Artikel 15 RED2 (RL 2018/2001/EU)

Verwaltungsverfahren, Rechtsvorschriften und Regelwerke

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass einzelstaatliche Vorschriften für die Genehmigungs-, Zertifizierungs- und Zulassungsverfahren, die auf Anlagen zur Produktion von Elektrizität, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Quellen und die angegliederten Übertragungs- und Verteilernetze sowie auf den Vorgang der Umwandlung von Biomasse in Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe oder sonstige Energieprodukte und auf erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs angewandt werden, verhältnismäßig und notwendig sind und zur Umsetzung des Prinzips Energieeffizienz an erster Stelle (energy efficiency first) beitragen.

Die Mitgliedstaaten ergreifen insbesondere angemessene Maßnahmen, um sicherzustellen, dass

a)
die Verwaltungsverfahren auf der geeigneten Verwaltungsebene gestrafft und beschleunigt und für die in Unterabsatz 1 genannten Verfahren vorhersehbare Zeitpläne aufgestellt werden;
b)
die Vorschriften für Genehmigung, Zertifizierung und Zulassung objektiv, transparent und verhältnismäßig sind, nicht zwischen Antragstellern diskriminieren und den Besonderheiten der einzelnen Technologien für erneuerbare Energie vollständig Rechnung tragen;
c)
Verwaltungsgebühren, die die Verbraucher, Planungsbüros, Architekten, Bauunternehmen sowie die Geräte- und Systeminstallateure und -lieferanten entrichten müssen, transparent und kostenbezogen sind und
d)
für dezentrale Anlagen und für die Produktion und Speicherung von Energie aus erneuerbaren Quellen vereinfachte und weniger aufwändige Genehmigungsverfahren, unter anderem ein Verfahren der einfachen Mitteilung, eingeführt werden.

(2) Die Mitgliedstaaten legen eindeutige technische Spezifikationen fest, die Geräte und Systeme, die Energie aus erneuerbaren Quellen nutzen, erfüllen müssen, damit ihnen die Förderregelungen zugutekommen und sie bei der Vergabe öffentlicher Aufträge berücksichtigt werden können. Sind harmonisierte Normen oder europäische Normen vorhanden, einschließlich von den europäischen Normungsorganisationen entwickelter technischer Referenzsysteme, werden solche technischen Spezifikationen auf der Grundlage dieser Normen abgefasst. Vorrang haben dabei harmonisierte Normen, deren Fundstellen zur Unterstützung des Unionsrechts im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurden, etwa die Verordnung (EU) 2017/1369 des Europäischen Parlaments und des Rates(1) oder die Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(2). Sind keine solchen Normen vorhanden, sind sonstige harmonisierte Normen und europäische Normen in dieser Reihenfolge zu nutzen. In den technischen Spezifikationen darf nicht vorgeschrieben werden, wo die Geräte und Systeme zu zertifizieren sind, und sie dürfen kein Hindernis für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts darstellen.

(2a) Die Mitgliedstaaten fördern die Erprobung innovativer Technologie im Bereich erneuerbare Energie zur Erzeugung, gemeinsamen Nutzung und Speicherung von Energie aus erneuerbaren Quellen während eines begrenzten Zeitraums in Pilotprojekten unter realen Bedingungen, wobei die Erprobung unter der Aufsicht einer zuständigen Behörde, im Einklang mit geltendem Unionsrecht und mit geeigneten Sicherheitsvorkehrungen erfolgt, damit für den sicheren Betrieb des Energiesystems gesorgt ist und keine unverhältnismäßigen Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts eintreten.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ihre zuständigen Behörden auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene bei der Planung, auch bei der frühzeitigen Raumplanung, beim Entwurf, beim Bau und bei der Renovierung von städtischer Infrastruktur, Industrie-, Gewerbe- oder Wohngebieten, Energie- und Verkehrsinfrastruktur, einschließlich Netzen für Elektrizität, Fernwärme und -kälte sowie Erdgas und alternative Kraftstoffe, Vorschriften für die Integration und den Einsatz von Energie aus erneuerbaren Quellen, auch für die Eigenversorgung mit Elektrizität aus erneuerbaren Quellen und Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften sowie die Nutzung unvermeidbarer Abwärme und -kälte, vorsehen. Die Mitgliedstaaten halten insbesondere lokale und regionale Verwaltungsstellen dazu an, die Wärme- und Kälteversorgung aus erneuerbaren Quellen, soweit angemessen, in die Planung der städtischen Infrastruktur einzubeziehen und sich mit den Netzbetreibern abzustimmen, damit berücksichtigt wird, wie sich Energieeffizienz- und Laststeuerungsprogramme sowie bestimmte Vorschriften auf die Eigenversorgung mit Elektrizität aus erneuerbaren Quellen und Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften sowie auf die Pläne der Netzbetreiber für den Ausbau der Infrastruktur auswirken.

(4) Die Mitgliedstaaten nehmen in ihre Bauvorschriften und Regelwerke geeignete Maßnahmen auf, um den Anteil aller Arten von Energie aus erneuerbaren Quellen im Gebäudebereich zu erhöhen.

Bei der Ausarbeitung solcher Maßnahmen oder in ihren Förderregelungen können die Mitgliedstaaten gegebenenfalls nationale Maßnahmen für eine deutliche Steigerung der Eigenversorgung mit erneuerbarer Elektrizität, der Energiespeicherung vor Ort und der Energieeffizienz, sowie für Kraft-Wärme-Kopplung und Passiv-, Niedrigenergie- oder Nullenergiehäuser berücksichtigen.

Die Mitgliedstaaten schreiben in ihren Bauvorschriften und Regelwerken oder auf andere Weise mit vergleichbarem Ergebnis vor, dass in neuen Gebäuden und in bestehenden Gebäuden, an denen größere Renovierungsarbeiten vorgenommen werden, ein Mindestmaß an erneuerbarer Energie genutzt wird, sofern dies technisch machbar, zweckmäßig und wirtschaftlich tragbar ist, unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Kostenoptimalitätsberechnung gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie 2010/31/EU und sofern dies nicht zu einer Verschlechterung der Raumluftqualität führt. Die Mitgliedstaaten gestatten, dass dieses Mindestmaß unter anderem durch effiziente Fernwärme und -kälte erreicht wird, die zu einem wesentlichen Anteil auf der Nutzung von erneuerbarer Energie sowie von Abwärme und -kälte beruht.

Die Anforderungen nach Unterabsatz 1 gelten auch für die Streitkräfte, aber nur soweit ihre Anwendung nicht mit der Art und dem Hauptzweck der Tätigkeit der Streitkräfte kollidiert, und mit Ausnahme von Material, das ausschließlich für militärische Zwecke verwendet wird.

(5) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass neu errichtete öffentliche Gebäude sowie bestehende öffentliche Gebäude, an denen größere Renovierungsmaßnahmen vorgenommen werden, auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene ab dem 1. Januar 2012 eine Vorbildfunktion im Rahmen dieser Richtlinie erfüllen. Die Mitgliedstaaten können unter anderem zulassen, dass diese Verpflichtung durch die Einhaltung der Vorschriften für Niedrigstenergiegebäude gemäß der Richtlinie 2010/31/EU oder dadurch erfüllt wird, dass die Dächer öffentlicher oder gemischt privat und öffentlich genutzter Gebäude durch Dritte für Anlagen zur Produktion von Energie aus erneuerbaren Quellen genutzt werden.

(6) Mit Bezug auf ihre Bauvorschriften und Bauregelwerke fördern die Mitgliedstaaten die Verwendung von Systemen und Anlagen zur Wärme- und Kälteerzeugung aus erneuerbaren Quellen, die eine erhebliche Verringerung des Energieverbrauchs ermöglichen. Dazu verwenden die Mitgliedstaaten, sofern vorhanden, Energie- oder Ökozeichen oder sonstige auf nationaler Ebene oder auf Unionsebene entwickelte geeignete Zertifikate oder Normen und sorgen dafür, dass zu erneuerbaren, hochgradig energieeffizienten Alternativen sowie etwaigen Finanzierungsinstrumenten und Anreizen, auf die im Fall des Austauschs alter Anlagen zurückgegriffen werden kann, entsprechende Informationen und Beratungsleistungen angeboten werden, damit im Einklang mit der Richtlinie 2010/31/EU der Austausch alter Heizungsanlagen zügiger vonstattengehen und verstärkt zu Lösungen übergegangen werden kann, die auf erneuerbarer Energie beruhen.

(7) Die Mitgliedstaaten führen eine Bewertung ihres Potenzials im Bereich der Energie aus erneuerbaren Quellen und der Nutzung von Abwärme und -kälte im Wärme- und Kältesektor durch. Diese Bewertung umfasst gegebenenfalls auch eine Raumanalyse von Gebieten, die sich für einen Einsatz mit geringem Umweltrisiko eignen, geht auf das Potenzial kleiner Projekte auf der Ebene von Privathaushalten ein und wird in die zweite umfassende Bewertung, die gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie 2012/27/EU erstmals bis zum 31. Dezember 2020 vorzulegen ist, und in die nachfolgenden Aktualisierungen der umfassenden Bewertungen aufgenommen.

(8) Die Mitgliedstaaten müssen die rechtlichen und administrativen Hindernisse für langfristige Verträge über den Bezug von erneuerbarer Energie bewerten, unbegründete Hindernisse beseitigen und die Verbreitung solcher Verträge unterstützen, auch indem sie ermitteln, wie die mit diesen Verträgen verbundenen finanziellen Risiken, insbesondere durch Kreditgarantien, verringert werden können. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass derartige Verträge keinen unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Verfahren sowie Umlagen und Abgaben unterworfen sind und dass etwaige damit verbundene Herkunftsnachweise im Rahmen des Vertrags über den Bezug von erneuerbarer Energie auf den Käufer der erneuerbaren Energie übertragen werden können.

Die Mitgliedstaaten beschreiben ihre Strategien und Maßnahmen zur Förderung der Verbreitung von Verträgen über den Bezug von erneuerbarer Energie in ihren gemäß den Artikeln 3 und 14 der Verordnung (EU) 2018/1999 vorgelegten integrierten nationalen Energie- und Klimaplänen und in den gemäß Artikel 17 der genannten Verordnung vorgelegten Fortschrittsberichten. Zudem legen sie in diesen Fortschrittsberichten eine Angabe zu der durch Verträge über den Bezug von erneuerbarer Energie unterstützten Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen vor.

Im Anschluss an die in Unterabsatz 1 genannte Bewertung analysiert die Kommission die Hindernisse für langfristige Verträge über den Bezug von erneuerbarer Energie und insbesondere für den Einsatz grenzübergreifender Verträge über den Bezug von erneuerbarer Energie und gibt Leitlinien für die Beseitigung dieser Hindernisse heraus.

(9) Bis zum 21. November 2025 prüft die Kommission, ob zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, um die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Genehmigungsverfahren gemäß der vorliegenden Richtlinie zu unterstützen, unter anderem durch die Ausarbeitung wesentlicher Leistungsindikatoren als Richtwerte.

Fußnote(n):

(1)

Verordnung (EU) 2017/1369 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2017 zur Festlegung eines Rahmens für die Energieverbrauchskennzeichnung und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/30/EU (ABl. L 198 vom 28.7.2017, S. 1).

(2)

Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte (ABl. L 285 vom 31.10.2009, S. 10).

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.