Präambel RL 2003/33/EG

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 47 Absatz 2, Artikel 55 und Artikel 95,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
In den Mitgliedstaaten gelten unterschiedliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Werbung für Tabakerzeugnisse und das damit in Verbindung stehende Sponsoring. Werbung und Sponsoring reichen in manchen Fällen über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinaus oder betreffen internationale Veranstaltungen; sie sind Tätigkeiten, auf die Artikel 49 des Vertrags Anwendung findet. Die Unterschiede zwischen den nationalen Rechtsvorschriften können zu verstärkten Hemmnissen für den freien Verkehr der Waren oder Dienstleistungen, die der Werbung und dem Sponsoring dienen, zwischen den Mitgliedstaaten führen. Bei der Werbung in der Presse sind bereits einige Hemmnisse aufgetreten. Beim Sponsoring können Verzerrungen der Wettbewerbsbedingungen zunehmen; sie sind bereits bei einigen größeren Kultur- und Sportveranstaltungen erkennbar geworden.
(2)
Diese Hemmnisse sollten beseitigt werden; zu diesem Zweck sollten die Vorschriften über die Werbung für Tabakerzeugnisse und das damit in Verbindung stehende Sponsoring in bestimmten Fällen angeglichen werden. Vor allem muss genau festgelegt werden, in welchem Umfang Tabakwerbung in bestimmten Arten von Veröffentlichungen zulässig ist.
(3)
Artikel 95 Absatz 3 des Vertrags verpflichtet die Kommission, in ihren Vorschlägen zur Errichtung und zum Funktionieren des Binnenmarkts im Bereich der Gesundheit von einem hohen Schutzniveau auszugehen. Auch das Europäische Parlament und der Rat streben dieses Ziel im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten an. Mit den anzugleichenden Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten soll die öffentliche Gesundheit durch die Regelung der Verkaufsförderung von Tabak — ein Erzeugnis mit Suchtwirkung, das in der Gemeinschaft jedes Jahr über eine halbe Million Todesfälle verursacht — geschützt und dadurch vermieden werden, dass junge Menschen durch die Verkaufsförderung frühzeitig zum Rauchen veranlasst und süchtig werden.
(4)
Infolge der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die die Tabakwerbung in Veröffentlichungen wie Zeitschriften, Zeitungen und Magazinen regeln oder verbieten, besteht eine beträchtliche Gefahr von Hemmnissen für den freien Verkehr dieser Waren im Binnenmarkt. Um für alle diese Medien den freien Verkehr im Binnenmarkt zu gewährleisten, muss die darin enthaltene Tabakwerbung auf diejenigen Magazine und Zeitschriften beschränkt werden, die sich nicht an die breite Öffentlichkeit richten, wie z. B. Veröffentlichungen, die ausschließlich für im Tabakhandel tätige Personen bestimmt sind, sowie auf Veröffentlichungen, die in Drittländern gedruckt und herausgegeben werden und nicht hauptsächlich für den Gemeinschaftsmarkt bestimmt sind.
(5)
Die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über bestimmte Sponsoringarten zugunsten von Tabakerzeugnissen mit grenzüberschreitender Wirkung führen zu einer beträchtlichen Gefahr von Verzerrungen der Wettbewerbsbedingungen für diese Tätigkeit im Binnenmarkt. Um derartige Verzerrungen auszuschließen, muss dieses Sponsoring nur bei Aktivitäten und Veranstaltungen mit grenzüberschreitender Wirkung verboten werden, da sonst Einschränkungen für direkte Werbung umgangen werden könnten; Sponsoring auf ausschließlich nationaler Ebene ist dabei nicht zu regeln.
(6)
Der Einsatz der Dienste der Informationsgesellschaft zur Werbung für Tabakerzeugnisse nimmt zu, und zwar im gleichen Maß wie die Inanspruchnahme und der Zugriff auf solche Dienste in der Öffentlichkeit. Diese Dienste werden ebenso wie der Rundfunk, der auch über Dienste der Informationsgesellschaft übertragen werden kann, besonders von jungen Verbrauchern gern und häufig genutzt. Die Tabakwerbung in diesen beiden Medien ist schon ihrem Wesen nach grenzüberschreitend und sollte auf Gemeinschaftsebene geregelt werden.
(7)
Die kostenlose Verteilung von Tabakerzeugnissen unterliegt in mehreren Mitgliedstaaten Beschränkungen, da die potenzielle Suchtwirkung erheblich ist. Im Zusammenhang mit dem Sponsoring von Veranstaltungen mit grenzüberschreitender Wirkung ist es vorgekommen, dass Tabakerzeugnisse kostenlos verteilt wurden; ein solches Vorgehen sollte daher verboten werden.
(8)
International anwendbare Standards für die Werbung für Tabakerzeugnisse und das damit in Verbindung stehende Sponsoring sind Gegenstand von Verhandlungen über den Entwurf einer Rahmenkonvention der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakkonsums. In diesen Verhandlungen sollen verbindliche internationale Regelungen geschaffen werden, welche die in der vorliegenden Richtlinie enthaltenen Regelungen ergänzen.
(9)
Die Kommission sollte einen Bericht über die Durchführung dieser Richtlinie erstellen. In den entsprechenden Gemeinschaftsprogrammen sollte eine Überwachung der Auswirkungen dieser Richtlinie auf die öffentliche Gesundheit vorgesehen werden.
(10)
Die Mitgliedstaaten sollten angemessene und wirksame Schritte unternehmen, um die Kontrolle der Durchführung der gemäß dieser Richtlinie und im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften getroffenen Maßnahmen sicherzustellen, wie in der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Bedeutung von Sanktionen für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts im Binnenmarkt und in der Entschließung des Rates vom 29. Juni 1995 zur einheitlichen und wirksamen Anwendung des Gemeinschaftsrechts und zu Sanktionen bei Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des Binnenmarkts(4) vorgesehen. Dazu sollten Bestimmungen über das Eingreifen von Personen oder Organisationen mit einem berechtigten Interesse an der Unterbindung von Aktivitäten, die dieser Richtlinie zuwiderlaufen, gehören.
(11)
Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Sanktionen sollten andere nach einzelstaatlichem Recht vorgesehene Sanktionen oder Rechtsbehelfe unberührt lassen.
(12)
Diese Richtlinie regelt die Werbung für Tabakerzeugnisse in anderen Medien als im Fernsehen, d. h. in der Presse und in anderen gedruckten Veröffentlichungen, im Hörfunk und über Dienste der Informationsgesellschaft. Sie regelt auch das Sponsoring durch Tabakunternehmen von Hörfunkprogrammen und von Veranstaltungen oder Aktivitäten, an denen mehrere Mitgliedstaaten beteiligt sind, die in mehreren Mitgliedstaaten stattfinden oder die eine sonstige grenzüberschreitende Wirkung haben, einschließlich der kostenlosen Verteilung von Tabakerzeugnissen oder der Verteilung zu herabgesetztem Preis. Andere Formen der Werbung wie die indirekte Werbung sowie das Sponsoring von Veranstaltungen oder Aktivitäten, die keine grenzüberschreitende Wirkung haben, fallen nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie. Vorbehaltlich des Vertrags behalten die Mitgliedstaaten die Befugnis, diese Angelegenheiten so zu regeln, wie sie es zum Schutz der menschlichen Gesundheit für erforderlich halten.
(13)
Die Werbung für Humanarzneimittel fällt unter die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel(5). Die Werbung für Produkte zur Tabakentwöhnung fällt nicht in den Geltungsbereich der vorliegenden Richtlinie.
(14)
Diese Richtlinie sollte die Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit(6), die jede Art der Fernsehwerbung für Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse verbietet, unberührt lassen. Die Richtlinie 89/552/EWG sieht vor, dass Fernsehsendungen nicht von Unternehmen gesponsert werden dürfen, deren Haupttätigkeit die Herstellung oder der Verkauf von Zigaretten und anderen Tabakerzeugnissen oder die Erbringung von Dienstleistungen ist, für die die Werbung gemäß jener Richtlinie verboten ist. Der Verkauf von Tabakerzeugnissen über das Fernsehen (Teleshopping) wird durch die Richtlinie 89/552/EWG ebenfalls verboten.
(15)
Der transnationale Charakter der Werbung wird auch mit der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung(7) anerkannt. Die Richtlinie 2001/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen(8) enthält Bestimmungen über die Verwendung irreführender Angaben auf den Etiketten von Tabakerzeugnissen, deren grenzüberschreitende Wirkung ebenfalls anerkannt worden ist.
(16)
Die Richtlinie 98/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen(9) ist vom Gerichtshof in der Rechtssache C-376/98, Bundesrepublik Deutschland gegen Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union(10), für nichtig erklärt worden. Verweisungen auf die Richtlinie 98/43/EG sollten daher als Verweisungen auf die vorliegende Richtlinie gelten.
(17)
Entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ist es erforderlich und angemessen, zur Erreichung des grundlegenden Ziels eines reibungslosen Funktionierens des Binnenmarktes Vorschriften über die Werbung für Tabakerzeugnisse und das damit in Verbindung stehende Sponsoring festzulegen. Diese Richtlinie geht entsprechend Artikel 5 Absatz 3 des Vertrags nicht über das zur Erreichung der Ziele erforderliche Maß hinaus.
(18)
Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und befolgt die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannten Prinzipien. Sie zielt insbesondere darauf ab, die Einhaltung des Grundrechts der freien Meinungsäußerung sicherzustellen —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 270 E vom 25.9.2001, S. 97.

(2)

ABl. C 36 vom 8.2.2002, S. 104.

(3)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 20. November 2002 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 27. März 2003.

(4)

ABl. C 188 vom 22.7.1995, S. 1.

(5)

ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67.

(6)

ABl. L 298 vom 17.10.1989, S. 23. Geändert durch die Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 202 vom 30.7.1997, S. 60).

(7)

ABl. L 250 vom 19.9.1984, S. 17. Geändert durch die Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 290 vom 23.10.1997, S. 18).

(8)

ABl. L 194 vom 18.7.2001, S. 26.

(9)

ABl. L 213 vom 30.7.1998, S. 9.

(10)

Slg. 2000, I–8419.

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