Artikel 28b RL 2010/13/EU

(1) Unbeschadet der Artikel 12 bis 15 der Richtlinie 2000/31/EG sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass ihrer Rechtshoheit unterliegende Video-Sharing-Plattform-Anbieter angemessene Maßnahmen treffen, um

a)
Minderjährige gemäß Artikel 6a Absatz 1 vor Sendungen, nutzergenerierten Videos und audiovisueller kommerzieller Kommunikation zu schützen, die ihre körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung beeinträchtigen können;
b)
die Allgemeinheit vor Sendungen, nutzergenerierten Videos und audiovisueller kommerzieller Kommunikation zu schützen, in denen zu Gewalt oder Hass gegen eine Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer Gruppe aus einem der in Artikel 21 der Charta genannten Gründe aufgestachelt wird;
c)
die Allgemeinheit vor Sendungen, nutzergenerierten Videos und audiovisueller kommerzieller Kommunikation mit Inhalten zu schützen, deren Verbreitung gemäß Unionsrecht eine Straftat darstellt, nämlich die öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie (EU) 2017/541, Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornografie im Sinne des Artikels 5 Absatz 4 der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(1) und rassistische und fremdenfeindliche Straftaten im Sinne des Artikels 1 des Rahmenbeschlusses 2008/913/JI.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die ihrer Rechtshoheit unterworfenen Video-Sharing-Plattform-Anbieter die Anforderungen des Artikels 9 Absatz 1 in Bezug auf audiovisuelle kommerzielle Kommunikation, die von diesen Video-Sharing-Plattform-Anbietern vermarktet, verkauft oder zusammengestellt wird, erfüllen.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die ihrer Rechtshoheit unterworfenen Video-Sharing-Plattform-Anbieter angemessene Maßnahmen ergreifen, um die Anforderungen nach Artikel 9 Absatz 1 in Bezug auf audiovisuelle kommerzielle Kommunikation, die nicht von diesen Video-Sharing-Plattform-Anbietern vermarktet, verkauft oder zusammengestellt wird, zu erfüllen, wobei der Tatsache, dass die Video-Sharing-Plattform-Anbieter nur eine begrenzte Kontrolle über eine solche audiovisuelle kommerzielle Kommunikation ausüben, Rechnung zu tragen ist.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Video-Sharing-Plattform-Anbieter ihre Nutzer eindeutig auf Sendungen und nutzergenerierte Videos hinweisen, die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation enthalten, vorausgesetzt, dass eine solche Kommunikation gemäß Absatz 3 Unterabsatz 3 Buchstabe c erklärt wurde oder der Anbieter Kenntnis davon hat.

Die Mitgliedstaaten unterstützen die Nutzung der Koregulierung und die Förderung der Selbstregulierung mithilfe von Verhaltenskodizes gemäß Artikel 4a Absatz 1, um die Einwirkung audiovisueller kommerzieller Kommunikation für Lebensmittel und Getränke, die Nährstoffe und Substanzen mit ernährungsbezogener oder physiologischer Wirkung enthalten — insbesondere Fett, Transfettsäuren, Salz oder Natrium, sowie Zucker —, deren übermäßige Aufnahme im Rahmen der Gesamternährung nicht empfohlen wird, auf Kinder wirkungsvoll zu verringern. Diese Kodizes sehen möglichst vor, dass die positiven Ernährungseigenschaften solcher Lebensmittel und Getränke durch diese audiovisuelle kommerzielle Kommunikation nicht hervorgehoben werden.

(3) Für die Zwecke der Absätze 1 und 2 werden die angemessenen Maßnahmen in Anbetracht der Art der fraglichen Inhalte, des Schadens, den sie anrichten können, der Merkmale der zu schützenden Personenkategorie sowie der betroffenen Rechte und berechtigten Interessen, einschließlich derer der Video-Sharing-Plattform-Anbieter und der Nutzer, die die Inhalte erstellt oder hochgeladen haben, sowie des öffentlichen Interesses bestimmt.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle ihrer Rechtshoheit unterworfenen Video-Sharing-Plattform-Anbieter solche Maßnahmen anwenden. Diese Maßnahmen müssen durchführbar und verhältnismäßig sein und der Größe des Video-Sharing-Plattform-Dienstes und der Art des angebotenen Dienstes Rechnung tragen. Solche Maßnahmen dürfen weder zu Ex-ante-Kontrollmaßnahmen noch zur Filterung von Inhalten beim Hochladen, die nicht mit Artikel 15 der Richtlinie 2000/31/EG im Einklang stehen, führen. Zum Schutz Minderjähriger gemäß Absatz 1 Buchstabe a dieses Artikels unterliegen die schädlichsten Inhalte den strengsten Maßnahmen der Zugangskontrolle.

Solche Maßnahmen beinhalten, soweit zweckmäßig:

a)
die Aufnahme der Anforderungen gemäß Absatz 1 in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Video-Sharing-Plattform-Dienste und die Anwendung dieser Anforderungen;
b)
die Aufnahme der Anforderungen des Artikels 9 Absatz 1 für audiovisuelle kommerzielle Kommunikation, die nicht von den Video-Sharing-Plattform-Anbietern vermarktet, verkauft oder zusammengestellt wird, in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Video-Sharing-Plattform-Dienste und die Anwendung dieser Anforderungen;
c)
die Bereitstellung einer Funktion für Nutzer, die nutzergenerierte Videos hochladen, mit der sie erklären können, ob diese Videos audiovisuelle kommerzielle Kommunikation enthalten, soweit sie davon Kenntnis haben oder eine solche Kenntnis nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann;
d)
die Einrichtung und den Betrieb von transparenten und nutzerfreundlichen Mechanismen, mit denen Video-Sharing-Plattform-Nutzer dem betreffenden Video-Sharing-Plattform-Anbieter die in Absatz 1 genannten Inhalte, die auf seiner Plattform bereitgestellt werden, melden oder anzeigen können;
e)
die Einrichtung und den Betrieb von Systemen, mit denen Video-Sharing-Plattform-Anbieter den Video-Sharing-Plattform-Nutzern erklären, wie den Meldungen oder Anzeigen gemäß Buchstabe d Folge geleistet wurde;
f)
die Einrichtung und den Betrieb von Systemen zur Altersverifikation für Video-Sharing-Plattform-Nutzer in Bezug auf Inhalte, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können;
g)
die Einrichtung und den Betrieb von leicht zu handhabenden Systemen, mit denen Video-Sharing-Plattform-Nutzer die in Absatz 1 genannten Inhalte bewerten können;
h)
die Bereitstellung von Systemen zur Kontrolle durch Eltern, die der Kontrolle der Endnutzer unterliegen, in Bezug auf Inhalte, die die körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung von Minderjährigen beeinträchtigen können;
i)
die Einrichtung und den Betrieb von transparenten, leicht zu handhabenden und wirksamen Verfahren für den Umgang mit und die Beilegung von Beschwerden des Nutzers gegenüber dem Video-Sharing-Plattform-Anbieter in Bezug auf die Umsetzung der in den Buchstaben d bis h genannten Maßnahmen;
j)
das Angebot wirksamer Maßnahmen und Instrumente für Medienkompetenz und die Sensibilisierung der Nutzer für diese Maßnahmen und Instrumente.

Personenbezogene Daten von Minderjährigen, die von Video-Sharing-Plattform-Anbietern gemäß Unterabsatz 3 Buchstaben f und h erhoben oder anderweitig gewonnen werden, dürfen nicht für kommerzielle Zwecke wie etwa Direktwerbung, Profiling und auf das Nutzungsverhalten abgestimmte Werbung verwendet werden.

(4) Zur Umsetzung der in den Absätzen 1 und 3 dieses Artikels genannten Maßnahmen unterstützen die Mitgliedstaaten die Nutzung der Koregulierung gemäß Artikel 4a Absatz 1.

(5) Die Mitgliedstaaten schaffen die erforderlichen Mechanismen zur Beurteilung der Angemessenheit der in Absatz 3 genannten Maßnahmen der Video-Sharing-Plattform-Anbieter. Die Mitgliedstaaten betrauen die nationalen Regulierungsbehörden oder -stellen mit der Beurteilung dieser Maßnahmen.

(6) Die Mitgliedstaaten können Video-Sharing-Plattform-Anbietern Maßnahmen auferlegen, die ausführlicher oder strenger sind als die in Absatz 3 dieses Artikels genannten Maßnahmen. Erlassen sie solche Maßnahmen, halten die Mitgliedstaaten die im geltenden Unionsrecht festgelegten Anforderungen ein, darunter die Vorgaben der Artikel 12 bis 15 der Richtlinie 2000/31/EG oder des Artikels 25 der Richtlinie 2011/93/EU.

(7) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Nutzern und Video-Sharing-Plattform-Anbietern bezüglich der Anwendung der Absätze 1 und 3 außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren zur Verfügung stehen. Diese Verfahren ermöglichen eine unparteiische Streitbeilegung und entziehen dem Nutzer nicht seinen Rechtsschutz nach nationalem Recht.

(8) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Nutzer ihre Rechte gegenüber Video-Sharing-Plattform-Anbietern gemäß Absatz 1 und 3 vor Gericht geltend machen können.

(9) Die Kommission ermutigt die Video-Sharing-Plattform-Anbieter, bewährte Verfahren bezüglich auf Koregulierung beruhender Verhaltenskodizes gemäß Absatz 4 auszutauschen.

(10) Die Mitgliedstaaten und die Kommission können die Selbstregulierung mithilfe von Verhaltenskodizes der Union gemäß Artikel 4a Absatz 2 fördern.

Fußnote(n):

(1)

Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1).

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