Artikel 7 RL 2012/29/EU

Recht auf Dolmetschleistung und Übersetzung

(1) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Opfer, die die Sprache des Strafverfahrens nicht verstehen oder sprechen, im Einklang mit ihrer Stellung in der betreffenden Strafrechtsordnung auf Antrag kostenlos eine Dolmetschleistung in Anspruch nehmen können, zumindest bei Vernehmungen oder Befragungen des Opfers durch Ermittlungs- und gerichtliche Behörden, einschließlich polizeilicher Vernehmungen, im Rahmen des Strafverfahrens, sowie für ihre aktive Teilnahme an allen Gerichtsverhandlungen und notwendigen Zwischenverhandlungen.

(2) Unbeschadet der Verteidigungsrechte und im Einklang mit dem jeweiligen gerichtlichen Ermessensspielraum können Kommunikationstechnologien wie Videokonferenzen, Telefon oder Internet verwendet werden, es sei denn, ein Dolmetscher wird vor Ort benötigt, damit das Opfer seine Rechte umfassend wahrnehmen oder das Verfahren verstehen kann.

(3) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Opfer, die die Sprache des betreffenden Strafverfahrens nicht verstehen oder sprechen, im Einklang mit ihrer Stellung im Strafverfahren in der betreffenden Strafrechtsordnung auf Antrag kostenlos Übersetzungen der für die Ausübung ihrer Rechte im Rahmen des Strafverfahrens wesentlichen Informationen in eine Sprache, die sie verstehen, erhalten, soweit diese Informationen den Opfern zur Verfügung gestellt werden. Zu den Übersetzungen dieser Informationen gehören mindestens jedwede Entscheidung, mit der ein Strafverfahren beendet wird, das aufgrund einer von dem Opfer erlittenen Straftat eingeleitet wurde, und auf Antrag des Opfers die Begründung oder eine kurze Zusammenfassung der Begründung dieser Entscheidung, außer im Falle einer von Geschworenen getroffenen Entscheidung oder einer Entscheidung, deren Begründung vertraulich ist, für die nach einzelstaatlichem Recht keine Begründung gegeben wird.

(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Opfer, die gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b Anspruch auf Informationen über den Zeitpunkt und den Ort der Hauptverhandlung haben und die die Sprache der zuständigen Behörde nicht verstehen, auf Antrag eine Übersetzung der Informationen erhalten, auf die sie Anspruch haben.

(5) Das Opfer kann unter Angabe von Gründen beantragen, dass ein Dokument als wesentlich betrachtet wird. Es ist nicht erforderlich, Passagen wesentlicher Dokumente zu übersetzen, die nicht dafür maßgeblich sind, dass das Opfer aktiv am Strafverfahren teilnehmen kann.

(6) Ungeachtet der Absätze 1 und 3 kann eine mündliche Übersetzung oder eine mündliche Zusammenfassung der wesentlichen Dokumente anstelle einer schriftlichen Übersetzung unter der Bedingung zur Verfügung gestellt werden, dass eine solche mündliche Übersetzung oder mündliche Zusammenfassung einem fairen Verfahren nicht entgegensteht.

(7) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständige Behörde begutachtet, ob das Opfer Dolmetschleistung oder Übersetzung gemäß den Absätzen 1 und 3 benötigt. Das Opfer kann die Entscheidung, keine Dolmetschleistung oder Übersetzung bereitzustellen, anfechten. Die Verfahrensvorschriften für eine solche Anfechtung richten sich nach dem einzelstaatlichen Recht.

(8) Die Dolmetschleistung und Übersetzung sowie die Prüfung der Anfechtung einer Entscheidung, keine Dolmetschleistung oder Übersetzung nach diesem Artikel bereitzustellen, dürfen das Strafverfahren nicht ungebührlich verlängern.

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