Artikel 8a RL 2011/16/EU

Umfang und Voraussetzungen des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs über grenzüberschreitende Vorbescheide und Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltung

(1) Die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats, in dem nach dem 31. Dezember 2016 ein grenzüberschreitender Vorbescheid oder eine Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung erteilt bzw. getroffen, geändert oder erneuert wurde, übermittelt im Wege des automatischen Austauschs den zuständigen Behörden aller anderen Mitgliedstaaten sowie der Europäischen Kommission die Informationen darüber, mit der Einschränkung, die für die Fälle nach Absatz 8 dieses Artikels gemäß den geltenden nach Artikel 21 angenommenen praktischen Regelungen gilt.

(2) Ferner übermittelt die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats den zuständigen Behörden aller anderen Mitgliedstaaten sowie der Europäischen Kommission, unter Berücksichtigung der Einschränkung nach Absatz 8 dieses Artikels, gemäß den geltenden nach Artikel 21 angenommenen praktischen Regelungen Informationen über grenzüberschreitende Vorbescheide und Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltung, die innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor dem 1. Januar 2017 erteilt bzw. getroffen, geändert oder erneuert wurden.

Falls diese grenzüberschreitenden Vorbescheide und Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltung in der Zeit zwischen dem 1. Januar 2012 und dem 31. Dezember 2013 erteilt bzw. getroffen, geändert oder erneuert wurden, erfolgt diese Informationsübermittlung unter der Voraussetzung, dass sie am 1. Januar 2014 noch gültig waren.

Falls diese grenzüberschreitenden Vorbescheide und Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltung in der Zeit zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 31. Dezember 2016 erteilt bzw. getroffen, geändert oder erneuert wurden, erfolgt diese Informationsübermittlung unabhängig davon, ob sie noch gültig sind oder nicht.

Die Mitgliedstaaten können Informationen über grenzüberschreitende Vorbescheide und Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltung, die vor dem 1. April 2016 für eine bestimmte Person oder für eine Gruppe von Personen erteilt bzw. getroffen, geändert oder erneuert wurden, ausgenommen diejenigen, die hauptsächlich Finanz- und Investitionstätigkeiten ausüben, mit einem — im Sinne von Artikel 2 Absatz 5 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(1) — gruppenweiten Jahresnettoumsatzerlös von weniger als 40000000 EUR (oder dem entsprechenden Betrag in einer anderen Währung) in dem Geschäftsjahr, das vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem der grenzüberschreitende Vorbescheid bzw. die Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung erteilt bzw. getroffen, geändert oder erneuert wird, von der in diesem Absatz genannten Übermittlung ausnehmen.

(3) Bilaterale oder multilaterale Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltung mit Drittländern werden vom Geltungsbereich des automatischen Informationsaustausch gemäß diesem Artikel ausgenommen, sofern das internationale Steuerabkommen, in dessen Rahmen die Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung ausgehandelt wurde, eine Weitergabe an Dritte nicht erlaubt. Solche bilateralen oder multilateralen Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltung werden gemäß Artikel 9 ausgetauscht, sofern das internationale Steuerabkommen, in dessen Rahmen die Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung ausgehandelt wurde, eine Weitergabe erlaubt und die zuständige Behörde des Drittlandes die Weitergabe der Informationen genehmigt.

Sollten die bilateralen oder multilateralen Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltung jedoch vom automatischen Informationsaustausch gemäß Unterabsatz 1 Satz 1 dieses Absatzes ausgenommen sein, so werden stattdessen die Informationen nach Absatz 6 dieses Artikels, die in dem Ersuchen, das zum Treffen einer solchen bilateralen oder multilateralen Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung geführt hat, aufgeführt sind, gemäß den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels ausgetauscht.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht in Fällen, in denen ein grenzüberschreitender Vorbescheid ausschließlich die Steuerangelegenheiten einer oder mehrerer natürlicher Personen betrifft.

(5) Der Informationsaustausch erfolgt

a)
in Bezug auf die gemäß Absatz 1 ausgetauschten Informationen unverzüglich nach Erteilen bzw. Treffen, Änderung oder Erneuerung der grenzüberschreitenden Vorbescheide oder Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltung und spätestens drei Monate nach Ablauf des Kalenderhalbjahrs, in dem die grenzüberschreitenden Vorbescheide oder Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltung erteilt bzw. getroffen, geändert oder erneuert wurden;
b)
in Bezug auf die gemäß Absatz 2 ausgetauschten Informationen vor dem 1. Januar 2018.

(6) Die von einem Mitgliedstaat gemäß den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels zu übermittelnden Informationen müssen Folgendes enthalten:

a)
Angaben zu der Person — mit Ausnahme von natürlichen Personen — und gegebenenfalls zu der Gruppe von Personen, der sie angehört;
b)
eine Zusammenfassung des Inhalts des grenzüberschreitenden Vorbescheids oder der Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung, einschließlich einer Beschreibung der relevanten Geschäftstätigkeiten oder Transaktionen oder Reihen von Transaktionen und aller anderen Informationen, die der zuständigen Behörde bei der Bewertung eines potenziellen Steuerrisikos behilflich sein könnten, ohne zur Preisgabe eines Handels-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnisses oder eines Geschäftsverfahrens oder zur Preisgabe von Informationen zu führen, die die öffentliche Ordnung verletzen würde;
c)
das jeweilige Datum der Erteilung bzw. des Treffens, der Änderung oder der Erneuerung des grenzüberschreitenden Vorbescheids bzw. der Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung;
d)
den Tag des Beginns der Geltungsdauer des grenzüberschreitenden Vorbescheids bzw. der Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung, falls angegeben;
e)
den Tag des Ablaufs der Geltungsdauer des grenzüberschreitenden Vorbescheids bzw. der Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung, falls angegeben;
f)
die Art des grenzüberschreitenden Vorbescheids bzw. der Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung;
g)
den Betrag der Transaktion oder Reihe von Transaktionen des grenzüberschreitenden Vorbescheids bzw. der Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung, sofern dieser Betrag im grenzüberschreitenden Vorbescheid bzw. in der Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung angegeben ist;
h)
im Falle einer Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung eine Beschreibung der bei der Festlegung der Verrechnungspreise zugrunde gelegten Kriterien oder den Verrechnungspreis;
i)
im Falle einer Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung Angaben zu dem der Festlegung der Verrechnungspreise zugrunde gelegten Verfahren oder den Verrechnungspreis;
j)
gegebenenfalls Angaben zu den anderen Mitgliedstaaten, die wahrscheinlich von dem grenzüberschreitenden Vorbescheid oder der Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung betroffen sind;
k)
gegebenenfalls Identifizierungsangaben zu allen Personen — mit Ausnahme von natürlichen Personen — in den anderen Mitgliedstaaten, die wahrscheinlich von dem grenzüberschreitenden Vorbescheid oder der Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung betroffen sind (sowie Angaben dazu, zu welchen Mitgliedstaaten die betreffenden Personen in Beziehung stehen), und
l)
Angaben dazu, ob die übermittelten Informationen auf dem grenzüberschreitenden Vorbescheid bzw. der Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung selbst beruhen oder auf einem Ersuchen gemäß Absatz 3 Unterabsatz 2 dieses Artikels.

(7) Zur Erleichterung des Austauschs der in Absatz 6 dieses Artikels genannten Informationen nimmt die Kommission die zur Umsetzung dieses Artikels erforderlichen praktischen Regelungen an; hierzu zählen auch Maßnahmen zur standardisierten Übermittlung der in Absatz 6 dieses Artikels genannten Informationen als Teil des Verfahrens zur Festlegung des gemäß Artikel 20 Absatz 5 vorgesehenen Standardformblatts.

(8) Die Informationen nach Absatz 6 Buchstaben a, b, h und k dieses Artikels werden der Europäischen Kommission nicht übermittelt.

(9) Die zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten nach Absatz 6 Buchstabe j bestätigen der zuständigen Behörde, die die Informationen übermittelt hat, unverzüglich — spätestens jedoch innerhalb von sieben Arbeitstagen — und möglichst auf elektronischem Wege den Erhalt der Informationen. Diese Maßnahme gilt, bis das in Artikel 21 Absatz 5 genannte Verzeichnis einsatzbereit ist.

(10) Die Mitgliedstaaten können gemäß Artikel 5 und unter Berücksichtigung des Artikels 21 Absatz 4 um Übermittlung zusätzlicher Informationen, einschließlich des vollständigen Wortlauts des grenzüberschreitenden Vorbescheids oder der Vorabverständigung über die Verrechnungspreisgestaltung, ersuchen.

Fußnote(n):

(1)

Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates Text von Bedeutung für den EWR (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).

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