ANHANG I RL 2004/54/EG

Sicherheitsmaßnahmen gemäß Artikel 3

1.
Entscheidungsgrundlage für Sicherheitsmaßnahmen
1.1.
Sicherheitsparameter
1.1.1.
Die in einem Tunnel durchzuführenden Sicherheitsmaßnahmen werden unter systematischer Berücksichtigung aller Aspekte des durch die Infrastruktur, den Betrieb, die Nutzer und die Fahrzeuge gebildeten Systems bestimmt.
1.1.2.
Folgende Parameter sind zu berücksichtigen:

Tunnellänge,

Anzahl der Tunnelröhren,

Anzahl der Fahrstreifen,

Querschnittsgeometrie,

Trassierung,

Bauart,

Richtungsverkehr oder Gegenverkehr,

Verkehrsaufkommen je Tunnelröhre (einschließlich der zeitlichen Verteilung),

Gefahr täglicher oder saisonaler Staubildung,

Zugriffszeit der Einsatzdienste,

Vorkommen und Anteil des Lkw-Verkehrs,

Vorkommen, Anteil und Art des Gefahrgutverkehrs,

Merkmale der Zufahrtsstraßen,

Fahrstreifenbreite,

geschwindigkeitsbezogene Aspekte,

geografische und meteorologische Verhältnisse.

1.1.3.
Weist ein Tunnel hinsichtlich der genannten Parameter eine besondere Charakteristik auf, ist eine Risikoanalyse gemäß Artikel 13 durchzuführen, um festzustellen, ob zur Sicherstellung eines hohen Sicherheitsniveaus im Tunnel zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen und/oder weitere Ausrüstungen erforderlich sind. Bei dieser Risikoanalyse sind die beim Betrieb des Tunnels möglicherweise auftretenden Unfälle, die für die Sicherheit der Tunnelnutzer eindeutig von Belang sind, sowie Art und Umfang ihrer möglichen Folgen zu berücksichtigen.
1.2.
Mindestanforderungen
1.2.1.
Zur Sicherstellung eines Mindestsicherheitsniveaus in allen von dieser Richtlinie betroffenen Tunneln werden zumindest die in den nachstehenden Abschnitten geforderten Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt. Begrenzte Abweichungen von diesen Anforderungen können gestattet werden, sofern das folgende Verfahren mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen wurde:

Die Mitgliedstaaten oder die Verwaltungsbehörde übermitteln der Kommission Angaben zu folgenden Punkten:

in Betracht gezogene begrenzte Abweichung(en);

zwingende Gründe für die in Betracht gezogene begrenzte Abweichung;

risikomindernde Alternativmaßnahmen, die zum Einsatz kommen oder verstärkt werden, um ein mindestens gleichwertiges Sicherheitsniveau sicherzustellen, einschließlich des Nachweises hierfür in Form einer Analyse der relevanten Risiken.

Die Kommission leitet diesen Antrag auf Genehmigung einer begrenzten Abweichung so schnell wie möglich, spätestens jedoch einen Monat, nachdem sie ihn erhalten hat, an die Mitgliedstaaten weiter.

Wenn weder die Kommission noch ein Mitgliedstaat innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Antrags bei der Kommission Einwände geltend macht, gilt die begrenzte Abweichung als gebilligt; die Kommission unterrichtet alle Mitgliedstaaten entsprechend. Wenn Einwände vorgebracht werden, legt die Kommission nach dem in Artikel 17 Absatz 2 genannten Verfahren einen Vorschlag vor. Im Falle einer abschlägigen Entscheidung ist die begrenzte Abweichung nicht gestattet.

1.2.2.
Damit alle Tunnel, die von dieser Richtlinie betroffen sind, eine einheitliche Nutzer-Schnittstelle aufweisen, ist in Bezug auf die Gestaltung der Sicherheitseinrichtungen, die den Tunnelnutzern zur Verfügung stehen, keine Abweichung von den in den nachstehenden Abschnitten festgelegten Anforderungen gestattet (Notrufstationen, Beschilderung, Nothalte- bzw. Pannenbuchten, Notausgänge und, soweit erforderlich, Verkehrsfunkanlagen).
1.3.
Verkehrsaufkommen
1.3.1.
Der Begriff „Verkehrsaufkommen” bezeichnet im Rahmen dieses Anhangs den im Jahresdurchschnitt ermittelten täglichen Tunneldurchgangsverkehr je Fahrstreifen. Für die Ermittlung des Verkehrsaufkommens wird jedes Kraftfahrzeug als eine Einheit gerechnet.
1.3.2.
Wenn die Anzahl des Schwerverkehrs über 3,5 Tonnen das im Jahresdurchschnitt ermittelte tägliche Verkehrsaufkommen um mehr als 15 % übersteigt oder das saisonale tägliche Verkehrsaufkommen das im Jahresdurchschnitt ermittelte tägliche Verkehrsaufkommen deutlich übersteigt, wird das entsprechende zusätzliche Risiko einer Bewertung unterzogen und in der Weise berücksichtigt, dass der Wert für das Verkehrsaufkommen des Tunnels im Rahmen der Anwendung der nachstehenden Abschnitte entsprechend angehoben wird.
2.
Infrastrukturbezogene Maßnahmen
2.1.
Zahl der Tunnelröhren und Fahrstreifen
2.1.1.
Hauptentscheidungskriterien für den Bau eines Einröhrentunnels oder eines Doppelröhrentunnels sind das prognostizierte Verkehrsaufkommen und die Sicherheit, wobei Aspekte wie der Anteil des Schwerverkehrs, die Steigung und die Tunnellänge zu berücksichtigen sind.
2.1.2.
Wenn bei Tunneln, die sich in der Planungsphase befinden, eine 15-Jahre-Prognose des Verkehrsaufkommens zeigt, dass das Verkehrsaufkommen 10000 Fahrzeuge je Tag und Fahrstreifen übersteigen wird, muss auf jeden Fall zu dem Zeitpunkt, an dem dieser Wert überschritten wird, ein Doppelröhrentunnel mit Richtungsverkehr vorhanden sein.
2.1.3.
Mit Ausnahme der Seitenstreifen ist innerhalb und außerhalb des Tunnels die gleiche Anzahl Fahrstreifen beizubehalten. Jegliche Änderung der Anzahl der Fahrstreifen muss in hinreichender Entfernung vor dem Tunnelportal erfolgen; diese Entfernung muss mindestens der Entfernung entsprechen, die ein Fahrzeug mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in 10 Sekunden zurücklegt. Wenn diese Entfernung aufgrund geografischer Gegebenheiten nicht eingehalten werden kann, sind zusätzliche und/oder verstärkte Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit zu treffen.
2.2.
Tunnelgeometrie
2.2.1.
Bei der Auslegung der Querschnittsgeometrie und der Trassierung eines Tunnels und seiner Zufahrtsstraßen sind die Sicherheitsaspekte besonders zu berücksichtigen, da diese Parameter einen großen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit und die Schwere von Unfällen haben.
2.2.2.
Längsgefälle von mehr als 5 % sind in neuen Tunneln nicht zulässig, es sei denn, dies ist aufgrund der geografischen Gegebenheiten unvermeidlich.
2.2.3.
In Tunneln mit einem Gefälle über 3 % sind ausgehend von einer Risikoanalyse zusätzliche und/oder verstärkte Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit zu treffen.
2.2.4.
Beträgt die Breite der Spur für langsam fahrende Fahrzeuge weniger als 3,5 m und ist Schwerverkehr zugelassen, so sind ausgehend von einer Risikoanalyse zusätzliche und/oder verstärkte Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit zu treffen.
2.3.
Fluchtwege und Notausgänge
2.3.1.
In neuen Tunneln, die über keinen Seitenstreifen verfügen, sind — erhöhte oder nicht erhöhte — Notgehwege vorzusehen, die von den Tunnelnutzern bei Pannen oder Unfällen benutzt werden können. Diese Bestimmung gilt nicht, wenn die baulichen Merkmale des Tunnels dies nicht oder nur zu unverhältnismäßig hohen Kosten ermöglichen und es sich bei dem Tunnel um einen Richtungsverkehrstunnel handelt, der mit einer Dauerüberwachungsanlage und einem System zur Fahrstreifensperrung ausgerüstet ist.
2.3.2.
In bestehenden Tunneln, die weder über einen Seitenstreifen noch über einen Notgehweg verfügen, sind zusätzliche und/oder verstärkte Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit zu treffen.
2.3.3.
Notausgänge ermöglichen es, dass die Tunnelnutzer bei Unfall oder Brand den Tunnel ohne ihre Fahrzeuge über die Notausgänge verlassen und einen sicheren Bereich erreichen können und dass die Einsatzdienste auch zu Fuß in den Tunnel gelangen können. Solche Notausgänge sind beispielsweise:

direkte Ausgänge vom Tunnel ins Freie;

Querverbindungen zwischen Tunnelröhren;

Ausgänge zu einem Fluchtstollen;

Schutzräume mit einem von der Tunnelröhre getrennten Fluchtweg.

2.3.4.
Schutzräume ohne Ausgang zu einem Fluchtweg ins Freie dürfen nicht gebaut werden.
2.3.5.
Notausgänge sind dann vorzusehen, wenn eine Analyse der betreffenden Risiken einschließlich der Rauchbildungs- und -ausbreitungsgeschwindigkeit unter örtlichen Gegebenheiten zeigt, dass die Lüftung und andere Sicherheitsvorkehrungen nicht ausreichen, um die Sicherheit der Straßennutzer sicherzustellen.
2.3.6.
In neuen Tunneln, deren Verkehrsaufkommen 2000 Fahrzeuge je Fahrstreifen übersteigt, sind auf jeden Fall Notausgänge einzurichten.
2.3.7.
Im Falle von bestehenden Tunneln von mehr als 1000 m Länge, deren Verkehrsaufkommen 2000 Fahrzeuge je Fahrstreifen übersteigt, sind die Machbarkeit und die Wirksamkeit der Einrichtung neuer Notausgänge zu untersuchen.
2.3.8.
Sofern Notausgänge vorhanden sind, darf der Abstand zwischen zwei Notausgängen 500 m nicht übersteigen.
2.3.9.
Geeignete Vorkehrungen, beispielsweise Türen, müssen die Ausbreitung von Rauch und Hitze in die über die Notausgänge zugänglichen Fluchtwege verhindern, damit die Tunnelnutzer sicher ins Freie gelangen können und den Einsatzdiensten der Zugang zum Tunnel möglich ist.
2.4.
Zugang für Einsatzdienste
2.4.1.
In Doppelröhrentunneln, deren Tunnelröhren höhengleich oder nahezu höhengleich verlaufen, ist mindestens alle 1500 m eine von den Einsatzdiensten nutzbare Querverbindung zwischen den beiden Röhren vorzusehen.
2.4.2.
Soweit die geografischen Gegebenheiten dies zulassen, muss außerhalb eines Doppelröhrentunnels oder eines Tunnels mit mehreren Röhren an jedem Tunnelportal der die Richtungsfahrbahnen trennende Mittelstreifen überquert werden können. Hierdurch soll den Einsatzdiensten ein unmittelbarer Zugang zu jeder Tunnelröhre ermöglicht werden.
2.5.
Nothalte- bzw. Pannenbuchten
2.5.1.
In neuen Gegenverkehrstunneln von mehr als 1500 m Länge, deren Verkehrsaufkommen 2000 Fahrzeuge je Fahrstreifen übersteigt, sind in Abständen von höchstens 1000 m Nothalte- bzw. Pannenbuchten einzurichten, wenn keine Seitenstreifen vorgesehen sind.
2.5.2.
Bei bestehenden Gegenverkehrstunneln von mehr als 1500 m Länge, deren Verkehrsaufkommen 2000 Fahrzeuge je Fahrstreifen übersteigt und die über keine Seitenstreifen verfügen, sind die Machbarkeit und die Wirksamkeit der Einrichtung von Nothalte- bzw. Pannenbuchten zu untersuchen.
2.5.3.
Wenn die baulichen Merkmale des Tunnels dies nicht oder nur zu unverhältnismäßig hohen Kosten ermöglichen, müssen keine Nothalte- bzw. Pannenbuchten vorgesehen werden, wenn die mit Fahrzeugen befahrbare Tunnelgesamtbreite — ausgenommen erhöht liegende Teile und reguläre Fahrstreifen — mindestens der Breite eines regulären Fahrstreifens entspricht.
2.5.4.
Zur Ausrüstung einer Nothalte- bzw. Pannenbucht zählt eine Notrufstation.
2.6.
Entwässerung
2.6.1.
In Tunneln, in denen der Gefahrguttransport zulässig ist, ist dafür zu sorgen, dass entzündliche und toxische Flüssigkeiten durch im Tunnelprofil vorhandene und angemessen dimensionierte Schlitzrinnen oder auf sonstige Weise abgeleitet werden können. Zudem ist das Entwässerungssystem so anzulegen und zu warten, dass Feuer und entzündliche und toxische Flüssigkeiten sich nicht in der Tunnelröhre ausbreiten oder auf andere Tunnelröhren übergreifen können.
2.6.2.
Können diese Anforderungen in einem bestehenden Tunnel nicht oder nur zu unverhältnismäßig hohen Kosten erfüllt werden, so ist dies ausgehend von einer Analyse der relevanten Risiken bei der Entscheidung über die Genehmigung des Gefahrguttransports zu berücksichtigen.
2.7.
Feuerfestigkeit von baulichen Anlagen

Die Hauptstruktur aller Tunnel, bei denen ein örtlich begrenzter Einsturz der Struktur katastrophale Folgen nach sich ziehen kann, z. B. im Falle von Unterwassertunneln oder von Tunneln, die den Einsturz wichtiger benachbarter Bauwerke verursachen können, muss eine ausreichende Feuerfestigkeit aufweisen.

2.8.
Beleuchtung
2.8.1.
Für den Normalbetrieb ist eine Beleuchtung vorzusehen, die für die Fahrzeugführer sowohl im Einfahrtbereich als auch im Innern des Tunnels bei Tag und Nacht angemessene Sichtverhältnisse sicherstellt.
2.8.2.
Für Netzausfälle ist eine Notbeleuchtung vorzusehen, die eine minimale Sicht erlaubt und den Tunnelnutzern ein Räumen des Tunnels mit ihrem Fahrzeug ermöglicht.
2.8.3.
In Notfällen zeigt eine in maximal 1,5 m Höhe anzubringende Fluchtwegbeleuchtung, z. B. Brandnotleuchten, den Tunnelnutzern an, wie sie den Tunnel zu Fuß verlassen können.
2.9.
Lüftung
2.9.1.
Bei Auslegung, Bau und Betrieb des Lüftungssystems ist Folgendes zu berücksichtigen:

Kontrolle von Fahrzeugabgasen bei Normal- und Spitzenverkehr;

Kontrolle von Fahrzeugabgasen bei einem Verkehrsstau wegen Störung oder Unfall;

Kontrolle von Hitze und Rauch im Brandfall.

2.9.2.
In Tunneln von mehr als 1000 m Länge, deren Verkehrsaufkommen 2000 Fahrzeuge je Fahrstreifen übersteigt, ist ein mechanisches Lüftungssystem einzubauen.
2.9.3.
In Tunneln mit Gegenverkehr und/oder stockendem Richtungsverkehr dürfen Längslüftungssysteme nur verwendet werden, wenn eine Risikoanalyse gemäß Artikel 13 zeigt, dass dies annehmbar ist und/oder spezielle Maßnahmen, beispielsweise angemessene Verkehrssteuerung, kürzere Abstände zwischen den Notausgängen, Rauchabsaugung in regelmäßigen Abständen, getroffen werden.
2.9.4.
Quer- und Halbquerlüftungssysteme sind in Tunneln zu verwenden, in denen ein mechanisches Lüftungssystem erforderlich und eine Längslüftung gemäß Abschnitt 2.9.3 nicht zulässig ist. Diese Systeme müssen in der Lage sein, den Rauch im Brandfall abzusaugen.
2.9.5.
In Gegenverkehrstunneln von mehr als 3000 m Länge, deren Verkehrsaufkommen 2000 Fahrzeuge je Fahrstreifen übersteigt und die über eine Leitstelle und Quer- und/oder Halbquerlüftungssysteme verfügen, sind hinsichtlich der Lüftung folgende Mindestmaßnahmen zu treffen:

Es sind Luft- und Rauchabzugsklappen einzubauen, die getrennt oder in Gruppen betätigt werden können.

Die Geschwindigkeit des in Längsrichtung verlaufenden Luftstroms ist ständig zu überwachen und die Steuerung des Lüftungssystems (Luftklappen, Ventilatoren usw.) ist entsprechend anzupassen.

2.10.
Notrufstationen
2.10.1.
Notrufstationen sind zur Unterbringung verschiedener Sicherheitsausrüstungen, insbesondere Notruftelefone und Feuerlöscher, vorgesehen, nicht aber zum Schutz der Tunnelnutzer vor den Auswirkungen eines Brandes.
2.10.2.
Notrufstationen können aus einer Kabine an der Seitenwand oder vorzugsweise aus einer Nische in der Seitenwand bestehen. Sie sind mindestens mit einem Notruftelefon und zwei Feuerlöschern auszurüsten.
2.10.3.
Notrufstationen sind in der Nähe der Tunnelportale und im Tunnelinnern im Abstand von höchstens 150 m (neue Tunnel) bzw. 250 m (bestehende Tunnel) vorzusehen.
2.11.
Wasserversorgung

In allen Tunneln ist eine Löschwasserversorgung vorzusehen. In der Nähe der Tunnelportale und im Tunnelinnern sind im Abstand von höchstens 250 m Hydranten vorzusehen. Wenn keine Wasserversorgung zur Verfügung steht, ist zwingend zu überprüfen, dass mit anderen Mitteln genügend Löschwasser bereitgestellt wird.

2.12.
Beschilderung

Alle für die Tunnelnutzer bereitgestellten Sicherheitseinrichtungen sind durch spezielle Zeichen zu kennzeichnen. Anhang III enthält die zu verwendenden Zeichen und Schilder.

2.13.
Leitstelle
2.13.1.
Eine Leitstelle ist für alle Tunnel von mehr als 3000 m Länge vorzusehen, deren Verkehrsaufkommen 2000 Fahrzeuge je Fahrstreifen übersteigt.
2.13.2.
Die Überwachung mehrerer Tunnel kann von einer zentralen Leitstelle aus vorgenommen werden.
2.14.
Überwachungssysteme
2.14.1.
In allen Tunneln, die über eine Leitstelle verfügen, ist ein Videoüberwachungssystem und ein System zur automatischen Erkennung von Verkehrsstörungen (z. B. stehen gebliebene Fahrzeuge) und/oder von Bränden zu installieren.
2.14.2.
In allen Tunneln, die über keine Leitstelle verfügen, sind automatische Brandmeldesysteme zu installieren, wenn der Betrieb mechanischer Rauchabzugslüftungen anders als der Automatikbetrieb zur Abgasablüftung erfolgt.
2.15.
Einrichtungen zur Sperrung des Tunnels
2.15.1.
Bei allen Tunneln von mehr als 1000 m Länge sind vor den Tunneleinfahrten Lichtsignalanlagen anzubringen, damit der Tunnel im Notfall gesperrt werden kann. Zusätzliche Vorrichtungen wie Wechselverkehrszeichen und Sperrschranken können vorgesehen werden, um die Einhaltung des Einfahrverbots sicherzustellen.
2.15.2.
Es wird empfohlen, in allen Tunneln von mehr als 3000 m Länge, die über eine Leitstelle verfügen und deren Verkehrsaufkommen 2000 Fahrzeuge je Fahrstreifen übersteigt, in Abständen von höchstens 1000 m Einrichtungen anzubringen, mit denen Fahrzeuge im Notfall angehalten werden können. Diese Einrichtungen umfassen Lichtsignalanlagen und eventuell weitere Vorkehrungen wie z. B. Lautsprecher, Wechselverkehrszeichen und Sperrschranken.
2.16.
Kommunikationssysteme
2.16.1.
In allen Tunneln von mehr als 1000 m Länge, deren Verkehrsaufkommen 2000 Fahrzeuge je Fahrstreifen übersteigt, sind Funkübertragungsanlagen für die Einsatzdienste zu installieren.
2.16.2.
Sofern eine Leitstelle vorhanden ist und Rundfunksendungen für die Tunnelnutzer übertragen werden, muss die Möglichkeit bestehen, diese Sendungen für Sicherheitsdurchsagen zu unterbrechen.
2.16.3.
In Schutzräumen und anderen Räumlichkeiten, in denen fliehende Tunnelnutzer warten müssen, bevor sie ins Freie gelangen können, sind Lautsprecher für Durchsagen anzubringen.
2.17.
Stromversorgung und elektrische Leitungen
2.17.1.
Alle Tunnel müssen über eine Notstromversorgung verfügen, die das Funktionieren der für die Evakuierung unerlässlichen Sicherheitseinrichtungen sicherstellt, bis alle Tunnelnutzer den Tunnel verlassen haben.
2.17.2.
Strom-, Mess- und Steuerkreise sind so auszulegen, dass ein Teilausfall, z. B. wegen Brand, unbeschädigte Systemteile unbeeinträchtigt lässt.
2.18.
Feuerfestigkeit von Tunnelbetriebseinrichtungen

Der jeweilige Grad der Feuerfestigkeit aller Tunnelbetriebseinrichtungen muss den technischen Möglichkeiten Rechnung tragen und auf die Aufrechterhaltung der erforderlichen Sicherheitsfunktionen im Brandfall abzielen.

2.19.
Informative Übersichtstabelle zu den Mindestanforderungen

In der nachfolgenden Übersichtstabelle sind die in den vorstehenden Abschnitten enthaltenen Mindestanforderungen informativ zusammenfassend dargestellt. Die Mindestanforderungen sind die im beschreibenden Teil dieses Anhangs enthaltenen Anforderungen.

3.
Maßnahmen des Tunnelbetriebs
3.1.
Mittel für den Tunnelbetrieb

Der Tunnelbetrieb ist so zu organisieren und mit geeigneten Mitteln so durchzuführen, dass ein ungehinderter, sicherer Verkehrsfluss durch den Tunnel sichergestellt ist. Das Betriebspersonal sowie das Personal der Einsatzdienste muss eine geeignete Grundschulung und fortlaufende Schulung erhalten.

3.2.
Notfallplanung

Zu allen Tunneln müssen Organisationspläne für den Notfall vorliegen. Im Falle von Tunneln mit Einfahrt und Ausfahrt in unterschiedlichen Mitgliedstaaten ist ein einziger, binationaler Organisationsplan für den Notfall aufzustellen, der sich auf beide Länder erstreckt.

3.3.
Arbeiten in Tunneln

Eine Voll- oder Teilsperrung von Fahrstreifen wegen geplanter Bau- oder Unterhaltungsarbeiten muss stets außerhalb des Tunnels beginnen. Hierfür können Wechselverkehrszeichen, Lichtsignalanlagen und Sperrschranken verwendet werden.

3.4.
Ereignis- und Störfallmanagement

Bei einem ernsten Unfall oder Störfall werden alle betroffenen Tunnelröhren sofort für den Verkehr gesperrt.

Dies erfolgt durch gleichzeitige Betätigung nicht nur der oben genannten Einrichtungen vor den Tunnelportalen, sondern auch der gegebenenfalls im Tunnel vorhandenen Wechselverkehrszeichen, Lichtsignalanlagen und Sperrschranken, damit der gesamte Verkehr innerhalb wie außerhalb des Tunnels so schnell wie möglich angehalten werden kann. In Tunneln mit einer Länge von weniger als 1000 m kann die Sperrung auf andere Weise erfolgen. Der Verkehr ist so zu lenken, dass die nicht betroffenen Fahrzeuge den Tunnel rasch verlassen können.

Die bei einem Störfall in einem Tunnel bis zum Eintreffen der Einsatzdienste benötigte Zeit muss so kurz wie möglich sein; sie ist bei periodisch abzuhaltenden Übungen zu messen. Sie kann außerdem während eines Störfalls gemessen werden. Bei größeren Gegenverkehrstunneln mit hohem Verkehrsaufkommen ist im Rahmen einer Risikoanalyse gemäß Artikel 13 zu ermitteln, ob die Stationierung von Einsatzdiensten an den beiden Tunnelportalen erforderlich ist.

3.5.
Tätigkeit der Leitstelle

Für alle Tunnel, für die eine Leitstelle vorgeschrieben ist, einschließlich Tunneln mit Einfahrt und Ausfahrt in unterschiedlichen Mitgliedstaaten, gilt, dass eine einzige Leitstelle jederzeit die volle Kontrolle ausüben muss.

3.6.
Tunnelschließung

Bei (kurz- oder langfristigen) Tunnelschließungen sind die Nutzer durch leicht zugängliche Informationssysteme über die besten Ausweichstrecken zu informieren.

Solche Ausweichstrecken sind im Rahmen systematischer Alarmpläne vorzusehen. Sie sollten darauf angelegt sein, den Verkehrsfluss so weit wie möglich aufrechtzuerhalten und die Sekundäreffekte auf umliegende Gebiete auf ein Mindestmaß zu beschränken.

Die Mitgliedstaaten sollten sich nach Kräften um die Vermeidung von Situationen bemühen, in denen ein Tunnel, der im Hoheitsgebiet von zwei Mitgliedstaaten liegt, wegen den Folgen schlechter Witterungsverhältnisse nicht benutzt werden kann.

3.7.
Gefahrguttransporte

Gemäß den einschlägigen europäischen Rechtsvorschriften für den Gefahrguttransport auf der Straße sind hinsichtlich des Zugangs von Gefahrgutfahrzeugen zu Tunneln die folgenden Maßnahmen anzuwenden:

Vor der Festlegung oder Änderung von Vorschriften und Anforderungen für den Gefahrguttransport durch einen Tunnel ist eine Risikoanalyse gemäß Artikel 13 durchzuführen.

Vor der letzten Abfahrtsmöglichkeit vor dem Tunnel und am Tunneleingang sowie im vorgelagerten Bereich sind zur Durchsetzung der Vorschriften entsprechende Schilder aufzustellen, damit Ausweichstrecken benutzt werden können.

Im Einzelfall sind im Anschluss an die genannte Risikoanalyse spezielle betriebliche Maßnahmen zur Verringerung der Risiken für bestimmte oder alle Gefahrgutfahrzeuge in Tunneln zu prüfen, z. B. Meldung vor der Einfahrt oder Durchfahrt in Konvois mit Begleitfahrzeugen.

3.8.
Überholen im Tunnel

Aufgrund einer Risikoanalyse ist zu entscheiden, ob Schwerverkehr in Tunneln mit mehr als einem Fahrstreifen in jeder Richtung das Überholen erlaubt werden sollte.

3.9.
Abstände zwischen den Fahrzeugen und Geschwindigkeit

Angemessene Fahrzeuggeschwindigkeiten und ausreichende Sicherheitsabstände zwischen den Fahrzeugen sind in Tunneln besonders wichtig und bedürfen großer Aufmerksamkeit. Dazu gehört auch, dass die Tunnelnutzer über angemessene Geschwindigkeiten und Abstände informiert werden. Gegebenenfalls sind Maßnahmen zur Durchsetzung entsprechender Vorschriften zu ergreifen.

Der Mindestabstand, den ein PKW-Fahrer unter normalen Bedingungen zum vorausfahrenden Fahrzeug einhalten sollte, entspricht der innerhalb von 2 Sekunden zurückgelegten Strecke. Für Schwerverkehr sollte dieser Abstand verdoppelt werden.

Wenn der Verkehr im Tunnel zum Stehen kommt, sollte zum nächsten Fahrzeug nach vorne ein Mindestabstand von 5 m eingehalten werden, es sei denn, dies ist wegen einer Notbremsung nicht möglich.

4.
Informationskampagnen

Es sind in regelmäßigen Abständen Informationskampagnen zu Fragen der Sicherheit in Tunneln zu organisieren und auf der Grundlage der harmonisierten Arbeiten internationaler Organisationen gemeinsam mit den beteiligten Parteien durchzuführen. Diese Informationskampagnen erstrecken sich auf das richtige Verhalten der Verkehrsteilnehmer bei der Anfahrt zu Tunneln und bei der Durchfahrt, insbesondere im Fall von Fahrzeugpannen, Staus, Unfällen und Bränden.

Die Tunnelnutzer sind an geeigneten Stellen (z. B. an Rastplätzen vor Tunneln, an Tunneleingängen, an denen der Verkehr angehalten wird, oder via Internet) über die vorhandenen Sicherheitseinrichtungen und das richtige Verhalten im Tunnel zu informieren.

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