Präambel RL 2005/50/EG

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte(1), insbesondere auf Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b,

gestützt auf den von Frankreich und dem Vereinigten Königreich gestellten Antrag,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Nach den Klassifizierungsregeln in Anhang IX der Richtlinie 93/42/EWG werden vollständige Gelenkersatzteile als Medizinprodukte der Klasse IIb eingestuft.
(2)
Frankreich und das Vereinigte Königreich haben beantragt, vollständige Gelenkersatzteile abweichend von den Bestimmungen des Anhangs IX der Richtlinie 93/42/EWG als Medizinprodukte der Klasse III einzustufen, damit sie vor dem Inverkehrbringen einer angemessenen Konformitätsbewertung unterzogen werden.
(3)
Damit die Konformität eines Produkts bewertet werden kann, muss es klassifiziert sein, es müssen Stellen benannt sein, die die Konformitätsbewertung durchführen, und die ordnungsgemäße Durchführung der in der Richtlinie 93/42/EWG beschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren muss überwacht werden.
(4)
Eine Neuklassifizierung abweichend von den Klassifizierungsregeln in Anhang IX der Richtlinie 93/42/EWG ist angezeigt, wenn das Konformitätsbewertungsverfahren einer anderen Produktklasse besser geeignet ist, die für ein bestimmtes Produkt charakteristischen Mängel festzustellen.
(5)
Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter sollten wegen der besonderen Komplexität der wiederherzustellenden Gelenkfunktion und der deswegen erhöhten Gefahr ihres Versagens von anderen vollständigen Gelenkersatzteilen unterschieden werden.
(6)
Insbesondere sind Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter hochkomplexe und Last tragende Implantate, die mit signifikant höherer Wahrscheinlichkeit als bei anderen Gelenkersatzteilen eine Nachoperation erfordern.
(7)
Schultergelenkimplantate existieren erst seit relativ kurzer Zeit. Da Schultergelenke ähnlichen dynamischen Beanspruchungen ausgesetzt sind wie Hüft- und Kniegelenke, ist ihr Ersatz grundsätzlich mit ernsthaften medizinischen Problemen verbunden.
(8)
Außerdem erhalten in wachsendem Maße jüngere Menschen mit hoher verbleibender Lebenserwartung künstliche Hüft-, Knie- und Schultergelenke. Deshalb müssen solche Implantate möglichst während der gesamten Lebenszeit dieser Patienten einwandfrei funktionieren, und die Wahrscheinlichkeit von Nachoperationen mit ihren Risiken muss vermindert werden.
(9)
Spezifische klinische Daten, u. a. Daten über das Langzeitverhalten, liegen für künstliche Hüft-, Knie- und Schultergelenke nicht immer vor, ehe sie in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden. Die klinischen Daten, die der Hersteller im Zuge des Konformitätsbewertungsverfahrens erfasst hat und aufgrund deren er festgestellt hat, dass sein Produkt in Auslegung, Herstellung und Leistung den Anforderungen von Anhang I Nummern 1 und 3 der Richtlinie 93/42/EWG entspricht, sollten sorgfältig auf ihre Aussagekraft geprüft werden.
(10)
Vollständige Gelenkersatzteile können nach dem Inverkehrbringen und nach dem Beginn ihrer klinischen Verwendung zahlreiche Änderungen erfahren, wie an den auf dem Markt befindlichen künstlichen Hüft- und Kniegelenken ersichtlich ist. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass scheinbar unwesentliche Änderungen, die an bisher komplikationslos funktionierenden Gelenkersatzteilen vorgenommen werden, unerwartete ernsthafte Probleme zur Folge haben können, die zu frühzeitigem Versagen des Gelenks führen können und Anlass zu erheblichen Sicherheitsbedenken geben.
(11)
Um bestmögliche Sicherheit zu erreichen und das Risiko konstruktionsbedingter Komplikationen zu minimieren, sollten die Auslegungsdokumentation künstlicher Hüft-, Knie- und Schultergelenke, die vom Hersteller zum Nachweis der angegebenen Leistungen vorgelegten klinischen Daten und die nach ihrem Inverkehrbringen vorgenommenen Änderungen ihrer Konstruktion und Herstellung von der benannten Stelle eingehend geprüft werden, ehe sie für die klinische Verwendung zugelassen werden.
(12)
Die benannte Stelle sollte deshalb die Auslegungsdokumentation und die Änderungen an der genehmigten Auslegung nach Anhang II Nummer 4 der Richtlinie 93/42/EWG prüfen (Verfahren „Vollständiges Qualitätssicherungssystem” ).
(13)
Aus den genannten Gründen ist eine Neueinstufung vollständiger Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter als Medizinprodukte der Klasse III erforderlich.
(14)
Es ist eine ausreichende Übergangsfrist vorzusehen, während der vollständige Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter, die bereits nach dem in Anhang II der Richtlinie 93/42/EWG beschriebenen Verfahren „Vollständiges Qualitätssicherungssystem” als Medizinprodukte der Klasse IIb bewertet worden sind, zusätzlich nach Anhang II Nummer 4 bewertet werden können.
(15)
Vollständige Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter, die bereits nach dem in Anhang III der Richtlinie 93/42/EWG beschriebenen Verfahren „EG-Baumusterprüfung” in Verbindung mit dem in Anhang IV beschriebenen Verfahren „EG-Prüfung” oder mit dem in Anhang V beschriebenen Verfahren „Qualitätssicherung Produktion” bewertet worden sind, sind von dieser Richtlinie nicht betroffen, da diese Konformitätsbewertungsverfahren für die Produktklassen IIb und III gleich sind.
(16)
Es ist eine ausreichende Übergangsfrist vorzusehen, während der vollständige Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter, die bereits nach dem in Anhang III der Richtlinie 93/42/EWG beschriebenen Verfahren „EG-Baumusterprüfung” in Verbindung mit dem in Anhang VI beschriebenen Verfahren „Qualitätssicherung Produkt” bewertet worden sind, zusätzlich nach Anhang IV oder V der Richtlinie 93/42/EWG bewertet werden können.
(17)
Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ausschusses für Medizinprodukte, der durch Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte(2), eingesetzt wurde —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 169 vom 12.7.1993, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

(2)

ABl. L 189 vom 20.7.1990, S. 17. Richtlinie zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates.

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