Artikel 19 RL 2008/106/EG

Anerkennung von Befähigungszeugnissen und Fachkundenachweisen

(1) Seeleute, die kein Befähigungszeugnis, das die Mitgliedstaaten erteilen, und/oder keinen Fachkundenachweis, den die Mitgliedstaaten Kapitänen oder Offizieren gemäß den Regeln V/1-1 und V/1-2 des STCW-Übereinkommens erteilen, besitzen, können zum Dienst an Bord von Schiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats zugelassen werden, sofern nach den Verfahren der Absätze 2 bis 6 dieses Artikels ein Beschluss über die Anerkennung ihres Befähigungszeugnisses oder Fachkundenachweises gefasst worden ist.

(2) Ein Mitgliedstaat, der beabsichtigt, Befähigungszeugnisse oder Fachkundenachweise gemäß Absatz 1 dieses Artikels, die einem Kapitän, Offizier oder Funker durch ein Drittland erteilt wurden, für den Dienst auf einem unter seiner Flagge fahrenden Schiff durch einen Vermerk anzuerkennen, legt der Kommission einen mit Gründen versehenen Antrag auf Anerkennung dieses Drittlands vor, dem eine vorläufige Beurteilung der Einhaltung der Anforderungen des STCW-Übereinkommens durch das Drittland beigefügt ist, indem er die in Anhang II dieser Richtlinie genannten Informationen zusammenträgt. In dieser vorläufigen Beurteilung stellt der Mitgliedstaat weitere Informationen zu den Gründen für die Anerkennung des Drittlands zur Stützung seines Antrags bereit.

Nach der Einreichung eines solchen Antrags durch einen Mitgliedstaat bearbeitet die Kommission diesen Antrag unverzüglich und entscheidet nach dem Prüfverfahren gemäß Artikel 28 Absatz 2 innerhalb eines angemessenen Zeitraums unter Berücksichtigung der Frist gemäß Absatz 3 dieses Artikels über die Einleitung der Prüfung des Ausbildungs- und Zeugniserteilungssystems des Drittlandes.

Ist ein positiver Beschluss über die Einleitung der Prüfung erlassen worden, sammelt die Kommission mit Unterstützung der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs und gegebenenfalls unter Beteiligung des antragstellenden Mitgliedstaats und anderer beteiligter Mitgliedstaaten die Informationen gemäß Anhang II dieser Richtlinie und prüft die Ausbildungs- und Zeugniserteilungssysteme des Drittlandes, dessen Anerkennung beantragt wurde, um festzustellen, ob das betreffende Land alle Anforderungen des STCW-Übereinkommens erfüllt und ausreichende Maßnahmen zur Vermeidung von in betrügerischer Weise ausgestellten Zeugnissen getroffen wurden, wobei auch erwogen wird, ob es das Seearbeitsübereinkommen von 2006 ratifiziert hat.

(3) Gelangt die Kommission aufgrund der Prüfung nach Absatz 2 dieses Artikels zu dem Schluss, dass alle diese Anforderungen erfüllt sind, so erlässt sie Durchführungsrechtsakte über die Anerkennung eines Drittlands. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 28 Absatz 2 genannten Prüfverfahren innerhalb von 24 Monaten ab dem Datum der Einreichung des Antrags durch einen Mitgliedstaat gemäß Absatz 2 dieses Artikels erlassen.

Für den Fall, dass das betreffende Drittland wichtige Abhilfemaßnahmen, einschließlich Änderungen seiner Rechtsvorschriften, seines Systems für die theoretische und praktische Ausbildung und die Erteilung von Zeugnissen im Hinblick auf die Erfüllung der Anforderungen des STCW-Übereinkommens vornehmen muss, werden die in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten Durchführungsrechtsakte innerhalb von 36 Monaten nach Einreichung des in Absatz 2 dieses Artikels genannten Antrags eines Mitgliedstaats erlassen.

Der antragstellende Mitgliedstaat kann beschließen, das Drittland einseitig anzuerkennen, bis ein Durchführungsrechtsakt nach diesem Absatz erlassen wird. Erfolgt eine solche einseitige Anerkennung, so übermittelt der Mitgliedstaat der Kommission bis zur Annahme des Durchführungsrechtsakts zur Anerkennung dieses Drittlands die Zahl der Anerkennungsvermerke, die in Bezug auf die von dem Drittland ausgestellten Befähigungszeugnisse und Fachkundenachweise gemäß Absatz 1 erteilt wurden.

(4) Ein Mitgliedstaat kann für Schiffe unter seiner Flagge Befähigungszeugnisse der von der Kommission anerkannten Drittländer unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Anhangs II Nummern 4 und 5 mit einem Vermerk versehen.

(5) Anerkennungen von Zeugnissen, die durch ein anerkanntes Drittland erteilt wurden und vor dem 14. Juni 2005 im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlicht wurden, behalten ihre Gültigkeit.

Diese Anerkennungen können von allen Mitgliedstaaten verwendet werden, sofern die Kommission sie nicht später nach Artikel 20 entzogen hat.

(6) Die Kommission erstellt eine Liste der anerkannten Drittländer und hält sie jeweils auf dem neuesten Stand. Die Liste wird im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlicht.

(7) Ungeachtet des Artikels 5 Absatz 6 kann ein Mitgliedstaat, falls die Umstände dies erfordern, einem Seemann gestatten, auf einem Schiff unter seiner Flagge während höchstens drei Monaten Aufgaben wahrzunehmen, für die er ein von einem Drittland ausgestelltes entsprechendes gültiges Zeugnis einschließlich der vorgeschriebenen Vermerke besitzt, das aber noch nicht den Anerkennungsvermerk des betreffenden Mitgliedstaats trägt und somit noch nicht für den Dienst an Bord von Schiffen unter der Flagge des genannten Mitgliedstaats zugelassen ist; diese Ausnahmegenehmigung wird für den Posten eines Funkoffiziers oder Funkers nur nach den einschlägigen Bestimmungen der Vollzugsordnung für den Funkdienst erteilt.

Belege für die Beantragung eines Vermerks bei den zuständigen Stellen müssen jederzeit vorgelegt werden können.

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