Präambel RL 2006/13/EG

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 2002/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Mai 2002 über unerwünschte Stoffe in der Tierernährung(1), insbesondere auf Artikel 8 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Nach der Richtlinie 2002/32/EG ist die Verwendung und das Inverkehrbringen von zur Tierernährung bestimmten Erzeugnissen untersagt, deren Gehalt an unerwünschten Stoffen so hoch ist, dass er die in Anhang I vorgesehenen Höchstwerte überschreitet.
(2)
Im Sinne dieser Richtlinie sind „Dioxine” eine Gruppe von 75 polychlorierten Dibenzo-p-dioxin-Kongeneren (PCDD) und 135 polychlorierten Dibenzofuran-Kongeneren (PCDF), von denen 17 toxikologisch bedenklich sind. Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind eine Gruppe von 209 Kongeneren, die sich nach ihren toxikologischen Eigenschaften in zwei Gruppen unterteilen lassen: 12 Kongenere besitzen toxikologische Eigenschaften, die denen der Dioxine ähneln, weswegen sie oft als „dioxinähnliche PCB” bezeichnet werden. Die übrigen PCB weisen ein anderes toxikologisches Profil auf, das dem der Dioxine nicht ähnelt.
(3)
Kongenere aus der Gruppe der Dioxine und der dioxinähnlichen PCB sind in unterschiedlichem Maße toxisch. Um die Toxizität der verschiedenen Kongenere addieren zu können und eine Risikobewertung sowie Regulierungskontrolle zu ermöglichen, wurde das Konzept der Toxizitätsäquivalenzfaktoren (TEF) entwickelt. Damit lassen sich die Analyseergebnisse für die 17 erwähnten Dioxin-Kongenere und die 12 dioxinähnlichen PCB als quantifizierbare Einheit ausdrücken, die als „TCDD-Toxizitäts-Äquivalenzkonzentration” (TEQ) bezeichnet wird.
(4)
Am 30. Mai 2001 gab der Wissenschaftliche Ausschuss „Lebensmittel” eine Stellungnahme zur Risikobewertung von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB in Lebensmitteln ab, mit der er seine Stellungnahme vom 22. November 2000 zu diesem Thema durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse aktualisierte(2). Der Wissenschaftliche Ausschuss setzte für Dioxine und dioxinähnliche PCB eine zulässige wöchentliche Aufnahme (TWI) von 14 pg WHO-TEQ/kg Körpergewicht fest. Expositionsschätzungen lassen darauf schließen, dass ein beträchtlicher Anteil der Bevölkerung in der Gemeinschaft über die Nahrung mehr als die zulässige Menge aufnimmt. Bestimmte Bevölkerungsgruppen in einigen Ländern könnten aufgrund ihrer Ernährungsgewohnheiten einem höheren Risiko ausgesetzt sein.
(5)
Über 90 % der Belastung der Menschen mit Dioxinen und dioxinähnlichen PCB gehen von Lebensmitteln aus. Lebensmittel tierischen Ursprungs sind in der Regel für etwa 80 % der Gesamtexposition verantwortlich. Die Belastung von Tieren mit Dioxinen und dioxinähnlichen PCB ist vor allem auf Futtermittel zurückzuführen. Daher gilt es, Futtermittel — und in einigen Fällen die Böden — als mögliche Quellen von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB zu beachten.
(6)
Der Wissenschaftliche Ausschuss „Futtermittel” wurde beauftragt, sich in einem Gutachten zum Ursprung der Kontamination von Futtermitteln mit Dioxinen und PCB (einschließlich dioxinähnlicher PCB), zur Belastung von Tieren, die zur Lebensmittelgewinnung gehalten werden, mit Dioxinen und PCB, zur Übertragung dieser Verbindungen auf Lebensmittel tierischen Ursprungs und zu den Folgen von Dioxinen und PCB in Futtermitteln auf die Tiergesundheit zu äußern. Der Wissenschaftliche Ausschuss gab am 6. November 2000 eine Stellungnahme ab. Er kam zu dem Schluss, dass Fischmehl und Fischöl die am stärksten kontaminierten Futtermittel-Ausgangserzeugnisse sind. An zweiter Stelle nannte er tierisches Fett. Alle übrigen Futtermittel-Ausgangserzeugnisse tierischen und pflanzlichen Ursprungs wiesen relativ geringe Dioxinmengen auf. Raufuttermittel waren in unterschiedlichem Maße mit Dioxinen belastet, je nach Herkunft, Verunreinigung mit Erde und Luftverschmutzung am Anbauort. Der Ausschuss empfahl unter anderem, vorrangig dafür zu sorgen, dass die Auswirkungen der am stärksten belasteten Futtermittel auf die Belastung der gesamten Tagesration reduziert werden.
(7)
Zwar sollten vom toxikologischen Standpunkt aus die Höchstwerte für Dioxine und dioxinähnliche PCB gelten, es wurden aber nur Höchstwerte für Dioxine festgesetzt, da über das Vorkommen dioxinähnlicher PCB bisher nur sehr wenig bekannt war. Inzwischen liegen mehr Daten darüber vor.
(8)
Gemäß der Richtlinie 2002/32/EG soll die Kommission die in Artikel 1 genannten Bestimmungen betreffend Dioxin erstmals Ende 2004 anhand neuer Daten über das Vorkommen von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB überprüfen, insbesondere im Hinblick auf die Berücksichtigung dioxinähnlicher PCB bei der Festsetzung der Werte.
(9)
Alle Unternehmer der Lebensmittel- und Futtermittelherstellungskette müssen auch weiterhin mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür sorgen, dass möglichst wenig Dioxine und PCB in Futter- und Lebensmitteln auftreten. Entsprechend sind gemäß der Richtlinie 2002/32/EG die geltenden Höchstwerte bis spätestens 31. Dezember 2006 erneut mit dem Ziel zu überprüfen, sie deutlich herabzusetzen. Um genügend Zeit für die Sammlung von Beobachtungsdaten zu haben, die für die Festsetzung niedrigerer Werte erforderlich sind, sollte diese Frist verlängert werden.
(10)
Es wird vorgeschlagen, Höchstwerte für die Summe der Dioxine und dioxinähnlichen PCB festzusetzen, die in Toxizitätsäquivalenten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter Verwendung der WHO-TEF ausgedrückt werden, da dies aus toxikologischer Sicht das am besten geeignete Konzept ist. Um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten, bleiben die aktuellen Dioxinwerte neben den neuen Werten für die Summe von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB vorerst gültig. Der gesonderte Höchstwert für Dioxine (PCDD/F) behält vorübergehend seine Gültigkeit. Die zur Tierernährung bestimmten Erzeugnisse, die unter Punkt 27a aufgeführt sind, müssen in diesem Zeitraum sowohl den Höchstwerten für Dioxine als auch den Höchstwerten für die Summe von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB genügen. Bis 31. Dezember 2008 wird geprüft, ob der gesonderte Höchstwert für Dioxine fallen gelassen werden kann.
(11)
Zur Gewährleistung eines harmonisierten Vorgehens bei der Durchsetzung in der gesamten Gemeinschaft ist es äußerst wichtig, dass Analyseergebnisse in einheitlicher Form angegeben und ausgewertet werden. Gemäß der Richtlinie 2002/70/EG der Kommission vom 26. Juli 2002 zur Festlegung von Anforderungen an die Bestimmung der Gehalte an Dioxinen und dioxinähnlichen PCB in Futtermitteln(3) erfüllt ein zur Verfütterung bestimmtes Erzeugnis die Bestimmung bezüglich des festgelegten Höchstgehalts nicht, wenn das Analyseergebnis, das durch eine zweite Untersuchung bestätigt und als Mittelwert von mindestens zwei gesonderten Bestimmungen berechnet wurde, unter Berücksichtigung der Messunsicherheit zweifelsfrei über diesem Höchstwert liegt. Für die Schätzung der erweiterten Messunsicherheit gibt es verschiedene Möglichkeiten(4).
(12)
Der Geltungsbereich der Richtlinie 2002/32/EG erstreckt sich auch auf die Festsetzung von Höchstwerten für unerwünschte Stoffe in Futtermittel-Zusatzstoffen. Da in Spurenelementen hohe Belastungen mit Dioxinen nachgewiesen wurden, sollten für alle Zusatzstoffe, die zur Funktionsgruppe der Verbindungen von Spurenelementen zählen, Höchstwerte für Dioxine und die Summe der Dioxine und dioxinähnlichen PCB festgesetzt und die Höchstwerte auf alle Zusatzstoffe der Funktionsgruppen Bindemittel und Trennmittel sowie auf Vormischungen ausgedehnt werden.
(13)
Zur Förderung eines vorausschauenden Vorgehens bei der Verringerung von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB in Lebens- und Futtermitteln wurden in der Empfehlung 2002/201/EG der Kommission vom 4. März 2002 zur Reduzierung des Anteils von Dioxinen, Furanen und PCB in Futtermitteln und Lebensmitteln(5) Auslösewerte festgesetzt. Solche Auslösewerte helfen den zuständigen Behörden und den Unternehmen, diejenigen Fälle ausfindig zu machen, in denen es angezeigt ist, eine Kontaminationsquelle zu ermitteln und für ihre Eindämmung oder Beseitigung zu sorgen. Da die Herkunft von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB verschieden ist, sollten getrennte Auslösewerte für Dioxine und dioxinähnliche PCB festgesetzt werden.
(14)
In der Richtlinie 2002/32/EG ist die Festsetzung von Auslösewerten vorgesehen. Die Auslösewerte der Empfehlung 2002/201/EG sollten daher in Anhang II der Richtlinie 2002/32/EG übernommen werden.
(15)
Es ist wichtig und für den Verbraucherschutz unerlässlich, die lebensmittelbedingte Belastung der Menschen mit Dioxinen und dioxinähnlichen PCB zu senken. Da die Lebensmittelkontamination in direktem Zusammenhang mit der Kontamination von Futtermitteln steht, ist ein integriertes Konzept zur Verringerung von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB in der gesamten Lebensmittelherstellungskette erforderlich, d. h. von den Futtermittel-Ausgangserzeugnissen über die zur Lebensmittelgewinnung gehaltenen Tiere bis hin zum Menschen. Es wird ein vorausschauendes Vorgehen gewählt, um die Dioxine und dioxinähnlichen PCB in Lebens- und Futtermitteln aktiv zu verringern, und die geltenden Höchstwerte sollten daher innerhalb einer bestimmten Frist mit dem Ziel überprüft werden, niedrigere Werte festzusetzen. Bis spätestens 31. Dezember 2008 wird infolgedessen geprüft, ob die Höchstwerte für die Summe der Dioxine und dioxinähnlichen PCB merklich gesenkt werden können.
(16)
Die Unternehmer müssen dafür sorgen, dass Dioxine und dioxinähnliche PCB in Fischöl bei der Produktion wirksam entfernt werden können. Sie müssen ferner weiterhin die verschiedenen Möglichkeiten zur Entfernung von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB in Fischmehl und Fischprotein-Hydrolysaten prüfen. Sobald die entsprechende Technologie einsatzbereit ist, müssen die Unternehmer in ihren Betrieben für ausreichende Kapazitäten zum Entfernen der Schadstoffe sorgen. Die bis zum 31. Dezember 2008 angestrebten merklich niedrigeren Höchstwerte für die Summe von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB werden für Fischöl, Fischmehl und Fischprotein-Hydrolysate gelten und sich nach den technischen Möglichkeiten des effizientesten und wirtschaftlichsten Verfahrens der Schadstoffbeseitigung richten. Bei Fischfutter wird dieser merklich niedrigere Höchstwert entsprechend den technischen Möglichkeiten des effizientesten und wirtschaftlichsten Verfahrens zur Beseitigung der Schadstoffe in Fischöl und Fischmehl festgesetzt.
(17)
Das Extraktionsverfahren für den Nachweis von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB hat großen Einfluss auf das Untersuchungsergebnis, vor allem bei zur Tierernährung bestimmten Produkten mineralischen Ursprungs, weshalb vor dem Zeitpunkt der Anwendung das Extraktionsverfahren für den Nachweis von Dioxin und dioxinähnlichen Verfahren festgelegt werden sollte.
(18)
Daher sollte die Richtlinie 2002/32/EG entsprechend geändert werden.
(19)
Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen stimmen mit der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit überein —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 140 vom 30.5.2002, S. 10. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2005/87/EG (ABl. L 318 vom 6.12.2005, S. 19).

(2)

Stellungnahme des Wissenschaftlichen Ausschusses „Lebensmittel” zur Risikobewertung von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB in Lebensmitteln vom 30. Mai 2001. Aktualisierung der Stellungnahme vom 22. November 2000 im Lichte neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse (http://europa.eu.int/comm/food/fs/sc/scf/out90_en.pdf).

(3)

ABl. L 209 vom 6.8.2002, S. 15. Richtlinie geändert durch die Richtlinie 2005/7/EG (ABl. L 27 vom 29.1.2005, S. 41).

(4)

Informationen über die verschiedenen Möglichkeiten zur Schätzung der erweiterten Unsicherheit und den Wert der Messunsicherheit finden sich in dem Bericht „Report on the relationship between analytical results, measurement uncertainty, recovery factors and the provisions of EU food and feed legislation” — http://europa.eu.int/comm/food/food/chemicalsafety/contaminants/report-sampling_analysis_2004_en.pdf.

(5)

ABl. L 67 vom 9.3.2002, S. 69.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.