Präambel RL 1999/45/EG

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Richtlinie 88/379/EWG des Rates vom 7. Juni 1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Zubereitungen(4) ist bereits mehrmals geändert worden; diese Richtlinie bedarf im Zuge weiterer Änderungen aus Gründen der Klarheit einer Überarbeitung.
(2)
Trotz der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften weichen die Regelungen der Mitgliedstaaten für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung bestimmter gefährlicher Zubereitungen beträchtlich voneinander ab. Diese Unterschiede stellen Handelshemmnisse dar, führen zu unterschiedlichen Wettbewerbssituationen und behindern direkt das Funktionieren des Binnenmarktes. Diese Handelshemmnisse müssen deshalb durch Angleichung der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten beseitigt werden.
(3)
Den Maßnahmen zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der Errichtung und des Funktionierens des Binnenmarktes muß, soweit sie die Gesundheit, die Sicherheit und den Schutz von Mensch und Umwelt betreffen, ein hohes Schutzniveau zugrunde gelegt werden. Diese Richtlinie muß ferner den Schutz der Öffentlichkeit und insbesondere der Personen, die bei Ausübung ihrer Arbeit oder einer Freizeitbeschäftigung mit gefährlichen Zubereitungen in Berührung kommen, sowie den Schutz der Verbraucher und der Umwelt gewährleisten.
(4)
Behälter mit bestimmten Kategorien gefährlicher Zubereitungen, die der Öffentlichkeit zum Kauf angeboten werden, müssen mit kindergesicherten Verschlüssen und/oder einem ertastbaren Warnzeichen versehen sein. Bestimmte Zubereitungen, die nicht zu diesen Gefahrenkategorien gehören, können wegen ihrer Zusammensetzung trotzdem eine Gefahr für Kinder darstellen. Die Verpackung solcher Zubereitungen sollte deshalb mit kindergesicherten Verschlüssen versehen sein.
(5)
Für Zubereitungen, die in Form von Gasen in den Verkehr gebracht werden, müssen Konzentrationsgrenzen in Form von Volumen-Prozent festgelegt werden.
(6)
Diese Richtlinie umfaßt besondere Kennzeichnungsvorschriften für bestimmte Zubereitungen. Um für Mensch und Umwelt ein ausreichendes Schutzniveau zu gewährleisten, sind besondere Kennzeichnungsvorschriften auch für bestimmte Zubereitungen einzuführen, die zwar nicht gefährlich im Sinne dieser Richtlinie sind, für den Verbraucher jedoch trotzdem eine Gefahr hervorrufen können.
(7)
Am 30. April 1992 nahm der Rat die Richtlinie 92/32/EWG zur siebten Änderung der Richtlinie 67/548/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe(5) an. Am 27. April 1993 erließ die Kommission die Richtlinie 93/21/EWG zur achtzehnten Anpassung an den technischen Fortschritt der Richtlinie 67/548/EWG des Rates(6). Mit jenen Richtlinien wurden neue Kriterien zur Einstufung und Kennzeichnung umweltgefährlicher Stoffe mit den entsprechenden Symbolen, Gefahrenbezeichnungen, Hinweisen auf besondere Gefahren und Sicherheitsratschlägen eingeführt. Nun sind auf Gemeinschaftsebene Vorschriften über die Einstufung und Kennzeichnung von Zubereitungen zu erlassen, um ihren Wirkungen auf die Umwelt Rechnung zu tragen, und zu diesem Zweck ist ein Verfahren zur Ermittlung der umweltgefährlichen Eigenschaften einer Zubereitung entweder aufgrund einer Berechnung oder durch Bestimmung der ökotoxischen Eigenschaften nach festgelegten Prüfungsmethoden unter bestimmten Bedingungen einzuführen.
(8)
In Übereinstimmung mit der Richtlinie 86/609/EWG des Rates vom 24. November 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere(7) ist die Zahl der Versuchstiere auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Nach Artikel 7 Absatz 2 derselben Richtlinie dürfen keine Versuche vorgenommen werden, wenn das angestrebte Ergebnis mit einer wissenschaftlich zufriedenstellenden, vertretbaren und praktikablen Alternative erreicht werden kann, bei der kein Tier verwendet werden muß. Aus diesem Grund werden in der vorliegenden Richtlinie die Ergebnisse von Beurteilungen der toxischen und ökotoxischen Eigenschaften nur herangezogen, wenn diese bereits bekannt sind; sie verpflichtet nicht zur Durchführung neuer Tierversuche.
(9)
Es muß festgelegt werden, welche menschlichen Erfahrungen bei der Beurteilung der gesundheitsgefährdenden Eigenschaften einer Zubereitung berücksichtigt werden können. Wenn klinische Untersuchungen zugelassen werden können, wird vorausgesetzt, daß solche Untersuchungen mit der Erklärung von Helsinki und den OECD-Leitlinien für die gute klinische Praxis übereinstimmen.
(10)
Legierungen sind so beschaffen, daß es mit den heutigen konventionellen Methoden unter Umständen nicht möglich ist, ihre Eigenschaften genau zu bestimmen. Deshalb muß eine spezielle Einstufungsmethode entwickelt werden, die die besonderen chemischen Eigenschaften von Legierungen berücksichtigt. Die Kommission wird im Benehmen mit den Mitgliedstaaten diese Notwendigkeit prüfen und vor dem Zeitpunkt der Umsetzung dieser Richtlinie gegebenenfalls einen Vorschlag vorlegen.
(11)
Die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung der Pflanzenschutzmittel im Geltungsbereich der Richtlinie 78/631/EWG des Rates vom 26. Juni 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Zubereitungen (Schädlingsbekämpfungsmittel)(8) erfordern eine Überarbeitung unter Berücksichtigung der technischen und wissenschaftlichen Entwicklung sowie der Entwicklung der Gesetzgebung nach der Durchführung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln(9).
(12)
Die Richtlinie 91/414/EWG und die Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten(10) erfordern im Unterschied zu den Vorschriften über die chemischen Zubereitungen im Geltungsbereich der vorliegenden Richtlinie für jedes Produkt ein Zulassungsverfahren auf der Grundlage einer vom Antragsteller einzureichenden Akte und einer Beurteilung durch die Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten. Dieses Zulassungsverfahren muß sich außerdem auf eine besondere Kontrolle der Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung jedes Produkts vor seinem Inverkehrbringen erstrecken. Im Hinblick auf einen verständlichen und transparenten Informationsprozeß müssen Pflanzenschutzmittel nach den Bestimmungen dieser Richtlinie eingestuft und gekennzeichnet werden, und es muß eine Gebrauchsanweisung gemäß den Ergebnissen der aufgrund der Richtlinie 91/414/EWG durchzuführenden Prüfung gegeben werden; ferner muß sichergestellt werden, daß die Kennzeichnung dem hohen Schutzniveau entspricht, das mit dieser Richtlinie und mit der Richtlinie 91/414/EWG angestrebt wird. Außerdem muß gemäß dieser Richtlinie ein Sicherheitsdatenblatt für Pflanzenschutzmittel erstellt werden.
(13)
Was die Umweltkennzeichnungen anbelangt, so wäre es zweckmäßig vorzusehen, daß in spezifischen Fällen, in denen nachgewiesen werden kann, daß die Auswirkungen dieser Produktarten auf die Umwelt insgesamt geringer sind als bei vergleichbaren Produktarten, spezifische Ausnahmen oder spezifische Bedingungen beschlossen werden können.
(14)
Munition fällt zwar nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie, doch können Explosivstoffe, die wegen ihrer Sprengwirkung oder pyrotechnischen Wirkung in den Verkehr gebracht werden, wegen ihrer chemischen Zusammensetzung eine Gefahr für die Gesundheit darstellen. Im Hinblick auf eine transparente Information bedürfen sie deshalb einer Einstufung und eines Sicherheitsdatenblatts gemäß dieser Richtlinie. Ferner sollten sie entsprechend den internationalen Vorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter gekennzeichnet werden.
(15)
Zur Einbeziehung bestimmter Zubereitungen, die zwar nach dieser Richtlinie nicht als gefährlich gelten, jedoch trotzdem eine Gefahr für die Anwender hervorrufen können, müssen bestimmte Anforderungen dieser Richtlinie auf diese Zubereitungen ausgedehnt werden.
(16)
Das Kennzeichnungsschild stellt für die Verwender gefährlicher Zubereitungen ein grundlegendes Instrument dar, das ihnen die wesentlichen Grundinformationen in knapper Form verfügbar macht. Es sollte jedoch durch ein doppeltes System mit detaillierteren Informationen ergänzt werden, das zum einen das Sicherheitsdatenblatt für berufsmäßige Verwender im Sinne der Richtlinie 91/155/EWG der Kommission vom 5. März 1991 zur Festlegung der Einzelheiten eines besonderen Informationssystems für gefährliche Zubereitungen gemäß Artikel 10 der Richtlinie 88/379/EWG(11) und zum anderen die von den Mitgliedstaaten bezeichneten Stellen umfaßt, die die ausschließlich für medizinische Zwecke (Vorbeugung und Heilung) bestimmten Informationen zu erteilen haben.
(17)
Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat innerhalb von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie einen auf der Grundlage der Informationen der Mitgliedstaaten und der verschiedenen betroffenen Parteien erstellten Bericht über die Erfahrungen mit dem derzeitigen Gesamtkonzept betreffend die Kennzeichnung gefährlicher Zubereitungen, insbesondere über dessen Verständnis und dessen Anwendung durch die Verwender, die Erfahrungen mit Werbekampagnen und Bildungs- und Ausbildungsprogramme. Auf der Grundlage dieses Berichts wird die Kommission dann gegebenenfalls die notwendigen Vorschläge vorlegen.
(18)
Es ist notwendig, Sicherheitsdatenblätter vorzuschreiben, die angemessene Informationen über die Gefahren enthalten, welche für Mensch und Umwelt von Zubereitungen ausgehen, die nicht als gefährlich im Sinne dieser Richtlinie eingestuft sind, die aber als gefährlich eingestufte Stoffe enthalten oder für die ein gemeinschaftlicher Expositionsgrenzwert festgelegt worden ist. Die Kommission wird anhand von Informationen der Mitgliedstaaten die Richtlinie 91/155/EWG überprüfen und vor dem letzten Termin für die Umsetzung der vorliegenden Richtlinie gegebenenfalls Vorschläge vorlegen.
(19)
Im Falle von Zubereitungen, die im Sinne der vorliegenden Richtlinie als gefährlich eingestuft sind, sollten die Mitgliedstaaten Ausnahmen in bezug auf die Kennzeichnung zulassen dürfen, wenn wegen zu geringer Abmessungen oder aus anderen Gründen eine Kennzeichnung der Verpackung nicht möglich ist oder wenn die Abmessungen der Verpackung oder die Mengen so gering sind, daß keine Gefahr für Mensch oder Umwelt zu befürchten ist. In diesen Fällen muß auch eine entsprechende Angleichung dieser Vorschriften auf Gemeinschaftsebene in Erwägung gezogen werden. Die Kommission wird daher die Notwendigkeit einer Harmonisierung prüfen und gegebenenfalls Vorschläge vorlegen.
(20)
Um den Schutz der Vertraulichkeit hinsichtlich bestimmter, in den Zubereitungen enthaltener Stoffe zu gewährleisten, ist ein System einzuführen, mit dem der für das Inverkehrbringen Verantwortliche die vertrauliche Behandlung solcher Stoffe beantragen kann.
(21)
Die Anforderungen dieser Richtlinie tragen der Verpflichtung der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten Rechnung, gemäß den auf der UNCED-Konferenz vom Juni 1992 in Rio de Janeiro festgelegten Zielen der Agenda 21 Kapitel 19 für eine nachhaltige Entwicklung eine Harmonisierung der Systeme zur Einstufung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen anzustreben.
(22)
Der Kommission sollten die Befugnisse zur Anpassung aller Anhänge dieser Richtlinie an den technischen Fortschritt erteilt werden.
(23)
Die Annahme dieser Richtlinie entbindet die Mitgliedstaaten nicht von ihrer Verpflichtung, die Fristen für die Umsetzung der in Anhang VIII erwähnten Richtlinien in innerstaatliches Recht und ihre Durchführung einzuhalten.
(24)
Die in Anhang VIII genannten Richtlinien sind unter bestimmten Bedingungen aufzuheben. Die Bedingungen der Aufhebung der in Anhang VIII genannten Richtlinien sind für Österreich, Finnland und Schweden dergestalt festzulegen, daß dem derzeitigen Stand der Rechtsvorschriften dieser Länder, insbesondere in den Bereichen Gesundheitsschutz und Umweltschutz, Rechnung getragen werden kann —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 283 vom 26.9.1996, S. 1, und ABl. C 337 vom 7.11.1997, S. 45.

(2)

ABl. C 158 vom 26.5.1997, S. 76.

(3)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 26. Juni 1997 (ABl. C 222 vom 21.7.1997, S. 26), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 24. September 1998 (ABl. C 360 vom 23.11.1998, S. 1) und Beschluß des Europäischen Parlaments vom 10. Februar 1999 (ABl. C 150 vom 28.5.1999). Beschluß des Rates vom 11. Mai 1999.

(4)

ABl. L 187 vom 16.7.1988, S. 14. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 96/65/EG der Kommission (ABl. L 265 vom 18.10.1996, S. 15).

(5)

ABl. L 154 vom 5.6.1992, S. 1.

(6)

ABl. L 110 vom 4.5.1993, S. 20.

(7)

ABl. L 358 vom 18.12.1986, S. 1.

(8)

ABl. L 206 vom 29.7.1978, S. 13. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 92/32/EWG.

(9)

ABl. L 230 vom 19.8.1991, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 96/68/EG der Kommission (ABl. L 277 vom 30.10.1996, S. 25).

(10)

ABl. L 123 vom 24.4.1998, S. 1.

(11)

ABl. L 76 vom 22.3.1991, S. 35. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 93/112/EWG der Kommission (ABl. L 314 vom 16.12.1993, S. 38).

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