Artikel 8 RL 2014/26/EU

Mitgliederhauptversammlung der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Mitgliederhauptversammlung im Einklang mit den Vorschriften der Absätze 2 bis 10 abgehalten wird.

(2) Mindestens einmal jährlich wird eine Mitgliederhauptversammlung einberufen.

(3) Die Mitgliederhauptversammlung beschließt über Änderungen an der Satzung und den Mitgliedschaftsbedingungen, soweit diese nicht in der Satzung geregelt sind.

(4) Die Mitgliederhauptversammlung beschließt über die Ernennung und Entlassung der Direktoren, überwacht deren allgemeine Aufgabenerfüllung und genehmigt deren Vergütung und sonstige Leistungen, darunter Geld- und geldwerte Leistungen, Versorgungsansprüche, Ansprüche auf sonstige Zuwendungen und Abfindungen.

In einer dualistisch strukturierten Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung beschließt die Mitgliederhauptversammlung nicht über die Ernennung oder Entlassung von Mitgliedern des Leitungsorgans oder über die Genehmigung ihrer Vergütung und sonstigen Leistungen, wenn die Befugnisse zu solchen Entscheidungen dem Aufsichtsorgan übertragen wurden.

(5) Die Mitgliederhauptversammlung beschließt im Einklang mit den Vorschriften des Titel II Kapitel 2 mindestens über:

a)
die allgemeinen Grundsätze für die Verteilung der den Rechtsinhabern zustehenden Beträge;
b)
die allgemeinen Grundsätze für die Verwendung der nicht verteilbaren Beträge;
c)
die allgemeine Anlagepolitik in Bezug auf die Einnahmen aus den Rechten und etwaige Erträge aus der Anlage von Einnahmen aus den Rechten;
d)
die allgemeinen Grundsätze für die Abzüge von den Einnahmen aus den Rechten und von den Erträgen aus der Anlage von Einnahmen aus den Rechten;
e)
die Verwendung der nicht verteilbaren Beträge;
f)
die Grundsätze für das Risikomanagement;
g)
die Genehmigung des Erwerbs, des Verkaufs oder der Beleihung von unbeweglichen Sachen;
h)
die Genehmigung von Zusammenschlüssen und Bündnissen, die Gründung von Tochtergesellschaften und die Übernahme anderer Organisationen und den Erwerb von Anteilen oder Rechten an anderen Organisationen;
i)
die Genehmigung der Aufnahme und Vergabe von Darlehen sowie der Stellung von Darlehenssicherheiten oder -bürgschaften.

(6) Die Mitgliederhauptversammlung kann die Befugnisse gemäß Absatz 5 Buchstaben f, g, h und i per Beschluss oder in dem Statut dem Gremium übertragen, das die Aufsicht ausübt.

(7) Für die Zwecke von Absatz 5 Buchstaben a bis d können die Mitgliedstaaten verlangen, dass die Mitgliederhauptversammlung detailliertere Bedingungen für die Verwendung der Einnahmen aus den Rechten und den Erträgen der Anlage dieser Einnahmen festlegen muss.

(8) Die Mitgliederhauptversammlung kontrolliert die Tätigkeit der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung, indem sie mindestens die Bestellung und Entlassung des Abschlussprüfers beschließt und den jährlichen Transparenzbericht gemäß Artikel 22 genehmigt.

Die Mitgliedstaaten können alternative Systeme oder Modalitäten für die Bestellung und Entlassung des Abschlussprüfers zulassen, sofern die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers von den Personen sichergestellt ist, die die Geschäfte der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung führen.

(9) Alle Mitglieder einer Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung sind zur Teilnahme an der Mitgliederhauptversammlung berechtigt und stimmberechtigt. Gleichwohl können die Mitgliedstaaten Einschränkungen des Rechts der Mitglieder der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung, an der Mitgliederversammlung teilzunehmen und dort ihr Stimmrecht auszuüben, aufgrund mindestens eines der folgenden Kriterien zulassen:

a)
Dauer der Mitgliedschaft,
b)
Beträge, die ein Mitglied erhalten hat oder die ihm zustehen,

vorausgesetzt, diese Kriterien werden in einer fairen und verhältnismäßigen Weise festgelegt und angewendet.

Die Kriterien in Unterabsatz 1 Buchstaben a und b sind in das Statut oder die Mitgliedschaftsbedingungen der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung aufzunehmen und gemäß den Artikeln 19 und 21 zu veröffentlichen.

(10) Jedes Mitglied einer Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung hat das Recht, eine andere natürliche oder juristische Person zum Vertreter zu bestellen, der in seinem Namen an der Mitgliederhauptversammlung teilnimmt und sein Stimmrecht ausübt, sofern diese Bestellung nicht zu einem Interessenkonflikt führt, was beispielsweise der Fall sein kann, wenn das Mitglied und sein Vertreter zu verschiedenen Kategorien von Rechtsinhabern innerhalb der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung gehören.

Gleichwohl können die Mitgliedstaaten die Bestellung von Vertretern und die Ausübung der Stimmrechte der Mitglieder, die sie vertreten, einschränken, wenn dadurch die angemessene und wirksame Mitwirkung der Mitglieder an dem Entscheidungsfindungsprozess der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung nicht beeinträchtigt wird.

Ein Vertreter wird jeweils für eine einzige Mitgliederhauptversammlung bestellt. Der Vertreter genießt bei der Mitgliederhauptversammlung dieselben Rechte wie das Mitglied, das ihn bestellt hat. Der Vertreter ist verpflichtet, entsprechend den Anweisungen des Mitglieds, das ihn bestellt hat, abzustimmen.

(11) Die Mitgliedstaaten können beschließen, dass die Befugnisse der Mitgliederhauptversammlung von einer Versammlung von Delegierten ausgeübt werden können, die mindestens alle vier Jahre von den Mitgliedern der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung gewählt werden, sofern

a)
eine angemessene und wirksame Mitwirkung der Mitglieder an dem Entscheidungsfindungsprozess der Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung gewährleistet ist; und
b)
die verschiedenen Kategorien von Mitgliedern in der Delegiertenversammlung fair und ausgewogen vertreten sind.

Die Absätze 2 bis 10 gelten entsprechend für die Delegiertenversammlung.

(12) Die Mitgliedstaaten können für den Fall, dass eine Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung aufgrund ihrer Rechtsform keine Hauptversammlung von Mitgliedern ausrichten kann, vorsehen, dass die Befugnisse dieser Versammlung dem Gremium, das die Aufsichtsfunktion wahrnimmt, übertragen werden. Die Absätze 2 bis 5, 7 und 8 gelten entsprechend für das Gremium, das die Aufsichtsfunktion wahrnimmt.

(13) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass in Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung, zu deren Mitgliedern Einrichtungen zählen, die Rechtsinhaber vertreten, einige oder alle Befugnisse der Mitgliederhauptversammlung von einer Versammlung dieser Rechtsinhaber auszuüben sind. Die Absätze 2 bis 10 gelten entsprechend für die Versammlung der Rechtsinhaber.

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