Artikel 55 BRRD (RL 2014/59/EU)
Vertragliche Anerkennung des Bail-in
(1) Die Mitgliedstaaten schreiben den Instituten und Unternehmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben b, c und d vor, eine Vertragsklausel aufzunehmen, durch die der Gläubiger oder die Partei der Vereinbarung oder des Instruments, die bzw. das die Verbindlichkeit begründet, anerkennt, dass diese unter die Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnisse fallen kann, und sich damit einverstanden erklärt, eine Herabsetzung des Nennwerts oder des ausstehenden Restbetrags, eine Umwandlung oder eine Löschung, die eine Abwicklungsbehörde unter Wahrnehmung dieser Befugnisse vornimmt, zu akzeptieren, wenn die Verbindlichkeit alle folgenden Voraussetzungen erfüllt:
- a)
- Die Verbindlichkeit ist nicht nach Artikel 44 Absatz 2 ausgenommen;
- b)
- die Verbindlichkeit stellt keine Einlage nach Artikel 108 Buchstabe a dar;
- c)
- die Verbindlichkeit unterliegt dem Recht eines Drittlands; und
- d)
- die Verbindlichkeit wurde nach dem Zeitpunkt ausgegeben oder eingegangen, zu dem ein Mitgliedstaat die Vorschriften zur Umsetzung dieses Abschnitts erlassen hat.
Die Abwicklungsbehörden können beschließen, dass die Verpflichtung nach Unterabsatz 1 dieses Absatzes keine Anwendung auf Institute oder Unternehmen findet, in deren Fall die für Anforderung nach Artikel 45 Absatz 1 dem Verlustabsorptionsbetrag gemäß Artikel 45c Absatz 2 Buchstabe a entspricht, vorausgesetzt, dass die Verbindlichkeiten, die die Bedingungen nach Unterabsatz 1 Buchstaben a bis d erfüllen und die Vertragsklausel nach Absatz 1 nicht enthalten, nicht auf die Anforderung angerechnet werden.
Unterabsatz 1 findet keine Anwendung, wenn die Abwicklungsbehörde eines Mitgliedstaats feststellt, dass die in Unterabsatz 1 genannten Verbindlichkeiten oder Instrumente gemäß den Rechtsvorschriften des Drittlands oder einem bindenden Abkommen mit diesem Drittland den Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnissen der Abwicklungsbehörde eines Mitgliedstaats unterliegen können.
(2) Für den Fall, dass ein Institut oder Unternehmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d feststellt, dass es rechtlich oder in sonstiger Weise undurchführbar ist, eine gemäß Absatz 1 erforderliche Klausel in die vertraglichen Bestimmungen einer entsprechenden Verbindlichkeit aufzunehmen, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass dieses Institut oder Unternehmen seine Feststellung der Abwicklungsbehörde mitteilt, einschließlich der Benennung der Kategorie der Verbindlichkeit sowie einer Begründung dieser Feststellung. Das Institut oder Unternehmen übermittelt der Abwicklungsbehörde alle Informationen, die diese möglicherweise innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Erhalt der Mitteilung verlangt, damit die Abwicklungsbehörde die Auswirkung der Mitteilung auf die Abwicklungsfähigkeit dieses Instituts oder Unternehmens prüfen kann.
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Verpflichtung, in die vertraglichen Bestimmungen eine gemäß Absatz 1 erforderliche Klausel aufzunehmen, im Fall einer Mitteilung gemäß Unterabsatz 1 automatisch ausgesetzt wird, sobald die Mitteilung bei der Abwicklungsbehörde eingeht.
Kommt die Abwicklungsbehörde zu dem Schluss, dass es unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, die Abwicklungsfähigkeit des Instituts oder Unternehmens sicherzustellen, weder rechtlich noch in sonstiger Weise undurchführbar ist, in die vertraglichen Bestimmungen eine gemäß Absatz 1 erforderliche Klausel aufzunehmen, so verlangt sie innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Erhalt der Mitteilung gemäß Unterabsatz 1 die Aufnahme einer solchen Vertragsklausel. Die Abwicklungsbehörde kann darüber hinaus das Institut oder Unternehmen auffordern, seine Vorgehensweise in Bezug auf die Anwendung der Befreiung von der vertraglichen Anerkennung des Bail-in zu ändern.
Die in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten Verbindlichkeiten dürfen weder Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals noch Instrumente des Ergänzungskapitals noch Schuldtitel nach Artikel 2 Absatz 1 Nummer 48 Ziffer ii umfassen, sofern es sich bei diesen Instrumenten um unbesicherte Verbindlichkeiten handelt. Zudem sind die Verbindlichkeiten nach Unterabsatz 1 dieses Absatzes vorrangig gegenüber Verbindlichkeiten gemäß Artikel 108 Absatz 2 Buchstaben a, b und c sowie Artikel 108 Absatz 3.
Stellt die Abwicklungsbehörde im Zusammenhang mit der gemäß den Artikeln 15 und 16 durchgeführten Bewertung der Abwicklungsfähigkeit eines Instituts oder Unternehmens im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d oder zu irgendeinem anderen Zeitpunkt fest, dass innerhalb einer Kategorie von Verbindlichkeiten, die auch berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten einschließt, der Betrag der Verbindlichkeiten, die im Einklang mit Unterabsatz 1 dieses Absatzes die Vertragsklausel nach Absatz 1 nicht enthalten, zusammen mit den Verbindlichkeiten, die von der Anwendung des Bail-in-Instruments nach Artikel 44 Absatz 2 ausgeschlossen sind oder nach Artikel 44 Absatz 3 voraussichtlich ausgeschlossen werden, über 10 % dieser Kategorie von Verbindlichkeiten ausmachen, so bewertet die Abwicklungsbehörde umgehend die Auswirkungen dieses speziellen Umstands auf die Abwicklungsfähigkeit dieses Instituts oder Unternehmens, einschließlich der Auswirkungen auf die Abwicklungsfähigkeit, die sich aufgrund des Risikos ergibt, bei Ausübung der Befugnis, berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten herabzuschreiben und umzuwandeln, gegen die Gläubigerschutzbestimmungen nach Artikel 73 zu verstoßen.
Kommt die Abwicklungsbehörde aufgrund der Bewertung nach Unterabsatz 5 zu dem Schluss, dass durch die Verbindlichkeiten, die im Einklang mit Unterabsatz 1 dieses Absatzes die Vertragsklausel nach Absatz 1 nicht enthalten, ein wesentliches Hindernis für die Abwicklungsfähigkeit entsteht, so übt sie gegebenenfalls die Befugnisse nach Artikel 17 aus, um dieses Hindernis für die Abwicklungsfähigkeit zu beseitigen.
Verbindlichkeiten, für die es das Institut oder Unternehmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d versäumt, die gemäß Absatz 1 dieses Artikels erforderliche Klausel in die vertraglichen Bestimmungen aufzunehmen, oder für die gemäß dem vorliegenden Absatz diese Anforderung nicht gilt, werden nicht auf die Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten angerechnet.
(3) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Abwicklungsbehörden von Instituten und Unternehmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d die Vorlage eines Rechtsgutachtens über die rechtliche Durchsetzbarkeit und Rechtswirksamkeit der in Absatz 1 dieses Artikels genannten Vertragsklausel verlangen können.
(4) Nimmt ein Institut oder Unternehmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d in die vertraglichen Bestimmungen der entsprechenden Verbindlichkeit keine gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels erforderliche Vertragsklausel auf, so hindert dies die Abwicklungsbehörde nicht daran, bei dieser Verbindlichkeit von den Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnissen Gebrauch zu machen.
(5) Die EBA arbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, um die Liste der Verbindlichkeiten, für die die Ausnahme nach Absatz 1 gilt, sowie den Inhalt der gemäß dem genannten Absatz erforderlichen Vertragsklausel genauer festzulegen, wobei die unterschiedlichen Geschäftsmodelle von Instituten zu berücksichtigen sind.
Die EBA übermittelt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 3. Juli 2015.
Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die technischen Regulierungsstandards nach Unterabsatz 1 gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zu erlassen.
(6) Die EBA arbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, um Folgendes zu präzisieren:
- a)
- die Bedingungen, unter denen es für ein Institut oder Unternehmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d rechtlich oder in sonstiger Weise undurchführbar wäre, die Vertragsklausel nach Absatz 1 dieses Artikels in bestimmte Kategorien von Verbindlichkeiten aufzunehmen;
- b)
- die Bedingungen, unter denen die Abwicklungsbehörde die Aufnahme der Vertragsklausel nach Absatz 2 Unterabsatz 3 verlangen kann;
- c)
- den angemessenen Zeitraum, den die Abwicklungsbehörde für die Aufnahme der Vertragsklausel nach Absatz 2 Unterabsatz 3 vorschreibt.
Die EBA übermittelt der Kommission diesen Entwurf technischer Regulierungsstandards bis zum 28. Juni 2020.
Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die technischen Regulierungsstandards nach Unterabsatz 1 gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zu erlassen.
(7) Wenn sie dies für erforderlich hält, legt die Abwicklungsbehörde auf der Grundlage der infolge der Anwendung von Absatz 6 weiter präzisierten Bedingungen die Kategorien der Verbindlichkeiten fest, bei denen ein Institut oder Unternehmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, c oder d zu der Feststellung gelangen kann, dass es rechtlich oder in sonstiger Weise undurchführbar ist, die in Absatz 1 dieses Artikels genannte Vertragsklausel aufzunehmen.
(8) Die EBA arbeitet Entwürfe technischer Durchführungsstandards aus, um für die Zwecke des Absatzes 2 einheitliche Formate und Meldebögen für die Mitteilung an die Abwicklungsbehörden festzulegen.
Die EBA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Durchführungsstandards bis zum 28. Juni 2020 vor.
Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten technischen Durchführungsstandards gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zu erlassen.
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