Artikel 45 RL 2018/1972/EU

Verwaltung der Funkfrequenzen

(1) Die Mitgliedstaaten sorgen für die effiziente Verwaltung der Funkfrequenzen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste in ihrem Hoheitsgebiet im Einklang mit den Artikeln 3 und 4, wobei sie gebührend berücksichtigen, dass die Funkfrequenzen ein öffentliches Gut von hohem gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Wert sind. Sie gewährleisten, dass die Zuteilung von, die Erteilung von Allgemeingenehmigungen für und die Gewährung von individuellen Nutzungsrechten für Funkfrequenzen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste durch die zuständigen Behörden auf objektiven, transparenten, wettbewerbsfördernden, nichtdiskriminierenden und angemessenen Kriterien beruhen.

Die Mitgliedstaaten halten bei der Anwendung dieses Artikels die einschlägigen internationalen Übereinkünfte, einschließlich der ITU-Vollzugsordnung für den Funkdienst und sonstiger im Rahmen der ITU geschlossenen Übereinkünfte zur Regulierung der Funkfrequenzen — beispielsweise das auf der Regionalen Funkplanungskonferenz 2006 geschlossene Abkommen –, ein und können öffentliche Belange berücksichtigen.

(2) Die Mitgliedstaaten fördern die Harmonisierung der Nutzung der Funkfrequenzen in der Union für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, um deren effektiven und effizienten Einsatz zu gewährleisten und um Vorteile für die Verbraucher, wie etwa Wettbewerb, größenbedingte Kostenvorteile und Interoperabilität der Dienste und Netze, zu erzielen. Dabei handeln sie im Einklang mit Artikel 4 dieser Richtlinie und mit der Entscheidung Nr. 676/2002/EG, indem sie unter anderem

a)
die Versorgung ihres Hoheitsgebiets und ihrer Bevölkerung mit hochwertigen und leistungsfähigen drahtlosen Breitbanddiensten sowie die Versorgung entlang wichtiger nationaler und europäischer Verkehrswege einschließlich des transeuropäischen Verkehrsnetzes gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates(*) vorantreiben;
b)
die rasche Entwicklung neuer drahtloser Kommunikationstechnologien und Anwendungen in der Union erleichtern, gegebenenfalls auch durch ein sektorübergreifendes Konzept;
c)
im Interesse langfristiger Investitionen für Vorhersehbarkeit und Einheitlichkeit bei der Erteilung, Verlängerung, Änderung und Beschränkung sowie dem Entzug von Nutzungsrechten für Funkfrequenzen sorgen;
d)
die Vermeidung grenzüberschreitender oder nationaler funktechnischer Störungen gemäß Artikel 28 und Artikel 46 gewährleisten und zu diesem Zweck geeignete Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen;
e)
die gemeinsame Nutzung von Funkfrequenzen durch gleichartige oder unterschiedliche Funkfrequenznutzungen im Einklang mit dem Wettbewerbsrecht fördern;
f)
das am besten geeignete und mit dem geringstmöglichen Aufwand verbundene Genehmigungssystem gemäß Artikel 46 anwenden, damit die Funkfrequenzen so flexibel, gemeinsam und effizient wie möglich genutzt werden;
g)
Regeln für die Erteilung, die Übertragung, die Verlängerung, die Änderung und den Entzug von Funkfrequenznutzungsrechten anwenden, die klar und transparent festgelegt werden, um die Rechtssicherheit, Einheitlichkeit und Vorhersehbarkeit der Regulierung zu gewährleisten;
h)
darauf hinarbeiten, dass die Erteilung von Funkfrequenznutzungsgenehmigungen in der Union auf einheitliche und vorhersehbare Weise im Hinblick auf den Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsschäden durch elektromagnetische Felder erfolgt, wobei sie der Empfehlung 1999/519/EG Rechnung tragen.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 und im Zusammenhang mit der Entwicklung technischer Umsetzungsmaßnahmen für ein Funkfrequenzband gemäß der Entscheidung Nr. 676/2002/EG kann die Kommission die Gruppe für Frequenzpolitik anweisen, eine Stellungnahme abzugeben mit einer Empfehlung zu der/den am besten geeigneten Genehmigungsregelungen für die Nutzung von Funkfrequenzen in diesem Frequenzband oder Teilen davon. Gegebenenfalls kann die Kommission unter weitestmöglicher Berücksichtigung einer solchen Stellungnahme eine Empfehlung annehmen, die der Förderung eines kohärenten Ansatzes in der Union hinsichtlich der Genehmigungsregelung(en) für die Nutzung dieses Frequenzbandes dienen würde.

Zieht die Kommission die Annahme von Maßnahmen nach Artikel 39 Absätze 1, 4, 5 und 6 in Betracht, so kann sie, was die Auswirkungen solcher Normen oder Spezifikationen auf die Koordinierung, Harmonisierung und Verfügbarkeit der Funkfrequenzen anbelangt, die Stellungnahme der Gruppe für Frequenzpolitik einholen. Unternimmt die Kommission weitere Schritte, so trägt sie den Stellungnahmen der Gruppe für Frequenzpolitik weitestmöglich Rechnung.

(3) Besteht auf nationaler oder regionaler Ebene keine ausreichende Nachfrage nach der Nutzung eines Frequenzbands der harmonisierten Funkfrequenzen, so können die Mitgliedstaaten nach Maßgabe der Absätze 4 und 5 des vorliegenden Artikels eine alternative Nutzung des gesamten oder eines Teils dieses Frequenzbands, einschließlich der bestehenden Nutzung, genehmigen, sofern

a)
die mangelnde Nachfrage nach der Nutzung eines solchen Frequenzbands auf der Grundlage einer öffentlichen Konsultation gemäß Artikel 23 — einschließlich einer vorausschauenden Beurteilung der Marktnachfrage — festgestellt wurde,
b)
durch die alternative Nutzung die Verfügbarkeit oder die Nutzung eines solchen Frequenzbands in anderen Mitgliedstaaten nicht verhindert oder beeinträchtigt wird und
c)
der betreffende Mitgliedstaat der langfristigen Verfügbarkeit oder Nutzung eines solchen Frequenzbands in der Union sowie den größenbedingten Kostenvorteilen für die aus der Nutzung der harmonisierten Funkfrequenzen in der Union resultierenden Geräte gebührend Rechnung trägt.

Jede Entscheidung, die alternative Nutzung ausnahmsweise zu genehmigen, wird regelmäßig und auf jeden Fall dann umgehend überprüft, wenn bei der zuständigen Behörde ein hinreichend begründeter Antrag eines Nutzungsinteressenten auf Nutzung des Frequenzbands entsprechend der technischen Umsetzungsmaßnahme eingeht. Der Mitgliedstaat setzt die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten von der getroffenen Entscheidung, wobei auch die Gründe für letztere anzugeben sind, sowie dem Ergebnis der Überprüfung in Kenntnis.

(4) Unbeschadet des Unterabsatzes 2 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle Arten der für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze oder -dienste eingesetzten Technologien in den Funkfrequenzen genutzt werden können, die im Einklang mit dem Unionsrecht in ihrem nationalen Frequenzvergabeplan als für elektronische Kommunikationsdienste verfügbar erklärt wurden.

Die Mitgliedstaaten können jedoch verhältnismäßige und nichtdiskriminierende Beschränkungen für die Nutzung bestimmter Arten von Funknetzen oder Technologien für drahtlosen Netzzugang für elektronische Kommunikationsdienste vorsehen, wenn dies aus folgenden Gründen erforderlich ist:

a)
zur Vermeidung funktechnischer Störungen,
b)
zum Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsschäden durch elektromagnetische Felder unter weitest möglicher Berücksichtigung der Empfehlung 1999/519/EG,
c)
zur Gewährleistung der technischen Dienstqualität,
d)
zur Gewährleistung der größtmöglichen gemeinsamen Nutzung von Funkfrequenzen,
e)
zur Wahrung der effizienten Nutzung von Funkfrequenzen oder
f)
zur Gewährleistung der Verwirklichung eines Ziels von allgemeinem Interesse gemäß Absatz 5.

(5) Unbeschadet des Unterabsatzes 2 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle Arten von elektronischen Kommunikationsdiensten in den Funkfrequenzen bereitgestellt werden können, die im Einklang mit dem Unionsrecht in ihrem nationalen Frequenzvergabeplan als für elektronische Kommunikationsdienste verfügbar erklärt wurden. Die Mitgliedstaaten können jedoch verhältnismäßige und nichtdiskriminierende Beschränkungen für die Bereitstellung bestimmter Arten von elektronischen Kommunikationsdiensten vorsehen, u. a. wenn dies zur Erfüllung einer Anforderung gemäß der ITU-Vollzugsordnung für den Funkdienst erforderlich ist.

Maßnahmen, aufgrund deren elektronische Kommunikationsdienste in bestimmten, für elektronische Kommunikationsdienste zur Verfügung stehenden Frequenzbändern bereitzustellen sind, müssen dadurch gerechtfertigt sein, dass sie einem von den Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Unionsrecht festgelegten Ziel von allgemeinem Interesse dienen; dies gilt unter anderem für folgende Ziele:

a)
den Schutz des menschlichen Lebens,
b)
die Stärkung des sozialen, regionalen oder territorialen Zusammenhalts,
c)
die Vermeidung einer ineffizienten Nutzung der Funkfrequenzen oder
d)
die Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt sowie des Medienpluralismus, beispielsweise durch die Erbringung von Hörfunk- und Fernsehdiensten.

Eine Maßnahme, die in einem bestimmten Frequenzband die Bereitstellung aller anderen elektronischen Kommunikationsdienste untersagt, kann nur dann vorgesehen werden, wenn sie erforderlich ist, um Dienste zum Schutz des menschlichen Lebens zu schützen. Die Mitgliedstaaten können diese Maßnahmen in Ausnahmefällen auch erweitern, um anderen von den Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Unionsrecht festgelegten Zielen von allgemeinem Interesse zu entsprechen.

(6) Die Mitgliedstaaten überprüfen regelmäßig, inwieweit die in den Absätzen 4 und 5 genannten Beschränkungen notwendig sind, und veröffentlichen die Ergebnisse dieser Überprüfungen.

(7) Beschränkungen, die vor dem 25. Mai 2011 festgelegt wurden, müssen bis zum 20. Dezember 2018 mit den Absätzen 4 und 5 im Einklang stehen.

Fußnote(n):

(*)

Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 661/2010/EU (ABl. L 348 vom 20.12.2013, S. 1).

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