Präambel RL 2005/84/EG
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,
auf Vorschlag der Kommission(1),
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Artikel 14 des Vertrags schafft einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist.
- (2)
- Die Arbeiten auf dem Gebiet Binnenmarkt sollten der Verbesserung der Lebensqualität, des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit des Verbrauchers dienen. Diese Richtlinie entspricht dem Erfordernis, bei der Festlegung und Durchführung aller Politiken und Maßnahmen der Gemeinschaft ein hohes Niveau des Gesundheits- und Verbraucherschutzes zu gewährleisten.
- (3)
- Die Verwendung bestimmter Phthalate in Spielzeug und Babyartikeln, die aus weichmacherhaltigem Material bestehen oder Bestandteile aus weichmacherhaltigem Material enthalten, sollte verboten werden, da das Vorhandensein bestimmter Phthalate Gefahren im Hinblick auf die Gesundheit von Kindern aufweist oder möglicherweise aufweisen könnte. Spielzeug und Babyartikel, die in den Mund genommen werden können, auch wenn dies nicht ihre eigentliche Bestimmung ist, können unter bestimmten Umständen ein Risiko für die Gesundheit von Kleinkindern darstellen, wenn sie aus weichmacherhaltigem Material bestehen oder Bestandteile aus weichmacherhaltigem Material enthalten, das bestimmte Phthalate enthält.
- (4)
- Der Wissenschaftliche Ausschuss für Toxizität, Ökotoxizität und Umwelt (SCTEE) wurde von der Kommission konsultiert und hat Stellungnahmen zu der von diesen Phthalaten ausgehenden Gesundheitsgefährdung abgegeben.
- (5)
- In der Empfehlung 98/485/EG der Kommission vom 1. Juli 1998 betreffend bestimmte Baby- und Spielzeugartikel aus phthalathaltigem Weich-PVC, die dazu bestimmt sind, von Kleinkindern in den Mund genommen zu werden(4), wurden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Maßnahmen zu erlassen, um bei den betreffenden Produkten einen hohen Gesundheitsschutz für Kinder sicherzustellen.
- (6)
- Seit 1999 ist die Verwendung von sechs Phthalaten in Spielzeug und Babyartikeln, die dazu bestimmt sind, von Kindern unter drei Jahren in den Mund genommen zu werden, nach der Annahme der Entscheidung 1999/815/EG der Kommission(5) im Rahmen der Richtlinie 92/59/EWG des Rates vom 29. Juni 1992 über die allgemeine Produktsicherheit(6) auf Ebene der Europäischen Union vorübergehend verboten. Die Geltungsdauer dieser Entscheidung wird regelmäßig verlängert.
- (7)
- Die bereits von einigen Mitgliedstaaten erlassenen Beschränkungen des Inverkehrbringens von Spielzeug und Babyartikeln, die Phthalate enthalten, haben direkte Auswirkungen auf die Vollendung und das Funktionieren des Binnenmarkts. Daher ist es geboten, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet anzugleichen und folglich Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG(7) zu ändern.
- (8)
- Wenn sich das Risiko durch eine wissenschaftliche Bewertung nicht mit hinreichender Sicherheit bestimmen lässt, sollte das Vorsorgeprinzip angewandt werden, um ein hohes Gesundheitsschutzniveau insbesondere für Kinder sicherzustellen.
- (9)
- Da der Organismus von Kindern sich noch entwickelt, reagieren sie besonders empfindlich auf fortpflanzungsgefährdende Substanzen. Daher sollte die Exposition von Kindern gegenüber allen praktisch vermeidbaren Emissionsquellen solcher Substanzen, insbesondere aus Artikeln, die von Kindern in den Mund genommen werden, so weit wie möglich reduziert werden.
- (10)
- Bei den Risikobewertungen und/oder im Rahmen der Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe(8) wurden Di(2–ethylhexyl)phthalat (DEHP), Dibutylphthalat (DBP) und Benzylbutylphthalat (BBP) als fortpflanzungsgefährdende Stoffe erkannt und deshalb als fortpflanzungsgefährdend der Kategorie 2 eingestuft.
- (11)
- Zu Di- „isononyl” phthalat (DINP), Di- „isodecyl” phthalat (DIDP) und Di-n-octylphthalat (DNOP) gibt es entweder keine oder widersprüchliche wissenschaftliche Informationen, jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie eine potenzielle Gefahr darstellen, wenn sie in Spielzeug und Babyartikeln verwendet werden, die definitionsgemäß für Kinder hergestellt werden.
- (12)
- Die Unwägbarkeiten bei der Evaluierung der Auswirkungen der Exposition gegenüber diesen Phthalaten, z. B. wie lange bzw. wie oft die Artikel in den Mund genommen werden oder die Exposition gegenüber Emissionen aus anderen Quellen, erfordern die Berücksichtigung vorsorglicher Überlegungen. Deshalb sollten Beschränkungen für die Verwendung dieser Phthalate in Spielzeug und Babyartikeln und für das Inverkehrbringen solcher Artikel eingeführt werden. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sollten jedoch die Beschränkungen für DINP, DIDP und DNOP weniger streng sein als die für DEHP, DBP und BBP vorgeschlagenen Beschränkungen.
- (13)
- Die Kommission sollte sonstige Anwendungsbereiche von Erzeugnissen überprüfen, die aus weichmacherhaltigem Material bestehen oder Bestandteile aus weichmacherhaltigem Material enthalten und für den Menschen gefährlich sein können, vor allem solche Erzeugnisse, die in Medizinprodukten verwendet werden.
- (14)
- Im Einklang mit der Mitteilung der Kommission über das Vorsorgeprinzip sollten die Maßnahmen, die auf diesem Prinzip beruhen, im Lichte neuer wissenschaftlicher Informationen überprüft werden.
- (15)
- Die Kommission sollte in Zusammenarbeit mit den Behörden der Mitgliedstaaten, die für die Marktüberwachung und die Durchsetzung von Regelungen bei Spielzeug und Babyartikeln verantwortlich sind, sowie im Benehmen mit den relevanten Organisationen der Hersteller und der Importeure die Verwendung von Phthalaten und anderen Substanzen als Weichmacher in Spielzeug und Babyartikeln überwachen.
- (16)
- Der Begriff „Babyartikel” sollte für die Zwecke der Richtlinie 76/769/EWG definiert werden.
- (17)
- Entsprechend Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung(9) sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Gemeinschaft eigene Tabellen aufzustellen, aus denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese zu veröffentlichen.
- (18)
- Die Kommission wird die Verwendung der in Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG aufgeführten Phthalate in anderen Produkten überprüfen, wenn die Risikobewertung im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates vom 23. März 1993 zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe(10) abgeschlossen ist.
- (19)
- Diese Richtlinie gilt unbeschadet der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über Mindestanforderungen zum Schutz der Arbeitnehmer gemäß der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit(11) und den davon abgeleiteten Einzelrichtlinien, insbesondere der Richtlinie 90/394/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene bei der Arbeit(12) und der Richtlinie 98/24/EG des Rates vom 7. April 1998 zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische Arbeitsstoffe bei der Arbeit(13) —
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. C 116 E vom 26.4.2000, S. 14.
- (2)
ABl. C 117 vom 26.4.2000, S. 59.
- (3)
Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 6. Juli 2000 (ABl. C 121 vom 24.4.2001, S. 410), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 4. April 2005 (ABl. C 144 E vom 14.6.2005, S. 24) und Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 5. Juli 2005 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 23. November 2005.
- (4)
ABl. L 217 vom 5.8.1998, S. 35.
- (5)
ABl. L 315 vom 9.12.1999, S. 46. Zuletzt geändert durch die Entscheidung 2004/781/EG (ABl. L 344 vom 20.11.2004, S. 35).
- (6)
ABl. L 228 vom 11.8.1992, S. 24. Aufgehoben durch die Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 11 vom 15.1.2002, S. 4).
- (7)
ABl. L 262 vom 27.9.1976, S. 201. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/98/EG der Kommission (ABl. L 305 vom 1.10.2004, S. 63).
- (8)
ABl. 196 vom 16.8.1967, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/73/EG der Kommission (ABl. L 152 vom 30.4.2004, S. 1).
- (9)
ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.
- (10)
ABl. L 84 vom 5.4.1993, S. 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).
- (11)
ABl. L 183 vom 29.6.1989, S. 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003.
- (12)
ABl. L 196 vom 26.7.1990, S. 1. Aufgehoben durch die Richtlinie 2004/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 50).
- (13)
ABl. L 131 vom 5.5.1998, S. 11.
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