Artikel 35 MiFID2 (RL 2014/65/EU)
Errichtung einer Zweigniederlassung
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in ihrem Hoheitsgebiet Wertpapierdienstleistungen und/oder Anlagetätigkeiten sowie Nebendienstleistungen im Einklang mit dieser Richtlinie und der Richtlinie 2013/36/EU im Wege der Niederlassungsfreiheit — sei es durch die Errichtung einer Zweigniederlassung oder durch Heranziehung eines vertraglich gebundenen Vermittlers, der in einem anderen Mitgliedstaat als dem Herkunftsmitgliedstaat niedergelassen ist — erbracht bzw. ausgeübt werden können, sofern diese Dienstleistungen und Tätigkeiten von der der Wertpapierfirma oder dem Kreditinstitut im Herkunftsmitgliedstaat erteilten Zulassung abgedeckt sind. Nebendienstleistungen dürfen nur in Verbindung mit einer Wertpapierdienstleistung und/oder Anlagetätigkeit erbracht werden.
Mit Ausnahme der nach Absatz 8 zulässigen Auflagen sehen die Mitgliedstaaten keine zusätzlichen Anforderungen an die Errichtung und den Betrieb einer Zweigniederlassung in den von dieser Richtlinie erfassten Bereichen vor.
(2) Die Mitgliedstaaten schreiben jeder Wertpapierfirma, die im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eine Zweigniederlassung errichten oder vertraglich gebundene Vermittler, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind, in dem sie keine Zweigniederlassung errichtet hat, heranziehen möchte, vor, die zuständige Behörde ihres Herkunftsmitgliedstaats zuvor davon in Kenntnis zu setzen und dieser folgende Angaben zu übermitteln:
- a)
- die Mitgliedstaaten, in deren Hoheitsgebiet die Errichtung einer Zweigniederlassung geplant ist, oder die Mitgliedstaaten, in denen sie keine Zweigniederlassung errichtet hat, in denen sie jedoch vertraglich gebundene Vermittler, die dort niedergelassen sind, heranzuziehen beabsichtigt;
- b)
- einen Geschäftsplan, aus dem unter anderem die Art der angebotenen Wertpapierdienstleistungen und/oder Anlagetätigkeiten sowie Nebendienstleistungen hervorgeht;
- c)
- gegebenenfalls die Organisationsstruktur der Zweigniederlassung erläutert und angibt, ob beabsichtigt ist, dass die Zweigniederlassung vertraglich gebundene Vermittler heranzieht, sowie die Namen dieser vertraglich gebundenen Vermittler;
- d)
- falls in einem Mitgliedstaat, in dem eine Wertpapierfirma keine Zweigniederlassung errichtet hat, vertraglich gebundene Vermittler herangezogen werden sollen, eine Beschreibung des beabsichtigten Einsatzes dieser Vermittler und der Organisationsstruktur, was auch Berichtslinien mit einschließt, aus denen hervorgeht, wie die Vermittler in die Unternehmensstruktur der Wertpapierfirma eingeordnet sind;
- e)
- die Anschrift, unter der im Aufnahmemitgliedstaat Unterlagen angefordert werden können,
- f)
- die Namen der verantwortlichen Geschäftsführer der Zweigniederlassung oder des vertraglich gebundenen Vermittlers.
Zieht eine Wertpapierfirma einen vertraglich gebundenen Vermittler heran, der in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Herkunftsmitgliedstaat ansässig ist, wird dieser vertraglich gebundene Vermittler der Zweigniederlassung — sofern eine solche errichtet wurde — gleichgestellt und unterliegt in jedem Fall den für Zweigniederlassungen geltenden Bestimmungen dieser Richtlinie.
(3) Sofern die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats in Anbetracht der geplanten Tätigkeiten keinen Grund hat, die Angemessenheit der Verwaltungsstrukturen oder der Finanzlage der Wertpapierfirma anzuzweifeln, übermittelt sie die Angaben innerhalb von drei Monaten nach Eingang sämtlicher Angaben der gemäß Artikel 79 Absatz 1 als Kontaktstelle benannten zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats und teilt dies der betreffenden Wertpapierfirma mit.
(4) Zusätzlich zu den Angaben gemäß Absatz 2 übermittelt die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats genaue Angaben zu dem anerkannten Anlegerentschädigungssystem, dem die Wertpapierfirma gemäß der Richtlinie 97/9/EG angeschlossen ist. Im Falle einer Änderung dieser Angaben teilt die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats dies der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats mit.
(5) Verweigert die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats die Übermittlung der Angaben an die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats, nennt sie der betroffenen Wertpapierfirma innerhalb von drei Monaten nach Eingang sämtlicher Angaben die Gründe dafür.
(6) Nach Eingang einer Mitteilung der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats oder bei deren Nichtäußerung spätestens nach zwei Monaten nach Weiterleitung der Mitteilung durch die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats, kann die Zweigniederlassung errichtet werden und ihre Tätigkeit aufnehmen.
(7) Jedes Kreditinstitut, das zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und/oder zur Ausübung von Anlagetätigkeiten und Nebendienstleistungen im Einklang mit dieser Richtlinie einen vertraglich gebundenen Vermittler heranziehen möchte, der in einem anderen Mitgliedstaat als seinem Herkunftsmitgliedstaat ansässig ist, teilt dies der zuständigen Behörde seines Herkunftsmitgliedstaats mit und übermittelt dieser die in Absatz 2 genannten Informationen.
Sofern die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats keinen Grund hat, die Angemessenheit der Verwaltungsstrukturen oder der Finanzlage des Kreditinstituts anzuzweifeln, übermittelt es die Angaben innerhalb von drei Monaten nach Eingang sämtlicher Angaben der gemäß Artikel 79 Absatz 1 als Kontaktstelle benannten zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats und teilt dies dem betreffenden Kreditinstitut mit.
Verweigert die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats die Übermittlung der Angaben an die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats, nennt sie dem betreffenden Kreditinstitut innerhalb von drei Monaten nach Eingang sämtlicher Angaben die Gründe dafür.
Nach Eingang einer Mitteilung der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats oder bei Ausbleiben einer solchen Mitteilung spätestens nach zwei Monaten nach der Weiterleitung der Mitteilung durch die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats, kann der vertraglich gebundene Vermittler seine Tätigkeit aufnehmen. Dieser vertraglich gebundene Vermittler unterliegt den für Zweigniederlassungen geltenden Bestimmungen dieser Richtlinie.
(8) Der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem sich die Zweigniederlassung befindet, obliegt es zu gewährleisten, dass die Zweigniederlassung bei Erbringung ihrer Leistungen im Hoheitsgebiet dieses Staates den Verpflichtungen nach den Artikeln 24, 25, 27 und 28 dieser Richtlinie und den Artikeln 14 bis 26 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 sowie den im Einklang damit vom Aufnahmemitgliedstaat erlassenen Maßnahmen nachkommt, soweit sie gemäß Artikel 24 Absatz 12 zulässig sind.
Die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem sich die Zweigniederlassung befindet, hat das Recht, die von der Zweigniederlassung getroffenen Vorkehrungen zu überprüfen und Änderungen zu verlangen, die zwingend notwendig sind, um der zuständigen Behörde zu ermöglichen, die Einhaltung der Verpflichtungen gemäß den Artikeln 24, 25, 27 und 28, dieser Richtlinie und den Artikeln 14 bis 26 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 sowie den im Einklang damit erlassenen Maßnahmen in Bezug auf die Dienstleistungen und/oder Aktivitäten der Zweigniederlassung in ihrem Hoheitsgebiet zu überwachen.
(9) Jeder Mitgliedstaat sieht vor, dass die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats einer Wertpapierfirma, die in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen ist und in seinem Hoheitsgebiet eine Zweigniederlassung errichtet hat, in Wahrnehmung ihrer Pflichten und nach Unterrichtung der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaats vor Ort Ermittlungen in dieser Zweigniederlassung vornehmen kann.
(10) Bei einer Änderung der nach Absatz 2 übermittelten Angaben teilt die Wertpapierfirma der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats diese Änderung mindestens einen Monat vor Durchführung der Änderung schriftlich mit. Die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats wird von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats ebenfalls über diese Änderung in Kenntnis gesetzt.
(11) Die ESMA entwickelt Entwürfe technischer Regulierungsstandards zur Präzisierung der Angaben, die gemäß den Absätzen 2, 4, 7 und 10 zu übermitteln sind.
Die ESMA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 3. Juli 2015 vor.
Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu erlassen.
(12) Die ESMA entwickelt nach Maßgabe der Absätze 2, 3, 4, 7 und 10 Entwürfe technischer Durchführungsstandards, um Standardformulare, Mustertexte und Verfahren für die Übermittlung von Angaben festzulegen.
Die ESMA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Durchführungsstandards bis zum 3. Januar 2016 vor.
Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 1 genannten technischen Durchführungsstandards gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu erlassen.
© Europäische Union 1998-2021
Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.