Präambel RL 2007/38/EG

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe c,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Zahlreiche Unfälle werden von Fahrern größerer Fahrzeuge verursacht, die nicht bemerken, dass sich andere Verkehrsteilnehmer ganz nah bei oder neben ihrem Fahrzeug befinden. Diese Unfälle geschehen häufig beim Richtungswechsel an Kreuzungen, an Einmündungen oder in Kreisverkehren, wenn die Fahrer andere Verkehrsteilnehmer im toten Winkel unmittelbar neben ihren Fahrzeugen übersehen. Schätzungen zufolge sterben aus diesem Grund in Europa rund 400 Menschen jährlich, meistens schwächere Verkehrsteilnehmer wie Fahrradfahrer, Motorradfahrer und Fußgänger.
(2)
In ihrem Weißbuch vom 12. September 2001 „Die Europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft” hat die Kommission das Ziel vorgegeben, die Zahl der Verkehrstoten in der Europäischen Union bis 2010 zu halbieren. Darüber hinaus hat sie sich in ihrem dritten Aktionsprogramm für die Straßenverkehrssicherheit verpflichtet, die Frage einer Nachrüstung von bereits zugelassenen schweren Lastkraftwagen mit Einrichtungen für indirekte Sicht zu prüfen, um deren tote Winkel zu verkleinern.
(3)
In dem Fahrplan für die nächsten zehn Jahre, den die Hochrangige Gruppe CARS 21 in ihrem Abschlussbericht „Ein wettbewerbsfähiges Kfz-Regelungssystem für das 21. Jahrhundert” , aufgestellt hat, empfiehlt sie im Zusammenhang mit der Sicherheit im Straßenverkehr einen integrierten Ansatz, zu dem die obligatorische Einführung neuer Sicherheitseinrichtungen gehört, darunter Spiegel zur Verringerung der toten Winkel von schweren Lastkraftwagen.
(4)
Einrichtungen für indirekte Sicht, wie Weitwinkel- und Nahbereichsspiegel, Kameras, Bildschirme oder andere typgenehmigte Einrichtungen für indirekte Sicht, weiten das Sichtfeld des Fahrers aus und verbessern die Fahrzeugsicherheit.
(5)
Mit der Richtlinie 2003/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. November 2003 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Typgenehmigung von Einrichtungen für indirekte Sicht und von mit solchen Einrichtungen ausgestatteten Fahrzeugen(3) sollten das indirekte Sichtfeld verbessert und die toten Winkel neuer Fahrzeuge verkleinert werden; mit dieser Vorschrift ließe sich die Zahl der Todesopfer deutlich verringern, doch gilt sie nur für neu zuzulassende Fahrzeuge.
(6)
Fahrzeuge, die bereits zugelassen sind, unterliegen somit nicht der Richtlinie 2003/97/EG. Erst im Jahr 2023 dürften diese Fahrzeuge vollständig aus dem Verkehr gezogen sein.
(7)
Um die Zahl der tödlichen und schweren Unfälle zu verringern, die von diesen Fahrzeugen verursacht werden und in die schwächere Verkehrsteilnehmer verwickelt sind, sollen die betreffenden Fahrzeuge mit verbesserten Einrichtungen für indirekte Sicht nachgerüstet werden.
(8)
Die bereits zugelassenen Fahrzeuge sollten mit Spiegeln ausgestattet werden, die die seitlichen toten Winkel verkleinern und den technischen Anforderungen der Richtlinie 2003/97/EG genügen. Dies ist bei den meisten betroffenen Fahrzeugen technisch machbar.
(9)
Es ist jedoch zweck- und verhältnismäßig, Ausnahmen und Abweichungen für Fahrzeuge vorzusehen, die nur noch eine kurze Betriebsdauer haben oder die bereits mit seitlichen Spiegeln ausgestattet sind, deren Sichtfeld nur geringfügig kleiner als das in der Richtlinie 2003/97/EG vorgeschriebene Sichtfeld ist, oder bei denen die Nachrüstung mit Spiegeln, die der vorgenannten Richtlinie genügen, unwirtschaftlich ist.
(10)
Die Vorschriften und Verfahren dieser Richtlinie sollten nicht für Fahrzeuge der Klassen N2 und N3 gelten, bei denen der Tag der Erstzulassung und/oder Typgenehmigung und/oder Inbetriebnahme vor dem 1. Januar 2000 liegt und die überwiegend aufgrund ihres historischen Interesses betrieben werden.
(11)
Für schwere Lastkraftwagen, die die Anforderungen dieser Richtlinie aus technischen und/oder wirtschaftlichen Gründen nicht vollständig erfüllen können, sollten die zuständigen Behörden Alternativlösungen in Betracht ziehen und genehmigen. In solchen Fällen sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, Listen von erlaubten und genehmigten technischen Lösungen der Kommission zu übermitteln, die sie ihrerseits allen Mitgliedstaaten zur Verfügung stellt.
(12)
Damit sich der Markt auf die kurzfristig hohe Nachfrage einstellen kann, soll eine Übergangsfrist vorgesehen werden.
(13)
Schwere Lastkraftwagen, die vor den Zeitpunkten für die Umsetzung der Richtlinie 2003/97/EG bereits mit Einrichtungen für indirekte Sicht nachgerüstet wurden, die das durch jene Richtlinie vorgeschriebene Sichtfeld weitgehend abdecken, sollten von den Anforderungen der vorliegenden Richtlinie ausgenommen werden dürfen.
(14)
Die Nachrüstung soll von geeigneten Maßnahmen begleitet werden, die auf die Gefahren der toten Winkel schwerer Lastkraftwagen aufmerksam machen. Dazu sollten Informationskampagnen für schwächere Straßenverkehrsteilnehmer sowie in Bezug auf die korrekte Einstellung und Benutzung von Einrichtungen für indirekte Sicht gehören.
(15)
Andere Fahrzeugtypen als diejenigen, für die diese Richtlinie gilt, wie etwa leichte Lastkraftwagen und Busse, die nicht mit verbesserten Einrichtungen für indirekte Sicht ausgerüstet sind, sind ebenfalls oft in Unfälle, die dem toten Winkel zuzuschreiben sind, verwickelt. Deshalb sollten die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über Anforderungen an die aktive und passive Sicherheit ständig im Hinblick auf eine Verbesserung und Förderung der Verkehrssicherheit überarbeitet werden.
(16)
Mit Blick auf eine umfassendere Analyse und eine künftige Strategie zur Verringerung der Zahl der Unfälle, die dem toten Winkel zuzuschreiben sind, sollte die Kommission gemäß der Entscheidung 93/704/EG des Rates vom 30. November 1993 über die Einrichtung einer gemeinschaftlichen Datenbank über Straßenverkehrsunfälle(4) und anderen einschlägigen Rechtsakten der Gemeinschaft, wie z. B. der Entscheidung Nr. 2367/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über das Statistische Programm der Gemeinschaft 2003—2007(5), einschlägige Daten bei den Mitgliedstaaten einholen und diese angemessen verarbeiten.
(17)
Nach der Richtlinie 96/96/EG des Rates vom 20. Dezember 1996 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die technische Überwachung der Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger(6) müssen der Güterbeförderung dienende Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t mindestens einmal pro Jahr einer technischen Überwachung unterzogen werden. Um der technischen Untersuchung zu genügen, sollten schwere Lastkraftwagen unter anderem mit Rückspiegeln ausgerüstet sein, die den Anforderungen der Richtlinie entsprechen. Die Mitgliedstaaten erkennen die Bescheinigungen über die technische Überwachung, die sie für die in ihrem Hoheitsgebiet zugelassenen Fahrzeuge ausgestellt haben, gegenseitig an, damit die Fahrzeuge auf den Straßen der Mitgliedstaaten frei bewegt werden können.
(18)
Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Nachrüstung der in der Gemeinschaft bereits zugelassenen Fahrzeuge, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(19)
Gemäß Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung „Bessere Rechtsetzung” (7) wird bei den Mitgliedstaaten darauf hingewirkt, dass sie für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Gemeinschaft eigene Aufstellungen vornehmen, aus denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen von Richtlinien und Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese veröffentlichen —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

Stellungnahme vom 14. März 2007 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 10. Mai 2007 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 25. Juni 2007.

(3)

ABl. L 25 vom 29.1.2004, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 81).

(4)

ABl. L 329 vom 30.12.1993, S. 63. Entscheidung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

(5)

ABl. L 358 vom 31.12.2002, S. 1. Entscheidung geändert durch die Entscheidung Nr. 787/2004/EG (ABl. L 138 vom 30.4.2004, S. 12).

(6)

ABl. L 46 vom 17.2.1997, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003.

(7)

ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.

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