ANHANG IV EDL (RL 2006/32/EG)

Allgemeiner Rahmen für die Messung und Überprüfung von Energieeinsparungen

1.
Messung und Berechnung von Energieeinsparungen und deren Normalisierung

1.1.
Messung von Energieeinsparungen

Allgemeines

Bei der Messung der erzielten Energieeinsparungen nach Artikel 4 zur Erfassung der Gesamtverbesserung der Energieeffizienz und zur Überprüfung der Auswirkung einzelner Maßnahmen ist ein harmonisiertes Berechnungsmodell mit einer Kombination von Top-down- und Bottom-up-Berechnungsmethoden zu verwenden, um die jährlichen Verbesserungen der Energieeffizienz für die in Artikel 14 genannten EEAP zu messen. Bei der Entwicklung des harmonisierten Berechnungsmodells nach Artikel 15 Absatz 2 muss der Ausschuss das Ziel verfolgen, so weit wie möglich Daten zu verwenden, die bereits routinemäßig von Eurostat und/oder den nationalen statistischen Ämtern bereitgestellt werden.

Top-down-Berechnungen

Unter einer Top-down-Berechnungsmethode ist zu verstehen, dass die nationalen oder stärker aggregierten sektoralen Einsparungen als Ausgangspunkt für die Berechnung des Umfangs der Energieeinsparungen verwendet werden. Anschließend werden die jährlichen Daten um Fremdfaktoren wie Gradtage, strukturelle Veränderungen, Produktmix usw. bereinigt, um einen Wert abzuleiten, der ein getreues Bild der Gesamtverbesserung der Energieeffizienz (wie in Nummer 1.2 beschrieben) vermittelt. Diese Methode liefert keine genauen Detailmessungen und zeigt auch nicht die Kausalzusammenhänge zwischen den Maßnahmen und den daraus resultierenden Energieeinsparungen auf. Sie ist jedoch in der Regel einfacher und kostengünstiger und wird oft als „Energieeffizienzindikator” bezeichnet, weil sie Entwicklungen anzeigt. Bei der Entwicklung der für dieses harmonisierte Berechnungsmodell verwendeten Top-down-Berechnungsmethode muss sich der Ausschuss so weit wie möglich auf bestehende Methoden wie das Modell ODEX(1) stützen.

Bottom-up-Berechnungen

Unter einer Bottom-up-Berechnungsmethode ist zu verstehen, dass die Energieeinsparungen, die mit einer bestimmten Energieeffizienzmaßnahme erzielt werden, in Kilowattstunden (kWh), in Joules (J) oder in Kilogramm Öläquivalent (kg OE) zu messen sind und mit Energieeinsparungen aus anderen spezifischen Energieeffizienzmaßnahmen zusammengerechnet werden. Die in Artikel 4 Absatz 4 genannten Behörden oder Stellen gewährleisten, dass eine doppelte Zählung von Energieeinsparungen, die sich aus einer Kombination von Energieeffizienzmaßnahmen (einschließlich Energieeffizienzmechanismen) ergeben, vermieden wird. Für die Bottom-up-Berechnungsmethode können die in den Nummern 2.1 und 2.2 genannten Daten und Methoden verwendet werden. Die Kommission entwickelt vor dem 1. Januar 2008 ein harmonisiertes Bottom-up-Modell. Dieses Modell erfasst zwischen 20 und 30 % des jährlichen inländischen Endenergieverbrauchs in den unter diese Richtlinie fallenden Sektoren, und zwar unter gebührender Berücksichtigung der in den Buchstaben a, b und c genannten Faktoren. Bis zum 1. Januar 2012 entwickelt die Kommission dieses harmonisierte Bottom-up-Modell weiter; es soll einen signifikant höheren Anteil des jährlichen inländischen Energieverbrauchs auf Sektoren abdecken, die unter diese Richtlinie fallen, und zwar unter gebührender Berücksichtigung der unter den Buchstaben a, b und c genannten Faktoren. Bei der Entwicklung des harmonisierten Bottom-up-Modells berücksichtigt die Kommission die nachstehenden Faktoren und begründet ihre Entscheidung entsprechend:
a)
Erfahrungen aus den ersten Jahren der Anwendung des harmonisierten Rechenmodells;
b)
erwartete potenzielle Zunahme der Genauigkeit dank einem höheren Anteil an Bottom-up-Berechnungen;
c)
geschätzte potenziell hinzukommende Kosten und/oder Verwaltungsbelastungen.
Bei der Entwicklung dieses Bottom-up-Modells nach Artikel 15 Absatz 2 verfolgt der Ausschuss das Ziel, standardisierte Methoden anzuwenden, die ein Minimum an Verwaltungsaufwand und Kosten verursachen, wobei insbesondere die in den Nummern 2.1 und 2.2 genannten Messmethoden angewendet werden und der Schwerpunkt auf die Sektoren gelegt wird, in denen das harmonisierte Bottom-up-Modell am kostenwirksamsten angewendet werden kann. Die Mitgliedstaaten, die dies wünschen, können zusätzlich zu dem durch das harmonisierte Bottom-up-Modell zu erfassenden Teil weitere Bottom-up-Messungen verwenden, wenn die Kommission nach dem in Artikel 16 Absatz 2 genannten Verfahren einer von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgelegten Methodenbeschreibung zugestimmt hat. Sind für bestimmte Sektoren keine Bottom-up-Berechnungen verfügbar, so sind in den der Kommission zu übermittelnden Berichten Top-down-Indikatoren oder Kombinationen aus Top-down- und Bottom-up-Berechnungen zu verwenden, sofern die Kommission nach dem in Artikel 16 Absatz 2 genannten Verfahren ihre Zustimmung erteilt hat. Die Kommission muss insbesondere dann eine angemessene Flexibilität walten lassen, wenn sie entsprechende Anträge anhand des in Artikel 14 Absatz 2 genannten ersten EEAP beurteilt. Einige Top-down-Berechnungen werden erforderlich sein, um die Auswirkungen der Maßnahmen zu messen, die nach 1995 (und in einigen Fällen ab 1991) durchgeführt wurden und sich weiterhin auswirken.

1.2.
Normalisierung der Messung der Energieeinsparungen

Energieeinsparungen sind durch Messung und/oder Schätzung des Verbrauchs vor und nach Durchführung der Maßnahme zu ermitteln, wobei Bereinigungen und Normalisierungen für externe Bedingungen vorzunehmen sind, die den Energieverbrauch in der Regel beeinflussen. Die Bedingungen, die den Energieverbrauch in der Regel beeinflussen, können sich im Laufe der Zeit ändern. Dazu können die wahrscheinlichen Auswirkungen eines oder mehrerer plausibler Faktoren gehören, wie etwa:
a)
Wetterbedingungen, z. B. Gradtage;
b)
Belegungsniveau;
c)
Öffnungszeiten von Gebäuden, die nicht Wohnzwecken dienen;
d)
Intensität der installierten Ausrüstung (Anlagendurchsatz); Produktmix;
e)
Anlagendurchsatz, Produktionsniveau, Volumen oder Mehrwert, einschließlich Veränderungen des BIP;
f)
zeitliche Nutzung von Anlagen und Fahrzeugen;
g)
Beziehung zu anderen Einheiten.

2.
Verwendbare Daten und Methoden (Messbarkeit)

Für die Erhebung von Daten zur Messung und/oder Abschätzung von Energieeinsparungen gibt es verschiedene Methoden. Zum Zeitpunkt der Bewertung einer Energiedienstleistung oder einer Energieeffizienzmaßnahme ist es oft nicht möglich, sich nur auf Messungen zu stützen. Es wird daher eine Unterscheidung getroffen zwischen Methoden zur Messung von Energieeinsparungen und Methoden zur Schätzung von Energieeinsparungen, wobei die zuletzt genannten Methoden gebräuchlicher sind.

2.1.
Daten und Methoden bei Zugrundelegung von Messungen

Abrechnungen von Versorgern oder Einzelhandelsunternehmen

Energierechnungen mit Verbrauchserfassung können die Grundlage für die Messung für einen repräsentativen Zeitraum vor der Einführung der Energieeffizienzmaßnahme bilden. Diese Abrechnungen können dann mit den ebenfalls in einem repräsentativen Zeitraum nach Einführung und Durchführung der Maßnahme erstellten Verbrauchsabrechnungen verglichen werden. Die Ergebnisse sollten nach Möglichkeit auch mit einer Kontrollgruppe (keine Teilnehmergruppe) verglichen oder alternativ dazu wie in Nummer 1.2 beschrieben normalisiert werden.

Energieverkaufsdaten

Der Verbrauch verschiedener Energiearten (z. B. Strom, Gas, Heizöl) kann ermittelt werden, indem die Verkaufsdaten des Einzelhändlers oder Versorgers vor Einführung der Energieeffizienzmaßnahmen mit den Verkaufsdaten nach Einführung der Maßnahme verglichen werden. Zu diesem Zweck können eine Kontrollgruppe verwendet oder die Daten normalisiert werden.

Verkaufszahlen zu Ausrüstungen und Geräten

Die Leistung von Ausrüstungen und Geräten kann auf der Grundlage von Informationen, die unmittelbar vom Hersteller eingeholt werden, berechnet werden. Verkaufszahlen zu Ausrüstungen und Geräten können in der Regel von den Einzelhändlern eingeholt werden. Es können auch besondere Umfragen und Erhebungen vorgenommen werden. Die zugänglichen Daten können anhand der Umsatzzahlen überprüft werden, um das Ausmaß der Einsparungen zu bestimmen. Bei der Anwendung dieser Methode sollten Bereinigungen vorgenommen werden, um Änderungen bei der Nutzung von Ausrüstungen und Geräten zu berücksichtigen.

Endverbrauchslast-Daten

Der Energieverbrauch eines Gebäudes oder einer Einrichtung kann vollständig überwacht werden, um den Energiebedarf vor und nach Einführung einer Energieeffizienzmaßnahme aufzuzeichnen. Wichtige relevante Faktoren (z. B. Produktionsprozess, Spezialausrüstung, Wärmeanlagen) können genauer erfasst werden.

2.2.
Daten und Methoden bei Zugrundelegung von Schätzungen

Schätzdaten aufgrund einfacher technischer Begutachtung ohne Inspektion

Die Datenschätzung aufgrund einfacher technischer Begutachtung ohne Inspektion am Ort ist die gebräuchlichste Methode zur Gewinnung von Daten für die Messung vermuteter Energieeinsparungen. Die Schätzung kann dabei unter Anwendung ingenieurtechnischer Prinzipien erfolgen, ohne dass am Ort erhobene Daten vorliegen, wobei sich die Annahmen auf Gerätespezifikationen, Leistungsmerkmale, Betriebsprofile der durchgeführten Maßnahmen und Statistiken usw. stützen.

Schätzdaten aufgrund erweiterter technischer Begutachtung mit Inspektion

Energiedaten können auf der Grundlage von Informationen berechnet werden, die von einem externen Sachverständigen während eines Audits oder sonstigen Besuchs einer oder mehrerer der ins Auge gefassten Anlagen ermittelt wurden. Auf dieser Grundlage könnten komplexere Algorithmen/Simulationsmodelle entwickelt und auf eine größere Zahl von Anlagen (z. B. Gebäude, Einrichtungen, Fahrzeuge) angewendet werden. Diese Art der Messung kann häufig dazu verwendet werden, die bei einfacher technischer Begutachtung gewonnenen Schätzdaten zu vervollständigen und zu kalibrieren.

3.
Handhabung der Unsicherheit

Alle in Nummer 2 aufgeführten Methoden können einen gewissen Grad an Unsicherheit aufweisen. Eine Unsicherheit kann aus folgenden Quellen herrühren(2):
a)
Messgerätefehler: tritt typischerweise aufgrund von Fehlern in Spezifikationen des Produktherstellers auf;
b)
Modellfehler: bezieht sich typischerweise auf Fehler in dem Modell, das zur Abschätzung von Parametern für die gesammelten Daten benutzt wird;
c)
Stichprobenfehler: bezieht sich typischerweise auf Fehler aufgrund der Tatsache, dass an einer Stichprobe Beobachtungen vorgenommen wurden, statt die Grundgesamtheit aller Einheiten zu beobachten.
Eine Unsicherheit kann sich auch aus geplanten und ungeplanten Annahmen ergeben; dies ist typischerweise mit Schätzungen, Vorgaben und/oder der Verwendung technischer Daten verbunden. Das Auftreten von Fehlern steht auch mit der gewählten Methode der Datensammlung in Zusammenhang, die in den Nummern 2.1 und 2.2 skizziert ist. Eine weitere Spezifizierung der Unsicherheit ist anzuraten. Die Mitgliedstaaten können sich auch dafür entscheiden, die Unsicherheit zu quantifizieren, wenn sie über die Erreichung der in dieser Richtlinie festgelegten Ziele berichten. Die quantifizierte Unsicherheit ist dann auf statistisch sinnvolle Weise unter Angabe sowohl der Genauigkeit als auch des Konfidenzniveaus auszudrücken. Beispiel: „Das Konfidenzintervall (90 %) des quantifizierbaren Fehlers liegt bei ± 20 %.” Wird die Methode der quantifizierten Unsicherheit angewendet, tragen die Mitgliedstaaten auch der Tatsache Rechnung, dass das akzeptable Unsicherheitsniveau bei der Berechnung der Einsparungen eine Funktion des Niveaus der Energieeinsparungen und der Kostenwirksamkeit abnehmender Unsicherheit ist.

4.
Harmonisierte Laufzeiten von Energieeffizienzmaßnahmen in Bottom-up-Berechnungen

Einige Energieeffizienzmaßnahmen sind auf mehrere Jahrzehnte angelegt, andere hingegen haben kürzere Laufzeiten. Nachstehend sind einige Beispiele für durchschnittliche Laufzeiten von Energieeffizienzmaßnahmen aufgelistet:
Dachgeschossisolierung (privat genutzte Gebäude)
30 Jahre
Hohlwanddämmung (privat genutzte Gebäude)
40 Jahre
Verglasung (von E nach C) (in m2)
20 Jahre
Heizkessel (von B nach A)
15 Jahre
Heizungsregelung — Nachrüstung mit Ersatz des Kessels
15 Jahre
Kompakte Fluoreszenzleuchten (handelsübliche Leuchten)
16 Jahre
Quelle: Energy Efficiency Commitment 2005 — 2008 (Vereinigtes Königreich)
Damit gewährleistet ist, dass alle Mitgliedstaaten für ähnliche Maßnahmen die gleichen Laufzeiten zugrunde legen, werden die Laufzeiten europaweit harmonisiert. Die Kommission, die von dem nach Artikel 16 eingesetzten Ausschuss unterstützt wird, ersetzt deshalb spätestens am 17. November 2006 die vorstehende Liste durch eine vereinbarte vorläufige Liste mit den durchschnittlichen Laufzeiten verschiedener Energieeffizienzmaßnahmen.

5.
Umgang mit den Multiplikatoreffekten von Energieeinsparungen und Vermeidung einer doppelten Erfassung bei kombinierter Top-down- und Bottom-up-Berechnung

Die Durchführung einer einzigen Energieeffizienzmaßnahme, wie etwa der Isolierung des Warmwasserspeichers und der Warmwasserrohre in einem Gebäude, oder einer anderen Maßnahme mit gleicher Wirkung kann Multiplikatoreffekte im Markt auslösen, so dass der Markt eine Maßnahme automatisch ohne weitere Beteiligung der in Artikel 4 Absatz 4 genannten Behörden oder Stellen oder eines privatwirtschaftlichen Energiedienstleisters umsetzt. Eine Maßnahme mit Multiplikatorpotenzial wäre in den meisten Fällen kostenwirksamer als Maßnahmen, die regelmäßig wiederholt werden müssen. Die Mitgliedstaaten müssen das Energiesparpotenzial derartiger Maßnahmen einschließlich ihrer Multiplikatoreffekte abschätzen und die gesamten Auswirkungen im Rahmen einer Ex-post-Evaluierung, für die gegebenenfalls Indikatoren zu verwenden sind, überprüfen. Bei der Evaluierung von horizontalen Maßnahmen können Energieeffizienz-Indikatoren herangezogen werden, sofern die Entwicklung, die die Indikatoren ohne die horizontalen Maßnahmen genommen hätten, bestimmt werden kann. Doppel-Zählungen mit Einsparungen durch gezielte Energieeffizienz-Programme, Energiedienstleistungen und andere Politikinstrumente müssen dabei jedoch so weit wie möglich ausgeschlossen werden können. Dies gilt insbesondere für Energie- oder CO2-Steuern und Informationskampagnen. Für doppelt erfasste Energieeinsparungen sind entsprechende Korrekturen vorzunehmen. Es sollten Matrizen verwendet werden, die die Summierung der Auswirkungen von Maßnahmen ermöglichen. Potenzielle Energieeinsparungen, die sich erst nach der Zielperiode ergeben, dürfen nicht berücksichtigt werden, wenn die Mitgliedstaaten über die Erreichung der allgemeinen Zielvorgabe nach Artikel 4 berichten. Maßnahmen, die langfristige Auswirkungen auf den Markt haben, sollten in jedem Fall gefördert werden, und Maßnahmen, die bereits energiesparende Multiplikatoreffekte ausgelöst haben, sollten bei der Berichterstattung über die Erreichung der in Artikel 4 festgelegten Ziele berücksichtigt werden, sofern sie anhand der Leitlinien dieses Anhangs gemessen und überprüft werden können.

6.
Überprüfung der Energieeinsparungen

Die Energieeinsparungen, die durch eine bestimmte Energiedienstleistung oder eine andere Energieeffizienzmaßnahme erzielt wurden, sind durch einen Dritten zu überprüfen, wenn dies als kostenwirksam und erforderlich erachtet wird. Dies kann durch unabhängige Berater, Energiedienstleister oder andere Marktteilnehmer erfolgen. Die in Artikel 4 Absatz 4 genannten zuständigen Behörden oder Stellen des Mitgliedstaats können weitere Anweisungen dazu herausgeben. Quellen: A European Ex-post Evaluation Guidebook for DSM and EE Service Programmes; IEA, INDEEP-Datenbank; IPMVP, Band 1 (Ausgabe März 2002).

Fußnote(n):

(1)

SAVE-Programm — Projekt ODYSSEE-MURE (Kommission, 2005).

(2)

Ein Modell für die Festlegung eines Niveaus quantifizierbarer Unsicherheit auf der Grundlage dieser drei Fehler enthält Anhang B des Internationalen Protokolls für Leistungsmessung und ‐überprüfung (International Performance Measurement and Verification Protocol, IPMVP).

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