Präambel RL 2014/63/EU

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 43 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Richtlinie 2001/110/EG des Rates(3) definiert Honig als den natursüßen Stoff, der von Bienen der Art Apis mellifera (im Folgenden „Bienen” ) erzeugt wird. Honig besteht im Wesentlichen aus verschiedenen Zuckerarten, insbesondere aus Fructose und Glucose, sowie aus anderen Stoffen wie organischen Säuren, Enzymen und beim Honigsammeln aufgenommenen festen Partikeln. Die Richtlinie 2001/110/EG begrenzt Eingriffe des Menschen, durch die die Zusammensetzung von Honig verändert werden könnte, und ermöglicht dadurch die Wahrung des natürlichen Charakters von Honig. Insbesondere untersagt die Richtlinie 2001/110/EG, dem Honig Lebensmittelzutaten, einschließlich Lebensmittelzusatzstoffe, und jegliche andere Stoffe als Honig beizugeben. Ebenso untersagt die Richtlinie, dem Honig honigeigene Bestandteile, einschließlich Pollen, zu entziehen, es sei denn, dass dies beim Entziehen von Fremdstoffen unvermeidbar ist. Diese Anforderungen stehen im Einklang mit der Codex-Alimentarius-Norm für Honig (Codex Stan 12-1981).
(2)
Pollen ist Teil der Zusammensetzungsmerkmale für Honig, die in der Richtlinie 2001/110/EG festgelegt sind. Die vorhandenen Beweise, einschließlich empirischer und wissenschaftlicher Daten, bestätigen, dass das Vorkommen von Pollen im Honig auf die Bienen zurückzuführen ist. Pollenkörner fallen in den Nektar, der von den Bienen gesammelt wird. Im Bienenstock wird der gesammelte, Pollenkörner enthaltende Nektar von den Bienen in Honig umgewandelt. Nach den verfügbaren Daten kann zusätzlicher Pollen im Honig von Pollen auf den Haaren der Bienen, Pollen in der Luft im Bienenstock und Pollen, der von Bienen in Waben eingelagert wurde, die bei der Gewinnung des Honigs durch Lebensmittelunternehmer unbeabsichtigt geöffnet wurden, stammen. Es kann somit festgestellt werden, dass Pollen infolge der Tätigkeit der Bienen in den Bienenstock gelangt und natürlich im Honig vorhanden ist, unabhängig davon, ob Lebensmittelunternehmer den Honig gewinnen. Außerdem ist die absichtliche Beigabe von Pollen zu Honig durch Lebensmittelunternehmer gemäß der Richtlinie 2001/110/EG untersagt.
(3)
In der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) wird als „Zutat” jeder Stoff definiert, der bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendet wird und der — gegebenenfalls in veränderter Form — im Enderzeugnis vorhanden bleibt. Diese Definition impliziert die absichtliche Verwendung eines Stoffes bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels. Angesichts der Tatsache, dass Honig ein natürliches Produkt ist, und insbesondere angesichts der Tatsache, dass das Vorhandensein von honigeigenen Bestandteilen natürlichen Ursprungs ist, sollte Pollen nicht als Zutat von Honig im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 angesehen werden, da er natürlicher honigeigener Bestandteil ist.
(4)
Diese Richtlinie lässt die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) auf Honig, der genetisch veränderten Pollen enthält, unberührt, da entsprechender Honig ein Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Organismen im Sinne jener Verordnung darstellt. In der Rechtssache C-442/09(6), Karl Heinz Bablok u. a./Freistaat Bayern, urteilte der Gerichtshof der Europäischen Union, dass das entscheidende Kriterium für die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 darin bestehe, ob das Lebensmittel einen aus dem genetisch veränderten Ausgangsmaterial hergestellten Stoff enthält, wie in Erwägungsgrund 16 jener Verordnung ausgeführt wird. Honig, der genetisch veränderten Pollen enthält, sollte daher als Lebensmittel, das (teilweise) aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt wird, im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 gelten. Der Erlass einer Bestimmung dahingehend, dass Pollen keine Zutat von Honig ist, wirkt sich daher nicht auf die Schlussfolgerung des Gerichtshofs in der Rechtssache C-442/09 aus, wonach Honig, der genetisch veränderten Pollen enthält, der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 und insbesondere den darin festgelegten Anforderungen in Bezug auf die Zulassung vor dem Inverkehrbringen, die Überwachung und gegebenenfalls die Kennzeichnung unterliegt.
(5)
Gemäß den Kennzeichnungsbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 muss das Vorhandensein von genetisch verändertem Pollen in Honig nicht auf dem Etikett für Honig angegeben werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: Der Anteil genetisch veränderter Pollen im Honig beträgt höchstens 0,9 %, und das Vorhandensein solcher Pollen im Honig ist zufällig oder technisch unvermeidbar. Es sei daran erinnert, dass die Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(7) vorsieht, dass die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen ergreifen können, um das unbeabsichtigte Vorhandensein von genetisch veränderten Organismen in Honig zu verhindern.
(6)
Hat der Honig seinen Ursprung in mehr als einem Mitgliedstaat oder Drittland, so kann — gemäß der Richtlinie 2001/110/EG — die obligatorische Angabe der Ursprungsländer durch eine der folgenden Angaben ersetzt werden: „Mischung von Honig aus EG-Ländern” , „Mischung von Honig aus Nicht-EG-Ländern” , „Mischung von Honig aus EG-Ländern und Nicht-EG-Ländern” . Infolge des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon ist die Europäische Union an die Stelle der Europäischen Gemeinschaft getreten. Daher sollten die einschlägigen Kennzeichnungsbestimmungen angepasst werden, indem „EG” durch „EU” ersetzt wird.
(7)
Gemäß der Richtlinie 2001/110/EG wird der Kommission die Befugnis zur Durchführung einiger Bestimmungen jener Richtlinie übertragen, insbesondere die Befugnis, Maßnahmen zu ergreifen, die zur Durchführung von Bestimmungen im Hinblick auf die Anpassung an den technischen Fortschritt und im Hinblick auf die Anpassung jener Richtlinie an die allgemeinen Lebensmittelvorschriften der Union erforderlich sind. Ferner wird der Kommission mit der Richtlinie 2001/110/EG die Befugnis übertragen, Verfahren zu erlassen, mit denen überprüft werden kann, ob Honig den Bestimmungen jener Richtlinie entspricht. Der Umfang dieser Befugnis muss überprüft werden.
(8)
Damit die Lauterkeit des Geschäftsverkehrs sichergestellt wird, Verbraucherinteressen geschützt werden und die Einführung einschlägiger Analyseverfahren ermöglicht wird, sollte der Kommission die Befugnis zum Erlass von Rechtsakten gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union übertragen werden, um quantitative Parameter für das Kriterium „überwiegend” im Hinblick auf die Herkunft von Honig aus Blüten oder Pflanzenteilen und den Minimalgehalt an Pollen in gefiltertem Honig nach dem Entziehen von anorganischen oder organischen Fremdstoffen festzulegen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.
(9)
Nach Erlass der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates(8), die für alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln und Futtermitteln auf Unionsebene und einzelstaatlicher Ebene gilt, sind allgemeine lebensmittelrechtliche Vorschriften der Union unmittelbar auf die unter die Richtlinie 2001/110/EG fallenden Erzeugnisse anwendbar. Folglich ist es nicht mehr erforderlich, dass die Kommission über die Befugnis verfügt, diese Richtlinie an das allgemeine Lebensmittelrecht der Europäischen Union anzupassen. Die Bestimmungen, mit denen eine solche Befugnis übertragen wird, sind daher zu streichen.
(10)
Nach Erlass der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(9) sollten die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2001/110/EG an jene Verordnung angepasst werden.
(11)
Damit die Mitgliedstaaten die erforderlichen nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen können, um der Richtlinie 2001/110/EG in der durch diese Richtlinie geänderten Fassung nachzukommen, sollte eine Übergangsfrist von zwölf Monaten festgelegt werden. Während dieser Frist bleiben die Anforderungen der Richtlinie 2001/110/EG ohne die durch die vorliegende Richtlinie eingeführten Änderungen anwendbar.
(12)
Um die Interessen der Lebensmittelunternehmer zu berücksichtigen, die ihre Erzeugnisse gemäß den Anforderungen in Verkehr bringen oder etikettieren, die vor der Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2001/110/EG gelten, müssen angemessene Übergangsmaßnahmen festgelegt werden. Daher sollten Erzeugnisse, die vor der Anwendung dieser Bestimmungen in Verkehr gebracht oder etikettiert wurden, bis zur Erschöpfung der Lagerbestände weiter vertrieben werden können.
(13)
Die Richtlinie 2001/110/EG sollte deshalb entsprechend geändert werden.
(14)
Da die Änderungen im Hinblick auf die Übertragung von Befugnissen auf die Kommission nur Befugnisse der Kommission betreffen, müssen sie von den Mitgliedstaaten nicht in nationales Recht umgesetzt werden.
(15)
Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich festzulegen, dass Pollen als natürlicher honigeigener Bestandteil nicht als Zutat von Honig angesehen werden sollte, die Kennzeichnungsbestimmungen für Fälle, in denen Honig seinen Ursprung in mehr als einem Mitgliedstaat oder Drittland hat, klarzustellen und den Umfang der derzeit auf die Kommission übertragenen Befugnisse zu überprüfen, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 11 vom 15.1.2013, S. 88.

(2)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 16. April 2014 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 8. Mai 2014.

(3)

Richtlinie 2001/110/EG des Rates vom 20. Dezember 2001 über Honig (ABl. L 10 vom 12.1.2002, S. 47).

(4)

Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 18).

(5)

Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel (ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 1).

(6)

Slg. 2011, S. I-07419.

(7)

Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates (ABl. L 106 vom 17.4.2001, S. 1).

(8)

Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1).

(9)

Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

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