Präambel RL 2007/66/EG

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen(2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge(4) und die Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor(5) betreffen die Nachprüfungsverfahren in Bezug auf Aufträge, die von öffentlichen Auftraggebern im Sinne des Artikels 1 Absatz 9 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge(6) und von Auftraggebern im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste(7) vergeben werden. Die Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG sollen die wirksame Anwendung der Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG gewährleisten.
(2)
Die Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG gelten daher nur für Aufträge, die in den Anwendungsbereich der Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG gemäß der Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften fallen, und zwar unabhängig von dem gewählten Vergabeverfahren oder der jeweiligen Art des Aufrufs zum Wettbewerb, einschließlich der Wettbewerbe, Prüfungssysteme oder dynamischen Beschaffungssysteme. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sollten die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber und der Auftraggeber darüber, ob ein Auftrag in den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG fällt, wirksam und rasch nachgeprüft werden können.
(3)
Die Anhörung der Beteiligten wie auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs haben bei den gegenwärtigen Nachprüfungsverfahren in den Mitgliedstaaten einige Schwachstellen aufgedeckt. Aufgrund dieser Schwachstellen können die Verfahren der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG die Beachtung der Gemeinschaftsvorschriften nicht immer gewährleisten und insbesondere nicht in einem Stadium, in dem Verstöße noch beseitigt werden könnten. So sollten die mit diesen Richtlinien angestrebten Garantien im Hinblick auf Transparenz und Nichtdiskriminierung verstärkt werden, um zu gewährleisten, dass die positiven Effekte der Modernisierung und Vereinfachung der Vorschriften über das öffentliche Auftragswesen im Rahmen der Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG für die Gemeinschaft insgesamt voll zum Tragen kommen. Es ist daher angezeigt, die Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG so zu präzisieren und zu ergänzen, dass die vom Gemeinschaftsgesetzgeber angestrebten Ziele erreicht werden können.
(4)
Zu den ermittelten Schwächen zählt insbesondere das Fehlen einer Frist, die eine wirksame Nachprüfung zwischen der Zuschlagsentscheidung und dem Abschluss des betreffenden Vertrags ermöglicht. Das führt zuweilen dazu, dass öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber sehr rasch die Vertragsunterzeichnung vornehmen, um die Folgen einer strittigen Zuschlagsentscheidung unumkehrbar zu machen. Um diese Schwachstelle zu beseitigen, die einen wirksamen Rechtsschutz der betroffenen Bieter, nämlich derjenigen Bieter, die noch nicht endgültig ausgeschlossen wurden, ernstlich behindert, ist es erforderlich, eine Mindest-Stillhaltefrist vorzusehen, während der der Abschluss des betreffenden Vertrags ausgesetzt wird, und zwar unabhängig davon, ob der Vertragsschluss zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung erfolgt oder nicht.
(5)
Die Dauer der Mindest-Stillhaltefrist sollte den verschiedenen Kommunikationsmitteln Rechnung tragen. Werden schnelle Kommunikationsmittel genutzt, kann eine kürzere Frist vorgesehen werden als beim Einsatz anderer Kommunikationsmittel. Diese Richtlinie sieht lediglich Mindest-Stillhaltefristen vor. Den Mitgliedstaaten steht es frei, längere Fristen als diese Mindestfristen einzuführen oder beizubehalten. Ebenso können die Mitgliedstaaten entscheiden, welche Frist gelten soll, wenn verschiedene Kommunikationsmittel gleichzeitig genutzt werden.
(6)
Die Stillhaltefrist sollte den betroffenen Bietern genügend Zeit geben, um die Zuschlagsentscheidung zu prüfen und zu beurteilen, ob ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet werden sollte. Gleichzeitig mit der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung sollten den betroffenen Bietern die relevanten Informationen übermittelt werden, die für sie unerlässlich sind, um eine wirksame Nachprüfung zu beantragen. Gleiches gilt entsprechend auch für Bewerber, soweit der öffentliche Auftraggeber oder der Auftraggeber die Informationen über die Ablehnung ihrer Bewerbung nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt hat.
(7)
Zu diesen einschlägigen Informationen zählen insbesondere — in zusammengefasster Form — die einschlägigen Gründe, die in Artikel 41 der Richtlinie 2004/18/EG und in Artikel 49 der Richtlinie 2004/17/EG vorgesehen sind. Da die Dauer der Stillhaltefrist in den Mitgliedstaaten unterschiedlich ist, ist es ferner wichtig, dass die betroffenen Bieter und Bewerber über die tatsächliche Frist informiert werden, innerhalb deren sie ein Nachprüfungsverfahren anstrengen können.
(8)
Diese Art der Mindest-Stillhaltefrist soll nicht gelten, wenn die Richtlinie 2004/18/EG oder 2004/17/EG nicht die vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vorschreibt, insbesondere in Fällen äußerster Dringlichkeit gemäß Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2004/18/EG bzw. Artikel 40 Absatz 3 Buchstabe d der Richtlinie 2004/17/EG. In diesen Fällen genügt es, wirksame Nachprüfungsverfahren nach dem Vertragsschluss vorzusehen. Ebenso ist eine Stillhaltefrist nicht erforderlich, wenn dem einzigen betroffenen Bieter auch der Zuschlag erteilt wird und wenn es keine betroffenen Bewerber gibt. In diesem Fall gibt es in dem Vergabeverfahren keine weitere Person mit einem Interesse daran, unterrichtet zu werden und eine Stillhaltefrist zu nutzen, die eine wirksame Nachprüfung ermöglicht.
(9)
Außerdem könnten bei Aufträgen, die auf Rahmenvereinbarungen oder dynamischen Beschaffungssystemen beruhen, die mit diesen Vergabeverfahren angestrebten Effizienzgewinne durch eine obligatorische Stillhaltefrist beeinträchtigt werden. Die Mitgliedstaaten sollten daher statt der Einführung einer obligatorischen Stillhaltefrist die Unwirksamkeit als wirksame Sanktion gemäß Artikel 2d der Richtlinie 89/665/EWG und Artikel 2d der Richtlinie 92/13/EWG für Verstöße gegen Artikel 32 Absatz 4 Unterabsatz 2 zweiter Gedankenstrich und Artikel 33 Absätze 5 und 6 der Richtlinie 2004/18/EG sowie gegen Artikel 15 Absätze 5 und 6 der Richtlinie 2004/17/EG vorsehen können.
(10)
In den Fällen nach Artikel 40 Absatz 3 Buchstabe i der Richtlinie 2004/17/EG ist für Aufträge, die auf Rahmenvereinbarungen beruhen, keine vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vorgeschrieben. In diesen Fällen sollte die Stillhaltefrist nicht obligatorisch sein.
(11)
Wenn ein Mitgliedstaat verlangt, dass eine Person, die ein Nachprüfungsverfahren anstrengen will, den öffentlichen Auftraggeber oder den Auftraggeber darüber in Kenntnis setzt, so muss klargestellt werden, dass dies nicht die Stillhaltefrist oder etwaige andere Fristen zur Beantragung einer Nachprüfung beeinträchtigen darf. Wenn ein Mitgliedstaat verlangt, dass die betreffende Person zunächst eine Nachprüfung beim öffentlichen Auftraggeber oder beim Auftraggeber beantragt, sollte ferner dieser Person eine angemessene Mindestfrist zugestanden werden, die es ihr erlaubt, die zuständige Nachprüfungsstelle vor Abschluss des Vertrags anzurufen, wenn sie die Antwort oder das Ausbleiben einer Antwort des öffentlichen Auftraggebers oder des Auftraggebers anfechten möchte.
(12)
Die Beantragung einer Nachprüfung kurz vor Ablauf der Mindest-Stillhaltefrist sollte nicht dazu führen, dass die für die Nachprüfungsverfahren zuständige Instanz nicht über die Mindestzeit verfügt, die für ein Handeln unerlässlich ist, insbesondere für die Verlängerung der Aussetzung des Vertragsschlusses. Daher ist eine eigenständige Mindest-Stillhaltefrist vorzusehen, die so lange dauern sollte, bis die Nachprüfungsstelle über den Antrag entschieden hat. Dabei sollte es der Nachprüfungsstelle unbenommen bleiben, vorher zu beurteilen, ob die Nachprüfung als solche zulässig ist. Die Mitgliedstaaten können bestimmen, dass diese Frist endet, entweder wenn die Nachprüfungsstelle eine Entscheidung über den Antrag auf vorläufige Maßnahmen, einschließlich einer weiteren Aussetzung des Vertragsschlusses, oder eine Entscheidung in der Hauptsache, insbesondere über den Antrag auf Aufhebung einer rechtswidrigen Entscheidung, getroffen hat.
(13)
Um gegen die rechtswidrige freihändige Vergabe von Aufträgen vorzugehen, die der Gerichtshof als die schwerwiegendste Verletzung des Gemeinschaftsrechts im Bereich des öffentlichen Auftragswesens durch öffentliche Auftraggeber oder Auftraggeber bezeichnet hat, sollten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen vorgesehen werden. Ein Vertrag, der aufgrund einer rechtswidrigen freihändigen Vergabe zustande gekommen ist, sollte daher grundsätzlich als unwirksam gelten. Die Unwirksamkeit sollte nicht automatisch gelten, sondern durch eine unabhängige Nachprüfungsstelle festgestellt werden oder auf der Entscheidung einer unabhängigen Nachprüfungsstelle beruhen.
(14)
Die Unwirksamkeit ist das beste Mittel, um den Wettbewerb wiederherzustellen und neue Geschäftsmöglichkeiten für die Wirtschaftsteilnehmer zu schaffen, denen rechtswidrig Wettbewerbsmöglichkeiten vorenthalten wurden. Eine freihändige Vergabe im Sinne dieser Richtlinie sollte alle Auftragsvergaben ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union im Sinne der Richtlinie 2004/18/EG umfassen. Dies entspricht dem Verfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb im Sinne der Richtlinie 2004/17/EG.
(15)
Mögliche Rechtfertigungen für eine freihändige Vergabe im Sinne dieser Richtlinie sind unter anderem die Ausnahmen in den Artikeln 10 bis 18 der Richtlinie 2004/18/EG, die Anwendung der Artikel 31, 61 oder 68 der Richtlinie 2004/18/EG, die Vergabe eines Dienstleistungsauftrags gemäß Artikel 21 der Richtlinie 2004/18/EG oder eine rechtmäßige Inhouse-Vergabe entsprechend der Auslegung des Gerichtshofs.
(16)
Das Gleiche gilt für Aufträge, die die Bedingungen für eine Ausnahmeregelung oder für Sonderregelungen gemäß Artikel 5 Absatz 2, Artikel 18 bis 26, Artikel 29 und 30 oder Artikel 62 der Richtlinie 2004/17/EG erfüllen, im Falle der Anwendung von Artikel 40 Absatz 3 der Richtlinie 2004/17/EG oder für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen nach Artikel 32 der Richtlinie 2004/17/EG.
(17)
Ein Nachprüfungsverfahren sollte zumindest jeder Person zur Verfügung stehen, die ein Interesse an einem bestimmten Auftrag hat oder hatte und der durch einen behaupteten Verstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht.
(18)
Um schwere Verstöße gegen die obligatorische Stillhaltefrist und den automatischen Suspensiveffekt, die Voraussetzungen für eine wirksame Nachprüfung sind, zu vermeiden, sollten wirksame Sanktionen gelten. Verträge, deren Abschluss gegen die Stillhaltefrist oder den automatischen Suspensiveffekt verstößt, sollten daher grundsätzlich als unwirksam gelten, wenn sie mit Verstößen gegen die Richtlinie 2004/18/EG oder die Richtlinie 2004/17/EG einhergehen, soweit diese Verstöße die Aussichten des Bieters, der eine Nachprüfung beantragt, auf die Zuschlagserteilung beeinträchtigt haben.
(19)
Bei anderen Verstößen gegen förmliche Anforderungen können die Mitgliedstaaten den Grundsatz der Unwirksamkeit als ungeeignet betrachten. In diesen Fällen sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, alternative Sanktionen vorzusehen. Alternative Sanktionen sollten auf die Verhängung von Geldbußen bzw. -strafen, die an eine von dem öffentlichen Auftraggeber oder dem Auftraggeber unabhängige Stelle zu zahlen sind, oder auf die Verkürzung der Laufzeit des Vertrags beschränkt sein. Es obliegt den Mitgliedstaaten, die Einzelheiten der alternativen Sanktionen und die Bestimmungen für ihre Anwendung festzulegen.
(20)
Diese Richtlinie sollte die Anwendung schärferer Sanktionen nach innerstaatlichem Recht nicht ausschließen.
(21)
Mit der Festlegung von Regeln durch die Mitgliedstaaten, die gewährleisten, dass ein Vertrag als unwirksam gilt, soll erreicht werden, dass die Rechte und Verpflichtungen der Parteien im Rahmen des Vertrags nicht mehr ausgeübt und nicht mehr durchgesetzt werden. Die Folgen, die sich dadurch ergeben, dass ein Vertrag als unwirksam gilt, sollten durch das einzelstaatliche Recht bestimmt werden. Die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften können somit z. B. vorsehen, dass alle vertraglichen Verpflichtungen rückwirkend aufgehoben werden (ex tunc) oder dass umgekehrt die Wirkung der Aufhebung auf die Verpflichtungen beschränkt ist, die noch zu erfüllen sind (ex nunc). Dies sollte nicht dazu führen, dass strenge Sanktionen fehlen, wenn die Verpflichtungen im Rahmen eines Vertrags bereits vollständig oder fast vollständig erfüllt wurden. Für derartige Fälle sollten die Mitgliedstaaten auch alternative Sanktionen vorsehen, wobei zu berücksichtigen ist, in welchem Umfang ein Vertrag nach dem einzelstaatlichen Recht Gültigkeit behält. Gleichermaßen sind die Folgen bezüglich der möglichen Rückerstattung von gegebenenfalls gezahlten Beträgen sowie alle anderen Formen möglicher Rückerstattungen — einschließlich Rückerstattungen des Werts, falls eine Rückerstattung der Sache nicht möglich ist — durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften zu regeln.
(22)
Um zu gewährleisten, dass die Verhältnismäßigkeit der Sanktionen gewahrt bleibt, können die Mitgliedstaaten der für die Nachprüfungsverfahren zuständigen Stelle die Möglichkeit geben, den Vertrag nicht für unwirksam zu erklären oder einige oder alle zeitlichen Wirkungen des Vertrags anzuerkennen, wenn zwingende Gründe eines Allgemeininteresses dies in Ausnahmesituationen rechtfertigen. In diesen Fällen sollten stattdessen alternative Sanktionen zur Anwendung gelangen. Die von dem öffentlichen Auftraggeber oder dem Auftraggeber unabhängige Nachprüfungsstelle sollte alle relevanten Aspekte prüfen, um festzustellen, ob zwingende Gründe eines Allgemeininteresses es erfordern, dass die Wirkungen des Vertrags bestehen bleiben.
(23)
In Ausnahmefällen ist die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Sinne des Artikels 31 der Richtlinie 2004/18/EG oder des Artikels 40 Absatz 3 der Richtlinie 2004/17/EG unmittelbar nach der Aufhebung des Vertrags zulässig. In diesen Fällen könnte die Anwendung zwingender Gründe gerechtfertigt sein, wenn aus technischen oder anderen zwingenden Gründen die verbleibenden Vertragsverpflichtungen zu diesem Zeitpunkt nur von dem Wirtschaftsteilnehmer erfüllt werden können, dem der Auftrag erteilt wurde.
(24)
Wirtschaftliche Interessen an der Wirksamkeit eines Vertrags dürfen nur als zwingende Gründe gelten, wenn die Unwirksamkeit in Ausnahmesituationen unverhältnismäßige Folgen hätte. Wirtschaftliche Interessen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem betreffenden Auftrag sollten jedoch nicht als zwingende Gründe gelten.
(25)
Die Notwendigkeit, für Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber und der Auftraggeber zu sorgen, erfordert ferner die Festlegung einer angemessenen Mindest-Verjährungsfrist für Nachprüfungen, in denen die Unwirksamkeit eines Vertrags festgestellt werden kann.
(26)
Um eine mögliche Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit der Unwirksamkeit zu vermeiden, sollten die Mitgliedstaaten eine Ausnahme von der Unwirksamkeit in den Fällen vorsehen, in denen der öffentliche Auftraggeber oder der Auftraggeber der Auffassung ist, dass die freihändige Vergabe eines Auftrags ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union nach den Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG zulässig ist und er eine Mindest-Stillhaltefrist angewendet hat, die eine wirksame Nachprüfung ermöglicht. Eine solche freiwillige Veröffentlichung, die eine Stillhaltefrist auslöst, bedeutet keine Ausdehnung von Verpflichtungen, die sich aus der Richtlinie 2004/18/EG oder der Richtlinie 2004/17/EG ergeben.
(27)
Da diese Richtlinie die einzelstaatlichen Nachprüfungsverfahren stärkt, insbesondere in Fällen der rechtswidrigen freihändigen Vergabe, sollten die Wirtschaftsteilnehmer ermutigt werden, diese neuen Mechanismen zu nutzen. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die Geltendmachung der Unwirksamkeit eines Vertrags auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt. Die Effektivität dieser Fristen sollte respektiert werden.
(28)
Die Erhöhung der Wirksamkeit der einzelstaatlichen Nachprüfungsverfahren sollte die Betroffenen ermutigen, die Möglichkeiten der Nachprüfung vor Vertragsschluss im Wege der einstweiligen Verfügung stärker in Anspruch zu nehmen. Unter diesen Umständen sollte der Korrekturmechanismus auf die schweren Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens ausgerichtet werden.
(29)
Das in der Richtlinie 92/13/EWG vorgesehene freiwillige Bescheinigungsverfahren, das den Auftraggebern die Möglichkeit gibt, sich auf der Grundlage regelmäßiger Überprüfungen bescheinigen zu lassen, dass ihre Vergabeverfahren richtlinienkonform sind, ist praktisch nie in Anspruch genommen worden. Es kann daher seinen Zweck, Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens in größerer Zahl zu verhindern, nicht erfüllen. Andererseits kann die den Mitgliedstaaten in der Richtlinie 92/13/EWG auferlegte Pflicht, dafür zu sorgen, dass für diese Prüfungen ständig akkreditierte Prüfer zur Verfügung stehen, Verwaltungskosten verursachen, die angesichts des fehlenden Interesses der Auftraggeber nicht mehr zu rechtfertigen sind. Deshalb ist es angezeigt, dieses Bescheinigungsverfahren abzuschaffen.
(30)
Auch das in der Richtlinie 92/13/EWG vorgesehene Schlichtungsverfahren ist bei den Wirtschaftsteilnehmern nie auf echtes Interesse gestoßen. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass dieses Verfahren allein keine verbindlichen vorläufigen Maßnahmen ermöglicht, die einen rechtswidrigen Vertragsschluss rechtzeitig verhindern könnten, und zum anderen darauf, dass es nur schwer mit der Einhaltung der besonders kurzen Fristen für Nachprüfungen zwecks Verhängung vorläufiger Maßnahmen und Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen zu vereinbaren ist. Außerdem ist die potenzielle Wirksamkeit des Schlichtungsverfahrens zusätzlich beeinträchtigt worden durch die Schwierigkeiten beim Erstellen einer vollständigen, hinreichend langen Liste unabhängiger Schlichter für jeden Mitgliedstaat, die jederzeit zur Verfügung stehen und Schlichtungsanträge sehr kurzfristig bearbeiten können. Deshalb ist es angezeigt, das Schlichtungsverfahren abzuschaffen.
(31)
Die Kommission sollte ermächtigt werden, von den Mitgliedstaaten die Übermittlung von dem verfolgten Ziel angemessenen Informationen über das Funktionieren der innerstaatlichen Nachprüfungsverfahren zu verlangen; bei der Festlegung von Art und Umfang dieser Informationen sollte der Beratende Ausschuss für öffentliche Aufträge eingebunden werden. Allein diese Informationen ermöglichen es nämlich, nach einem längeren Anwendungszeitraum eine korrekte Bewertung der durch diese Richtlinie bewirkten Änderungen vorzunehmen.
(32)
Die Kommission sollte die in den Mitgliedstaaten erzielten Fortschritte überprüfen und dem Europäischen Parlament und dem Rat spätesten drei Jahre nach Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie über deren Wirksamkeit Bericht erstatten.
(33)
Die zur Durchführung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(8) erlassen werden.
(34)
Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe von Aufträgen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinien 2004/18/EG und 2004/17/EG fallen, aus den oben genannten Gründen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie bei gleichzeitiger Wahrung des Grundsatzes der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(35)
Gemäß Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung „Bessere Rechtsetzung” (9) sollten die Mitgliedstaaten für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Gemeinschaft eigene Tabellen aufstellen, aus denen die Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese veröffentlichen.
(36)
Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Sie soll namentlich die uneingeschränkte Achtung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren nach Artikel 47 Absätze 1 und 2 der Charta sicherstellen.
(37)
Die Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG sollten daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 93 vom 27.4.2007, S. 16.

(2)

ABl. C 146 vom 30.6.2007, S. 69.

(3)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 21. Juni 2007 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 15. November 2007.

(4)

ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 33. Geändert durch die Richtlinie 92/50/EWG (ABl. L 209 vom 24.7.1992, S. 1).

(5)

ABl. L 76 vom 23.3.1992, S. 14. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/97/EG (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 107).

(6)

ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/97/EG.

(7)

ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/97/EG.

(8)

ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23. Geändert durch den Beschluss 2006/512/EG (ABl. L 200 vom 22.7.2006, S. 11).

(9)

ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.

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