Präambel RL 2011/64/EU

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 113,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,

gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Richtlinien 92/79/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf Zigaretten(1), 92/80/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf andere Tabakwaren als Zigaretten(2) und 95/59/EG vom 27. November 1995 über die anderen Verbrauchsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer(3) sind mehrfach und in wesentlichen Punkten geändert worden(4). Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Klarheit empfiehlt es sich, die genannten Richtlinien zu kodifizieren und in einem einzigen Rechtsakt zusammen zu fassen.
(2)
Die Steuervorschriften der Union für Tabakwaren sollten das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und gleichzeitig ein hohes Gesundheitsschutzniveau gemäß Artikel 168 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährleisten und zwar unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Tabakwaren schwere gesundheitliche Schäden verursachen können und dass die Union dem Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakkonsums beigetreten ist. Rechnung getragen werden sollte der jeweiligen Situation bei den einzelnen Tabakwaren.
(3)
Eines der Ziele des Vertrags über die Europäische Union ist es, eine Wirtschaftsunion, die einem innerstaatlichen Markt ähnlich ist und in der gesunder Wettbewerb herrscht, aufrecht zu erhalten. Im Bereich der Tabakwaren setzt dies voraus, dass die in den Mitgliedstaaten auf die Erzeugnisse dieses Sektors erhobenen Verbrauchsteuern die Wettbewerbsbedingungen nicht verfälschen und den freien Verkehr dieser Erzeugnisse in der Union nicht behindern.
(4)
Die verschiedenen Tabakwarensorten, die sich voneinander durch ihre Merkmale und durch ihren Verwendungszweck unterscheiden, sollten definiert werden.
(5)
Es ist eine Unterscheidung zwischen Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten und anderem Rauchtabak zu treffen.
(6)
Tabakstränge, die sich als solche nach einem einfachen Vorgang nicht industrieller Art zum Rauchen eignen, sind im Hinblick auf eine einheitliche Besteuerung dieser Erzeugnisse ebenfalls als Zigaretten anzusehen.
(7)
Der Begriff des Herstellers ist dahingehend zu präzisieren, dass darunter jede natürliche oder juristische Person zu verstehen ist, die tatsächlich Tabakwaren herstellt und für jeden Mitgliedstaat, in dem diese Erzeugnisse in Verkehr gebracht werden sollen, den Kleinverkaufshöchstpreis festsetzt.
(8)
Im Interesse einer einheitlichen und gerechten Besteuerung ist eine Definition von Zigaretten, Zigarren, Zigarillos und anderem Rauchtabak jeweils dahin gehend festzulegen, dass Tabakstränge, die aufgrund ihrer Länge als zwei Zigaretten oder mehr gelten können, verbrauchsteuerrechtlich als zwei Zigaretten oder mehr behandelt werden, dass eine bestimmte Art von Zigarren, die in vielerlei Hinsicht einer Zigarette ähnelt, verbrauchsteuerrechtlich als Zigarette behandelt wird, dass Rauchtabak, der in vielerlei Hinsicht Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten ähnelt, verbrauchsteuerrechtlich als Feinschnitttabak behandelt wird, und dass Tabakabfälle eindeutig definiert sind. Der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ungarn sollte es gestattet werden, die Anwendung der Definition von Zigarren und Zigarillos bis zum 1. Januar 2015 aufzuschieben, da eine unmittelbare Anwendung für die deutschen bzw. ungarischen Wirtschaftsbeteiligten wirtschaftliche Probleme aufwerfen könnte.
(9)
Die Harmonisierung der Strukturen der Verbrauchsteuern muss insbesondere dazu führen, dass der Wettbewerb zwischen den einer gleichen Gruppe angehörenden Kategorien von Tabakwaren durch die Folgen der Besteuerung nicht verfälscht wird und dass es zur Öffnung der nationalen Märkte der Mitgliedstaaten kommt.
(10)
Die Erfordernisse des freien Wettbewerbs bedingen eine freie Preisbildung für alle Gruppen von Tabakwaren.
(11)
Die Struktur der Verbrauchsteuer auf Zigaretten muss neben einem je Erzeugniseinheit festgelegten spezifischen Teilbetrag einen proportionalen, an Hand des Kleinverkaufspreises — alle Steuern einbegriffen — berechneten Teilbetrag umfassen. Da die auf Zigaretten erhobene Umsatzsteuer die gleiche Wirkung hat wie eine Ad-Valorem-Verbrauchsteuer, ist es angebracht, die Umsatzsteuer bei der Festlegung des Verhältnisses zwischen dem spezifischen Teilbetrag der Verbrauchsteuer und der Gesamtsteuerbelastung zu berücksichtigen.
(12)
Unbeschadet der gemischten Steuerstruktur und des maximalen Anteils des spezifischen Teilbetrags an der Gesamtsteuerlast sollten den Mitgliedstaaten effiziente Instrumentarien zur Verfügung gestellt werden, um spezifische Verbrauchsteuern oder Mindestverbrauchsteuern auf Zigaretten zu erheben, so dass zumindest eine bestimmte Mindestbesteuerung in der gesamten Union gewährleistet ist.
(13)
Für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes ist es notwendig, dass die Mindestverbrauchsteuern für alle Kategorien von Tabakwaren festgelegt werden.
(14)
Für Zigaretten sollte für Hersteller ein neutrales Wettbewerbsumfeld gewährleistet, die Aufteilung der Tabakmärkte abgebaut und die gesundheitspolitischen Ziele hervorgehoben werden. Daher sollte eine preisbezogene Mindestbesteuerung an den gewichteten durchschnittlichen Kleinverkaufspreis anknüpfen, wohingegen ein Mindeststeuerbetrag für alle Zigaretten gelten sollte. Aus denselben Gründen sollte der gewichtete durchschnittliche Kleinverkaufspreis auch als Bezugsgröße für die Ermittlung des Anteils der spezifischen Verbrauchsteuer an der gesamten Steuerbelastung dienen.
(15)
Insbesondere für Zigaretten, der bei weitem wichtigsten Kategorie von Tabakwaren, sowie für Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten bestehen hinsichtlich Preisen und Höhe der Verbrauchsteuer. nach wie vor erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, die das Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtigen können. Ein gewisser Grad an Annäherung der in den Mitgliedstaaten angewandten Steuersätze wäre ein Beitrag zur Verringerung der Steuerhinterziehung und des Schmuggels innerhalb der Union.
(16)
Eine solche Annäherung würde außerdem dazu beitragen, ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen. Die Höhe der Steuern ist ein wichtiger Faktor für den Preis von Tabakwaren, und dieser hat wiederum Auswirkungen auf die Rauchgewohnheiten der Verbraucher. Betrug und Schmuggel unterlaufen steuerlich bedingte Preisniveaus insbesondere von Zigaretten und Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten und gefährden somit das Ziel der Eindämmung des Tabakkonsums bzw. des Gesundheitsschutzes.
(17)
Bezüglich anderer Tabakwaren als Zigaretten soll eine harmonisierte steuerliche Belastung festgelegt werden. Die Festlegung einer als Prozentsatz oder in Form eines bestimmten Betrags je kg oder je Stückzahl ausgedrückten globalen Mindestverbrauchsteuer ist am ehesten geeignet für das Funktionieren des Binnenmarktes.
(18)
Was Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten anbelangt, so sollte eine preisbezogene Unions-Mindestbesteuerung so ausgedrückt werden, dass eine vergleichbare Wirkung erzielt wird wie bei Zigaretten, und der gewichtete durchschnittliche Kleinverkaufspreis sollte als Bezugsgröße dafür dienen.
(19)
Die Mindestbesteuerung für Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten muss stärker an die für Zigaretten geltende Mindestbesteuerung angenähert werden, um dem bestehenden Wettbewerb zwischen den beiden Erzeugnissen, der sich in den beobachteten Konsumgewohnheiten widerspiegelt, sowie der Tatsache Rechnung zu tragen, dass beide Erzeugnisse gleichermaßen schädlich sind.
(20)
Portugal sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, auf die von kleinen Erzeugern hergestellten Zigaretten, die in den weit abgelegenen Regionen Azoren und Madeira verbraucht werden, einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden.
(21)
Es sollten Übergangszeiten vorgesehen werden, damit die Mitgliedstaaten sich reibungslos an das Niveau der globalen Verbrauchsteuer anpassen können und mögliche Nebeneffekte somit begrenzt werden.
(22)
Um das wirtschaftliche und soziale Gleichgewicht auf Korsika nicht zu gefährden, ist es notwendig und gerechtfertigt, eine Sonderregelung bis zum 31. Dezember 2015 vorzusehen, auf deren Grundlage Frankreich auf Zigaretten und andere Tabakwaren, die auf Korsika in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt werden, einen niedrigeren Verbrauchsteuersatz als den nationalen Satz anwenden kann. Nach Ablauf dieser Frist sollte die Besteuerung von Tabakwaren, die dort in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt werden, vollständig an die Besteuerung in Kontinentalfrankreich angeglichen werden. Es ist jedoch angebracht, die auf Korsika geltende Verbrauchsteuer auf Zigaretten und Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten schrittweise anzuheben, um einen zu abrupten Übergang zu vermeiden.
(23)
Da die meisten Mitgliedstaaten bestimmte Tabakwaren je nach Verwendungszweck von der Verbrauchsteuer befreien bzw. die Verbrauchsteuern dafür erstatten, ist in dieser Richtlinie die Freistellung bzw. Erstattung für bestimmte Verwendungszwecke zu regeln.
(24)
Es ist ein Verfahren vorzusehen, das anhand eines Berichts der Kommission, der alle relevanten Faktoren berücksichtigt, eine regelmäßige Prüfung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Sätze bzw. Beträge ermöglicht.
(25)
Diese Richtlinie sollte die Verpflichtung der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht und für die Anwendung der in Anhang I Teil B aufgeführten Richtlinien unberührt lassen —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 316 vom 31.10.1992, S. 8.

(2)

ABl. L 316 vom 31.10.1992, S. 10.

(3)

ABl. L 291 vom 6.12.1995, S. 40.

(4)

Siehe Anhang I Teil A.

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