ANHANG I RL 2006/17/EG

AUSWAHLKRITERIEN FÜR SPENDER VON GEWEBEN UND/ODER ZELLEN (AUSGENOMMEN SPENDER VON KEIMZELLEN) IM SINNE VON ARTIKEL 3 BUCHSTABE a

Die Auswahlkriterien für Spender beruhen auf einer Risikoanalyse im Zusammenhang mit der Verwendung der spezifischen Gewebe bzw. Zellen. Anzeichen für solche Risiken sind durch körperliche Untersuchung, Anamnese, biologische Untersuchung, postmortale Untersuchung (bei verstorbenen Spendern) und sonstige geeignete Untersuchungen zu ermitteln. Sofern die Spende nicht aufgrund einer dokumentierten Risikobewertung, die von der in Artikel 17 der Richtlinie 2004/23/EG genannten verantwortlichen Person durchgeführt wird, gerechtfertigt ist, sind Spender von der Spende auszuschließen, sofern eine der folgenden Voraussetzungen zutrifft:

1.
Verstorbene Spender

1.1.
Allgemeine Ausschlusskriterien

1.1.1.
Unbekannte Todesursache, sofern die Todesursache nicht nach der Entnahme aus der Autopsie hervorgeht und kein anderes in diesem Abschnitt genanntes allgemeines Ausschlusskriterium zutrifft.
1.1.2.
Erkrankung unbekannter Ätiologie in der Vorgeschichte.
1.1.3.
Vorliegen oder Vorgeschichte einer malignen Erkrankung, ausgenommen primäres Basalzellenkarzinom, In-situ-Gebärmutterhalskarzinom und einige primäre Tumore des zentralen Nervensystems, die nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu bewerten sind; Spender mit malignen Erkrankungen können für Hornhautspenden in Betracht kommen, ausgenommen Spender mit Retinoblastom, hämatologischen Neoplasien und malignen Tumoren des Augenhintergrunds;
1.1.4.
Risiko der Krankheitsübertragung durch Prionen. Dieses Risiko besteht bei

a)
Personen, bei denen die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit oder die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit diagnostiziert wurde oder die eine nicht iatrogene Creutzfeldt-Jakob-Krankheit in der familiären Vorgeschichte aufweisen;
b)
Personen mit anamnestisch erhobener rasch fortschreitender Demenz oder einer degenerativen neurologischen Erkrankung, einschließlich solcher unbekannter Ursache;
c)
Empfänger von Hormonen, die aus der menschlichen Hypophyse gewonnen wurden (wie Wachstumshormone), Empfänger von Transplantaten von Cornea, Sklera und Dura mater sowie Personen, die nicht dokumentierten neurologischen Operationen unterzogen wurden (bei denen möglicherweise Dura mater verwendet wurde).

Bei der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit sind eventuell weitere Vorsichtsmaßnahmen zu empfehlen.

1.1.5.
Systemische Infektion, die zum Zeitpunkt der Spende nicht unter Kontrolle ist, einschließlich bakterieller Infektionen, systemischer viraler, Pilz- oder parasitärer Infektionen, oder signifikante lokale Infektion in den zu spendenden Geweben bzw. Zellen; Spender mit bakterieller Sepsis können für eine Augenspende beurteilt und in Betracht gezogen werden, allerdings nur, sofern die Hornhäute in einer Organkultur aufbewahrt werden, welche den Nachweis einer etwaigen bakteriellen Kontamination des Gewebes ermöglicht.
1.1.6.
Anamnestisch erhobene, klinisch oder durch bestätigte Labortests nachgewiesene HIV-Infektion, Übertragungsrisiko akuter oder chronischer Hepatitis B (außer bei Personen mit nachgewiesenem Immunstatus), Hepatitis C und HTLV I/II oder Anzeichen von Risikofaktoren für diese Infektionen.
1.1.7.
Anamnestisch erhobene chronische, systemische Autoimmunerkrankung, die schädigende Auswirkung auf das zu entnehmende Gewebe haben könnte.
1.1.8.
Anzeichen für ungültige Testergebnisse der Spenderblutproben wegen

a)
Hämodilution, gemäß den Spezifikationen in Anhang II Abschnitt 2, wenn keine Prätransfusionsprobe verfügbar ist, oder
b)
Behandlung mit immunsuppressiven Wirkstoffen.

1.1.9.
Anzeichen sonstiger Risikofaktoren für Infektionskrankheiten auf der Grundlage einer Risikobewertung, unter Berücksichtigung der Reisen und der Expositionsgeschichte des Spenders sowie der lokalen Prävalenz von Infektionskrankheiten.
1.1.10.
Physische Anzeichen am Körper des Spenders, die ein Infektionskrankheitsrisiko im Sinne von Anhang IV Nummer 1.2.3 nahe legen.
1.1.11.
Aufnahme oder Exposition gegenüber einer Substanz (wie Zyanid, Blei, Quecksilber, Gold), die auf den Empfänger in einer gesundheitsschädlichen Dosis übertragen werden könnte.
1.1.12.
Kürzlich erfolgte Impfung mit Lebendimpfstoff aus abgeschwächtem Virus, bei der ein Übertragungsrisiko für möglich gehalten wird.
1.1.13.
Transplantation von Heterotransplantaten.

1.2.
Zusätzliche Ausschlusskriterien für verstorbene Kinder

1.2.1.
Alle Kinder HIV-infizierter Mütter sowie Kinder, auf die ein in Nummer 1.1 genanntes Ausschlusskriterium zutrifft, sind als Spender auszuschließen, bis das Risiko einer Infektionsübertragung endgültig ausgeschlossen werden kann.

a)
Kinder unter 18 Monaten von Müttern mit HIV-, Hepatitis-B-, Hepatitis-C- oder HTLV-Infektion oder dem Risiko einer solchen Infektion, die während der vorangegangenen 12 Monate von der Mutter gestillt wurden, können unabhängig vom Testergebnis nicht als Spender in Betracht kommen;
b)
Kinder von Müttern mit HIV-, Hepatitis-B-, Hepatitis-C- oder HTLV-Infektion oder dem Risiko einer solchen Infektion, die während der vorangegangenen 12 Monate nicht von der Mutter gestillt wurden und deren Testergebnisse, körperliche Untersuchungen und die Sichtung der medizinischen Unterlagen keinen Hinweis auf HIV-, Hepatitis-B-, Hepatitis-C- oder HTLV-Infektion ergeben, können als Spender zugelassen werden.

2.
Lebende Spender

2.1.
Autologe lebende Spender

2.1.1.
Sollen die entnommenen Gewebe oder Zellen gelagert oder kultiviert werden, sind die gleichen Mindestanforderungen an biologische Tests zu erfüllen wie bei einem allogenen lebenden Spender. Positive Testergebnisse schließen nicht unbedingt aus, dass die Gewebe bzw. Zellen oder daraus gewonnene Produkte gelagert, verarbeitet und reimplantiert werden, sofern geeignete isolierte Lagereinrichtungen vorhanden sind, um jegliches Risiko einer Kreuzkontamination mit anderen Transplantaten und/oder einer Kontamination mit Adventiv-Agenzien und/oder einer Verwechslung zu vermeiden.

2.2.
Allogene lebende Spender

2.2.1.
Allogene lebende Spender sind anhand ihres Gesundheitszustands und ihrer Anamnese auszuwählen, die gemäß Nummer 2.2.2 mittels eines Fragebogens und einer persönlichen Befragung durch einen qualifizierten und geschulten Angehörigen eines Gesundheitsberufs erhoben werden. Diese Prüfung muss relevante Faktoren enthalten, die zur Identifizierung und zum Ausschluss von Personen beitragen können, deren Spende mit einem Gesundheitsrisiko für sie selbst oder für andere, z. B. durch das Risiko einer Krankheitsübertragung, verbunden sein könnte. Bei keiner Spende darf das Entnahmeverfahren die Gesundheit oder die Versorgung des Spenders beeinflussen oder beeinträchtigen. Bei der Spende von Nabelschnurblut oder Amnionmembran gilt dies sowohl für die Mutter als auch für das Kind.
2.2.2.
Die Auswahlkriterien für allogene lebende Spender sind von der Gewebeeinrichtung (und vom Transplantationschirurgen im Falle der Direkttransplantation auf den Empfänger) festzulegen und zu dokumentieren, und zwar auf der Grundlage der spezifischen zu spendenden Zellen oder Gewebe, zusammen mit dem körperlichen Zustand des Spenders, der Anamnese und den Ergebnissen der klinischen Untersuchungen und Labortests zur Ermittlung des Gesundheitszustands des Spenders.
2.2.3.
Es gelten die gleichen Ausschlusskriterien wie für verstorbene Spender, mit Ausnahme von Nummer 1.1.1. Je nach Art der zu spendenden Gewebe oder Zellen kann die Ergänzung um weitere spezifische Ausschlusskriterien notwendig sein, z. B.:

a)
Schwangerschaft (ausgenommen bei Spendern von Nabelschnurblutzellen, Amnionmembran und Geschwisterspendern hämatopoetischer Vorläuferzellen);
b)
Stillen;
c)
bei hämatopoetischen Vorläuferzellen die mögliche Übertragung angeborener Erkrankungen bzw. Zustände.

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