Präambel RL 2003/30/EG

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 175 Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen(3),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(4),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung vom 15. und 16. Juni 2001 in Göteborg eine Gemeinschaftsstrategie für die nachhaltige Entwicklung beschlossen, die ein Bündel von Maßnahmen umfasst, zu denen die Förderung von Biokraftstoffen gehört.
(2)
Zu den natürlichen Ressourcen, auf deren umsichtige und rationelle Verwendung in Artikel 174 Absatz 1 des Vertrags Bezug genommen wird, gehören Erdöl, Erdgas und feste Brennstoffe, die wichtige Energiequellen, aber auch die Hauptverursacher von Kohlendioxidemissionen sind.
(3)
Biokraftstoffe können jedoch aus einem breiten Spektrum von Biomasse hergestellt werden; Biomasse fällt beim Acker- und Waldbau und bei Rückständen und Abfallprodukten der Forstwirtschaft, der Forst- und der Lebensmittelindustrie an.
(4)
Auf den Verkehrssektor entfallen mehr als 30 % des Energieendverbrauchs in der Gemeinschaft, und dieser expandiert, eine Tendenz, die ebenso wie der Ausstoß von Kohlendioxidemissionen steigen dürfte; diese Expansion wird in den Bewerberländern nach ihrem Beitritt zur Europäischen Union prozentual höher sein.
(5)
Das Weißbuch der Kommission „Die Europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft” geht davon aus, dass die CO2-Emissionen des Verkehrssektors zwischen 1990 und 2010 um 50 % bis auf ca. 1,113 Mrd. Tonnen steigen werden, und macht hierfür vor allem den Straßengüterverkehr verantwortlich, auf den 84 % der verkehrsbedingten CO2-Emissionen zurückgehen. Aus ökologischer Sicht fordert das Weißbuch daher, die Abhängigkeit vom Erdöl (derzeit 98 %) im Verkehrssektor durch den Einsatz alternativer Kraftstoffe wie Biokraftstoffe zu verringern.
(6)
Eine stärkere Verwendung von Biokraftstoffen im Verkehrsbereich ist Teil des für die Einhaltung des Kyoto-Protokolls erforderlichen Maßnahmenpakets sowie jedes Maßnahmenpakets, mit dem weitere Verpflichtungen in dieser Hinsicht erfüllt werden sollen.
(7)
Eine stärkere Verwendung von Biokraftstoffen im Verkehrsbereich, ohne allerdings die übrigen Substitutionsmöglichkeiten für Kraftstoffe einschließlich LPG und CNG auszuschließen, ist für die Gemeinschaft eines der Mittel, mit denen sie ihre Abhängigkeit von Energieeinfuhren verringern und den Kraftstoffmarkt und folglich die mittel- und langfristige Energieversorgungssicherheit beeinflussen kann. Diese Überlegung darf jedoch nicht dazu führen, dass der Einhaltung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über die Kraftstoffqualität, die Fahrzeugemissionen und die Luftqualität geringere Bedeutung beigemessen wird.
(8)
Aufgrund des technologischen Fortschritts kann für die meisten in der Europäischen Union zugelassenen Fahrzeuge schon heute problemlos Kraftstoff mit geringen Biokraftstoffbeimischungen verwendet werden. Aufgrund der neuesten technologischen Fortschritte sind sogar größere Biokraftstoffbeimischungen möglich. In manchen Ländern werden bereits Biokraftstoffbeimischungen von 10 % und mehr verwendet.
(9)
Fahrzeugparks bieten die Möglichkeit, Biokraftstoffe in höheren Konzentrationen zu verwenden. In einigen Städten fahren bereits Fahrzeugflotten mit reinen Biokraftstoffen, und dies hat in einigen Fällen zur Verbesserung der Luftqualität in Stadtgebieten beigetragen. Die Mitgliedstaaten könnten daher die Verwendung von Biokraftstoffen für öffentliche Verkehrsmittel verstärkt fördern.
(10)
Die Förderung des Einsatzes von Biokraftstoffen im Verkehr ist ein Schritt in Richtung einer stärkeren Nutzung der Biomasse; dies wird dazu führen, dass in Zukunft vermehrt Biokraftstoffe entwickelt werden können, ohne dass dabei andere Optionen, insbesondere die Wasserstofftechnik, ausgeschlossen werden.
(11)
Die Politik der Mitgliedstaaten zur Erforschung der verstärkten Nutzung von Biokraftstoffen sollte die Wasserstofftechnik maßgeblich einbeziehen und diese Option unter Berücksichtigung der einschlägigen Rahmenprogramme der Gemeinschaft fördern.
(12)
Reines Pflanzenöl, das durch Auspressen, Extraktion oder vergleichbare Verfahren aus Ölsaaten gewonnen wird, kann in bestimmten Fällen, in denen es für den Motorentyp geeignet ist und die entsprechenden Emissionsanforderungen erfüllt, roh oder raffiniert, jedoch chemisch unverändert, ebenfalls als Biokraftstoff verwendet werden.
(13)
Neue Arten von Kraftstoffen sollten anerkannten technischen Normen entsprechen, wenn sie in größerem Umfang von den Kunden und den Fahrzeugherstellern akzeptiert werden und damit auf dem Markt Verbreitung finden sollen. Technische Normen sind auch der Ausgangspunkt für die Bestimmungen im Hinblick auf Emissionen und deren Überwachung. Bei neuen Arten von Kraftstoffen kann es schwierig sein, die geltenden technischen Normen einzuhalten, die weitgehend für konventionelle fossile Kraftstoffe entwickelt wurden. Die Kommission und die Normungsgremien sollten die Entwicklung verfolgen und Normen aktiv anpassen und entwickeln, insbesondere in Bezug auf die Verdunstungsaspekte, damit neue Arten von Kraftstoffen unter Beibehaltung der Anforderungen an die Umweltverträglichkeit eingeführt werden können.
(14)
Bioethanol und Biodiesel, die in Reinform oder als Mischung für Fahrzeuge verwendet werden, sollten den Qualitätsnormen genügen, die festgelegt wurden, um eine optimale Motorleistung sicherzustellen. So könnte im Falle von Biodiesel für Dieselmotoren, das nach dem Verfahren der Veresterung hergestellt wird, die Norm prEN 14214 für Fettsäuremethylester (FAME) des Europäischen Komitees für Normung (CEN) verwendet werden. Entsprechend sollte das CEN für andere Biokraftstofferzeugnisse für den Verkehrssektor in der Europäischen Union geeignete Normen festlegen.
(15)
Durch die Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen im Sinne einer nachhaltigen Praxis in der Land- und Forstwirtschaft, wie sie in den Rechtsvorschriften der Gemeinsamen Agrarpolitik festgelegt ist, könnten neue Möglichkeiten für die nachhaltige ländliche Entwicklung im Rahmen einer stärker marktorientierten Gemeinsamen Agrarpolitik geschaffen werden, die mehr auf den europäischen Markt, auf die Erhaltung lebendiger ländlicher Gebiete und auf eine multifunktionale Landwirtschaft ausgerichtet ist; zudem könnte ein neuer Markt für innovative Agrarerzeugnisse im Hinblick auf die derzeitigen und zukünftigen Mitgliedstaaten geschaffen werden.
(16)
In seiner Entschließung vom 8. Juni 1998(5) billigte der Rat die Strategie und den Aktionsplan der Kommission für erneuerbare Energieträger und forderte spezielle Maßnahmen im Bereich der Biokraftstoffe.
(17)
Im Grünbuch der Kommission „Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit” wird das Ziel der 20%igen Substitution konventioneller Kraftstoffe durch alternative Kraftstoffe im Bereich des Straßenverkehrs bis 2020 festgelegt.
(18)
Alternative Kraftstoffe werden sich nur dann auf dem Markt durchsetzen können, wenn sie umfassend verfügbar und wettbewerbsfähig sind.
(19)
In seiner Entschließung vom 18. Juni 1998(6) forderte das Europäische Parlament, den Marktanteil der Biokraftstoffe durch ein Maßnahmenpaket, das unter anderem Steuerbefreiungen, Beihilfen für die Verarbeitungsindustrie und die Festlegung einer obligatorischen Biokraftstoffquote für Mineralölunternehmen vorsieht, innerhalb von fünf Jahren auf 2 % zu erhöhen.
(20)
Welche Methode für die Erhöhung des Biokraftstoffanteils auf den einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Kraftstoffmärkten am besten geeignet ist, hängt von der Verfügbarkeit der Ressourcen und Rohstoffe, von den einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Maßnahmen zur Förderung von Biokraftstoffen und von steuerlichen Regelungen sowie von einer angemessenen Beteiligung aller betroffenen Kreise ab.
(21)
Die Politik der Mitgliedstaaten zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen sollte nicht dazu führen, dass der freie Warenverkehr mit Kraftstoffen, die den harmonisierten Umweltvorschriften der Gemeinschaft genügen, untersagt wird.
(22)
Die Förderung der Erzeugung und Verwendung von Biokraftstoffen könnte zu einer Verringerung der Abhängigkeit von Energieeinfuhren und der Treibhausgasemissionen beitragen. Darüber hinaus können Biokraftstoffe in Reinform oder als Mischung grundsätzlich in den bestehenden Kraftfahrzeugen und mit dem bestehenden Kfz-Kraftstoffvertriebssystem verwendet werden. Die Beimischung von Biokraftstoffen zu fossilen Kraftstoffen könnte eine mögliche Kostenersparnis beim Vertriebssystem in der Gemeinschaft erleichtern.
(23)
Da das Ziel der beabsichtigten Maßnahme, nämlich die Einführung allgemeiner Grundsätze, die für das Inverkehrbringen und den Vertrieb von Biokraftstoffen einen Mindestprozentsatz vorsehen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher wegen des Umfangs der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(24)
Die Forschung und technologische Entwicklung im Bereich der Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen sollten gefördert werden.
(25)
Der verstärkte Einsatz von Biokraftstoffen sollte von einer genauen Analyse der ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen begleitet werden, damit entschieden werden kann, ob eine Erhöhung des Anteils der Biokraftstoffe gegenüber den konventionellen Kraftstoffen sinnvoll ist.
(26)
Es sollte die Möglichkeit vorgesehen werden, die Liste der Biokraftstoffe, den prozentualen Anteil erneuerbarer Stoffe und den Zeitplan für die Einführung von Biokraftstoffen auf dem Kraftstoffmarkt rasch an den technischen Fortschritt und an die Ergebnisse einer Umweltverträglichkeitsprüfung der ersten Einführungsphase anzupassen.
(27)
Es sollten Maßnahmen getroffen werden zur zügigen Entwicklung der Qualitätsnormen für die Biokraftstoffe, die als reine Biokraftstoffe und als Beimischung zu konventionellen Kraftstoffen zum Antrieb von Fahrzeugen eingesetzt werden. Obwohl der biologisch abbaubare Teil von Abfällen als Ausgangsmaterial für Biokraftstoffe dienen könnte, müssen die Qualitätsnormen den Umfang der möglichen Verunreinigung der Abfälle berücksichtigen, damit nicht durch spezifische Bestandteile Fahrzeuge beschädigt werden oder noch gravierendere Emissionen entstehen.
(28)
Die Förderung von Biokraftstoffen sollte mit den auf Versorgungssicherheit und Umweltschutz bezogenen Zielen und den entsprechenden Zielsetzungen und politischen Maßnahmen in den einzelnen Mitgliedstaaten in Einklang stehen. Dabei können die Mitgliedstaaten prüfen, wie kostengünstig über die Möglichkeiten für den Einsatz von Biokraftstoffen aufgeklärt werden kann.
(29)
Die zur Durchführung dieser Richtlinie erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(7) erlassen werden —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 103 E vom 30.4.2002, S. 205 und ABl. C 331 E vom 31.12.2002, S. 291.

(2)

ABl. C 149 vom 21.6.2002, S. 7.

(3)

ABl. C 278 vom 14.11.2002, S. 29.

(4)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2002 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 18. November 2002 (ABl. C 32 E vom 11.2.2003, S. 1) und Beschluss des Europäischen Parlaments vom 12. März 2003 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(5)

ABl. C 198 vom 24.6.1998, S. 1.

(6)

ABl. C 210 vom 6.7.1998, S. 215.

(7)

ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.

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