Präambel RL 2015/566/EU

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen(1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 4,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Richtlinie 2004/23/EG enthält Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung aller zur Verwendung beim Menschen bestimmten menschlichen Gewebe und Zellen sowie für die Spende, Beschaffung und Testung menschlicher Gewebe und Zellen, die in zur Verwendung beim Menschen bestimmten hergestellten Produkten enthalten sind, soweit diese Produkte unter andere Rechtsvorschriften der Union fallen; hierdurch soll ein hohes Gesundheitsschutzniveau in der Union gewährleistet werden.
(2)
Der Austausch von Geweben und Zellen nimmt weltweit zu, weshalb die Richtlinie 2004/23/EG vorsieht, dass die Einfuhr von Geweben und Zellen durch Gewebeeinrichtungen erfolgt, die von den Mitgliedstaaten zu diesem Zweck zugelassen, benannt, genehmigt oder lizenziert wurden. Ausnahmen von dieser Anforderung sind in Artikel 9 Absatz 3 der Richtlinie 2004/23/EG festgelegt; danach können die zuständigen Behörden die Einfuhr spezifischer Gewebe und Zellen unmittelbar genehmigen, wenn die Bedingungen des Artikels 6 der Richtlinie 2006/17/EG der Kommission(2) erfüllt sind oder ein Notfall vorliegt. Diese Ausnahmen finden unter anderem regelmäßig Anwendung, um die Einfuhr hämatopoetischer Stammzellen aus Knochenmark, peripherem Blut oder Nabelschnurblut zu genehmigen, die bei der Behandlung verschiedener lebensbedrohlicher Zustände eingesetzt werden.
(3)
Gemäß der Richtlinie 2004/23/EG müssen Mitgliedstaaten und einführende Gewebeeinrichtungen außerdem sicherstellen, dass Einfuhren von Geweben und Zellen Qualitäts- und Sicherheitsstandards entsprechen, die denen der genannten Richtlinie gleichwertig sind; ferner sieht die Richtlinie vor, dass Verfahren zur Prüfung der Gleichwertigkeit der Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei der Einfuhr von Geweben und Zellen eingeführt werden. Diese Verfahren sollten — unbeschadet der Zollvorschriften der Union — in der vorliegenden Richtlinie festgelegt werden.
(4)
Insbesondere sollten Genehmigungs- und Inspektionsverfahren eingeführt werden, die das bestehende Prüfungsverfahren für in der Union durchgeführte Tätigkeiten im Zusammenhang mit Geweben und Zellen widerspiegeln. Darüber hinaus sollten Verfahren festgelegt werden, die von einführenden Gewebeeinrichtungen im Rahmen ihrer Beziehungen zu ihren Drittlandlieferanten zu befolgen sind.
(5)
Mit Ausnahme der gemäß Artikel 9 Absatz 3 der Richtlinie 2004/23/EG von zuständigen Behörden unmittelbar genehmigten Einfuhren müssen alle Einfuhren von Geweben und Zellen aus Drittländern über einführende Gewebeeinrichtungen erfolgen. Werden gemäß Artikel 9 Absatz 3 der Richtlinie 2004/23/EG Einfuhren von zuständigen Behörden unmittelbar genehmigt, so haben die zuständige Behörden sicherzustellen, dass diese Einfuhren Qualitäts- und Sicherheitsstandards entsprechen, die denen der genannten Richtlinie gleichwertig sind.
(6)
Gewebe und Zellen sollten üblicherweise von einer Gewebebank oder einer Abteilung eines Krankenhauses eingeführt werden, die zum Zweck ihrer Einfuhrtätigkeiten als einführende Gewebeeinrichtung zugelassen, benannt, genehmigt oder lizenziert ist. Gewebebanken oder Abteilungen von Krankenhäusern sollten als einführende Gewebeeinrichtungen gelten, wenn sie Partei einer vertraglichen Vereinbarung mit einem Drittlandlieferanten über die Einfuhr von Geweben und Zellen sind. Ist eine Organisation, die Vermittlungstätigkeiten anbietet, Partei einer vertraglichen Vereinbarung mit einem Drittlandlieferanten, welche die Ermöglichung der Einfuhr von Geweben und Zellen, jedoch nicht die Einfuhr selbst zum Gegenstand hat, so sollte diese Organisation nicht als einführende Gewebeeinrichtung gelten. Den Mitgliedstaaten steht es frei, solche Dienstleistungen außerhalb des Geltungsbereichs der vorliegenden Richtlinie zu regeln.
(7)
Sind andere Stellen, wie zum Beispiel mit der Verwendung beim Menschen befasste Organisationen, Hersteller von Arzneimitteln für neuartige Therapien, Krankenhausärzte oder Einzelpersonen, Partei einer vertraglichen Vereinbarung mit einem Drittlandlieferanten über die Einfuhr von Geweben und Zellen, so sollten diese als einführende Gewebeeinrichtungen gelten. Sie müssen sowohl die Anforderungen der vorliegenden Richtlinie als auch alle einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2004/23/EG erfüllen und für die Zwecke ihrer Einfuhrtätigkeiten von ihren jeweils zuständigen Behörden als einführende Gewebeeinrichtung zugelassen, benannt, genehmigt oder lizenziert sein. Wenn sie nach der Einfuhr auch mit der Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung oder Verteilung der eingeführten Gewebe und Zellen befasst sind, müssen sie für die Zwecke dieser Tätigkeiten ebenfalls von ihren jeweils zuständigen Behörden zugelassen, benannt, genehmigt oder lizenziert sein und die Anforderungen der Richtlinie 2004/23/EG erfüllen. Alternativ können sie aus Drittländern stammende Gewebe und Zellen von Gewebebanken oder Abteilungen von Krankenhäusern in der Union beziehen, die von ihren jeweils zuständigen Behörden als einführende Gewebeeinrichtung zugelassen, benannt, genehmigt oder lizenziert sind.
(8)
Wenn einführende Gewebeeinrichtungen auch für die Tätigkeiten, die sie in der Union durchführen, als Gewebeeinrichtung zugelassen, benannt, genehmigt oder lizenziert sind, können die Mitgliedstaaten ihre Genehmigungs-, Inspektions- und Berichtsverfahren angleichen, sofern die in der vorliegenden Richtlinie festgelegten Verfahren befolgt werden.
(9)
Um die Verteilung eingeführter Gewebe und Zellen innerhalb der Union — auch in Fällen, in denen eine solche Verteilung grenzüberschreitend erfolgt — zu erleichtern, sollte(n) die zuständige(n) Behörde(n) die Bescheinigung über die Zulassung, Benennung, Genehmigung oder Lizenzierung der einführenden Gewebeeinrichtung ausstellen.
(10)
Den Inspektionsmaßnahmen kommt bei der in der Richtlinie 2004/23/EG vorgeschriebenen Prüfung der Gleichwertigkeit der Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei eingeführten Geweben und Zellen große Bedeutung zu. Die Mitgliedstaaten werden daher bestärkt, wo dies sinnvoll ist, auch bei den Drittlandlieferanten Inspektionen vorzunehmen und mit anderen Mitgliedstaaten, in welche die eingeführten Gewebe und Zellen voraussichtlich verteilt werden, zusammenzuarbeiten. Den Mitgliedstaaten, in denen sich die einführenden Gewebeeinrichtungen befinden, obliegt es, die am besten geeigneten Maßnahmen zu treffen und zu entscheiden, ob Vor-Ort-Inspektionen bei Drittlandlieferanten durchgeführt werden müssen.
(11)
Das Verfahrenshandbuch für die zuständigen Behörden zu Inspektionen wurde dahingehend aktualisiert, dass Inspektionen bei einführenden Gewebeeinrichtungen und ihren Zulieferern aus Drittländern nunmehr mit berücksichtigt sind; es bietet den Mitgliedstaaten Orientierung bei der Durchführung solcher Inspektionsmaßnahmen.
(12)
Die einführenden Gewebeeinrichtungen sollten prüfen, ob die Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei den von ihnen in die Union eingeführten Geweben und Zellen den Qualitäts- und Sicherheitsstandards der Richtlinie 2004/23/EG gleichwertig sind. Schriftliche Vereinbarungen mit Drittlandlieferanten sowie die zu erstellende und den zuständigen Behörden vorzulegende Dokumentation sind äußerst wichtig, um sicherzustellen, dass eine solche Prüfung erfolgt, und um insbesondere die Rückverfolgbarkeit zum Spender und die Beachtung des Grundsatzes der freiwilligen und unentgeltlichen Spende im Einklang mit der Richtlinie 2004/23/EG zu gewährleisten. Darüber hinaus werden die einführenden Gewebeeinrichtungen angehalten, im Rahmen dieser Prüfung Audits bei ihren Zulieferern aus Drittländern vorzunehmen.
(13)
Die einführenden Gewebeeinrichtungen sollten sicherstellen, dass der Einheitliche Europäische Code gemäß der Richtlinie 2006/86/EG der Kommission(3) auf die eingeführten Gewebe und Zellen angewandt wird, indem sie diese Aufgabe entweder selbst wahrnehmen oder den Zulieferern aus Drittländern im Rahmen ihrer mit diesen getroffenen schriftlichen Vereinbarungen übertragen.
(14)
Den Mitgliedstaaten sollte es gestattet sein, einmalige Ausfuhren von den Anforderungen der vorliegenden Richtlinie in Bezug auf Dokumentation und schriftliche Vereinbarungen auszunehmen. Derartige einmalige Ausfuhren sollten jedoch von zugelassenen, benannten, genehmigten oder lizenzierten einführenden Gewebeeinrichtungen durchgeführt werden und grundsätzlich, bezogen auf denselben Drittlandlieferanten, nicht regelmäßig oder wiederholt erfolgen. Die Gewährung solcher Ausnahmen sollte auf Fälle beschränkt werden, in denen Personen in einem Drittland Gewebe und Zellen zu ihrer künftigen Verwendung lagern oder gelagert haben — dies betrifft insbesondere Partnerspenden von Geweben und Zellen, die in der Reproduktionsmedizin genutzt werden, autologe Spenden oder für nahe Verwandte bestimmte Spenden — und später die Einfuhr dieser Gewebe oder Zellen in die Union im eigenen Namen wünschen. Eine derartige Einfuhr einer spezifischen Art von Geweben oder Zellen dürfte normalerweise bei einem bestimmten Empfänger höchstens einmal vorkommen und sollte keine Gewebe oder Zellen zur Weitergabe an Dritte umfassen.
(15)
Diese Richtlinie hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, strengere Maßnahmen hinsichtlich der Einfuhr von Geweben und Zellen beizubehalten oder einzuführen, insbesondere um die Beachtung des Grundsatzes der freiwilligen und unentgeltlichen Spende zu gewährleisten, sofern die Bestimmungen des Vertrags eingehalten werden.
(16)
Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des gemäß Artikel 29 Absatz 3 der Richtlinie 2004/23/EG eingesetzten Regelungsausschusses für Gewebe und Zellen —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 102 vom 7.4.2004, S. 48.

(2)

Richtlinie 2006/17/EG der Kommission vom 8. Februar 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich technischer Vorschriften für die Spende, Beschaffung und Testung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 38 vom 9.2.2006, S. 40).

(3)

Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 294 vom 25.10.2006, S. 32).

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