Artikel 99 RL 2009/65/EG

(1) Unbeschadet der Aufsichtsbefugnisse der zuständigen Behörden nach Artikel 98 und des Rechts der Mitgliedstaaten, strafrechtliche Sanktionen vorzusehen und zu verhängen, legen die Mitgliedstaaten Vorschriften für verwaltungsrechtliche Sanktionen und andere Verwaltungsmaßnahmen fest, die Gesellschaften und Personen bei Verstößen gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie auferlegt werden, und ergreifen sämtliche Maßnahmen, die zur Durchführung dieser Sanktionen und Maßnahmen erforderlich sind.

Beschließen die Mitgliedstaaten, bei Verstößen, die dem nationalen Strafrecht unterliegen, keine Vorschriften für verwaltungsrechtliche Sanktionen festzulegen, so teilen sie der Kommission die einschlägigen strafrechtlichen Vorschriften mit.

Die verwaltungsrechtlichen Sanktionen und anderen Verwaltungsmaßnahmen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission und der ESMA bis zum 18. März 2016 die Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften, mit denen dieser Artikel umgesetzt wird, einschließlich der einschlägigen strafrechtlichen Vorschriften. Die Mitgliedstaaten melden der Kommission und der ESMA spätere Änderungen dieser Vorschriften unverzüglich.

(2) Mitgliedstaaten, die im Einklang mit Absatz 1 beschlossen haben, strafrechtliche Sanktionen für Verstöße gegen die dort genannten Vorschriften festzulegen, stellen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass die zuständigen Behörden alle notwendigen Befugnisse haben, um mit den Justizbehörden innerhalb ihres Hoheitsgebiets in Kontakt zu treten um bestimmte Informationen in Bezug auf strafrechtliche Ermittlungen oder Verfahren zu erhalten, die wegen mutmaßlicher Verstöße gegen diese Richtlinie eingeleitet wurden; sie stellen zur Erfüllung ihrer Verpflichtung, miteinander sowie mit der ESMA für die Zwecke dieser Richtlinie zusammenzuarbeiten, dieselben Informationen anderen zuständige Behörden und die ESMA zur Verfügung.

Die zuständigen Behörden können auch zur Erleichterung der Einziehung von Geldbußen mit den zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten zusammenarbeiten.

(3) Im Rahmen der Gesamtüberprüfung der Funktionsweise dieser Richtlinie überprüft die Kommission spätestens drei Jahre nach dem 18. September 2017 die Anwendung der verwaltungsrechtlichen Sanktionen und der strafrechtlichen Sanktionen und insbesondere die Erforderlichkeit einer weitergehenden Vereinheitlichung der für Verstöße gegen die Anforderungen dieser Richtlinie vorgesehenen verwaltungsrechtlichen Sanktionen.

(4) Eine zuständige Behörde darf sich auf ein Auskunftsersuchen oder ein Ersuchen auf Zusammenarbeit bei einer Ermittlung nur unter den folgenden außergewöhnlichen Umständen weigern, tätig zu werden:

a)
wenn die Weitergabe einschlägiger Informationen die Sicherheit des ersuchten Mitgliedstaats beeinträchtigen könnte, insbesondere die Bekämpfung von Terrorismus und anderen schwerwiegenden Straftaten,
b)
wenn dem Ersuchen nachzukommen wahrscheinlich ihre eigenen Ermittlungen, Durchsetzungsmaßnahmen oder gegebenenfalls strafrechtliche Ermittlungen beeinträchtigt,
c)
wenn aufgrund derselben Tat und gegen dieselben Personen bereits ein Verfahren vor einem Gericht des ersuchten Mitgliedstaats anhängig ist oder
d)
wenn gegen diese Personen aufgrund derselben Tat bereits ein rechtskräftiges Urteil in dem ersuchten Mitgliedstaat ergangen ist.

(5) Gelten die Pflichten für OGAW, Verwaltungsgesellschaften, Investmentgesellschaften oder Verwahrstellen, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass bei einem Verstoß gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie gegen die Mitglieder des Leitungsorgans und andere natürliche Personen, die nach nationalem Recht für den Verstoß verantwortlich sind, gemäß dem nationalen Recht verwaltungsrechtliche Sanktionen oder andere verwaltungsrechtliche Maßnahmen verhängt werden können.

(6) Nach Maßgabe des nationalen Rechts stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die verwaltungsrechtlichen Sanktionen und anderen Verwaltungsmaßnahmen, die angewandt werden können, in allen in Absatz 1 genannten Fällen mindestens Folgendes umfassen:

a)
die öffentliche Bekanntgabe der verantwortlichen Person und der Art des Verstoßes;
b)
eine Anordnung, dass die verantwortliche Person die Verhaltensweise zu beenden hat und sie nicht erneut vornehmen darf;
c)
im Falle eines OGAW oder einer Verwaltungsgesellschaft Aussetzung oder Entzug der Zulassung des OGAW oder der Verwaltungsgesellschaft;
d)
ein vorübergehendes Verbot oder für wiederholte schwere Verstöße ein dauerhaftes Verbot für das verantwortliche Mitglied des Leitungsorgans der Verwaltungsgesellschaft oder der Investmentgesellschaft oder eine andere verantwortliche natürliche Person, in diesen Gesellschaften oder anderen Gesellschaften dieser Art Leitungsaufgaben wahrzunehmen;
e)
im Falle juristischer Personen maximale Geldbußen von mindestens 5000000 EUR oder in den Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, der entsprechende Wert in der Landeswährung am 17. September 2014 oder bis zu 10 % des jährlichen Gesamtumsatzes der juristischen Person entsprechend dem letzten verfügbaren durch das Leitungsorgan genehmigten Abschluss; handelt es sich bei der juristischen Person um eine Muttergesellschaft oder die Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft, die einen konsolidierten Abschluss gemäß der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(1) aufzustellen hat, so ist der relevante Gesamtumsatz der jährliche Gesamtumsatz oder die entsprechende Einkunftsart gemäß dem einschlägigen Unionsrecht im Bereich der Rechnungslegung, der bzw. die im letzten verfügbaren konsolidierten Abschluss ausgewiesen ist, der vom Leitungsorgan der Muttergesellschaft an der Spitze gebilligt wurde;
f)
im Falle einer natürlichen Person maximale Geldbußen von mindestens 5000000 EUR oder in den Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, dem entsprechenden Wert in der Landeswährung am 17. September 2014,
g)
als eine Alternative zu den Buchstaben e und f maximale Geldbußen in mindestens zweifacher Höhe des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens, soweit sich dieser beziffern lässt, auch wenn dieser Betrag über die unter den Buchstaben e und f genannten Höchstbeträge hinausgeht.

(7) Die Mitgliedstaaten können die zuständigen Behörden dazu ermächtigen, nach Maßgabe des nationalen Rechts zusätzlich zu den in Absatz 5 genannten Sanktionen weitere Arten von Sanktionen zu verhängen oder Geldbußen zu verhängen, die die in Absatz 6 Buchstaben e, f und g genannten Beträge übersteigen.

Fußnote(n):

(1)

Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).

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