Artikel 30 RL 2015/849/EU
(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in ihrem Gebiet eingetragenen Gesellschaften oder anderen juristischen Personen angemessene, präzise und aktuelle Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer, einschließlich genauer Angaben zum wirtschaftlichen Interesse, einholen und aufbewahren müssen. Die Mitgliedstaaten tragen auch dafür Sorge, dass für Verstöße gegen diesen Artikel wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Maßnahmen oder Sanktionen verhängt werden.
Sie stellen sicher, dass diese Gesellschaften und sonstigen juristischen Personen den Verpflichteten, wenn sie Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden gemäß Kapitel II anwenden, zusätzlich zu den Informationen über ihren rechtlichen Eigentümer auch Angaben zum wirtschaftlichen Eigentümer vorlegen müssen.
Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass die wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften oder anderen juristischen Personen, einschließlich über Anteile, Stimmrechte, Beteiligungen, Inhaberaktien oder andere Formen der Kontrolle, diesen Einheiten alle notwendigen Informationen zur Verfügung stellen, damit die Gesellschaft oder andere juristische Person die Anforderungen gemäß Unterabsatz 1 erfüllen kann.
(2) Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass die zuständigen Behörden und die zentralen Meldestellen zeitnah auf die in Absatz 1 genannten Angaben zugreifen können.
(3) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in Absatz 1 genannten Angaben in einem zentralen Register in jedem Mitgliedstaat aufbewahrt werden, z. B. in einem in Artikel 3 der Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(1) genannten Handels- oder Gesellschaftsregister oder in einem öffentlichen Register. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission eine Beschreibung der Merkmale dieser nationalen Mechanismen. Die Angaben zu den wirtschaftlichen Eigentümern in diesen Datenbanken können gemäß den nationalen Systemen erhoben werden.
(4) Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass die Angaben, die im zentralen Register gemäß Absatz 3 aufbewahrt werden, angemessen, präzise und aktuell sind, und schaffen entsprechende Mechanismen. Diese Mechanismen umfassen eine Verpflichtung der Verpflichteten und — sofern angemessen und soweit diese Verpflichtung ihre Funktionen nicht unnötig beeinträchtigt — der zuständigen Behörden, etwaige Unstimmigkeiten zu melden, die sie zwischen den Angaben über die wirtschaftlichen Eigentümer, die in den zentralen Registern zur Verfügung stehen, und den ihnen zur Verfügung stehenden Angaben über die wirtschaftlichen Eigentümer feststellen. Wenn Unstimmigkeiten gemeldet werden, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass angemessene Maßnahmen ergriffen werden, um diese Unstimmigkeiten zeitnah zu beseitigen, und gegebenenfalls in der Zwischenzeit eine entsprechende Anmerkung im zentralen Register vorgenommen wird.
(5) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Angaben zum wirtschaftlichen Eigentümer in allen Fällen zugänglich sind für
- a)
- die zuständigen Behörden und die zentralen Meldestellen, ohne Einschränkung,
- b)
- Verpflichtete im Rahmen der Sorgfaltsprüfung gegenüber Kunden im Einklang mit Kapitel II,
- c)
- jeder Person oder Organisation die ein begründetes Interesse nachweisen kann.
Die in Unterabsatz 1 Buchstabe c genannten Personen oder Organisationen wird Zugang zu mindestens dem Namen, dem Monat und Jahr der Geburt und dem Wohnsitzland und der Staatsangehörigkeit des wirtschaftlichen Eigentümers sowie der Art und dem Umfang des wirtschaftlichen Interesses.
Die Mitgliedstaaten können unter Bedingungen, die im nationalen Recht festzulegen sind, den Zugang zu weiteren Informationen vorsehen, die die Identifizierung des wirtschaftlichen Eigentümers ermöglichen. Diese weiteren Informationen umfassen im Einklang mit den Datenschutzbestimmungen mindestens das Geburtsdatum oder die Kontaktdaten.
(5a) Die Mitgliedstaaten können entscheiden, die in ihren nationalen Registern gemäß Absatz 3 gespeicherten Informationen unter der Bedingung zur Verfügung zu stellen, dass eine Online-Registrierung erfolgt und eine Gebühr gezahlt wird, die die Verwaltungskosten für die Bereitstellung der Informationen einschließlich der Kosten für Betrieb und Weiterentwicklung des Registers nicht überschreiten darf.
(6) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden und die zentralen Meldestellen zeitnah und ungehindert sowie ohne Einschränkungen und ohne Inkenntnissetzung des betroffenen Unternehmens auf alle im zentralen Register nach Absatz 3 gespeicherten Informationen zugreifen können. Die Mitgliedstaaten erlauben auch, dass Verpflichtete bei der Wahrnehmung ihrer Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden gemäß Kapitel II zeitnah auf diese Informationen zugreifen können.
Zuständige Behörden, denen Zugang zu dem in Absatz 3 genannten zentralen Register zu gewähren ist, sind alle Behörden, denen Zuständigkeiten für die Bekämpfung der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung übertragen wurden, sowie Steuerbehörden, Aufsichtsbehörden von Verpflichteten und Behörden, die für Ermittlungen oder Strafverfolgungsmaßnahmen in Fällen von Geldwäsche und damit zusammenhängenden Vortaten und von Terrorismusfinanzierung sowie für die Ermittlung, die Beschlagnahme, das Einfrieren und die Einziehung von Vermögenswerten aus Straftaten zuständig sind.
(7) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die zuständigen Behörden und die zentralen Meldestellen in der Lage sind, die Informationen nach den Absätzen 1 und 3 zeitnah und kostenlos an die zuständigen Behörden und die zentralen Meldestellen anderer Mitgliedstaaten zu liefern.
(8) Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass sich die Verpflichteten nicht ausschließlich auf das in Absatz 3 genannte zentrale Register verlassen dürfen, um ihre Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden nach Kapitel II zu erfüllen. Bei der Erfüllung dieser Pflichten ist nach einem risikobasierten Ansatz vorzugehen.
(9) Für außergewöhnliche, nach nationalem Recht festzulegende Umstände, unter denen der wirtschaftliche Eigentümer durch den in Absatz 5 Unterabsatz 1 Buchstaben b und c genannten Zugang einem unverhältnismäßigen Risiko von Betrug, Entführung, Erpressung, Schutzgelderpressung, Schikane, Gewalt oder Einschüchterung ausgesetzt würde, oder für den Fall, dass der wirtschaftliche Eigentümer minderjährig oder anderweitig geschäftsunfähig ist, können die Mitgliedstaaten im Einzelfall eine Ausnahme von dem besagten vollständigen oder teilweisen Zugang zu den Informationen über den wirtschaftlichen Eigentümer vorsehen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass diese Ausnahmen nach eingehender Bewertung der außergewöhnlichen Natur der Umstände gewährt werden. Rechte auf eine verwaltungsrechtliche Prüfung des Beschlusses über die Ausnahme und auf einen wirksamen Rechtsbehelf werden gewahrt. Ein Mitgliedstaat, der Ausnahmen gewährt hat, veröffentlicht jährlich statistische Daten über die Anzahl der gewährten Ausnahmen und deren Begründungen und legt diese Daten der Kommission vor.
Die gemäß Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes gewährten Ausnahmen gelten weder für Kredit- und Finanzinstitute noch für Verpflichtete gemäß Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz 3 Buchstabe b, bei denen es sich um öffentliche Bedienstete handelt.
(10) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Absatz 3 genannten zentralen Register über die durch Artikel 22 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates(2) geschaffene zentrale Europäische Plattform miteinander vernetzt werden. Die Vernetzung der zentralen Register der Mitgliedstaaten mit der Plattform erfolgt nach Maßgabe der technischen Spezifikationen und Verfahren, die durch von der Kommission gemäß Artikel 24 der Richtlinie (EU) 2017/1132 und Artikel 31a der vorliegenden Richtlinie erlassene Durchführungsrechtsakte festgelegt werden.
Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die in Absatz 1 genannten Informationen über das Netz der nationalen Register gemäß Artikel 22 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2017/1132 und im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Absätze 5, 5a und 6 des vorliegenden Artikels verfügbar sind.
Die in Absatz 1 genannten Informationen bleiben nach der Löschung einer Gesellschaft oder einer anderen juristischen Person aus dem Register noch für einen Zeitraum von mindestens fünf und höchstens zehn Jahren über die nationalen Register und das Netz der nationalen Register öffentlich zugänglich. Die Mitgliedstaaten arbeiten untereinander und mit der Kommission zusammen, um die verschiedenen Arten des Zugangs gemäß diesem Artikel umzusetzen.
Fußnote(n):
- (1)
Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. L 258 vom 1.10.2009, S. 11).
Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (ABl. L 169 vom 30.6.2017, S. 46).
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