Präambel RL 2018/131/EU

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 155 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 153 Absatz 1 Buchstaben a, b und c,

auf Vorschlag der Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Gemäß Artikel 155 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) können Arbeitgeber und Arbeitnehmer (im Folgenden „Sozialpartner” ) gemeinsam beantragen, dass die von ihnen auf Unionsebene geschlossenen Vereinbarungen durch einen Beschluss des Rates auf Vorschlag der Kommission durchgeführt werden.
(2)
Mit der Richtlinie 2009/13/EG des Rates(1) wurde die vom Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) am 19. Mai 2008 geschlossene Vereinbarung zur Überführung der verbindlichen Bestimmungen des Seearbeitsübereinkommens 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) in Unionsrecht umgesetzt, um die geltenden Rechtsvorschriften der Union durch Übernahme der Normen des Seearbeitsübereinkommens, die für Seeleute vorteilhafter sind, zu aktualisieren. Damit wurde das Ziel verfolgt, die Arbeitsbedingungen der Seeleute zu verbessern, insbesondere hinsichtlich der Beschäftigungsverträge, Arbeitszeiten, Heimschaffung, beruflichen Entwicklung und Qualifizierung, Unterkünfte und Freizeiteinrichtungen, Verpflegung einschließlich Bedienung, des Schutzes von Gesundheit und Sicherheit, der medizinischen Betreuung und Beschwerdeverfahren.
(3)
Im Anschluss an internationale Fachtagungen leitete die IAO ein Verfahren zur Änderung des Seearbeitsübereinkommens ein, um auf Befürchtungen im Zusammenhang mit dem Im-Stich-Lassen von Seeleuten und der finanziellen Sicherheit zum einen und mit Ansprüchen aufgrund des Todes oder der Erwerbsunfähigkeit von Seeleuten zum anderen einzugehen. Der im Rahmen des Seearbeitsübereinkommens eingerichtete Dreigliedrige Sonderausschuss hat auf seiner Sitzung vom 7. bis 11. April 2014 zwei Änderungen zu diesen Aspekten gebilligt. Die von den Änderungen betroffenen Regelungen fielen zum Teil in die Zuständigkeit der Union und betrafen Bereiche, in denen die Union Vorschriften erlassen hatte, insbesondere auf dem Gebiet der Sozialpolitik und des Verkehrswesens. Daher hat der Rat am 26. Mai 2014 den Beschluss 2014/346/EU(2) über den Standpunkt, der im Namen der Union auf der 103. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz (IAK) zu vertreten ist, angenommen. Nach dem Standpunkt der Union sollten die Änderungen des Codes des Seearbeitsübereinkommens (im Folgenden „2014 beschlossene Änderungen des Seearbeitsübereinkommens” ) angenommen werden.
(4)
Die 2014 beschlossenen Änderungen des Seearbeitsübereinkommens wurden von der IAK im Rahmen ihrer 103. Tagung am 11. Juni 2014 in Genf gebilligt und sind am 18. Januar 2017 in Kraft getreten. Sie betreffen die Bereitstellung eines wirksamen Systems der finanziellen Sicherheit, um die Rechte der Seeleute im Falle ihres Im-Stich-Lassens zu schützen und eine Entschädigung bei vertraglichen Forderungen aufgrund des Todes oder der Erwerbsunfähigkeit von Seeleuten infolge von Arbeitsunfällen, Krankheiten oder Gefährdungen zu gewährleisten. Sie verbessern und optimieren das bestehende System zum Schutz von Seeleuten, einschließlich der Verpflichtung, einen Nachweis des Systems der finanziellen Sicherheit an Bord der Schiffe mitzuführen und das System auf zwei neue Situationen des Im-Stich-Lassens auszuweiten. Bei diesen Situationen handelt es sich um Fälle, in denen Seeleute ohne Gewährleistung des nötigen Unterhalts und der nötigen Unterstützung zurückgelassen wurden, oder um Fälle, in denen der Reeder einseitig die Verbindung zu den Seeleuten beendet hat; darunter fällt auch die Nichtzahlung vertraglich vereinbarter Heuern für einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten.
(5)
Am 5. Dezember 2016 schlossen die Sozialpartner im Seeverkehr — der ECSA und die ETF — eine Vereinbarung (im Folgenden „Vereinbarung der Sozialpartner” ) zur Änderung der Richtlinie 2009/13/EG im Einklang mit den 2014 beschlossenen Änderungen des Seearbeitsübereinkommens. Sie forderten die Kommission am 12. Dezember 2016 auf, einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates gemäß Artikel 155 Absatz 2 AEUV zur Durchführung ihrer Vereinbarung vorzulegen.
(6)
Die Vereinbarung der Sozialpartner spiegelt den Inhalt der verbindlichen Bestimmungen der 2014 beschlossenen Änderungen des Seearbeitsübereinkommens wider. Die erste Änderung betreffend das System der finanziellen Sicherheit im Falle des Im-Stich-Lassens von Seeleuten bezieht sich sowohl auf den Arbeitsschutz als auch die Arbeitsbedingungen und fällt somit unter Artikel 153 Absatz 1 Buchstaben a und b AEUV. Die zweite Änderung betreffend die Anforderungen an das System der finanziellen Sicherheit zur Sicherstellung einer Entschädigung bei Tod oder Erwerbsunfähigkeit von Seeleuten aufgrund von Arbeitsunfällen, Krankheiten oder Gefährdungen fällt unter Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe c AEUV über die soziale Sicherheit und den Sozialschutz von Arbeitnehmern. Die Vereinbarung der Sozialpartner bezieht sich daher auf Angelegenheiten, die in den Geltungsbereich von Artikel 153 AEUV fallen, und kann nach Artikel 155 Absatz 2 AEUV durch einen Beschluss des Rates auf Vorschlag der Kommission durchgeführt werden. Für die Zwecke des Artikels 288 AEUV ist eine Richtlinie das angemessene Instrument für die Durchführung der Vereinbarung der Sozialpartner.
(7)
In Übereinstimmung mit der Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 1998 über die Anpassung und Förderung des sozialen Dialogs auf Gemeinschaftsebene hat die Kommission die Repräsentativität der Vertragsparteien und die Rechtmäßigkeit der Klauseln der Vereinbarung der Sozialpartner geprüft.
(8)
Durch die Vereinbarung der Sozialpartner wird die zwischen ECSA und ETF am 19. Mai 2008 im Hinblick auf das Seearbeitsübereinkommen geschlossene Vereinbarung, die im Anhang der Richtlinie 2009/13/EG enthalten ist, geändert und werden die 2014 beschlossenen Änderungen des Seearbeitsübereinkommens in die Richtlinie übernommen, um die Arbeitsbedingungen, die Gesundheit und Sicherheit sowie den Sozialschutz der Seeleute an Bord von Schiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats zu verbessern.
(9)
Mit der Änderung der Richtlinie 2009/13/EG infolge der Vereinbarung der Sozialpartner fallen die verbindlichen Bestimmungen der 2014 beschlossenen Änderungen des Seearbeitsübereinkommens, die bereits unter das Kontrollsystem des Seearbeitsübereinkommen fallen, nunmehr in den Geltungsbereich der Richtlinie 2013/54/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(3) sowie unter das unionsrechtliche Aufsichts- und Kontrollsystem, einschließlich der Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union. Dies wird wahrscheinlich zu einer strikteren Einhaltung seitens der Mitgliedstaaten und Reeder führen.
(10)
Unbeschadet der Bestimmungen der Vereinbarung der Sozialpartner zur Weiterverfolgung und Überprüfung durch die Sozialpartner auf Unionsebene wird die Kommission die Durchführung dieser Richtlinie und der Vereinbarung der Sozialpartner beobachten.
(11)
Die Mitgliedstaaten können den Sozialpartnern die Durchführung dieser Richtlinie übertragen, sofern Letztere dies gemeinsam beantragen und sofern die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die mit dieser Richtlinie angestrebten Ergebnisse erzielt werden.
(12)
Gemäß Artikel 155 Absatz 2 AEUV hat die Kommission das Europäische Parlament unterrichtet, indem sie ihm den Wortlaut ihres Vorschlags für diese Richtlinie übermittelt hat.
(13)
Diese Richtlinie achtet die Grundrechte und wahrt die Grundsätze, wie sie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt werden, insbesondere in Artikel 31 der Charta.
(14)
Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Gesundheit und der Sicherheit sowie des Sozialschutzes der Arbeitnehmer im Seeverkehr, einem grenzüberschreitenden Sektor unter der Flagge verschiedener Mitgliedstaaten, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(15)
Die Richtlinie 2009/13/EG sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

Richtlinie 2009/13/EG des Rates vom 16. Februar 2009 zur Durchführung der Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) über das Seearbeitsübereinkommen 2006 und zur Änderung der Richtlinie 1999/63/EG (ABl. L 124 vom 20.5.2009, S. 30).

(2)

Beschluss 2014/346/EU des Rates vom 26. Mai 2014 über den Standpunkt, der im Namen der Europäischen Union auf der 103. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz zu den Änderungen des Codes des Seearbeitsübereinkommens zu vertreten ist (ABl. L 172 vom 12.6.2014, S. 28).

(3)

Richtlinie 2013/54/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 über bestimmte Verantwortlichkeiten der Flaggenstaaten für die Einhaltung und Durchsetzung des Seearbeitsübereinkommens 2006 (ABl. L 329 vom 10.12.2013, S. 1).

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