Artikel 9 RL 2016/798/EU
Sicherheitsmanagementsysteme
(1) Die Infrastrukturbetreiber und die Eisenbahnunternehmen führen jeweils ein Sicherheitsmanagementsystem ein, um sicherzustellen, dass das Eisenbahnsystem der Union mindestens die CST erreichen kann und die in den TSI festgelegten Sicherheitsanforderungen erfüllt und dass die einschlägigen Teile der CSM sowie die gemäß Artikel 8 notifizierten nationalen Vorschriften angewandt werden.
(2) Das Sicherheitsmanagementsystem wird in allen wichtigen Elementen dokumentiert; insbesondere wird die Zuständigkeitsverteilung innerhalb der Organisation des Infrastrukturbetreibers oder des Eisenbahnunternehmens beschrieben. Es zeigt, auf welche Weise die Geschäftsleitung die Kontrolle in den verschiedenen Bereichen sicherstellt, das Personal und seine Vertreter auf allen Ebenen einbezogen werden und die fortlaufende Verbesserung des Sicherheitsmanagementsystems gewährleistet wird. Es enthält ein eindeutiges Bekenntnis zur durchgängigen Anwendung von Kenntnissen des Faktors Mensch und von Methoden zum Umgang damit. Mit dem Sicherheitsmanagementsystem fördern Infrastrukturbetreiber und Eisenbahnunternehmen eine Kultur des gegenseitigen Vertrauens und des wechselseitigen Lernens, durch die das Personal ermutigt wird, zum Ausbau der Sicherheit beizutragen, während gleichzeitig die Vertraulichkeit gewährleistet wird.
(3) Das Sicherheitsmanagementsystem enthält folgende Grundelemente:
- a)
- eine Sicherheitsordnung, die vom Unternehmensleiter genehmigt und dem gesamten Personal mitgeteilt wird;
- b)
- die Organisation betreffende qualitative und quantitative Ziele zur Erhaltung und Verbesserung der Sicherheit sowie Pläne und Verfahren für die Erreichung dieser Ziele;
- c)
- Verfahren zur Einhaltung bestehender, neuer und geänderter Normen technischer und betrieblicher Art oder anderer Vorgaben, die in TSI, nationalen Vorschriften gemäß Artikel 8 und Anhang II, sonstigen einschlägigen Vorschriften oder behördlichen Entscheidungen festgelegt sind;
- d)
- Verfahren, mit denen sichergestellt wird, dass die Normen und anderen Vorgaben während der gesamten Lebensdauer des Materials und während des gesamten Betriebs erfüllt werden;
- e)
- Verfahren und Methoden für die Ermittlung von Risiken, die Durchführung von Risikobewertungen und die Anwendung von Maßnahmen zur Risikokontrolle für den Fall, dass sich aus geänderten Betriebsbedingungen oder dem Einsatz von neuem Material neue Risiken für die Infrastruktur oder die Schnittstellen zwischen Mensch, Maschine und Organisation ergeben;
- f)
- die Schulungsprogramme für das Personal und Systeme, die sicherstellen, dass die Qualifikation des Personals aufrechterhalten und die Arbeit dementsprechend ausgeführt wird, einschließlich Vorkehrungen für die physische und psychische Eignung;
- g)
- Vorkehrungen für einen ausreichenden Informationsfluss innerhalb der Organisation und gegebenenfalls zwischen Organisationen des Eisenbahnsystems;
- h)
- Verfahren und Formate für die Dokumentierung von Sicherheitsinformationen und Bestimmung von Verfahren zur Kontrolle der Konfiguration von entscheidenden Sicherheitsinformationen;
- i)
- Verfahren, die sicherstellen, dass Unfälle, Störungen, Beinaheunfälle und sonstige gefährliche Ereignisse gemeldet, untersucht und ausgewertet werden und die erforderlichen Präventionsmaßnahmen ergriffen werden;
- j)
- die Bereitstellung von Einsatz-, Alarm- und Informationsplänen für den Notfall in Absprache mit den zuständigen Behörden; und
- k)
- Bestimmungen über regelmäßige interne Nachprüfungen des Sicherheitsmanagementsystems.
Die Infrastrukturbetreiber und Eisenbahnunternehmen nehmen entsprechend den Ergebnissen der Bewertung der Risiken, die sich aus ihren eigenen Tätigkeiten ergeben, jedes andere Element auf, das erforderlich ist, um Sicherheitsrisiken abzudecken.
(4) Das Sicherheitsmanagementsystem trägt der Betriebsart, dem Betriebsumfang und dem geografischen Tätigkeitsgebiet und anderen Merkmalen der ausgeübten Tätigkeit Rechnung. Es gewährleistet die Kontrolle aller Risiken, die mit der Tätigkeit des Infrastrukturbetreibers oder Eisenbahnunternehmens, einschließlich Instandhaltungsarbeiten und unbeschadet des Artikel 14 der Materialbeschaffung sowie des Einsatzes von Auftragnehmern, verbunden sind. Unbeschadet geltender nationaler und internationaler Haftungsregeln berücksichtigt das Sicherheitsmanagementsystem, soweit angezeigt und angemessen, auch die Risiken, die sich aus der Tätigkeit anderer in Artikel 4 genannter Akteure ergeben.
(5) Das Sicherheitsmanagementsystem jedes Infrastrukturbetreibers berücksichtigt die Folgen, die sich aus der betrieblichen Tätigkeit verschiedener Eisenbahnunternehmen auf dem Netz ergeben, und gewährleistet, dass alle Eisenbahnunternehmen im Einklang mit den TSI, den nationalen Vorschriften und den Anforderungen ihrer Sicherheitsbescheinigung tätig sein können.
Sicherheitsmanagementsysteme werden mit dem Ziel entwickelt, die Notfallverfahren des Infrastrukturbetreibers mit allen Eisenbahnunternehmen, die seine Infrastruktur nutzen, und mit den Notfalldiensten zu koordinieren, um ein schnelles Eingreifen der Rettungsdienste zu erleichtern, sowie mit allen sonstigen Akteuren, die in einer Notsituation hinzugezogen werden könnten. Bei grenzüberschreitender Infrastruktur wird die erforderliche Koordinierung und Vorbereitung der zuständigen Notfalldienste beiderseits der Grenze durch die Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Infrastrukturbetreibern erleichtert.
Nach einem schweren Unfall bieten die Eisenbahnunternehmen den Opfern Hilfe an, indem sie sie bei den Beschwerdeverfahren gemäß dem Unionsrecht, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates(1) unterstützen; die Verpflichtungen der anderen Parteien bleiben hiervon unberührt. Bei dieser Hilfe werden Kanäle für die Kommunikation mit den Familien der Opfer genutzt, und es wird u. a. psychologische Hilfe für die Unfallopfer und ihre Familienangehörigen geleistet.
(6) Alle Infrastrukturbetreiber und Eisenbahnunternehmen legen der nationalen Sicherheitsbehörde jedes Jahr vor dem 31. Mai einen jährlichen Sicherheitsbericht vor, der sich auf das vorangegangene Kalenderjahr bezieht. Dieser Sicherheitsbericht beinhaltet Folgendes:
- a)
- Angaben darüber, wie die unternehmensbezogenen Sicherheitsziele erreicht werden, sowie die Ergebnisse der Sicherheitspläne;
- b)
- einen Bericht über die Entwicklung von nationalen Sicherheitsindikatoren und den in Artikel 5 genannten CSI, sofern das für die berichtende Organisation von Belang ist;
- c)
- die Ergebnisse interner Sicherheitsprüfungen;
- d)
- Angaben über Mängel und Störungen des Eisenbahn- bzw. des Infrastrukturbetriebs, die für die nationale Sicherheitsbehörde von Bedeutung sein können, einschließlich einer Zusammenfassung der von den einschlägigen Akteuren nach Artikel 4 Absatz 5 Buchstabe b bereitgestellten Informationen; und
- e)
- einen Bericht über die Anwendung der einschlägigen CSM.
(7) Ausgehend von den Informationen, die die nationalen Sicherheitsbehörden nach den Artikeln 17 und 19 bereitgestellt haben, kann die Agentur eine Empfehlung für eine CSM an die Kommission richten, die gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f Elemente des Sicherheitsmanagementsystems betrifft, das der Harmonisierung auf Unionsebene — unter anderem durch harmonisierte Normen — bedarf. In diesem Fall gilt Artikel 6 Absatz 2.
Fußnote(n):
- (1)
Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 14).
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