Artikel 10 RL 2007/36/EG

Stimmrechtsvertretung

(1) Jeder Aktionär hat das Recht, eine andere natürliche oder juristische Person zum Vertreter zu bestellen, damit diese Person in seinem Namen an der Hauptversammlung teilnimmt und sein Stimmrecht ausübt. Der Vertreter hat in der Hauptversammlung dieselben Rechte auf Wortmeldung und Fragestellung wie der Aktionär, den er vertritt.

Mit Ausnahme der Anforderung, dass der Vertreter geschäftsfähig sein muss, heben die Mitgliedstaaten alle Rechtsvorschriften auf, die Einschränkungen in Bezug auf die Personen vorsehen, die als Vertreter bestellt werden können, oder es Gesellschaften ermöglichen, solche Einschränkungen vorzusehen.

(2) Die Mitgliedstaaten können die Bestellung eines Vertreters auf eine einzige Versammlung oder auf innerhalb eines bestimmten Zeitraums stattfindende Versammlungen beschränken.

Unbeschadet des Artikels 13 Absatz 5 können die Mitgliedstaaten die Zahl der Personen begrenzen, die ein Aktionär je Hauptversammlung als Vertreter bestellen darf. Hält ein Aktionär Aktien einer Gesellschaft in mehr als einem Wertpapierdepot, so hindert eine solche Begrenzung den Aktionär jedoch nicht daran, für die in jedem einzelnen Wertpapierdepot gehaltenen Aktien jeweils einen eigenen Vertreter für jede Hauptversammlung zu bestellen. Diese Bestimmung lässt Regelungen nach dem anwendbaren Recht unberührt, wonach für Aktien im Besitz desselben Aktionärs nicht unterschiedliche Stimmen abgegeben werden dürfen.

(3) Mit Ausnahme der in den Absätzen 1 und 2 ausdrücklich zugelassenen Beschränkungen dürfen die Mitgliedstaaten die Ausübung der Rechte der Aktionäre durch Vertreter zu keinem anderen Zweck beschränken oder den Gesellschaften gestatten, diese zu beschränken, als zur Regelung möglicher Interessenkonflikte zwischen dem Vertreter und dem Aktionär, in dessen Interesse der Vertreter zu handeln hat; dabei dürfen die Mitgliedstaaten ausschließlich die folgenden Anforderungen stellen:

a)
die Mitgliedstaaten können vorschreiben, dass der Vertreter bestimmte Tatsachen offen legt, die für den Aktionär für die Beurteilung der Gefahr, dass der Vertreter andere Interessen als die des Aktionärs verfolgen könnte, von Bedeutung sein können;
b)
die Mitgliedstaaten können die Ausübung der Rechte der Aktionäre durch Vertreter beschränken oder ausschließen, wenn der Vertreter nicht für jeden Beschluss, zu dem er für den Aktionär abstimmen soll, konkrete Abstimmungsanweisungen hat;
c)
die Mitgliedstaaten können die Übertragung der Vertretung auf eine andere Person beschränken oder ausschließen; handelt es sich bei dem Vertreter um eine juristische Person, so darf diese jedoch nicht daran gehindert werden, die ihr übertragenen Befugnisse durch ein Mitglied ihres Verwaltungs- oder Leitungsorgans oder durch einen ihrer Beschäftigten auszuüben.

Ein Interessenkonflikt im Sinne dieses Absatzes kann insbesondere auftreten, wenn der Vertreter

i)
kontrollierender Aktionär der Gesellschaft oder ein anderer Rechtsträger ist, der von einem kontrollierenden Aktionär kontrolliert wird;
ii)
Mitglied des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans der Gesellschaft oder eines kontrollierenden Aktionärs oder eines kontrollierten Rechtsträgers im Sinne von Ziffer i ist;
iii)
Arbeitnehmer oder Abschlussprüfer der Gesellschaft oder eines kontrollierenden Aktionärs oder eines kontrollierten Rechtsträgers im Sinne von Ziffer i ist;
iv)
in einer familiären Beziehung zu einer der in den Ziffern i bis iii genannten natürlichen Personen steht.

(4) Der Vertreter ist verpflichtet, entsprechend den Anweisungen des Aktionärs, der ihn bestellt hat, abzustimmen.

Die Mitgliedstaaten können vorschreiben, dass Vertreter die Unterlagen über die Abstimmungsanweisungen für eine bestimmte Mindestdauer aufbewahren und auf Verlangen bestätigen müssen, dass diese Anweisungen ausgeführt wurden.

(5) Eine als Vertreter handelnde Person kann eine Vertretung für mehr als einen Aktionär wahrnehmen, ohne dass es eine Beschränkung der Zahl der derart vertretenen Aktionäre gibt. Nimmt ein Vertreter die Vertretung mehrerer Aktionäre wahr, so muss das anwendbare Recht es ihm ermöglichen, für die von ihm vertretenen Aktionäre jeweils unterschiedlich abzustimmen.

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