Artikel 3 RL 2008/98/EG

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1.
„Abfall” jeden Stoff oder Gegenstand, dessen sich sein Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss;
2.
„gefährlicher Abfall” Abfall, der eine oder mehrere der in Anhang III aufgeführten gefährlichen Eigenschaften aufweist;
2a.
„nicht gefährlicher Abfall” Abfall, der nicht unter Nummer 2 fällt;
2b.
„Siedlungsabfall”

a)
gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus Haushalten, einschließlich Papier und Karton, Glas, Metall, Kunststoff, Bioabfälle, Holz, Textilien, Verpackungen, Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Altbatterien und Altakkumulatoren sowie Sperrmüll, einschließlich Matratzen und Möbel;
b)
gemischte Abfälle und getrennt gesammelte Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen, sofern diese Abfälle in ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung Abfällen aus Haushalten ähnlich sind;

Siedlungsabfall umfasst keine Abfälle aus Produktion, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Klärgruben, Kanalisation und Kläranlagen, einschließlich Klärschlämme, Altfahrzeuge und aus Bau- und Abbruch.

Diese Definition gilt unbeschadet der Verteilung der Verantwortlichkeiten für die Abfallbewirtschaftung auf öffentliche und private Akteure;

2c.
„Bau- und Abbruchabfälle” Abfälle, die durch Bau- und Abbruchtätigkeiten entstehen;
3.
„Altöl” alle mineralischen oder synthetischen Schmier- oder Industrieöle, die für den Verwendungszweck, für den sie ursprünglich bestimmt waren, ungeeignet geworden sind, wie z.B. gebrauchte Verbrennungsmotoren- und Getriebeöle, Schmieröle, Turbinen- und Hydrauliköle;
4.
„Bioabfall” biologisch abbaubare Garten- und Parkabfälle, Nahrungsmittel- und Küchenabfälle aus Haushalten, Büros, Gaststätten, Großhandel, Kantinen, Cateringgewerbe und aus dem Einzelhandel sowie vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetrieben;
4a.
„Lebensmittelabfall” alle Lebensmittel gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates(1), die zu Abfall geworden sind;
4b.
„Hersteller von in Anhang IVc aufgeführten Textilerzeugnissen, mit Textilien zusammenhängenden Erzeugnissen oder Schuhen” jeden Erzeuger, Einführer oder Vertreiber oder jede sonstige natürliche oder juristische Person, der/die unabhängig von der Verkaufsmethode, einschließlich mittels Fernabsatzverträgen im Sinne des Artikels 2 Nummer 7 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(2), entweder

a)
in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist und in Anhang IVc aufgeführte Textilerzeugnisse, mit Textilien zusammenhängende Erzeugnisse oder Schuhe unter eigenem Namen oder unter der eigenen Handelsmarke erzeugt oder konzipieren oder erzeugen lässt und im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats erstmals unter eigenem Namen oder der eigenen Handelsmarke abgibt,
b)
in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist und im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats von anderen Wirtschaftsteilnehmern erzeugte in Anhang IVc aufgeführte Textilerzeugnisse, mit Textilien zusammenhängende Erzeugnisse oder Schuhe unter eigenem Namen oder der eigenen Handelsmarke weiterverkauft, auf denen der Name, die Marke oder die Handelsmarke dieser anderen Wirtschaftsteilnehmer nicht angegeben ist,
c)
in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist und im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats erstmals gewerbsmäßig aus einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittland stammende in Anhang IVc aufgeführte Textilerzeugnisse, mit Textilien zusammenhängende Erzeugnisse oder Schuhe abgibt, oder
d)
in Anhang IVc aufgeführte Textilerzeugnisse, mit Textilien zusammenhängende Erzeugnisse oder Schuhe über Fernabsatzverträge direkt an Endnutzer — unabhängig davon, ob es sich um private Haushalte oder andere Endnutzer handelt — in einem Mitgliedstaat verkauft und selbst in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland niedergelassen ist.

Der Begriff „Hersteller von in Anhang IVc aufgeführten Textilerzeugnissen, mit Textilien zusammenhängenden Erzeugnissen oder Schuhen” umfasst nicht Erzeuger, Einführer oder Vertreiber oder sonstige natürliche oder juristische Personen, die gebrauchte in Anhang IVc aufgeführte Textilerzeugnisse, mit Textilien zusammenhängende Erzeugnisse oder Schuhe, die als zur Wiederverwendung geeignet eingestuft wurden, oder in Anhang IVc aufgeführte Textilerzeugnisse, mit Textilien zusammenhängende Erzeugnisse oder Schuhe, die aus solchen gebrauchten Erzeugnissen oder deren Abfällen oder Teilen davon hergestellt werden, auf dem Markt abgeben, oder selbstständige Schneider, die Erzeugnisse nach Maß herstellen;

4c.
„Bereitstellung auf dem Markt” jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe von in Anhang IVc aufgeführten Textilerzeugnissen, mit Textilien zusammenhängenden Erzeugnissen oder Schuhen zum Vertrieb oder zur Verwendung auf dem Markt eines Mitgliedstaats im Rahmen einer Geschäftstätigkeit;
4d.
„Organisation für Herstellerverantwortung” eine Rechtsperson, die finanziell oder finanziell und operativ für die Wahrnehmung der Verpflichtungen der erweiterten Herstellerverantwortung im Namen von Herstellern sorgt;
4e.
„Online-Plattform” eine Online-Plattform im Sinne des Artikels 3 Buchstabe i der Verordnung (EU) 2022/2065 des Europäischen Parlaments und des Rates(3);
4f.
„Fulfilment-Dienstleister” Fulfilment-Dienstleister im Sinne des Artikels 3 Nummer 11 der Verordnung (EU) 2019/1020 des Europäischen Parlaments und des Rates(4);
4g.
„Verbraucher” jede natürliche Person, die zu Zwecken handelt, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegen;
4h.
„Endnutzer” Endnutzer im Sinne des Artikels 3 Nummer 21 der Verordnung (EU) 2019/1020;
4i.
„sozialwirtschaftliche Einrichtung” eine privatrechtliche Einrichtung, die Waren oder Dienstleistungen bereitstellt und deren Tätigkeit auf den folgenden Grundsätzen beruht:

a)
Vorrang des Menschen sowie des sozialen oder ökologischen Zwecks vor dem Gewinn,
b)
Reinvestition aller Gewinne und Überschüsse oder des größten Teils der Gewinne und Überschüsse zugunsten ihrer sozialen oder ökologischen Zwecke und zur Durchführung von Aktivitäten im Interesse der Mitglieder oder Nutzer oder der Gesellschaft insgesamt; und
c)
demokratische oder partizipative Führung;

4j.
„unverkauftes Verbraucherprodukt” ein unverkauftes Verbraucherprodukt im Sinne des Artikels 2 Nummer 37 der Verordnung (EU) 2024/1781 des Europäischen Parlaments und des Rates(5);
5.
„Abfallerzeuger” jede Person, durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Abfallersterzeuger/Ersterzeuger) oder jede Person, die eine Vorbehandlung, Mischung oder sonstige Behandlung vornimmt, die eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirkt;
6.
„Abfallbesitzer” den Erzeuger der Abfälle oder die natürliche oder juristische Person, in deren Besitz sich die Abfälle befinden;
7.
„Händler” jedes Unternehmen, das in eigener Verantwortung handelt, wenn es Abfälle kauft und anschließend verkauft, einschließlich solcher Händler, die die Abfälle nicht physisch in Besitz nehmen;
8.
„Makler” jedes Unternehmen, das für die Verwertung oder die Beseitigung von Abfällen für andere sorgt, einschließlich solcher Makler, die die Abfälle nicht physisch in Besitz nehmen;
9.
„Abfallbewirtschaftung” die Sammlung, den Transport, die Verwertung (einschließlich der Sortierung) und die Beseitigung von Abfällen, einschließlich der Überwachung dieser Verfahren sowie der Nachsorge von Beseitigungsanlagen und einschließlich der Handlungen, die von Händlern oder Maklern vorgenommen werden;
10.
„Sammlung” das Einsammeln von Abfällen, einschließlich deren vorläufiger Sortierung und vorläufiger Lagerung zum Zwecke des Transports zu einer Abfallbehandlungsanlage;
11.
„getrennte Sammlung” die Sammlung, bei der ein Abfallstrom nach Art und Beschaffenheit des Abfalls getrennt gehalten wird, um eine bestimmte Behandlung zu erleichtern;
12.
„Vermeidung” Maßnahmen, die ergriffen werden, bevor ein Stoff, ein Material oder ein Erzeugnis zu Abfall geworden ist, und die Folgendes verringern:

a)
die Abfallmenge, auch durch die Wiederverwendung von Erzeugnissen oder die Verlängerung ihrer Lebensdauer;
b)
die schädlichen Auswirkungen des erzeugten Abfalls auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit oder
c)
den Gehalt an gefährlichen Stoffen in Materialien und Produkten;

13.
„Wiederverwendung” jedes Verfahren, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile, die keine Abfälle sind, wieder für denselben Zweck verwendet werden, für den sie ursprünglich bestimmt waren;
14.
„Behandlung” Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung;
15.
„Verwertung” jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie andere Materialien ersetzen, die ansonsten zur Erfüllung einer bestimmte Funktion verwendet worden wären, oder die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen. Anhang II enthält eine nicht erschöpfende Liste von Verwertungsverfahren;
15a.
„Stoffliche Verwertung” jedes Verwertungsverfahren, ausgenommen die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die als Brennstoff oder anderes Mittel der Energieerzeugung verwendet werden sollen. Dazu zählen unter anderem die Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling und Verfüllung;
16.
„Vorbereitung zur Wiederverwendung” jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile von Erzeugnissen, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wiederverwendet werden können;
17.
„Recycling” jedes Verwertungsverfahren, durch das Abfallmaterialien zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen entweder für den ursprünglichen Zweck oder für andere Zwecke aufbereitet werden. Es schließt die Aufbereitung organischer Materialien ein, aber nicht die energetische Verwertung und die Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder zur Verfüllung bestimmt sind;
17a.
„Verfüllung” jedes Verwertungsverfahren, bei dem geeignete nicht gefährliche Abfälle zum Zweck der Rekultivierung von Abgrabungen oder zu bautechnischen Zwecken bei der Landschaftsgestaltung verwendet werden. Die für die Verfüllung verwendeten Abfälle müssen Materialien, die keine Abfälle sind, ersetzen, für die vorstehend genannten Zwecke geeignet sein und auf die für die Erfüllung dieser Zwecke unbedingt erforderlichen Mengen beschränkt sein;
18.
„Aufbereitung von Altölen” jedes Recyclingverfahren, bei dem Basisöle durch Raffination von Altölen gewonnen werden können, insbesondere durch Abtrennung der Schadstoffe, der Oxidationsprodukte und der Additive, die in solchen Ölen enthalten sind;
19.
„Beseitigung” jedes Verfahren, das keine Verwertung ist, auch wenn das Verfahren zur Nebenfolge hat, dass Stoffe oder Energie zurück gewonnen werden. Anhang I enthält eine nicht erschöpfende Liste von Beseitigungsverfahren;
20.
„beste verfügbare Techniken” die besten verfügbaren Techniken im Sinne von Artikel 2 Absatz 11 der Richtlinie 96/61/EG;
21.
„Regime der erweiterten Herstellerverantwortung” ein Bündel von Maßnahmen, die von Mitgliedstaaten getroffen werden, um sicherzustellen, dass die Hersteller der Erzeugnisse die finanzielle Verantwortung oder die finanzielle und organisatorische Verantwortung für die Bewirtschaftung in der Abfallphase des Produktlebenszyklus übernehmen.

Fußnote(n):

(1)

Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1).

(2)

Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 64, ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2011/83/oj).

(3)

Verordnung (EU) 2022/2065 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG (Gesetz über digitale Dienste) (ABl. L 277 vom 27.10.2022, S. 1, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2022/2065/oj).

(4)

Verordnung (EU) 2019/1020 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über Marktüberwachung und die Konformität von Produkten sowie zur Änderung der Richtlinie 2004/42/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 765/2008 und (EU) Nr. 305/2011 (ABl. L 169 vom 25.6.2019, S. 1, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2019/1020/oj).

(5)

Verordnung (EU) 2024/1781 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2024 zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte, zur Änderung der Richtlinie (EU) 2020/1828 und der Verordnung (EU) 2023/1542 und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/125/EG (ABl. L, 2024/1781, 28.6.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/1781/oj).

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