kinderschutzfall
Mitteilung bei Verdacht der Kindeswohlgefährdung, Verschwiegenheits-, Anzeige- und Meldepflicht
Multiprofessionelle Zusammenarbeit und Einbeziehung der Kinderschutzgruppen
Länderspezifische gesetzliche Rahmenbedingungen
Umgang mit Schweigepflichten, länderspezifische rechtliche Regelungen für Psychologen, Psychotherapeuten, Ärzte (Österreich, Deutschland, Schweiz)
Gelingensfaktoren im Kinderschutz
Reflektierte Auseinandersetzung mit der Kinderschutzarbeit
Umgang mit vernachlässigenden und misshandelnden Elternteilen in der Therapie
8
Vertiefung der Auswirkungen von elterlicher Traumatisierung auf das Erziehungsverhalten
Vertiefung von Aspekten der transgenerationalen Traumatisierung
Kinderschutzgruppe (KSG) und interdisziplinäre Zusammenarbeit
Zusammensetzung, Aufgaben und Ziele der KSG
Dokumentation der KSG
Schriftliche Gefährdungsmeldung und Anzeige
Regelungen zur Verschwiegenheit in der professionellen Zusammenarbeit
Basiswissen über Schutzkonzepte in Institutionen
8
Externe Unterstützungsangebote/Netzwerke
Kooperation mit der Kinder- und Jugendhilfe
Hilfsangebote für Kinder und Jugendliche
Hilfsangebote für Obsorgeberechtigte/Eltern
Angebote für PädagogInnen, BeraterInnen, PsychotherapeutInnen
Selbstfürsorge im Kinderschutz
Umgang mit Herausforderungen
Rollenverständnis und -klarheit
Kollegialer Austausch und Reflexion im Team
Nachbearbeitung von Kinderschutzfällen
Supervision
Gesamtstunden (UE)16

Im Sinne der Adoleszenzpsychiatrie und Transition ist eine Zulassung der mit * gekennzeichneten Abschlüsse begründet.

Fußnote(n):

Abschn A Nr 3 Anstrich 1 Kursivdruck: Auf Grund offensichtlicher Unrichtigkeit wurde das Wort "Einordung" durch das Wort "Einordnung" ersetzt.

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.