ANHANG II RL 2004/36/EG

Handbuch der Gemeinschaftsverfahren für SAFA-Vorfeldinspektionen — Kernelemente

1.
ALLGEMEINES

1.1. SAFA-Vorfeldinspektionen werden von Inspektoren vorgenommen, die über die nötigen Kenntnisse auf dem Fachgebiet verfügen, das Gegenstand der Inspektion ist; falls alle Positionen der Checkliste geprüft werden, müssen Kenntnisse auf den Gebieten Technik, Lufttüchtigkeit und Betrieb vorhanden sein. Wird eine Vorfeldinspektion von zwei oder mehr Inspektoren durchgeführt, so können die Hauptpunkte der Inspektion — die Sichtprüfung des Luftfahrzeugäußeren, die Inspektion im Cockpit sowie die Inspektion der Fluggastkabine und/oder der Frachträume — auf mehrere Inspektoren verteilt werden.

1.2. Die Inspektoren müssen sich vor Aufnahme der Inspektion an Bord gegenüber dem verantwortlichen Luftfahrzeugführer bzw. in dessen Abwesenheit gegenüber einem Mitglied der Flugbesatzung oder dem ranghöchsten Vertreter des Betreibers ausweisen. Falls es nicht möglich ist, einen Vertreter des Betreibers zu unterrichten oder falls sich kein Vertreter im oder beim Luftfahrzeug aufhält, wird im Grundsatz keine SAFA-Vorfeldinspektion durchgeführt. Unter besonderen Umständen kann auf Durchführung einer SAFA-Vorfeldinspektion entschieden werden, die sich allerdings auf eine Sichtprüfung des Luftfahrzeugäußeren beschränkt.

1.3. Die Inspektion muss im Rahmen der verfügbaren Zeit und Ressourcen so umfassend wie möglich sein. Das bedeutet, dass im Falle zeitlicher oder materieller Beschränkungen anstatt sämtlicher Inspektionspositionen nur eine begrenzte Anzahl geprüft werden kann. Die zu inspizierenden Positionen werden nach Maßgabe der für eine SAFA-Vorfeldinspektion verfügbaren Zeit und Ressourcen im Einklang mit den Zielen des SAFA-Programms der EG entsprechend ausgewählt.

1.4. Eine Vorfeldinspektion darf nicht zu einer unverhältnismäßigen Verspätung des Abflugs des inspizierten Luftfahrzeugs führen. Mögliche Gründe für eine Verzögerung können unter anderem Zweifel im Hinblick auf die ordnungsgemäße Flugvorbereitung, die Lufttüchtigkeit des Luftfahrzeugs oder jeden unmittelbar für die Sicherheit des Luftfahrzeuges und seiner Insassen relevanten Umstand sein.

2.
QUALIFIKATION DER INSPEKTOREN

2.1. Die Mitgliedstaaten stellen mit Wirkung vom 1. Januar 2009 sicher, dass sämtliche SAFA-Vorfeldinspektionen auf ihrem Hoheitsgebiet von qualifizierten Inspektoren durchgeführt werden.

2.2. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ihre Inspektoren den nachfolgend aufgeführten Qualifikationskriterien entsprechen.

2.3.
Qualifikationskriterien

2.3.1.
Zulassungskriterien

Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Kandidaten für eine Qualifikation als SAFA-Inspektor als Voraussetzung für die Zulassung zur Qualifikation über die notwendige luftfahrttechnische Ausbildung und/oder die praktischen Kenntnisse verfügen, die für ihre(n) Inspektionsbereich(e) von Bedeutung sind, nämlich:
a)
Betrieb von Luftfahrzeugen;
b)
Erteilung von Lizenzen für die Besatzung;
c)
Lufttüchtigkeit von Luftfahrzeugen;
d)
Gefahrgüter.

2.3.2.
Ausbildungsanforderungen

Vor der Qualifizierung müssen die Kandidaten eine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, die sich aus folgenden Komponenten zusammensetzt:

theoretische Schulung durch eine SAFA-Ausbildungseinrichtung im Sinne von Absatz 2.4;

praktische Ausbildung durch eine SAFA-Ausbildungseinrichtung im Sinne von Absatz 2.4 oder durch einen von einem Mitgliedstaat gemäß Absatz 2.5 benannten leitenden Inspektor, der keiner SAFA-Ausbildungseinrichtung angehört;

Ausbildung am Arbeitsplatz, und zwar im Rahmen einer Reihe von Inspektionen durch einen von einem Mitgliedstaat gemäß Absatz 2.5 benannten leitenden Inspektor.

2.3.3.
Anforderungen zur Wahrung der Gültigkeit der Qualifikation

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Inspektoren nach Erhalt der Qualifikation deren Gültigkeit durch folgende Maßnahmen wahren:
a)
Absolvierung regelmäßiger Lehrgänge in Form theoretischer Schulungen durch eine SAFA-Ausbildungseinrichtung im Sinne von Absatz 2.4;
b)
Durchführung einer Mindestanzahl von Vorfeldinspektionen innerhalb eines jeden Zwölfmonatszeitraums nach dem zuletzt absolvierten SAFA-Lehrgang, sofern der betreffende Inspektor nicht auch gleichzeitig ein qualifizierter Flugbetriebs- oder Lufttüchtigkeitsinspektor der nationalen Luftfahrtbehörde eines Mitgliedstaats ist, der regelmäßig Inspektionen von Luftfahrzeugen einheimischer Betreiber vornimmt.

2.3.4.
Anleitungen

Die EASA erarbeitet und veröffentlicht bis spätestens 30. September 2008 ausführliche Anleitungen zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Absätze 2.3.1, 2.3.2 und 2.3.3 in die Praxis.

2.4.
SAFA-Ausbildungseinrichtungen

2.4.1. Eine SAFA-Ausbildungseinrichtung kann Teil der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats oder eine Drittorganisation sein. Eine Drittorganisation kann

Teil der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats oder

eine unabhängige Stelle sein.

2.4.2. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in den Absatz 2.3.2 und Absatz 2.3.3 Buchstabe a genannten Lehrgänge ihrer nationalen Behörde zumindest im Einklang mit den einschlägigen von der EASA erstellten und veröffentlichten Lehrplänen durchgeführt werden.

2.4.3. Mitgliedstaaten, die eine Drittorganisation für die SAFA-Lehrgänge heranziehen, richten ein System zur Bewertung derselben ein. Dieses System muss einfach, transparent und verhältnismäßig sein und etwaigen von der EASA erstellten und veröffentlichten Anleitungen Rechnung tragen. In einem derartigen System können die von anderen Mitgliedstaaten vorgenommenen Bewertungen berücksichtigt werden.

2.4.4. Eine Drittorganisation darf nur genutzt werden, wenn die Bewertung zeigt, dass der Lehrgang im Einklang mit den einschlägigen von der EASA erstellten und veröffentlichten Lehrplänen durchgeführt wird.

2.4.5. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Ausbildungsprogramme ihrer zuständigen Behörden und ihre Systeme zur Bewertung von Drittorganisationen so angepasst werden, dass sie etwaige Empfehlungen infolge der Prüfungen zur Kontrolle der Normung widerspiegeln, die von der EASA im Einklang mit der gemäß der Verordnung (EG) Nr. 736/2006 der Kommission(1) festgelegten Arbeitsweise durchgeführt werden.

2.4.6. Die Mitgliedstaaten können die EASA ersuchen, eine Ausbildungseinrichtung zu prüfen und eine Stellungnahme abzugeben, auf die sie ihre eigene Bewertung stützen können.

2.4.7. Die EASA erarbeitet und veröffentlicht bis spätestens 30. September 2008 ausführliche Anleitungen zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieses Absatzes in die Praxis.

2.5.
Leitende Inspektoren

2.5.1. Ein Mitgliedstaat kann leitende Inspektoren unter der Voraussetzung ernennen, dass diese den geltenden Qualifikationskriterien entsprechen, die er selbst erstellt.

2.5.2. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Absatz 2.5.1 genannten Kriterien zumindest die nachfolgend genannten Anforderungen umfassen, wobei der Kandidat

im Dreijahreszeitraum vor der Ernennung qualifizierter SAFA-Inspektor war und

im Dreijahreszeitraum vor der Ernennung mindestens 36 SAFA-Inspektionen vorgenommen hat.

2.5.3. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die von ihren leitenden Inspektoren vermittelte praktische Ausbildung und/oder Ausbildung am Arbeitsplatz sich auf die einschlägigen, von der EASA erstellten und veröffentlichten Lehrpläne stützt.

2.5.4. Die Mitgliedstaaten können ihre leitenden Inspektoren auch beauftragen, Auszubildenden anderer Mitgliedstaaten eine praktische Ausbildung und/oder Ausbildung am Arbeitsplatz zu vermitteln. Die EASA erarbeitet und veröffentlicht bis spätestens 30. September 2008 ausführliche Anleitungen zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieses Absatzes in die Praxis.

2.6.
Übergangsmaßnahmen

2.6.1. SAFA-Inspektoren, die die Zulassungskriterien gemäß Absatz 2.3.1 sowie das Kriterium der in jüngerer Zeit gewonnenen Erfahrung gemäß Absatz 2.3.3 Buchstabe b zu dem in Artikel 3 der Richtlinie 2008/49/EG der Kommission festgelegten Zeitpunkt erfüllen, gelten als im Einklang mit den in diesem Abschnitt aufgeführten Anforderungen qualifiziert.

2.6.2. Unbeschadet Absatz 2.3.3 Buchstabe a müssen Inspektoren, die gemäß Absatz 2.6.1 als qualifiziert gelten, regelmäßige Lehrgänge absolvieren, die von einer SAFA-Ausbildungseinrichtung nach und nach bis spätestens 1. Juli 2010 und danach gemäß Absatz 2.3.3 Buchstabe a erteilt werden.

3.
NORMEN

3.1. Die Normen und Regionalen Ergänzungsverfahren der ICAO für Europa sind die Grundlage, auf der Luftfahrzeuge und Betreiber im Rahmen des SAFA-Programms inspiziert werden. Bei der technischen Inspektion eines Luftfahrzeugs wird dieses ferner anhand der Normen des Herstellers überprüft.

4.
INSPEKTIONSVERFAHREN

Positionen der Checkliste

4.1. Die zu inspizierenden Punkte werden aus der Checkliste im SAFA-Vorfeldinspektionsbericht ausgewählt, die 54 Positionen umfasst (Anlage 1).

4.2. Die Inspektion und die dabei gegebenenfalls getroffenen Feststellungen müssen sich nach Abschluss der Inspektion im SAFA-Vorfeldinspektionsbericht niederschlagen.

Ausführliche SAFA-Anleitungen

4.3. Für jede zu inspizierende Position auf der Checkliste im SAFA-Vorfeldinspektionsbericht wird eine ausführliche Beschreibung mit Angabe des Umfangs und der Methode der Inspektion erstellt. Daneben wird auf die geltenden Anforderungen in den ICAO-Anhängen verwiesen. Dies wird als ausführliche Anleitung von der EASA erarbeitet und veröffentlicht sowie erforderlichenfalls zur Anpassung an die neuesten geltenden Normen geändert.

Aufnahme von Berichten in die zentrale SAFA-Datenbank

4.4. Der Inspektionsbericht wird möglichst rasch, spätestens jedoch 15 Arbeitstage nach Durchführung der Inspektion, in die zentrale SAFA-Datenbank aufgenommen, auch wenn keine Feststellungen getroffen wurden.

5.
KLASSIFIZIERUNG DER FESTSTELLUNGEN

5.1. Für jede zu inspizierende Position werden drei Kategorien möglicher Abweichungen von den gemäß Absatz 3.1 erstellten einschlägigen Normen als Feststellung definiert. Die Feststellungen werden wie folgt klassifiziert:

Eine Feststellung der Kategorie 1 wird als Umstand von geringer Sicherheitsrelevanz betrachtet,

eine Feststellung der Kategorie 2 kann von signifikanter Sicherheitsrelevanz sein (schwerer Sicherheitsmangel) und

eine Feststellung der Kategorie 3 kann von großer Sicherheitsrelevanz sein (sehr schwerer Sicherheitsmangel).

5.2. Die EASA wird Anweisungen zur Klassifizierung von Feststellungen als ausführliche Anleitung erarbeiten und veröffentlichen sowie erforderlichenfalls zur Anpassung an die neuesten geltenden Normen ändern.

6.
ZU TREFFENDE FOLGEMASSNAHMEN

6.1. Unbeschadet Absatz 1.2 ist eine Inspektionsbescheinigung auszufüllen, die zumindest die in Anlage 2 aufgeführten Punkte umfasst, und eine Kopie ist dem verantwortlichen Luftfahrzeugführer bzw. in dessen Abwesenheit einem Mitglied der Flugbesatzung oder dem ranghöchsten im oder beim Luftfahrzeug anwesenden Vertreter des Betreibers beim Abschluss der SAFA-Inspektion auszuhändigen. Vom Empfänger wird eine unterzeichnete Bestätigung des Empfangs der Inspektionsbescheinigung verlangt, die vom Inspektor aufzubewahren ist. Verweigert der Empfänger die Unterschrift, so ist dies im Dokument zu vermerken. Detaillierte einschlägige Anweisungen werden von der EASA als ausführliche Anleitung erarbeitet und veröffentlicht.

6.2. Je nach Klassifizierung der Feststellungen wurden bestimmte Folgemaßnahmen festgelegt. Die Beziehungen zwischen der Kategorie der Feststellungen und dem daraus resultierenden Handlungsbedarf werden in der Klasse der Maßnahmen dargestellt; sie werden von der EASA als ausführliche Anleitung erarbeitet und veröffentlicht.

6.3. Maßnahme der Klasse 1: Diese Maßnahme besteht darin, dass der verantwortliche Luftfahrzeugführer bzw. in dessen Abwesenheit ein Mitglied der Flugbesatzung oder der ranghöchste anwesende Vertreter des Betreibers Informationen über die Ergebnisse der SAFA-Vorfeldinspektion erhält. Die Maßnahme umfasst eine mündliche Unterrichtung und die Ausstellung der Inspektionsbescheinigung. Unabhängig davon, ob Feststellungen getroffen wurden, erfolgt nach jeder Inspektion eine Maßnahme der Klasse 1.

6.4. Maßnahme der Klasse 2: Diese Maßnahme umfasst
1.
eine schriftliche Mitteilung an den betreffenden Betreiber, worin Nachweise für die Durchführung von Abhilfemaßnahmen gefordert werden, sowie
2.
eine schriftliche Mitteilung an den zuständigen Staat (Staat der Niederlassung des Betreibers und/oder Eintragungsstaat), worin auf die Ergebnisse der Inspektionen von Luftfahrzeugen eingegangen wird, die unter der Sicherheitsaufsicht des betreffenden Staats betrieben werden. Die Mitteilung enthält gegebenenfalls ein Ersuchen um die Bestätigung, dass die Abhilfemaßnahmen gemäß Punkt 1 zu dessen Zufriedenheit durchgeführt wurden.
Die Mitgliedstaaten übermitteln der EASA einen monatlichen Bericht über den Stand der infolge der Vorfeldinspektionen getroffenen Folgemaßnahmen. Eine Maßnahme der Klasse 2 ist bei Feststellungen der Kategorien 2 und 3 zu treffen. Detaillierte einschlägige Anweisungen werden von der EASA als ausführliche Anleitung erarbeitet und veröffentlicht.

6.5. Maßnahme der Klasse 3: Eine Maßnahme der Klasse 3 ist bei Feststellungen der Kategorie 3 zu treffen. Aufgrund der Bedeutung von Feststellungen der Kategorie 3 für die Sicherheit des Luftfahrzeuges und seiner Insassen wurden die folgenden Unterkategorien ermittelt:
1.
Klasse 3a — Betriebseinschränkung für das betreffende Luftfahrzeug: Die mit der Vorfeldinspektion befasste zuständige Behörde gelangt zu dem Schluss, dass das Luftfahrzeug wegen der bei der Inspektion festgestellten Mängel nur mit bestimmten Einschränkungen starten darf.
2.
Klasse 3b — Abhilfemaßnahmen vor dem Flug: Bei der Vorfeldinspektion werden Mängel ermittelt, die Abhilfemaßnahmen notwendig machen, bevor der geplante Flug erfolgen kann.
3.
Klasse 3c — Flugverbot der inspizierenden nationalen Luftfahrtbehörde für das betreffende Luftfahrzeug: Ein Flugverbot für Luftfahrzeuge ergeht, wenn infolge von Feststellungen der Kategorie 3 (sehr schwerer Sicherheitsmangel) die mit der Vorfeldinspektion befasste zuständige Behörde bezweifelt, dass der Betreiber vor dem Abflug die zur Beseitigung der festgestellten Mängel notwendigen Abhilfemaßnahmen trifft, so dass ein unmittelbares Sicherheitsrisiko für das Luftfahrzeug und seine Insassen besteht. In diesem Fall erhält die mit der Vorfeldinspektion befasste nationale Luftfahrtbehörde das Flugverbot für das betreffende Luftfahrzeug so lange aufrecht, bis das Sicherheitsrisiko beseitigt ist und informiert unverzüglich die zuständigen Behörden des betreffenden Betreibers und des Staates, in dem das betreffende Luftfahrzeug registriert ist.
Die gemäß Absatz 2 und 3 getroffenen Maßnahmen können einen nichtgewerblichen Überführungsflug zur Instandhaltungsbasis beinhalten.
4.
Klasse 3d — Sofortige Betriebsuntersagung: Ein Mitgliedstaat kann auf ein unmittelbares und offensichtliches Sicherheitsrisiko mit einer Betriebsuntersagung gemäß den geltenden nationalen und gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften reagieren.

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 129 vom 17.5.2006, S. 10.

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