Präambel RL 2014/56/EU
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 50,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- In der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(3) sind die Bedingungen für die Zulassung und Registrierung von Personen, die Abschlussprüfungen durchführen, die Vorschriften über deren Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Berufsgrundsätze sowie Regelungen für die einschlägige öffentliche Aufsicht niedergelegt. Dennoch ist es notwendig, diese Vorschriften auf Unionsebene weiter zu harmonisieren, um so die Anforderungen an diese Personen klarer und vorhersehbarer zu gestalten und mehr Unabhängigkeit und Unparteilichkeit bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu gewährleisten. Zudem ist es wichtig, dass das Mindestmaß der Angleichung bei den Prüfungsstandards, nach denen die Abschlussprüfungen durchgeführt werden, erhöht wird. Ferner ist es im Interesse des Anlegerschutzes wichtig, die öffentliche Aufsicht über die Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften zu stärken, indem die Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörden der Union ausgebaut und ihnen angemessene Befugnisse eingeräumt werden, darunter Ermittlungs- und Sanktionsbefugnisse, um Verstöße im Bereich der von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften erbrachten Prüfungsleistungen aufzudecken, von ihnen abzuhalten und sie zu verhindern.
- (2)
- Aufgrund der erheblichen öffentlichen Bedeutung, die Unternehmen von öffentlichem Interesse wegen des Umfangs, der Komplexität und der Art ihrer Geschäftstätigkeit zukommt, muss die Glaubwürdigkeit ihrer geprüften Abschlüsse erhöht werden. Daher wurden die in der Richtlinie 2006/43/EG festgelegten besonderen Bestimmungen über Abschlussprüfungen von Unternehmen von öffentlichem Interesse in der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) weiterentwickelt. Die in dieser Richtlinie festgelegten Bestimmungen über die Abschlussprüfung von Unternehmen von öffentlichem Interessen sollten nur insoweit auf Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften anwendbar sein, als sie Abschlussprüfungen bei solchen Unternehmen durchführen.
- (3)
- Gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) umfasst der Binnenmarkt einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit gewährleistet sind. Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sollten in die Lage versetzt werden, ihre Prüftätigkeit in der Union auszubauen, indem es ihnen ermöglicht wird, ihre Tätigkeit auch in einem anderen Mitgliedstaat als in dem ausüben zu können, in dem sie zugelassen sind. Erhalten sie die Möglichkeit, unter der Berufsbezeichnung ihres Herkunftsmitgliedstaates in einem Aufnahmemitgliedstaat Abschlussprüfungen durchzuführen, so trägt dies insbesondere dem Bedarf von Konzernen Rechnung, die aufgrund des zunehmenden Geschäftsverkehrs im Binnenmarkt Abschlüsse in mehreren Mitgliedstaaten erstellen und diese aufgrund des Unionsrechts prüfen lassen müssen. Die Beseitigung von Hindernissen zwischen den Mitgliedstaaten für die Erbringung von Prüfungsdienstleistungen würde zur Integration des Unionsmarktes für Abschlussprüfungen beitragen.
- (4)
- Abschlussprüfungen erfordern angemessene Kenntnisse in Bereichen wie Gesellschaftsrecht, Steuerrecht und Sozialrecht, die je nach Mitgliedstaat unterschiedlich geregelt sein können. Um die Qualität der in ihrem Hoheitsgebiet durchgeführten Abschlussprüfungen sicherzustellen, sollten die Mitgliedstaaten eine Ausgleichsmaßnahme vorschreiben können, wenn sich ein Abschlussprüfer, der in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen ist, in ihrem Hoheitsgebiet dauerhaft niederlassen möchte und hierfür die Zulassung benötigt. Eine solche Maßnahme sollte der Berufserfahrung des betreffenden Abschlussprüfers Rechnung tragen. Sie sollte weder zu unverhältnismäßigen Belastungen für den Abschlussprüfer führen, noch die Erbringung von Prüfungsleistungen in dem Mitgliedstaat behindern oder weniger attraktiv machen, der eine Ausgleichsmaßnahme vorschreibt. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, Abschlussprüfer, welche die Zulassung beantragen, entweder auf der Grundlage einer Eignungsprüfung oder eines Anpassungslehrgangs gemäß Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(5) zuzulassen. Am Ende des Anpassungslehrgangs sollte der Abschlussprüfer in der Lage sein, seine Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat aufzunehmen, nachdem eine Bewertung ergeben hat, dass er über einschlägige Berufserfahrung in diesem Mitgliedstaat verfügt.
- (5)
- Während die Hauptverantwortung für die Bereitstellung von Finanzinformationen bei der Unternehmensleitung der geprüften Unternehmen verbleiben sollte, besteht die Rolle der Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften darin, das Management aus Sicht der Abschlussadressaten zu hinterfragen. Zur Verbesserung der Prüfungsqualität müssen die Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften deshalb ihre kritische Grundhaltung gegenüber dem geprüften Unternehmen verstärken. Ungeachtet ihrer bisherigen Erfahrungen mit der Aufrichtigkeit und Integrität der Unternehmensleitung des geprüften Unternehmens sollten die Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften die Möglichkeit einer durch Betrug oder Irrtümer bedingten wesentlichen falschen Darstellung in Betracht ziehen.
- (6)
- Es gilt insbesondere, die Unabhängigkeit als ein wesentliches Element bei der Durchführung von Abschlussprüfungen zu stärken. Damit Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften bei der Durchführung von Abschlussprüfungen von den geprüften Unternehmen noch unabhängiger sind, sollten ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft sowie jede natürliche Person, die mittelbar oder unmittelbar in der Lage ist, das Ergebnis der Abschlussprüfung zu „beeinflussen” von dem geprüften Unternehmen unabhängig und nicht in dessen Entscheidungsprozesse eingebunden sein. Um diese Unabhängigkeit zu wahren, sollten Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften alle Fälle aufzeichnen, in denen ihre Unabhängigkeit gefährdet ist, und auch die Schutzmaßnahmen protokollieren, die zur Verminderung dieser Gefahren getroffen werden. Wenn die Gefahren für ihre Unabhängigkeit selbst nach Anwendung solcher Schutzmaßnahmen zu bedeutsam sind, sollten sie zudem von dem Prüfungsmandat zurücktreten bzw. es nicht annehmen.
- (7)
- Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sollten bei der Abschlussprüfung von geprüften Unternehmen unabhängig sein und Interessenkonflikte vermeiden. Bei der Bestimmung der Unabhängigkeit eines Abschlussprüfers oder einer Prüfungsgesellschaft ist der Struktur des Netzwerks, innerhalb dessen der Abschlussprüfer bzw. die Prüfungsgesellschaft handelt, Rechnung zu tragen. Die Unabhängigkeitsanforderung sollte mindestens während des Zeitraums, auf den sich der Bestätigungsvermerk bezieht, eingehalten werden — also sowohl während des Zeitraums, auf den sich die zu prüfenden Abschlüsse beziehen als auch für die Dauer der Abschlussprüfung.
- (8)
- Abschlussprüfer, Prüfungsgesellschaften und deren Mitarbeiter sollten insbesondere davon absehen, die Abschlussprüfung bei einem Unternehmen durchzuführen, an denen sie ein geschäftliches oder finanzielles Interesse haben, und mit Finanzinstrumenten zu handeln, die von einem geprüften Unternehmen emittiert, garantiert oder in anderer Weise abgesichert werden und bei denen es sich nicht um Anteile an diversifizierten Organismen für gemeinsame Anlagen handelt. Der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft sollte nicht an den internen Entscheidungsprozessen des geprüften Unternehmens teilnehmen. Abschlussprüfern, Prüfungsgesellschaften und ihren Mitarbeitern, die unmittelbar an dem Prüfungsauftrag beteiligt sind, sollte es für einen angemessenen Zeitraum nach Ablauf des Prüfungsauftrags untersagt sein, eine Funktion in der Geschäftsführung oder im Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan des geprüften Unternehmens zu übernehmen.
- (9)
- Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften müssen das Recht ihrer Mandanten auf Privatsphäre und Datenschutz achten. Sie sollten deshalb einer strikten Verschwiegenheitspflicht und einem strikten Berufsgeheimnis unterliegen, was allerdings — vorausgesetzt dass die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(6) eingehalten wird — die ordnungsgemäße Durchsetzung dieser Richtlinie und der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 oder die Zusammenarbeit mit dem Konzernabschlussprüfer bei der Prüfung der konsolidierten Abschlüsse in Fällen, in denen die Muttergesellschaft ihren Sitz in einem Drittland hat, nicht behindern sollte. Außerhalb der in Kapitel XI der Richtlinie 2006/43/EG vorgesehenen Kooperationswege sollte ein Abschlussprüfer oder eine Prüfungsgesellschaft allerdings solchen Bestimmungen zufolge nicht mit Drittlandsbehörden zusammenarbeiten können. Dieser Verschwiegenheitspflicht sollten auch Abschlussprüfer oder Prüfungsgesellschaften unterliegen, die nicht mehr an einer bestimmten Prüfungsaufgabe beteiligt sind.
- (10)
- Eine angemessene interne Organisation von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften sollte dazu beitragen, möglichen Gefährdungen für ihre Unabhängigkeit vorzubeugen. So sollten weder die Eigentümer oder Anteilseigner einer Prüfungsgesellschaft noch die Unternehmensleitung in einer Weise in eine laufende Abschlussprüfung eingreifen, die die Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit des Abschlussprüfers, der die Prüfung im Auftrag der Prüfungsgesellschaft durchführt, beeinträchtigt. Zusätzlich dazu sollten Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften in Bezug auf Mitarbeiter und andere Personen, die unmittelbar an der Prüfungstätigkeit beteiligt sind, geeignete interne Grundsätze und Verfahren aufstellen, um zu gewährleisten, dass diese ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen. Diese Grundsätze und Verfahren sollten insbesondere darauf gerichtet sein, jeder Gefährdung der Unabhängigkeit vorzubeugen und zu begegnen und die Qualität, Integrität und Sorgfalt der Abschlussprüfung zu gewährleisten. Diese Grundsätze und Verfahren sollten dem Umfang und der Komplexität der Tätigkeit des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft angemessen sein.
- (11)
- Am Ende der Abschlussprüfung steht die Beurteilung, ob der Abschluss des geprüften Unternehmens ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild im Einklang mit dem maßgeblichen Regelwerk der Rechnungslegung vermittelt. Interessenträger sind sich aber möglicherweise nicht der Grenzen einer Prüfung bewusst, z. B. hinsichtlich der Wesentlichkeit, von Stichprobenverfahren, der Rolle des Prüfers bei der Aufdeckung von Betrug und der Verantwortlichkeit des Managements, was zu Erwartungslücken führen kann. Um diese Erwartungslücke zu verkleinern, muss der Umfang einer Abschlussprüfung deutlicher gemacht werden.
- (12)
- Für Abschlussprüfungen innerhalb der Union sollte eine hohe Qualität gewährleistet sein. Alle Abschlussprüfungen sollten deshalb nach den von der Kommission angenommenen internationalen Prüfungsstandards durchgeführt werden. Da internationale Prüfungsstandards so konzipiert sind, dass sie für Unternehmen jeder Größe und jeder Art sowie in jedem Rechtsraum genutzt werden können, sollten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Beurteilung des Anwendungsbereichs internationaler Prüfungsstandards dem Umfang und der Komplexität der Geschäfte von kleinen Unternehmen Rechnung tragen. Diesbezügliche Bestimmungen oder Maßnahmen eines Mitgliedstaats sollten nicht dazu führen, dass der Abschlussprüfer oder die Prüfungsgesellschaft eine Abschlussprüfung nicht im Einklang mit internationalen Prüfungsstandards durchführen kann. Die Mitgliedstaaten sollten nur dann zusätzliche nationale Prüfverfahren vorschreiben oder Anforderungen stellen dürfen, wenn diese sich aus spezifischen, durch den Umfang der Abschlussprüfung von Jahresabschlüssen oder konsolidierten Abschlüssen bedingten nationalen rechtlichen Anforderungen ergeben, d. h. wenn diese Anforderungen durch die bestehenden internationalen Prüfungsstandards nicht abgedeckt werden, oder wenn diese die Glaubwürdigkeit und Qualität der Jahresabschlüsse und konsolidierten Abschlüsse erhöhen. Die Kommission sollte auch weiterhin in die Beobachtung des Inhalts der internationalen Prüfungsstandards und des Verfahrens zu ihrer Annahme durch den Internationalen Wirtschaftsprüferverband (IFAC) eingebunden sein.
- (13)
- Bei der Prüfung eines konsolidierten Abschlusses ist es wichtig, die Zuständigkeiten der Abschlussprüfer der einzelnen Unternehmen des Konzerns klar voneinander abzugrenzen. Zu diesem Zweck sollte der Konzernabschlussprüfer die volle Verantwortung für den Bestätigungsvermerk tragen.
- (14)
- Zur Stärkung der Glaubwürdigkeit und Transparenz der in der Union durchgeführten Qualitätssicherungsprüfungen sollten die nationalen Qualitätssicherungssysteme durch die von den Mitgliedstaaten für die öffentliche Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften bestimmten Behörden geleitet werden. Mit den Qualitätssicherungsprüfungen sollen mögliche Mängel bei der Durchführung von Abschlussprüfungen vermieden oder behoben werden. Um sicherzustellen, dass Qualitätssicherungsprüfungen umfassend genug sind, sollten die zuständigen Behörden bei ihren Prüfungen Umfang und Komplexität der Tätigkeit der Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften berücksichtigen.
- (15)
- Um die Einhaltung dieser Richtlinie und der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 zu verbessern, sollten im Einklang mit der Mitteilung der Kommission vom 8. Dezember 2010 mit dem Titel „Stärkung der Sanktionsregelungen im Finanzdienstleistungssektor” die Befugnisse der zuständigen Behörden zum Erlass von Aufsichtsmaßnahmen und zur Verhängung von Sanktionen verstärkt werden. Für Abschlussprüfer, Prüfungsgesellschaften und Unternehmen von öffentlichem Interesse sollten bei festgestellten Verstößen verwaltungsrechtliche finanzielle Sanktionen vorgesehen werden. Die zuständigen Behörden sollten hinsichtlich der von ihnen verhängten Sanktionen und Maßnahmen Transparenz walten lassen. Bei der Verhängung und Bekanntmachung von Sanktionen sollten die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgeschriebenen Grundrechte geachtet werden, insbesondere das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, das Recht auf Schutz personenbezogener Daten und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht.
- (16)
- Die zuständigen Behörden sollten verwaltungsrechtliche finanzielle Sanktionen verhängen können, die tatsächlich abschreckend wirken, beispielsweise in Höhe von bis zu 1 Mio. EUR oder mehr im Falle von natürlichen Personen und bis zu einem bestimmten Prozentsatz des jährlichen Gesamtumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres im Falle von juristischen Personen oder sonstigen Unternehmen. Dieses Ziel lässt sich leichter erreichen, wenn die finanzielle Sanktion an die finanzielle Situation der den Verstoß begehenden Person geknüpft ist. Unbeschadet der Möglichkeit, den betreffenden Abschlussprüfern oder Prüfungsgesellschaften ihre Zulassung zu entziehen, sollten andere Arten von Sanktionen mit angemessener abschreckender Wirkung in Betracht gezogen werden. Die Mitgliedstaaten sollten bei der Festlegung der zu verhängenden Sanktion in jedem Fall identische Kriterien zugrunde legen.
- (17)
- Informanten ( „whistleblowers” ) können den zuständigen Behörden neue Erkenntnisse liefern und so bei der Aufdeckung und Sanktionierung von Unregelmäßigkeiten, einschließlich Betrug, helfen. Doch könnten die Angst vor Repressalien oder mangelnde Anreize solche Personen von einer Anzeige abhalten. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb dafür sorgen, dass angemessene Regelungen geschaffen werden, die Informanten dazu ermutigen, auf mögliche Verstöße gegen diese Richtlinie oder die Verordnung (EU) Nr. 537/2014 aufmerksam zu machen, und diese Informanten vor Repressalien schützen. Die Mitgliedstaaten sollten auch die Möglichkeit haben, ihnen Anreize hierfür zu bieten; doch sollte es diese Anreize nur dann geben, wenn solche Informanten neue Informationen liefern, zu deren Meldung sie nicht ohnehin schon rechtlich verpflichtet sind, und diese Informationen zu einer Sanktion wegen Verstoßes gegen diese Richtlinie oder die Verordnung (EU) Nr. 537/2014 führen. Die Mitgliedstaaten sollten jedoch auch gewährleisten, dass die von ihnen geschaffenen Anzeigeregelungen Vorkehrungen enthalten, die der angezeigten Person angemessenen Schutz bieten, was insbesondere für deren Recht auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten sowie für Verfahren gilt, die das Recht dieser Person auf Verteidigung und Anhörung vor einer sie betreffenden Entscheidung, sowie das Recht, gegen eine solche Entscheidung Rechtsmittel einzulegen, gewährleisten. Die geschaffenen Regelungen sollten auch einen angemessenen Schutz für die Informanten gewährleisten, nicht nur was deren Recht auf den Schutz personenbezogener Daten anbelangt, sondern auch indem dafür gesorgt wird, dass sie nicht ungebührlichen Repressalien ausgesetzt sind.
- (18)
- Die öffentliche Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften umfasst die Zulassung und Registrierung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften, die Festlegung von Berufsgrundsätzen und von Standards für die interne Qualitätssicherung von Prüfungsgesellschaften, die kontinuierliche Fortbildung und die Qualitätssicherungssysteme sowie Untersuchungen und Sanktionen betreffend Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften. Um die Aufsicht über die Abschlussprüfer transparenter zu gestalten und die Rechenschaftspflicht zu stärken, sollte jeder Mitgliedstaat eine einzige Behörde benennen, die für die öffentliche Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften zuständig ist. Die Unabhängigkeit dieser Behörde vom Berufsstand der Prüfer ist dabei Grundvoraussetzung für Integrität, Effizienz und ordnungsgemäßes Funktionieren dieser öffentlichen Aufsicht. Daher sollten die Aufsichtsbehörden von Personen geleitet werden, die nicht als Abschlussprüfer tätig sind, und die Mitgliedstaaten sollten unabhängige und transparente Verfahren für deren Auswahl festlegen.
- (19)
- Die Mitgliedstaaten sollten Ausnahmen von den Anforderungen an Prüfungstätigkeiten vorsehen können, sofern diese Leistungen für Genossenschaften und Sparkassen erbracht werden.
- (20)
- Den Mitgliedstaaten sollte es möglich sein, Aufgaben der zuständigen Behörden auf andere Behörden oder per Gesetz zugelassene oder benannte Stellen zu übertragen oder es zuständigen Behörden zu erlauben, eine solche Übertragung vorzunehmen. Eine solche Übertragung von Aufgaben sollte jedoch an verschiedene Bedingungen geknüpft sein, und die Letztverantwortung für die Aufsicht sollte bei der zuständigen Behörde liegen.
- (21)
- Die Aufsichtsbehörden sollten mit ausreichenden Befugnissen ausgestattet sein, um ihre Aufgaben wirksam wahrnehmen können. Darüber hinaus sollten die Aufsichtsbehörden über genügend Personal und finanzielle Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben verfügen.
- (22)
- Um eine angemessene Aufsicht über grenzüberschreitend tätige oder in einem Netzwerk organisierte Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften sicherzustellen, müssen die nationalen Aufsichtsbehörden Informationen austauschen. Damit die Vertraulichkeit der betreffenden Informationen gewährleistet ist, sollten die Mitgliedstaaten nicht nur die Bediensteten der Aufsichtsbehörden zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verpflichten, sondern alle Personen, denen sie Aufgaben übertragen.
- (23)
- Der Prüfungsausschuss, die Anteilseigner, die für die Beaufsichtigung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften zuständigen Behörden oder — sofern nach nationalem Recht vorgesehen — die für die Aufsicht über das Unternehmen von öffentlichem Interesse zuständigen Behörden sollten für den Fall, dass triftige Gründe für eine Abberufung vorliegen, befugt sein, zur Abberufung des Abschlussprüfers den Rechtsweg vor einem nationalen Gericht zu beschreiten.
- (24)
- Prüfungsausschüsse oder Gremien innerhalb des geprüften Unternehmens von öffentlichem Interesse, die eine ähnliche Funktion erfüllen, tragen entscheidend zu einer Abschlussprüfung von hoher Qualität bei. Da vor allem die Unabhängigkeit und fachliche Kompetenz des Prüfungsausschusses gestärkt werden muss, sollte verlangt werden, dass die Mehrheit seiner Mitglieder unabhängig ist und zumindest ein Mitglied des Ausschusses über Sachverstand im Bereich der Abschlussprüfung und/oder Rechnungslegung verfügt. In der Empfehlung der Kommission vom 15. Februar 2005 zu den Aufgaben von nicht geschäftsführenden Direktoren oder Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften sowie zu den Ausschüssen des Verwaltungs- oder Aufsichtsrats(7) wird dargelegt, wie Prüfungsausschüsse gebildet werden und arbeiten sollten. Angesichts der Größe dieser Gremien in Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung und in kleinen und mittleren Unternehmen von öffentlichem Interesse sollten die Aufgaben, die dem Prüfungsausschuss dieser Unternehmen oder einem Gremium mit ähnlichen Funktionen übertragen wurden, auch vom Verwaltungs- oder Aufsichtsrat als Ganzem wahrgenommen werden können. Handelt es sich bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse um einen Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren oder einen alternativen Investmentfonds, so sollte auch dieses Unternehmen von der Pflicht zur Einsetzung eines Prüfungsausschusses ausgenommen werden. Diese Ausnahmeregelung trägt der Tatsache Rechnung, dass in Fällen, in denen die Funktion dieser Fonds ausschließlich in der Zusammenlegung von Vermögenswerten besteht, die Einsetzung eines Prüfungsausschusses nicht angebracht ist. Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren und alternative Investmentfonds sowie ihre Verwaltungsgesellschaften operieren in einem fest definierten Regulierungsumfeld und unterliegen besonderen Führungsmechanismen, wie den durch ihre Verwahrstelle durchgeführten Kontrollen.
- (25)
- In dem von der Kommission am 25. Juni 2008 durch ihre Mitteilung Vorfahrt für KMU in Europa — der „Small Business Act” für Europa angenommenen „Small Business Act” , der mit der Kommissionsmitteilung Überprüfung des „Small Business Act” für Europa vom 23. Februar 2011 überarbeitetet worden ist, wird die zentrale Rolle anerkannt, die kleinen und mittleren Unternehmen für die Wirtschaft der Union zukommt, und das Ziel festgelegt, das Gesamtkonzept für das Unternehmertum zu verbessern und das Prinzip „Vorfahrt für KMU” ( „Think Small First” ) fest in der Politik zu verankern. Auch die im März 2010 angenommene Strategie Europa 2020 zielt auf die Verbesserung des Unternehmensumfelds insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen ab, u. a. durch die Reduzierung der Transaktionskosten für Geschäfte in der EU. Artikel 34 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(8)enthält für kleine Unternehmen keine Verpflichtung, ihre Abschlüsse prüfen zu lassen.
- (26)
- Im Hinblick auf die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten mit den zuständigen Behörden von Drittländern beim Austausch von Arbeitspapieren oder anderen relevanten Dokumenten zur Bewertung der Qualität der Prüfung sollten die Mitgliedstaaten zur Wahrung der Rechte der Betroffenen sicherstellen, dass die einschlägigen Arbeitsregelungen ihrer zuständigen Behörden einen ausreichenden Schutz des Geschäftsgeheimnisses und der wirtschaftlichen Interessen der geprüften Unternehmen, einschließlich ihrer Rechte an gewerblichem und geistigem Eigentum, gewährleisten. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass diese Regelungen der Richtlinie 95/46/EG entsprechen und mit ihr vereinbar sind.
- (27)
- Die in Artikel 45 Absatz 1 der Richtlinie 2006/43/EG festgelegte Obergrenze von 50000 EUR wurde angepasst an Artikel 3 Absatz 2 Buchstaben c und d der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(9). Die in der Richtlinie 2003/71/EG genannten Obergrenzen wurden mit Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 2010/73/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(10) auf 100000 EUR angehoben. Daher sollte die in Artikel 45 Absatz 1 der Richtlinie 2006/43/EG genannte Obergrenze entsprechend angepasst werden.
- (28)
- Damit der im AEUV vorgesehene neue Rechtsrahmen seine volle Wirkung entfalten kann, müssen die Durchführungsbefugnisse im Sinne von Artikel 202 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft angepasst und durch geeignete Bestimmungen gemäß den Artikeln 290 und 291 AEUV ersetzt werden.
- (29)
- Die Anpassung der Verfahren zum Erlass von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten durch die Kommission an den AEUV, insbesondere an die Artikel 290 und 291, sollte auf Einzelfallbasis erfolgen. Um den Entwicklungen im Prüfungswesen und im Berufsstand der Prüfer Rechnung zu tragen und die Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften zu erleichtern, sollte der Kommission die Befugnis zum Erlass von Rechtsakten gemäß Artikel 290 des AEUV übertragen werden. Im Hinblick auf die Aufsicht über die Abschlussprüfer bedarf es delegierter Rechtsakte zur Weiterentwicklung der Verfahren der Zusammenarbeit der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten mit den entsprechenden Behörden von Drittländern. Insbesondere muss die Kommission bei ihren Vorarbeiten angemessene Konsultationen auch auf Ebene von Sachverständigen durchführen. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.
- (30)
- Um einheitliche Bedingungen für die Umsetzung der Erklärungen über die Gleichwertigkeit der Aufsichtsregelungen von Drittländern oder über die Angemessenheit der in Drittländern zuständigen Behörden in Bezug auf einzelne Drittländer oder einzelne zuständige Behörden in Drittländern zu gewährleisten, sollten der Kommission entsprechende Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(11), ausgeübt werden.
- (31)
- Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Stärkung des Vertrauens der Anleger in die Ordnungsgemäßheit und Zuverlässigkeit der von Unternehmen veröffentlichten Abschlüsse durch eine weitere qualitative Verbesserung der in der Union durchgeführten Abschlussprüfungen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
- (32)
- Die Richtlinie 2006/43/EG sollte deshalb entsprechend geändert werden.
- (33)
- Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates(12) angehört und hat am 23. April 2012 eine Stellungnahme abgegeben(13).
- (34)
- Gemäß der gemeinsamen politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission vom 28. September 2011 zu erläuternden Dokumenten(14) haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in dem bzw. denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen innerstaatlicher Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt —
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. C 191 vom 29.6.2012, S. 61.
- (2)
Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 3. April 2014 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 14. April 2014.
- (3)
Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates (ABl. L 157 vom 9.6.2006, S. 87.)
- (4)
Verordnung (EU) Nr. 537/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (siehe Seite 77 dieses Amtsblatts).
- (5)
Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22).
- (6)
Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31).
- (7)
ABl. L 52 vom 25.2.2005, S. 51.
- (8)
Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).
- (9)
Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 345 vom 31.12.2003, S. 64).
- (10)
Richtlinie 2010/73/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Änderung der Richtlinie 2003/71/EG betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und der Richtlinie 2004/109/EG zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind (ABl. L 327 vom 11.12.2010, S. 1).
- (11)
Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).
- (12)
Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1).
- (13)
ABl. C 336 vom 6.11.2012, S. 4.
- (14)
ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.
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