Präambel RL 2001/77/EG

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 175 Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen(3),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(4),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Das Potenzial zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen wird in der Gemeinschaft derzeit nur unzureichend genutzt. Die Gemeinschaft hält es für erforderlich, erneuerbare Energiequellen prioritär zu fördern, da deren Nutzung zum Umweltschutz und zur nachhaltigen Entwicklung beiträgt. Ferner können sich daraus auch Beschäftigungsmöglichkeiten auf lokaler Ebene ergeben, sich auf den sozialen Zusammenhalt positiv auswirken, zur Versorgungssicherheit beitragen und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Zielvorgaben von Kyoto rascher erreicht werden. Daher ist es notwendig, für eine bessere Ausschöpfung dieses Potenzials im Rahmen des Elektrizitätsbinnenmarktes zu sorgen.
(2)
Wie im Weißbuch über erneuerbare Energieträger (nachstehend „Weißbuch” genannt) ausgeführt wurde, ist die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen aus Gründen der Sicherheit und Diversifizierung der Energieversorgung, des Umweltschutzes und des sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalts für die Gemeinschaft von hoher Priorität. Dies wurde vom Rat in seiner Entschließung vom 8. Juni 1998 über erneuerbare Energieträger(5) und vom Europäischen Parlament in seiner Entschließung zum Weißbuch(6) bestätigt.
(3)
Die zunehmende Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen ist ein wesentliches Element des Maßnahmenbündels, das zur Einhaltung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen benötigt wird, sowie der Maßnahmen zur Erfüllung weiterer Verpflichtungen.
(4)
Der Rat (in seinen Schlussfolgerungen vom 11. Mai 1999) und das Europäische Parlament (in seiner Entschließung vom 17. Juni 1998 über Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen(7)) haben die Kommission aufgefordert, einen konkreten Vorschlag für eine gemeinschaftliche Rahmenregelung für den Zugang von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zum Binnenmarkt vorzulegen. Außerdem hat das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 30. März 2000 zu Elektrizität aus erneuerbaren Energieträgern und zum Elektrizitätsbinnenmarkt(8) betont, dass auf einzelstaatlicher Ebene bindende und ehrgeizige Zielvorgaben für erneuerbare Energieträger für das Erreichen konkreter Ergebnisse und der Gemeinschaftsziele von entscheidender Bedeutung sind.
(5)
Zur Verbesserung der mittelfristigen Marktdurchdringung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen sollten alle Mitgliedstaaten verpflichtet werden, nationale Richtziele für den Verbrauch von Strom aus erneuerbaren Energiequellen festzulegen.
(6)
Diese nationalen Richtziele sollten mit allen einzelstaatlichen Verpflichtungen vereinbar sein, die von der Gemeinschaft im Rahmen der Klimaschutzverpflichtungen nach dem Kyoto-Protokoll akzeptiert wurden.
(7)
Die Kommission sollte bewerten, welche Fortschritte die Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung ihrer nationalen Richtziele erzielt haben und inwieweit die nationalen Richtziele mit dem globalen Richtziel von 12 % für den Anteil erneuerbarer Energiequellen am Bruttoinlandsenergieverbrauch bis zum Jahr 2010 vereinbar sind; hierbei sollte berücksichtigt werden, dass das im Weißbuch gesetzte Richtziel von 12 % für die Gemeinschaft als Ganzes bis zum Jahr 2010 eine wertvolle Orientierungshilfe für verstärkte Bemühungen sowohl auf Gemeinschaftsebene als auch in den Mitgliedstaaten bietet und dass den unterschiedlichen einzelstaatlichen Gegebenheiten Rechnung getragen werden muss. Falls für das Erreichen der Ziele erforderlich, sollte die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat Vorschläge unterbreiten, die verbindliche Ziele enthalten können.
(8)
Sofern die Mitgliedstaaten Abfälle als Energiequelle nutzen, müssen sie die geltenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft im Bereich der Abfallbewirtschaftung einhalten. Die Anwendung dieser Richtlinie lässt die Begriffsbestimmungen der Anhänge II A und II B der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle(9) unberührt. Die Unterstützung zugunsten von erneuerbaren Energiequellen sollte mit anderen gemeinschaftlichen Zielsetzungen übereinstimmen, insbesondere mit Blick auf die Abfallbehandlungshierarchie. Deshalb sollte die Verbrennung von nicht getrenntem Siedlungsmüll im Rahmen einer künftigen Förderregelung für erneuerbare Energiequellen nicht gefördert werden, wenn dadurch eine solche Hierarchie untergraben würde.
(9)
Die in dieser Richtlinie verwendete Definition des Begriffs „Biomasse” präjudiziert nicht die Verwendung einer anderen Definition in nationalen Rechtsvorschriften zu anderen Zwecken als in dieser Richtlinie.
(10)
Diese Richtlinie verlangt zwar von den Mitgliedstaaten nicht, den Ankauf eines Herkunftsnachweises von anderen Mitgliedstaaten oder die entsprechende Abnahme von Strom als Beitrag zur Verwirklichung einer einzelstaatlichen Quotenverpflichtung anzuerkennen. Zur Förderung des Handels mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen und zur Verbesserung der Transparenz bei der Wahl des Verbrauchers zwischen Strom aus nicht erneuerbaren und aus erneuerbaren Energiequellen ist jedoch ein Herkunftsnachweis für diesen Strom notwendig. Regelungen für den Herkunftsnachweis implizieren als solche noch nicht ein Recht auf Inanspruchnahme der in den einzelnen Mitgliedstaaten geschaffenen nationalen Fördermechanismen. Es ist wichtig, dass Strom aus erneuerbaren Energiequellen in jeglicher Form von solchen Herkunftsnachweisen erfasst wird.
(11)
Es ist wichtig, klar zwischen Herkunftsnachweisen und handelbaren grünen Zertifikaten zu unterscheiden.
(12)
Die Notwendigkeit einer öffentlichen Förderung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen wird in dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen(10) anerkannt; hierbei wird unter anderem der Notwendigkeit Rechnung getragen, die externen Kosten der Stromerzeugung zu internalisieren. Die Bestimmungen des Vertrags und insbesondere die Artikel 87 und 88 gelten jedoch auch weiterhin für diese öffentliche Förderung.
(13)
Es muss ein Rechtsrahmen für den Markt für erneuerbare Energiequellen geschaffen werden.
(14)
Die Mitgliedstaaten praktizieren auf nationaler Ebene unterschiedliche Systeme zur Unterstützung erneuerbarer Energiequellen; hierzu zählen grüne Zertifikate, Investitionsbeihilfen, Steuerbefreiungen oder -erleichterungen, Steuererstattungen und direkte Preisstützungssysteme. Ein wichtiges Element zur Verwirklichung des Ziels dieser Richtlinie besteht darin, das ungestörte Funktionieren dieser Systeme zu gewährleisten, damit das Vertrauen der Investoren erhalten bleibt, bis ein Gemeinschaftsrahmen zur Anwendung gelangt ist.
(15)
Für die Entscheidung über einen Gemeinschaftsrahmen für Förderregelungen ist es in Anbetracht der begrenzten Erfahrung mit den einzelstaatlichen Systemen und des gegenwärtig relativ geringen Anteils subventionierten Stroms aus erneuerbaren Energiequellen in der Gemeinschaft noch zu früh.
(16)
Allerdings müssen die Förderregelungen nach einer angemessenen Übergangszeit an den sich entwickelnden Elektrizitätsbinnenmarkt angepasst werden. Deshalb sollte die Kommission die Entwicklung beobachten und einen Bericht über die bis dahin gewonnenen Erfahrungen bei der Anwendung einzelstaatlicher Regelungen vorlegen. Ausgehend von den Schlussfolgerungen dieses Berichts sollte die Kommission gegebenenfalls einen Vorschlag für einen Gemeinschaftsrahmen für Regelungen zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen erarbeiten. Dieser Vorschlag sollte zur Erfüllung der nationalen Richtziele beitragen, mit den Prinzipien des Elektrizitätsbinnenmarktes vereinbar sein, den Besonderheiten der verschiedenen erneuerbaren Energiequellen und den unterschiedlichen Technologien wie auch den geografischen Unterschieden Rechnung tragen. Er sollte ferner die Nutzung erneuerbarer Energiequellen wirksam begünstigen und einfach sowie möglichst effizient, insbesondere kosteneffizient, sein sowie angemessene Übergangszeiträume von mindestens sieben Jahren vorsehen, das Vertrauen der Investoren wahren und verlorene Investitionen vermeiden. Diese Rahmenregelung würde es ermöglichen, dass Strom aus erneuerbaren Energiequellen gegenüber Strom aus nicht erneuerbaren Energiequellen wettbewerbsfähig wird, und die Kosten für den Verbraucher begrenzen und gleichzeitig mittelfristig die Notwendigkeit öffentlicher Unterstützung verringern.
(17)
Eine erhöhte Marktdurchdringung des aus erneuerbaren Energiequellen erzeugten Stroms ermöglicht Größenvorteile und damit eine Verringerung der Kosten.
(18)
Es ist wichtig, die Stärke der Marktkräfte und des Binnenmarktes zu nutzen und Strom aus erneuerbaren Energiequellen wettbewerbsfähig und für die Bürger Europas attraktiv zu machen.
(19)
Bei der Förderung des Marktes für erneuerbare Energiequellen müssen die positiven Auswirkungen auf regionale und lokale Entwicklungsmöglichkeiten, Exportchancen, sozialen Zusammenhalt und Beschäftigungsmöglichkeiten, besonders für kleine und mittlere Unternehmen und unabhängige Energieerzeuger, berücksichtigt werden.
(20)
Die spezifische Struktur des Sektors der erneuerbaren Energiequellen sollte insbesondere bei der Überprüfung der Verwaltungsverfahren zur Erteilung der Genehmigung zum Bau von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen berücksichtigt werden.
(21)
Unter bestimmten Umständen können die Übertragung und Verteilung von elektrischem Strom aus erneuerbaren Energiequellen nicht in vollem Umfang ohne Beeinträchtigung der Zuverlässigkeit und Sicherheit des Netzes gewährleistet werden; daher können Garantien in diesem Zusammenhang einen finanziellen Ausgleich vorsehen.
(22)
Die Kosten für den Anschluss neuer Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energiequellen sollten objektiv, transparent und nichtdiskriminierend sein, und der Nutzen, den eingebundene Erzeugungsanlagen für das Netz mit sich bringen, sollte angemessen berücksichtigt werden.
(23)
Da die allgemeinen Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Die Umsetzung im Einzelnen sollte dahingegen den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, um damit jedem einzelnen Mitgliedstaat zu ermöglichen, das jeweils seiner besonderen Situation am besten entsprechende System zu wählen. Im Einklang mit dem in jenem Artikel niedergelegten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 311 E vom 31.10.2000, S. 320, und ABl. C 154 E vom 29.5.2001, S. 89.

(2)

ABl. C 367 vom 20.12.2000, S. 5.

(3)

ABl. C 22 vom 24.1.2001, S. 27.

(4)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 16. November 2000 (ABl. L 223 vom 8.8.2001, S. 294), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 23. März 2001 (ABl. C 142 vom 15.5.2001, S. 5) und Beschluss des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2001 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Beschluss des Rates vom 7. September 2001.

(5)

ABl. C 198 vom 24.6.1998, S. 1.

(6)

ABl. C 210 vom 6.7.1998, S. 215.

(7)

ABl. C 210 vom 6.7.1998, S. 143.

(8)

ABl. C 378 vom 29.12.2000, S. 89.

(9)

ABl. L 194 vom 25.7.1975, S. 39. Richtlinie zuletzt geändert durch die Entscheidung 96/350/EG der Kommission (ABl. L 135 vom 6.6.1996, S. 32).

(10)

ABl. C 37 vom 3.2.2001, S. 3.

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