ANHANG RL 2014/112/EU

Europäische Vereinbarung über die Regelung bestimmter Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in der Binnenschifffahrt

In Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung stellt allgemeine Mindeststandards dar, die sich mit Ausnahme der in Artikel 20 Absatz 1 genannten Bereiche (tägliche Ruhezeit, Ruhepause, wöchentliche Ruhezeit, Dauer der Nachtarbeit) auch auf die Arbeitszeitgestaltung in der Binnenschifffahrt beziehen. Weil die Regelungen dieser Norm der besonderen Arbeits- und Lebenssituation in der Binnenschifffahrt nicht ausreichend Rechnung tragen, sind spezifischere Vorschriften gemäß Artikel 14 der Richtlinie 2003/88/EG erforderlich.
(2)
Diese spezifischeren Vorschriften sollen den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer in der Binnenschifffahrt auf hohem Niveau sichern.
(3)
Die Binnenschifffahrt ist ein international geprägter Verkehrsträger, der überwiegend durch grenzüberschreitende Aktivitäten auf dem europäischen Wasserstraßennetz gekennzeichnet ist. Daher soll in der europäischen Binnenschifffahrt darauf hingewirkt werden, gleiche Rahmenbedingungen für den sektoralen Arbeitsmarkt zu fördern und unlauteren Wettbewerb zu verhindern, der auf den Unterschieden der gesetzlichen Arbeitszeitgestaltung beruht.
(4)
Die Europäische Union hat sich mit Blick auf die Bedeutung des Transportsektors für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zum Ziel gesetzt, denjenigen Verkehrsträgern stärkeres Gewicht zu verleihen, die sich durch eine geringere Energieintensität, größere Umweltfreundlichkeit und höhere Sicherheit auszeichnen.(1) Die Binnenschifffahrt als umweltfreundlicher Verkehrsträger mit noch freien Kapazitäten kann zur Entlastung des europäischen Straßen- und Schienengüterverkehrs in nachhaltiger Weise beitragen.
(5)
Innerhalb des Sektors variiert die Arbeitsorganisation. Die Anzahl der Arbeitnehmer und die Arbeitszeit an Bord variiert je nach Arbeitsorganisation, Unternehmen, Fahrtgebiet, Länge der Fahrtstrecke und Fahrzeuggröße. Einerseits werden Schiffe in der Continue-Fahrt betrieben, d. h. 24 Stunden im Schichtbetrieb. Andererseits betreiben vor allem mittelständische Unternehmen ihre Schiffe in der Regel 14 Stunden an fünf oder sechs Tagen in der Woche. Die Arbeitszeit des Arbeitnehmers an Bord ist nicht gleichzusetzen mit der Betriebszeit eines Fahrzeugs in der Binnenschifffahrt.
(6)
In der Binnenschifffahrt besteht die Besonderheit, dass die Arbeitnehmer an Bord nicht nur ihren Arbeitsplatz, sondern auch ihre Unterkunft oder Wohnung haben können. Es ist daher üblich, auch Ruhezeiten an Bord zu verbringen. Viele Arbeitnehmer in der Binnenschifffahrt, insbesondere diejenigen mit größerer Entfernung zum Heimatort, arbeiten mehrere konsekutive Tage an Bord, um Reisezeit zu sparen und anschließend mehrere Tage zu Hause oder an einem anderen frei gewählten Aufenthaltsort verbringen zu können. Beispielsweise hat der Arbeitnehmer bei einem Rhythmus von 1:1 die gleiche Anzahl von Ruhe- und Arbeitstagen. Aus diesem Grund kann die Anzahl der konsekutiven Arbeitstage an Bord sowie die Anzahl der Ruhetage entsprechend höher liegen als bei einem Arbeitsverhältnis an Land.
(7)
Die durchschnittliche Arbeitszeit in der Binnenschifffahrt enthält grundsätzlich einen erheblichen Anteil Bereitschaftszeit (zum Beispiel aufgrund von unplanbaren Wartezeiten an Schleusen oder beim Be- und Entladen des Fahrzeugs), die auch in der Nachtzeit anfallen kann. Deshalb können die Höchstgrenzen für die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit höher angesetzt werden als in der Richtlinie 2003/88/EG.
(8)
Gleichzeitig muss anerkannt werden, dass die Arbeitsbelastung in der Binnenschifffahrt durch mehrere Faktoren beeinflusst wird, z. B. Lärm, Vibration und Arbeitszeitgestaltung. Unabhängig von den Bestimmungen der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit(2) werden zum Schutz der Arbeitnehmer jährliche Gesundheitskontrollen vorgesehen, um den besonderen Arbeitsbedingungen in der Binnenschifffahrt Rechnung zu tragen.
(9)
Den zusätzlichen Anforderungen, die während des Dienstes bei Nacht an Bord gestellt werden, soll durch die Begrenzung der höchstzulässigen Nachtarbeit und durch die Arbeitsorganisation Rechnung getragen werden.
(10)
In der Binnenschifffahrt sind neben Arbeitnehmern auch Selbständige tätig.(3) Die Festlegung des Selbständigenstatus erfolgt auf Grund des jeweiligen nationalen Rechts.
(11)
Die Arbeits- und Lebenssituation in der Fahrgastschifffahrt unterscheidet sich von der in der übrigen Binnenschifffahrt und rechtfertigt somit besondere Bestimmungen. Das unterschiedliche soziale Umfeld, verschiedene Betriebstätigkeiten und der saisonale Charakter in diesem Teilbereich der europäischen Binnenschifffahrt schlagen sich in einer abweichenden Arbeitsorganisation nieder.

Gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 154 und Artikel 155 Absatz 2, stellen die Unterzeichner gemeinsam den Antrag, die auf Unionsebene geschlossene Vereinbarung durch einen Beschluss des Rates auf Vorschlag der Kommission durchzuführen. Die Unterzeichner haben Folgendes vereinbart:

Paragraf 1

(1)
Diese Vereinbarung gilt für mobile Arbeitnehmer, die als Mitglied des nautischen Personals (Besatzung) oder in anderer Funktion (Bordpersonal) an Bord eines Fahrzeugs beschäftigt sind, das im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats in der gewerblichen Binnenschifffahrt betrieben wird.
(2)
Binnenschifffahrtsunternehmer werden im Sinne dieser Vereinbarung nicht als Arbeitnehmer betrachtet, auch dann nicht, wenn diese im eigenen Unternehmen Arbeitnehmerstatus haben.
(3)
Diese Vereinbarung steht nationalen oder internationalen Vorschriften zur Sicherheit des Schiffsverkehrs, die für mobile Arbeitnehmer und die in Paragraf 1.2 genannten Personen gelten, nicht entgegen.
(4)
Sofern bei mobilen Arbeitnehmern Unterschiede hinsichtlich der Ruhezeiten zwischen dieser Vereinbarung und nationalen oder internationalen Vorschriften zur Sicherheit des Schiffsverkehrs bestehen, haben die Bestimmungen Vorrang, die ein höheres Maß an Schutz der Gesundheit und der Sicherheit von Arbeitnehmern gewähren.
(5)
Mobile Arbeitnehmer, die an Bord eines Fahrzeugs beschäftigt sind, das im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats außerhalb der gewerblichen Binnenschifffahrt betrieben wird, und deren Arbeitsbedingungen durch Organisationen der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite in Form von Kollektiv- bzw. Tarifverträgen geregelt werden, können in Absprache und mit Zustimmung dieser Organisationen der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite in den Geltungsbereich der Vereinbarung einbezogen werden, soweit die Bestimmungen dieser Vereinbarung für Arbeitnehmer günstiger sind.

Paragraf 2

In dieser Vereinbarung gelten folgende Begriffsbestimmungen:
a)
„Fahrzeug” ist ein Schiff oder schwimmendes Gerät.
b)
„Fahrgastschiff” ist ein zur Beförderung von mehr als 12 Fahrgästen gebautes und eingerichtetes Tagesausflugs- oder Kabinenschiff.
c)
„Arbeitszeit” ist die Zeit, während der der Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers oder seines Vertreters Arbeit auf, am und für das Fahrzeug ausübt, zur Arbeit eingeteilt ist oder sich zur Arbeit bereithalten (Bereitschaftszeit) muss.
d)
„Ruhezeit” ist die Zeit außerhalb der Arbeitszeit; dieser Begriff umfasst Ruhezeiten auf dem fahrenden Fahrzeug, auf dem still liegenden Fahrzeug und an Land. Er schließt kurze Ruhepausen (bis 15 Minuten) nicht ein.
e)
„Ruhetag” ist eine ununterbrochene Ruhezeit von 24 Stunden, die der Arbeitnehmer an einem frei gewählten Ort verbringt.
f)
„Binnenschifffahrtsunternehmer” ist jede Person, die Fahrzeuge weisungsunabhängig und auf eigene Rechnung zu Erwerbszwecken in der Binnenschifffahrt betreibt.
g)
„Dienstplan” beinhaltet die im Voraus vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bekanntgegebene Planung von Arbeits- und Ruhetagen.
h)
Als „Nachtzeit” gilt die Zeit zwischen 23.00 Uhr und 06.00 Uhr.
i)
„Nachtarbeiter” ist

aa)
einerseits: jeder Arbeitnehmer, der während der Nachtzeit normalerweise mindestens drei Stunden seiner täglichen Arbeitszeit verrichtet;
bb)
andererseits: jeder Arbeitnehmer, der während der Nachtzeit gegebenenfalls einen bestimmten Teil seiner jährlichen Arbeitszeit verrichtet, der nach Wahl des jeweiligen Mitgliedstaats festgelegt wird:

aaa)
nach Anhörung der Sozialpartner in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften

oder

bbb)
in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern auf nationaler oder regionaler Ebene.

j)
„Schichtarbeiter” ist jeder in einem Schichtarbeitsplan eingesetzte Arbeitnehmer.
k)
„Bordpersonal” : ist gemäß Anhang II Artikel 1.01 Begriffsbestimmung 103 der Richtlinie 2006/87/EG(4) definiert.
l)
„mobiler Arbeitnehmer” ist jeder Arbeitnehmer, der als Mitglied des fahrenden Personals im Dienst eines Unternehmens beschäftigt ist, das Personen oder Güter in der Binnenschifffahrt befördert, und Verweise auf „Arbeitnehmer” in dieser Vereinbarung sollen entsprechend ausgelegt werden.
m)
„Saison” ist ein Zeitraum von höchstens 9 aufeinander folgenden Monaten innerhalb von 12 Monaten, in dem Tätigkeiten aufgrund äußerer Umstände, wie z. B. Witterungsverhältnisse oder touristische Nachfrage, an bestimmte Zeiten des Jahres gebunden sind.

Paragraf 3

(1)
Unbeschadet der Bestimmungen von Paragraf 4 wird bei der Festlegung der Arbeitszeit grundsätzlich ein Achtstundentag zugrunde gelegt.
(2)
Die Arbeitszeit darf entsprechend Paragraf 4 verlängert werden, wenn innerhalb von 12 Monaten (Bezugszeitraum) im Durchschnitt 48 Stunden in der Woche nicht überschritten werden.
(3)
Die Höchstarbeitszeit im Bezugszeitraum beträgt 2304 Stunden (Berechnungsgrundlage: 52 Wochen abzüglich 4 Wochen Mindesturlaub, mal 48 Stunden). Die gewährten Zeiten des bezahlten Jahresurlaubs sowie die Krankheitszeiten bleiben bei der Berechnung des Durchschnitts unberücksichtigt oder sind neutral. Ruhezeitansprüche, die sich aus gesetzlichen Feiertagen ergeben, werden zusätzlich in Abzug gebracht.
(4)
Für Arbeitsverhältnisse, deren Dauer kürzer ist als der Bezugszeitraum, wird bei der Berechnung der höchstzulässigen Arbeitszeit eine Pro-rata-temporis-Berechnung zugrunde gelegt.

Paragraf 4

(1)
Die Arbeitszeit darf nicht überschreiten:

a)
14 Stunden in jedem Zeitraum von 24 Stunden und
b)
84 Stunden in jedem Zeitraum von 7 Tagen.

(2)
Wenn es gemäß Dienstplan mehr Arbeits- als Ruhetage gibt, darf innerhalb von vier Monaten eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 72 Stunden nicht überschritten werden.

Paragraf 5

(1)
Es dürfen höchstens 31 konsekutive Arbeitstage geleistet werden.
(2)
Wenn es gemäß Dienstplan höchstens die gleiche Anzahl von Arbeitstagen im Verhältnis zu Ruhetagen gibt, muss in unmittelbarem Anschluss an die geleisteten konsekutiven Arbeitstage die gleiche Anzahl konsekutiver Ruhetage gewährt werden. Von der Anzahl der unmittelbar konsekutiv zu gewährenden Ruhetage kann abgewichen werden unter der Bedingung, dass

a)
die Höchstanzahl von 31 konsekutiven Arbeitstagen nicht überschritten wird und
b)
die unter den Ziffern 3.a), 3.b) oder 3.c) genannte Mindestanzahl von konsekutiven Ruhetagen im unmittelbaren Anschluss an die geleisteten konsekutiven Arbeitstage zu gewähren sind und
c)
die verlängerte oder getauschte Periode von Arbeitstagen innerhalb des Bezugszeitraums ausgeglichen wird.

(3)
Wenn es gemäß Dienstplan mehr Arbeits- als Ruhetage gibt, bestimmt sich die Mindestanzahl von konsekutiven Ruhetagen im unmittelbaren Anschluss an die geleisteten konsekutiven Arbeitstage wie folgt:

a)
1.-10. konsekutiver Arbeitstag: je 0,2 Ruhetage pro konsekutiven Arbeitstag (zum Beispiel: 10 konsekutive Arbeitstage = 2 Ruhetage),
b)
11.-20. konsekutiver Arbeitstag: je 0,3 Ruhetage pro konsekutiven Arbeitstag (zum Beispiel: 20 konsekutive Arbeitstage = 5 Ruhetage),
c)
21.-31. konsekutiver Arbeitstag: je 0,4 Ruhetage pro konsekutiven Arbeitstag (zum Beispiel 31 konsekutive Arbeitstage = 9,4 Ruhetage).

Anteilige Ruhetage werden in diese Berechnung der Mindestanzahl von konsekutiven Ruhetagen addiert und nur in ganzen Tagen abgegolten.

Paragraf 6

In Abweichung von den Bestimmungen in den Paragrafen 4 und 5 dieser Vereinbarung können die folgenden Bestimmungen für alle Arbeitnehmer, die während der Saison an Bord eines Fahrgastschiffes arbeiten, angewandt werden:
1.
Die Arbeitszeit darf nicht überschreiten:

a)
12 Stunden in jedem Zeitraum von 24 Stunden und
b)
72 Stunden in jedem Zeitraum von 7 Tagen.

2.
Pro Arbeitstag werden dem Arbeitnehmer 0,2 Ruhetage gutgeschrieben. In jedem Zeitraum von 31 Tagen müssen zumindest zwei Ruhetage tatsächlich gewährt werden. Die restlichen Ruhetage werden nach Vereinbarung gewährt.
3.
Unter Berücksichtigung des vorhergehenden Absatzes und des Paragrafen 3 Absatz 4 findet die Abgeltung der Ruhetage sowie die Einhaltung der durchschnittlichen Arbeitszeit von 48 Stunden gemäß Paragraf 3 laut Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern oder, in Ermangelung solcher Übereinkünfte, laut innerstaatlichen Rechtsvorschriften statt.

Paragraf 7

Die Arbeitnehmer müssen über regelmäßige und ausreichend lange und kontinuierliche Ruhezeiten verfügen, deren Dauer in Zeiteinheiten angegeben wird, damit sichergestellt ist, dass sie nicht wegen Übermüdung oder wegen eines unregelmäßigen Arbeitsrhythmus sich selbst, ihre Kollegen oder sonstige Personen verletzen und weder kurzfristig noch langfristig ihre Gesundheit schädigen. Die Ruhezeit darf nicht unterschreiten:
a)
10 Stunden in jedem Zeitraum von 24 Stunden, davon mindestens 6 Stunden ununterbrochen und
b)
84 Stunden in jedem Zeitraum von 7 Tagen.

Paragraf 8

Jedem Arbeitnehmer muss bei einer täglichen Arbeitszeit, die sechs Stunden überschreitet, eine Ruhepause gewährt werden; die Einzelheiten, insbesondere Dauer und Voraussetzung für die Gewährung dieser Ruhepause, werden in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern oder in Ermangelung solcher Übereinkünfte in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegt.

Paragraf 9

Bei einer Nachtzeit von 7 Stunden beträgt die wöchentliche (Siebentageszeitraum) Höchstarbeitszeit während der Nachtzeit 42 Stunden.

Paragraf 10

Jedem Arbeitnehmer steht ein bezahlter Mindestjahresurlaub von vier Wochen bzw. einem entsprechenden Anteil bei einer Beschäftigungsdauer von weniger als einem Jahr nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind, zu. Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.

Paragraf 11

(1)
Für Arbeitnehmer unter 18 Jahren gelten die Bestimmungen der Richtlinie 94/33/EG über den Jugendarbeitsschutz(5).
(2)
Ausnahmsweise können Mitgliedstaaten durch Rechtsvorschrift die Arbeit von Jugendlichen nach Vollendung des 16. Lebensjahres, die nach nationalem Recht keiner Vollzeitschulpflicht mehr unterliegen, während der Zeit, in der nach der Richtlinie 94/33/EG Nachtarbeit verboten ist, zulassen, sofern dies zur Erreichung des Ausbildungsziels innerhalb eines anerkannten Lehrgangs notwendig ist und vorausgesetzt, dass ihnen angemessene Ausgleichsruhezeiten gewährt werden und die Ziele des Artikels 1 der Richtlinie 94/33/EG nicht in Frage gestellt werden.

Paragraf 12

(1)
Es werden Aufzeichnungen über die tägliche Arbeits- oder Ruhezeit jedes Arbeitnehmers geführt, um die Einhaltung der Bestimmungen nach den Paragrafen 3, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 11 und 13 überwachen zu können.
(2)
Die Aufzeichnungen müssen mindestens bis Ende des Bezugszeitraums an Bord aufbewahrt werden.
(3)
Die Aufzeichnungen sind in geeigneten Zeitabständen (spätestens bis zum nächsten Monatsende) gemeinsam vom Arbeitgeber oder seinem Vertreter und vom Arbeitnehmer zu prüfen und bestätigen.
(4)
Mindestangaben sind:

a)
Schiffsname,
b)
Name des Mitarbeiters,
c)
Name des verantwortlichen Schiffsführers,
d)
Datum,
e)
Arbeits- oder Ruhetag,
f)
Beginn und Ende der täglichen Arbeits- oder Ruhezeiten.

(5)
Dem Arbeitnehmer ist eine Kopie der ihn betreffenden bestätigten Aufzeichnungen auszuhändigen. Diese Kopien sind vom Arbeitnehmer ein Jahr mitzuführen.

Paragraf 13

(1)
Der Schiffsführer oder sein Stellvertreter hat das Recht, von einem Arbeitnehmer die Arbeitszeit zu verlangen, die für die unmittelbare Sicherheit des Fahrzeugs, der Personen an Bord, der Ladung oder zur Hilfeleistung für andere, in Not befindliche Schiffe oder Personen erforderlich ist.
(2)
Gemäß Nummer 1 kann der Schiffsführer oder sein Stellvertreter von einem Arbeitnehmer verlangen, dass er jederzeit die erforderliche Arbeitszeit erbringt, bis die normale Situation wiederhergestellt ist.
(3)
Sobald es nach Wiederherstellung der normalen Situation praktisch möglich ist, hat der Schiffsführer oder sein Stellvertreter sicherzustellen, dass alle Arbeitnehmer, die während einer planmäßigen Ruhezeit Arbeit geleistet haben, eine ausreichende Ruhezeit erhalten.

Paragraf 14

(1)
Alle Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine jährliche unentgeltliche Gesundheitsuntersuchung. Bei den medizinischen Untersuchungen ist besondere Aufmerksamkeit auf die Symptome oder Bedingungen zu lenken, die auf die Arbeit an Bord mit minimalen täglichen Ruhezeiten und/oder minimalen Ruhetagen gemäß Paragraf 5 und Paragraf 6 zurückzuführen sein könnten.
(2)
Nachtarbeiter mit gesundheitlichen Schwierigkeiten, die nachweislich damit verbunden sind, dass sie Nachtarbeit leisten, sind soweit jeweils möglich auf eine Arbeitsstelle mit Tagarbeit zu versetzen, für die sie geeignet sind.
(3)
Die unentgeltliche Untersuchung des Gesundheitszustandes unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht.
(4)
Die unentgeltliche Untersuchung des Gesundheitszustandes kann im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens durchgeführt werden.

Paragraf 15

(1)
Nacht- und Schichtarbeitern muss hinsichtlich Sicherheit und Gesundheit in einem Maß Schutz zuteil werden, das der Art ihrer Arbeit Rechnung trägt.
(2)
Die zur Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit von Nacht- und Schichtarbeitern gebotenen Schutz- und Vorsorgeleistungen oder -mittel müssen denen für die übrigen Arbeitnehmer entsprechen und jederzeit vorhanden sein.

Paragraf 16

Ein Arbeitgeber, der beabsichtigt, die Arbeit nach einem bestimmten Rhythmus zu gestalten, muss dem allgemeinen Grundsatz Rechnung tragen, dass die Arbeitsgestaltung dem Menschen angepasst sein muss, insbesondere im Hinblick auf die Verringerung der eintönigen Arbeit und des maschinenbestimmten Arbeitsrhythmus, nach Maßgabe der Art der Tätigkeit und der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes, insbesondere was die Pausen während der Arbeitszeit betrifft.

Paragraf 17

(1)
Günstigere Vorschriften

Das Recht der Mitgliedstaaten,
a)
Rechts- und Verwaltungsvorschriften beizubehalten oder einzuführen oder
b)
die Anwendung von Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern zu fördern oder zu gestatten,
welche für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstiger sind als die in dieser Vereinbarung vorgesehenen Bestimmungen, bleibt unberührt.

(2)
Rückschrittsklausel

Die Durchführung dieser Vereinbarung darf unter keinen Umständen als Rechtfertigung für eine Senkung des allgemeinen Schutzniveaus der von dieser Vereinbarung erfassten Arbeitnehmer dienen.

(3)
Follow-up der Vereinbarung

Die Sozialpartner beobachten die Umsetzung und Anwendung dieser Vereinbarung im Rahmen des Ausschusses für den sektoralen Dialog „Binnenschifffahrt” , insbesondere auch im Hinblick auf arbeitsmedizinische Erkenntnisse.

(4)
Überprüfung

Die Sozialpartner überprüfen die vorstehenden Bestimmungen zwei Jahre nach Ablauf der Durchführungsfrist, die im Ratsbeschluss zur Durchführung dieser Vereinbarung festgelegt wird.

Brüssel, den 15. Februar 2012

Europäische Binnenschiffahrts Union (EBU)

Europäische Schifferorganisation (ESO)

Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF)

Fußnote(n):

(1)

Vgl. Mitteilung der Kommission über die Förderung der Binnenschifffahrt „Naiades” , KOM(2006) 6 endgültig vom 17.1.2006.

(2)

ABl. L 183 vom 29.6.1989, S. 1.

(3)

Vgl. Mitteilung der Kommission KOM(2010) 373 endgültig vom 13.7.2010: Bekräftigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer: Rechte und wesentliche Entwicklungen, Abschnitt 1.1.

(4)

Richtlinie 2006/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über die technischen Vorschriften für Binnenschiffe und zur Aufhebung der Richtlinie 82/714/EWG des Rates (ABl. L 389 vom 30.12.2006, S. 1).

(5)

ABl. L 216 vom 20.8.1994, S. 12.

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