Präambel RL 2016/1065/EU

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 113,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates(3) regelt Zeitpunkt und Ort der Lieferung von Gegenständen und der Erbringung von Dienstleistungen, die Steuerbemessungsgrundlage, den Steueranspruch und das Recht auf Vorsteuerabzug. Diese Vorschriften sind jedoch nicht hinreichend klar oder umfassend, um eine einheitliche steuerliche Behandlung von Gutscheine betreffenden Umsätzen zu gewährleisten, so dass das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts beeinträchtigt wird.
(2)
Um eine bestimmte, einheitliche Behandlung zu gewährleisten, um den Grundsätzen einer allgemeinen, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionalen Verbrauchsteuer Rechnung zu tragen, um Inkohärenzen, Wettbewerbsverzerrungen, Doppelbesteuerung oder Nichtbesteuerung zu vermeiden und die Gefahr von Steuerumgehung zu vermindern werden für die mehrwertsteuerliche Behandlung von Gutscheinen spezielle Vorschriften benötigt.
(3)
Angesichts der seit dem 1. Januar 2015 anwendbaren neuen Vorschriften über den Ort der Dienstleistung für Telekommunikations- und Rundfunkdienstleistungen sowie elektronisch erbrachte Dienstleistungen ist eine gemeinsame Lösung für Gutscheine erforderlich, um sicherzustellen, dass keine Diskrepanzen in Bezug auf zwischen den Mitgliedstaaten gelieferte Gutscheine entstehen. Dazu ist es unabdingbar, Vorschriften zur Klärung der mehrwertsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen festzulegen.
(4)
Diese Vorschriften sollten nur Gutscheine betreffen, die zur Einlösung gegen Gegenstände oder Dienstleistungen verwendet werden können. Sie sollten dagegen nicht für Instrumente gelten, die den Inhaber zu einem Preisnachlass beim Erwerb von Gegenständen oder Dienstleistungen berechtigen, aber nicht das Recht verleihen, solche Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten.
(5)
Die Bestimmungen über Gutscheine sollten keine Änderung der mehrwertsteuerlichen Behandlung von Fahrscheinen, Eintrittskarten für Kinos und Museen, Briefmarken und Ähnlichem zur Folge haben.
(6)
Um eindeutig zu bestimmen, was einen Gutschein für mehrwertsteuerliche Zwecke ausmacht, und um Gutscheine von Zahlungsinstrumenten zu unterscheiden, müssen Gutscheine — die gegenständlich sein oder eine elektronische Form haben können — definiert werden, so dass ihre wesentlichen Merkmale und insbesondere die Art des durch einen Gutschein verkörperten Rechts und der Pflicht, ihn als Gegenleistung für die Lieferung von Gegenständen oder die Erbringung von Dienstleistungen anzunehmen, erfasst werden.
(7)
Die mehrwertsteuerliche Behandlung der mit Gutscheinen verbundenen Umsätze hängt von den speziellen Merkmalen des Gutscheins ab. Daher ist zwischen verschiedenen Arten von Gutscheinen zu unterscheiden, und die Unterscheidungsmerkmale sind in Rechtsvorschriften der Union zu regeln.
(8)
Kann die mehrwertsteuerliche Behandlung, die auf die zugrunde liegende Lieferung von Gegenständen oder Erbringung von Dienstleistungen anzuwenden ist, bereits bei der Ausstellung eines Einzweck-Gutscheins mit Sicherheit bestimmt werden, so sollte die Mehrwertsteuer auf jede Übertragung einschließlich der Ausstellung des Einzweck-Gutscheins erhoben werden. Die tatsächliche Übergabe der Gegenstände oder die tatsächliche Erbringung der Dienstleistungen, die im Gegenzug für einen Einzweck-Gutschein erfolgt, sollte nicht als unabhängiger Umsatz gelten. Bei Mehrzweck-Gutscheinen muss klargestellt werden, dass die Mehrwertsteuer zu dem Zeitpunkt erhoben werden sollte, zu dem die Gegenstände oder die Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht, geliefert bzw. erbracht werden. Daher sollte jede vorherige Übertragung von Mehrzweck-Gutscheinen nicht der Mehrwertsteuer unterliegen.
(9)
Bei Einzweck-Gutscheinen, die bei der Übertragung einschließlich der Ausstellung des Einzweck-Gutscheins durch einen Steuerpflichtigen, der im eigenen Namen handelt, besteuert werden können, wird jede Übertragung, einschließlich der Ausstellung dieses Gutscheins, als Lieferung der Gegenstände oder Erbringung der Dienstleistungen angesehen, auf die sich der Einzweck-Gutschein bezieht. Ein solcher Steuerpflichtiger müsste in diesem Fall die Mehrwertsteuer auf die Gegenleistung abführen, die er für den Einzweck-Gutschein gemäß Artikel 73 der Richtlinie 2006/112/EG erhalten hat. Werden Einzweck-Gutscheine jedoch von einem Steuerpflichtigen ausgestellt oder vertrieben, der im Namen einer anderen Person handelt, würde dieser Steuerpflichtige nicht als an der zugrunde liegenden Lieferung oder Erbringung beteiligt gelten.
(10)
Nur Vermittlungsleistungen oder gesonderte Dienstleistungen wie Vertriebs- oder Absatzförderungsleistungen würden der Mehrwertsteuer unterliegen. Wenn also ein Steuerpflichtiger, der nicht im eigenen Namen handelt, eine gesonderte Gegenleistung für die Übertragung eines Gutscheins erhält, sollte diese Gegenleistung nach den normalen Mehrwertsteuerregelungen zu versteuern sein.
(11)
Um sicherzustellen, dass der Mehrwertsteuerbetrag, der für Mehrzweck-Gutscheine gezahlt wird, bei denen die Mehrwertsteuer auf die zugrunde liegende Lieferung von Gegenständen oder Erbringung von Dienstleistungen erst bei der Einlösung erhoben wird, korrekt ist, sollte bei Mehrzweck-Gutscheinen der Lieferer der Gegenstände oder Erbringer der Dienstleistungen unbeschadet des Artikels 73 der Richtlinie 2006/112/EG die Mehrwertsteuer auf der Grundlage der für den Mehrzweck-Gutschein gezahlten Gegenleistung abführen. In Ermangelung entsprechender Informationen sollte die Steuerbemessungsgrundlage dem auf dem Mehrzweck-Gutschein selbst oder in den damit zusammenhängenden Unterlagen angegebenen Geldwert entsprechen, abzüglich des Betrags der auf die gelieferten Gegenstände oder die erbrachten Dienstleistungen erhobenen Mehrwertsteuer. Wird ein Mehrzweck-Gutschein bei der Lieferung von Gegenständen oder der Erbringung von Dienstleistungen teilweise verwendet, so sollte die Steuerbemessungsgrundlage dem entsprechenden Teil der Gegenleistung oder des Geldwerts entsprechen, abzüglich des Betrags der auf die gelieferten Gegenstände oder die erbrachten Dienstleistungen erhobenen Mehrwertsteuer.
(12)
Diese Richtlinie zielt nicht auf die Situationen ab, in denen ein Mehrzweck-Gutschein nicht während seiner Gültigkeitsdauer vom Endverbraucher eingelöst wird, und der Verkäufer die für diesen Gutschein erhaltene Gegenleistung einbehält.
(13)
Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Vereinfachung, Modernisierung und Harmonisierung der Mehrwertsteuervorschriften für Gutscheine, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(14)
Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission vom 28. September 2011 zu erläuternden Dokumenten haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein Dokument oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen innerstaatlicher Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt.
(15)
Die Bestimmungen hinsichtlich der mehrwertsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen sollten nur für nach dem 31. Dezember 2018 ausgestellte Gutscheine gelten; sie berühren nicht die Gültigkeit der von den Mitgliedstaaten in der Vergangenheit angenommenen Rechtsvorschriften und Auslegungen.
(16)
Die Richtlinie 2006/112/EG sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 45 vom 5.2.2016, S. 173.

(2)

ABl. C 11 vom 15.1.2013, S. 27.

(3)

Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1).

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