Artikel 4 RL 2019/1/EU

Unabhängigkeit

(1) Um die Unabhängigkeit der für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden bei der Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV zu gewährleisten, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass diese Behörden ihre Aufgaben und Befugnisse — auf der Grundlage verhältnismäßiger Rechenschaftspflichten und unbeschadet der engen Zusammenarbeit zwischen den Wettbewerbsbehörden im Rahmen des Europäischen Wettbewerbsnetzes — unparteiisch und im Interesse der wirksamen und einheitlichen Anwendung dieser Artikel wahrnehmen.

(2) Insbesondere stellen die Mitgliedstaaten mindestens sicher, dass die Mitarbeiter und die Personen, die bei den für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden in Ausübung der Befugnisse nach den Artikeln 10 bis 13 und Artikel 16 dieser Richtlinie Entscheidungen treffen,

a)
in der Lage sind, ihre Aufgaben und Befugnisse im Zusammenhang mit der Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV unabhängig von politischer und anderer externer Einflussnahme wahrzunehmen;
b)
bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse im Zusammenhang mit der Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV keinerlei Weisungen der Regierung oder einer anderen öffentlichen oder privaten Stelle einholen oder entgegennehmen; dies gilt unbeschadet des Rechts der mitgliedstaatlichen Regierungen, gegebenenfalls Vorschriften allgemeiner Art herauszugeben, die sich nicht auf Untersuchungen einzelner Wirtschaftszweige oder bestimmte Durchsetzungsverfahren beziehen; und
c)
jede Handlung unterlassen, die mit der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und/oder der Befugnisse im Zusammenhang mit der Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV unvereinbar ist, und Verfahren unterliegen, mit denen sichergestellt wird, dass sie sich während eines angemessenen Zeitraums nach ihrem Ausscheiden aus dem Dienst mit keinen Durchsetzungsverfahren befassen, die zu Interessenkonflikten führen könnten.

(3) Die Personen, die bei den für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden in Ausübung der Befugnisse nach den Artikeln 10 bis 13 und Artikel 16 dieser Richtlinie Entscheidungen treffen, dürfen aus diesen Behörden nicht aus Gründen im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer Aufgaben oder Befugnisse in Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV nach Maßgabe des Artikels 5 Absatz 2 dieser Richtlinie entfernt werden. Sie dürfen nur entfernt werden, wenn sie die Voraussetzungen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht mehr erfüllen oder wenn sie eines schweren Fehlverhaltens nach nationalem Recht für schuldig befunden werden. Die Voraussetzungen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben und die Kriterien für das Vorliegen schweren Fehlverhaltens werden im Voraus im nationalen Recht festgelegt, wobei dem Erfordernis der wirksamen Durchsetzung Rechnung getragen wird.

(4) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Mitglieder des Entscheidungsgremiums der für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden nach im Voraus im nationalen Recht festgelegten, eindeutigen und transparenten Verfahren ausgewählt, eingestellt oder benannt werden.

(5) Die für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden sind befugt, bei der Erfüllung der in Artikel 5 Absatz 2 dieser Richtlinie genannten Aufgaben im Zusammenhang mit der Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV eigene Prioritäten zu setzen. Insofern die für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden zur Prüfung förmlicher Beschwerden verpflichtet sind, können diese Behörden derartige Beschwerden mit der Begründung abweisen, dass sie deren Durchsetzung nicht als Priorität betrachten. Dies gilt unbeschadet der Befugnis der für Wettbewerb zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden, Beschwerden aus anderen im nationalen Recht festgelegten Gründen abzuweisen.

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