Artikel 10 RL 2011/99/EU

Gründe für die Nichtanerkennung einer Europäischen Schutzanordnung

(1) Die zuständige Behörde des vollstreckenden Staats kann die Anerkennung einer Europäischen Schutzanordnung in folgenden Fällen ablehnen:

a)
die Europäische Schutzanordnung ist unvollständig oder wurde nicht innerhalb der von der zuständigen Behörde des vollstreckenden Staats gesetzten Frist vervollständigt;
b)
die Anforderungen nach Artikel 5 sind nicht erfüllt;
c)
die Schutzmaßnahme bezieht sich auf eine Handlung, die nach dem Recht des vollstreckenden Staats keine Straftat darstellt;
d)
der Schutz leitet sich aus der Vollstreckung einer Sanktion oder Maßregel ab, die nach dem Recht des vollstreckenden Staats Gegenstand einer Amnestie ist und sich auf eine Handlung oder eine Verhaltensweise bezieht, für die nach diesem Recht der vollstreckende Staat zuständig ist;
e)
die gefährdende Person genießt nach dem Recht des vollstreckenden Staats Immunität, und diese Immunität macht den Erlass von Maßnahmen auf der Grundlage einer Europäischen Schutzanordnung unmöglich;
f)
die strafrechtliche Verfolgung der gefährdenden Person wegen der Handlung oder der Verhaltensweise, aufgrund deren die Schutzmaßnahme erlassen wurde, ist nach dem Recht des vollstreckenden Staats verjährt und die Handlung oder die Verhaltensweise fällt nach seinem nationalen Recht in seine Zuständigkeit;
g)
die Anerkennung der Europäischen Schutzanordnung würde dem Verbot der Doppelbestrafung (Grundsatz „ne bis in idem” ) zuwiderlaufen;
h)
die gefährdende Person kann aufgrund ihres Alters nach dem Recht des vollstreckenden Staats für die Handlung oder Verhaltensweise, aufgrund derer die Schutzmaßnahme erlassen wurde, nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden;
i)
die Schutzmaßnahme bezieht sich auf eine strafbare Handlung, die nach dem Recht des vollstreckenden Staats ganz oder zu einem großen oder wesentlichen Teil in dessen Hoheitsgebiet begangen worden ist.

(2) Lehnt die zuständige Behörde des vollstreckenden Staats die Anerkennung einer Europäischen Schutzanordnung aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe ab, so

a)
unterrichtet sie den Anordnungsstaat und die geschützte Person unverzüglich über die ablehnende Entscheidung und die Gründe hierfür;
b)
unterrichtet sie gegebenenfalls die geschützte Person über die Möglichkeit, den Erlass einer Schutzmaßnahme nach ihrem nationalen Recht zu beantragen;
c)
unterrichtet sie die geschützte Person über gegen diese Entscheidung nach ihrem nationalen Recht zur Verfügung stehende Rechtsbehelfe.

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