Präambel RL 2019/713/EU

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 83 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln stellen eine Bedrohung für die Sicherheit dar, da sie eine Einnahmequelle für die organisierte Kriminalität sind und somit anderen kriminellen Aktivitäten wie Terrorismus, Drogenhandel und Menschenhandel Vorschub leisten.
(2)
Darüber hinaus stellen Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln Hindernisse für den digitalen Binnenmarkt dar, weil sie das Vertrauen der Verbraucher untergraben und unmittelbare wirtschaftliche Verluste verursachen.
(3)
Der Rahmenbeschluss 2001/413/JI des Rates(3) muss aktualisiert und durch die Aufnahme zusätzlicher Vorschriften zu Straftaten — insbesondere in Bezug auf computerbezogenen Betrug —, und zu Strafen, zur Prävention, zur Unterstützung für Opfer sowie zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ergänzt werden.
(4)
Signifikante Abweichungen und Diskrepanzen zwischen den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln können die Prävention, Aufdeckung und Sanktionierung strafbarer Handlungen dieser Art und sonstiger damit zusammenhängender und dadurch ermöglichter schwerer und organisierter Kriminalität behindern und die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in diesem Bereich komplizierter und damit weniger effektiv machen, was sich negativ auf die Sicherheit auswirkt.
(5)
Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln weisen eine erhebliche grenzüberschreitende Dimension auf, die zunehmend durch eine digitale Komponente verstärkt wird, was verdeutlicht, wie notwendig weitere Maßnahmen zur Angleichung der strafrechtlichen Vorschriften betreffend Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln sind.
(6)
In den vergangenen Jahren waren nicht nur exponentielle Zuwächse in der digitalen Wirtschaft zu verzeichnen, sondern auch zahlreiche Innovationen in vielen Bereichen, einschließlich bei Zahlungstechnologien. Neue Zahlungstechnologien sind mit der Nutzung neuer Arten von Zahlungsinstrumenten verbunden, die zwar Verbrauchern und Unternehmen neue Möglichkeiten bieten, gleichzeitig aber auch mehr Gelegenheit für Betrug schaffen. Daher muss der Rechtsrahmen auf der Grundlage eines technologieneutralen Ansatzes diesen technologischen Entwicklungen gerecht werden und mit ihnen Schritt halten.
(7)
Mithilfe von Betrug werden nicht nur kriminelle Vereinigungen finanziert, sondern es wird auch die Entwicklung des digitalen Binnenmarkts eingeschränkt und die Bürger werden dazu gebracht, sich bei Online-Einkäufen zurückhaltender zu verhalten.
(8)
Gemeinsame Definitionen sind im Bereich Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln wichtig, um bei der Anwendung dieser Richtlinie ein einheitliches Vorgehen in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten und den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden zu erleichtern. Diese Definitionen sollten neue Arten unbarer Zahlungsinstrumente, die die Übertragung von E-Geld ermöglichen, und virtuelle Währungen abdecken. Bei der Definition unbarer Zahlungsinstrumente sollte berücksichtigt werden, dass ein unbares Zahlungsinstrument aus verschiedenen Elementen bestehen kann, die zusammenwirken, beispielsweise aus einer mobilen Zahlungsanwendung und einer entsprechenden Genehmigung (z. B. einem Passwort). Wenn in dieser Richtlinie das Konzept des unbaren Zahlungsinstruments benutzt wird, sollte dies so verstanden werden, dass das Instrument dem Besitzer oder Nutzer ermöglicht, tatsächlich Geld oder monetäre Werte zu übertragen oder einen Zahlungsauftrag zu erteilen. Beispielsweise sollte die widerrechtliche Erlangung einer mobilen Zahlungsanwendung ohne die erforderliche Genehmigung nicht als widerrechtliche Erlangung eines unbaren Zahlungsinstruments betrachtet werden, da der Nutzer nicht in die Lage versetzt wird, tatsächlich Geld oder monetäre Werte zu übertragen.
(9)
Diese Richtlinie gilt für unbare Zahlungsinstrumente nur in Bezug auf deren Zahlungsfunktion.
(10)
Diese Richtlinie sollte nur insofern für virtuelle Währungen gelten, als diese gemeinhin für die Leistung von Zahlungen verwendet werden können. Den Mitgliedstaaten sollte nahegelegt werden, in ihrem nationalen Recht sicherzustellen, dass künftige Währungen virtueller Art, die von ihren Zentralbanken oder anderen öffentlichen Behörden herausgegeben werden, denselben Schutz vor betrügerischen Straftaten wie unbare Zahlungsmittel im Allgemeinen genießen. Digitale Brieftaschen, die die Übertragung virtueller Währungen ermöglichen, sollten im gleichen Umfang wie unbare Zahlungsinstrumente unter diese Richtlinie fallen. Die Definition des Begriffs „digitales Tauschmittel” sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass digitale Brieftaschen für die Übertragung virtueller Währungen die Merkmale eines Zahlungsinstruments aufweisen können, aber nicht müssen, und sollte nicht die Definition des Zahlungsinstruments erweitern.
(11)
Der Versand gefälschter Rechnungen, um Zahlungsdaten zu erhalten, sollte als Versuch einer rechtswidrigen Aneignung im Sinne dieser Richtlinie angesehen werden.
(12)
Mit der Gewährung strafrechtlichen Schutzes in erster Linie für Zahlungsinstrumente, die einen besonderen Fälschungs- oder Missbrauchsschutz verwenden, sollen die Wirtschaftsbeteiligten dazu angehalten werden, die von ihnen herausgegebenen Zahlungsinstrumente mit einem solchen besonderen Schutz zu versehen.
(13)
Wirksame und effiziente strafrechtliche Maßnahmen sind zum Schutz unbarer Zahlungsmittel gegen Betrug und Fälschung unerlässlich. Insbesondere ist ein gemeinsamer strafrechtlicher Ansatz in Bezug auf die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen erforderlich, die der Vorbereitung einer tatsächlichen betrügerischen Verwendung von unbaren Zahlungsmitteln dienen oder dazu beitragen. Handlungen wie das Sammeln und der Besitz von Zahlungsinstrumenten in betrügerischer Absicht (etwa durch Phishing oder Skimming) oder die Lenkung oder Umlenkung von Zahlungsdienstnutzern auf nachgeahmte Websites und deren Verbreitung (beispielsweise durch den Verkauf von Kreditkarteninformationen im Internet) sollten daher als eigener Straftatbestand gefasst werden, ohne dass eine tatsächliche betrügerische Verwendung von unbaren Zahlungsmitteln gegeben sein muss. Solche strafbaren Handlungen sollten deshalb auch Fälle einschließen, in denen der Besitz, die Beschaffung oder die Verbreitung nicht unbedingt zu einer betrügerischen Verwendung solcher Zahlungsinstrumente führt. Soweit jedoch der Besitz oder die Inhaberschaft nach dieser Richtlinie unter Strafe gestellt wird, sollte die bloße Unterlassung nicht unter Strafe gestellt werden. Diese Richtlinie sollte nicht für die rechtmäßige Verwendung eines Zahlungsinstruments einschließlich und in Verbindung mit der Erbringung innovativer Zahlungsdienste, wie sie gewöhnlich von FinTech-Unternehmen entwickelt werden, gelten.
(14)
Bei den von dieser Richtlinie genannten Straftaten gilt für sämtliche Tatbestandsmerkmale das Vorsatzerfordernis im Einklang mit dem nationalen Recht. Es ist möglich, aus den objektiven Tatumständen auf den vorsätzlichen Charakter einer Handlung sowie die Kenntnis oder den Zweck, die als Tatbestandsmerkmal erforderlich sind, zu schließen. Straftaten, die keinen Vorsatz voraussetzen, sollten von dieser Richtlinie nicht erfasst werden.
(15)
Diese Richtlinie bezieht sich auf klassische Handlungen wie Betrug, Fälschung, Diebstahl und widerrechtliche Aneignung, die im nationalen Recht bereits vor dem digitalen Zeitalter festgelegt wurden. Da nichtkörperliche Zahlungsinstrumente in den Geltungsbereich der Richtlinie aufgenommen werden, müssen die entsprechenden Handlungen im digitalen Raum festgelegt und die Richtlinie 2013/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(4) ergänzt und verstärkt werden. Die widerrechtliche Erlangung eines nichtkörperlichen unbaren Zahlungsinstruments sollte eine Straftat darstellen, zumindest wenn mit dieser Erlangung die Begehung einer der Straftaten nach den Artikeln 3 bis 6 der Richtlinie 2013/40/EU oder die missbräuchliche Verwendung eines nichtkörperlichen unbaren Zahlungsinstruments verbunden ist. Unter „missbräuchlicher Verwendung” sollte das Handeln einer Person, die ein ihr überlassenes nichtkörperliches unbares Zahlungsinstrument wissentlich unrechtmäßig zu ihrem eigenen Nutzen oder zum Nutzen anderer einsetzt, verstanden werden. Die Beschaffung eines solchen widerrechtlich erlangten Instruments zwecks betrügerischer Verwendung sollte strafbar sein, ohne dass es erforderlich ist, alle tatsächlichen Umstände der widerrechtlichen Erlangung festzustellen, und ohne dass eine frühere oder gleichzeitige Verurteilung wegen der Vortat, die zu der widerrechtlichen Erlangung geführt hat, erforderlich ist.
(16)
Diese Richtlinie bezieht sich auch auf Werkzeuge, die zur Verübung der darin genannten Straftaten benutzt werden können. Da es notwendig ist, eine Kriminalisierung von Werkzeugen, die für legitime Zwecke hergestellt und auf den Markt gebracht werden und daher an sich keine Bedrohung darstellen — selbst wenn sie für Straftaten missbraucht werden können — sollte sich die Kriminalisierung auf die Werkzeuge beschränken, die in erster Linie dafür konzipiert oder eigens dafür angepasst wurden, um Straftaten im Sinne dieser Richtlinie zu begehen.
(17)
Die Sanktionen und Strafen für Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln sollten unionsweit wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Diese Richtlinie lässt die individuelle Sanktionsfestsetzung, die Verhängung und den Vollzug von Strafen nach Maßgabe der im betreffenden Fall vorliegenden Umstände und der allgemeinen Bestimmungen des nationalen Strafrechts unberührt.
(18)
Da in dieser Richtlinie Mindestvorschriften vorgesehen sind, steht es den Mitgliedstaaten frei, strengere strafrechtliche Vorschriften in Bezug auf Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln, einschließlich einer weiter gefassten Definition der Straftaten, zu erlassen oder beizubehalten.
(19)
Es ist angezeigt, strengere Strafen vorzusehen, wenn eine Straftat im Rahmen einer kriminellen Vereinigung im Sinne des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates(5) begangen wurde. Die Mitgliedstaaten sollten nicht verpflichtet sein, spezielle erschwerende Umstände vorzusehen, wenn im nationalen Recht gesonderte Straftatbestände vorgesehen sind und dies zu strengeren Strafen führen könnte. Wurde von derselben Person eine Straftat im Sinne dieser Richtlinie in Verbindung mit einer anderen Straftat im Sinne dieser Richtlinie begangen, und stellt eine dieser Straftaten de facto einen notwendigen Bestandteil der anderen Straftat dar, kann ein Mitgliedstaat gemäß den allgemeinen Grundsätzen des nationalen Rechts vorsehen, dass ein solches Verhalten als erschwerender Umstand bei der Hauptstraftat gilt.
(20)
Die Zuständigkeitsvorschriften sollten gewährleisten, dass die in dieser Richtlinie genannten strafbaren Handlungen wirksam verfolgt werden. Im Allgemeinen ist das Strafrechtssystem des Mitgliedstaats, in dem die strafbare Handlung begangen worden ist, am besten zu deren Verfolgung geeignet. Daher sollte jeder Mitgliedstaat seine gerichtliche Zuständigkeit für in seinem Hoheitsgebiet begangene Straftaten und von seinen Staatsangehörigen begangene Straftaten begründen. Die Mitgliedstaaten können auch ihre Zuständigkeit für strafbare Handlungen begründen, die in ihrem Hoheitsgebiet einen Schaden verursachen. Sie werden nachdrücklich ermutigt, dies zu tun.
(21)
Unter Hinweis auf die Verpflichtungen gemäß dem Rahmenbeschluss 2009/948/JI des Rates(6) und dem Beschluss 2002/187/JI des Rates(7) wird den zuständigen Behörden nahegelegt, bei Kompetenzkonflikten die Möglichkeit direkter Konsultationen mit der Hilfe der Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust) zu nutzen.
(22)
Da für wirksame Ermittlungen bei Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln besondere Instrumente erforderlich sind, die für eine wirksame Zusammenarbeit der nationalen Behörden auf internationaler Ebene relevant sind, sollten die üblicherweise in Fällen von organisierter Kriminalität oder anderer schwerer Straftaten verwendeten Ermittlungsinstrumente den zuständigen Behörden in allen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, wenn und soweit der Einsatz dieser Instrumente angezeigt und der Art und der Schwere der Straftaten, wie sie im nationalen Recht definiert sind, angemessen ist. Darüber hinaus sollten Strafverfolgungsbehörden und sonstige zuständige Behörden zum Zwecke der Ermittlung und Verfolgung der in dieser Richtlinie genannten Straftaten zügig Zugang zu einschlägigen Informationen erhalten. Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, den zuständigen Behörden die erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen zuzuweisen, damit sie die in dieser Richtlinie genannten Straftaten ordnungsgemäß ermitteln und verfolgen können.
(23)
Die nationalen Behörden, die mit der Ermittlung oder strafrechtlichen Verfolgung der Straftaten im Sinne dieser Richtlinie befasst sind, sollten die Befugnis besitzen, mit anderen nationalen Behörden im gleichen Mitgliedstaat und den entsprechenden Behörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten.
(24)
In vielen Fällen liegen Sicherheitsvorfällen, die den zuständigen nationalen Behörden nach Maßgabe der Richtlinie (EU) 2016/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates(8) gemeldet werden müssten, kriminelle Aktivitäten zugrunde. Bei solchen Sicherheitsvorfällen kann ein krimineller Hintergrund vermutet werden, auch wenn zu diesem Zeitpunkt keine hinreichend klaren Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen. In solchen Fällen sollten die betreffenden Betreiber wesentlicher Dienste und Anbieter digitaler Dienste dazu angehalten werden, ihre Meldungen auf der Grundlage der Richtlinie (EU) 2016/1148 den Strafverfolgungsbehörden zukommen zu lassen, um ein wirksames, umfassendes Vorgehen zu ermöglichen und die Täter leichter zu verfolgen und zur Rechenschaft ziehen zu können. Die Förderung einer sicheren und geschützten robusteren Umgebung setzt insbesondere voraus, dass die Strafverfolgungsbehörden systematisch über Sicherheitsvorfälle mit einem mutmaßlichen schwerwiegenden kriminellen Hintergrund informiert werden. Zudem sollten gegebenenfalls die gemäß der Richtlinie (EU) 2016/1148 benannten Computer-Notfallteams in die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden einbezogen werden, um — soweit dies auf nationaler Ebene als angemessen erachtet wird — Informationen und auch Fachwissen über Informationssysteme beizusteuern.
(25)
Schwerwiegende Sicherheitsvorfälle im Sinne der Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates(9) können kriminellen Ursprungs sein. Zahlungsdienstleister sollten gegebenenfalls dazu angehalten werden, die Meldungen, die sie nach Maßgabe der Richtlinie (EU) 2015/2366 der zuständigen Behörde ihres Heimatmitgliedstaats übermitteln müssen, an die Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten.
(26)
Auf Unionsebene gibt es eine Reihe von Instrumenten und Verfahren, um den Informationsaustausch zwischen nationalen Strafverfolgungsbehörden bei Strafermittlungen und bei der Strafverfolgung zu ermöglichen. Zur Erleichterung und Beschleunigung der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Strafverfolgungsbehörden und um dafür zu sorgen, dass die betreffenden Instrumente und Verfahren vollumfänglich eingesetzt werden, sollte diese Richtlinie die Bedeutung der Anlaufstellen stärken, die mit dem Rahmenbeschluss 2001/413/JI eingeführt worden sind. Es sollte den Mitgliedstaaten möglich sein, sich für die Nutzung bestehender Netze operativer Kontaktstellen, etwa des mit der Richtlinie 2013/40/EU eingeführten Netzes, zu entscheiden. Diese Kontaktstellen sollten wirksam Hilfe leisten, indem sie beispielsweise den Austausch einschlägiger Informationen und die Bereitstellung technischer Unterstützung oder rechtlicher Informationen erleichtern. Um den reibungslosen Betrieb des Netzes sicherzustellen, sollte jede Kontaktstelle in der Lage sein, rasch mit der Kontaktstelle in einem anderen Mitgliedstaat zu kommunizieren. Angesichts der signifikanten grenzüberschreitenden Dimension der unter diese Richtlinie fallenden Kriminalität und insbesondere der Volatilität elektronischer Beweismittel sollten die Mitgliedstaaten in der Lage sein, dringende Ersuchen dieses Netzes umgehend zu bearbeiten und innerhalb von acht Stunden Rückmeldung zu geben. In sehr dringenden und schwerwiegenden Fällen sollten die Mitgliedstaaten die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) unterrichten.
(27)
Für die Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln ist eine Meldung relevanter Vorfälle an die Behörden unverzüglich von großer Bedeutung, da eine solche Meldung häufig der Ausgangspunkt für strafrechtliche Ermittlungen ist. Es sollten Maßnahmen ergriffen werden, um natürliche und juristische Personen, insbesondere Finanzinstitute, dazu anzuhalten, den Strafverfolgungs- und Justizbehörden relevante Vorfälle zu melden. Diese Maßnahmen können auf verschiedenen Arten von Maßnahmen beruhen, einschließlich Gesetzgebungsakten, die Meldepflichten bei Verdacht auf Betrug enthalten, oder nicht legislativer Maßnahmen wie die Einrichtung oder Unterstützung von Organisationen oder Verfahren zur Förderung des Informationsaustauschs oder Sensibilisierungskampagnen. Alle Maßnahmen, mit denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten natürlicher Personen verbunden ist, sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates(10) durchgeführt werden. Insbesondere sollte jede Übermittlung von Informationen zur Verhütung und Bekämpfung strafbarer Handlungen in Verbindung mit Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln den Anforderungen jener Verordnung und vor allem den berechtigten Gründen für eine Verarbeitung genügen.
(28)
Um die zügige und unmittelbare Meldung von Straftaten zu erleichtern, sollte die Kommission die Schaffung wirksamer Online-Betrugsmeldesysteme durch die Mitgliedstaaten und standardisierte Meldemusterformulare auf Unionsebene sorgfältig bewerten. Solche Systeme könnten die Meldung von Betrug im unbaren Zahlungsverkehr, der häufig online erfolgt, erleichtern und somit die Unterstützung für die Opfer, die Identifizierung und Analyse der Bedrohungen durch Cyberkriminalität sowie die Arbeit und die grenzübergreifende Zusammenarbeit der zuständigen nationalen Behörden verstärken.
(29)
Die in dieser Richtlinie genannten Straftaten sind häufig grenzüberschreitender Art. Daher ist für ihre Bekämpfung eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten erforderlich. Den Mitgliedstaaten wird nahegelegt, dafür Sorge zu tragen, dass die Übereinkünfte über die gegenseitige Anerkennung und die Rechtshilfe in angemessenem Umfang tatsächlich auf die unter diese Richtlinie fallenden Straftaten angewandt werden.
(30)
Die Ermittlung und strafrechtliche Verfolgung aller Arten von Betrug mit unbaren Zahlungsmitteln sowie aller Arten der Fälschung dieser Zahlungsmittel — auch in Fällen, die geringe Geldbeträge betreffen — sind für die wirksame Bekämpfung dieses Phänomens besonders wichtig. Meldepflichten, Informationsaustausch und statistische Berichte sind effiziente Methoden, um betrügerische Aktivitäten zu erkennen, insbesondere ähnliche Aktivitäten, die — für sich allein genommen — nur geringe Geldbeträge betreffen.
(31)
Betrug und Fälschung im unbaren Zahlungsverkehr kann für die Opfer sowohl schwere wirtschaftliche als auch nicht wirtschaftliche Folgen haben. Bei Betrug, etwa durch Identitätsdiebstahl, sind die Folgen aufgrund einer Beschädigung des Ansehens und eines beruflichen Schadens, einer Schädigung der Kreditwürdigkeit einer Einzelperson sowie einer erheblichen psychischen Schädigung des Opfers häufig noch schwerwiegender. Die Mitgliedstaaten sollten Beistands-, Unterstützungs- und Schutzmaßnahmen beschließen, um diese Folgen abzumildern.
(32)
Es dauert oft recht lange, bis die Opfer feststellen, dass sie durch Betrug und Fälschungsdelikte einen Verlust erlitten haben. In dieser Zeit entwickelt sich möglicherweise eine Spirale aus miteinander verknüpften Straftaten, die die negativen Folgen für die Opfer verschärft.
(33)
Natürlichen Personen, die Opfer eines Betrugs im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln geworden sind, stehen die gemäß der Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(11) eingeräumten Rechte zu. Die Mitgliedstaaten sollten Beistands- und Unterstützungsmaßnahmen für die Opfer beschließen, die sich an den von jener Richtlinie geforderten Maßnahmen orientieren, aber unmittelbarer auf die spezifischen Bedürfnisse der Opfer von Betrug in Bezug auf Identitätsdiebstahl ausgerichtet sind. Diese Maßnahmen sollten unter anderem die Bereitstellung einer Liste spezieller Einrichtungen, die verschiedene Aspekte der identitätsbezogenen Straftaten und der Opferhilfe abdecken, eine spezielle psychologische Betreuung und Beratung in finanziellen, praktischen und rechtlichen Fragen sowie Unterstützung bei der Erwirkung verfügbarer Entschädigungsleistungen umfassen. Die Mitgliedstaaten sollten dazu ermutigt werden, ein zentrales nationales Online-Informationsportal einzurichten, damit die Opfer leichter Zugang zu Beistand und Unterstützung erhalten können. Einschlägige Informationen und Hinweise zum Schutz vor den negativen Folgen solcher Straftaten sollten auch juristischen Personen angeboten werden.
(34)
Diese Richtlinie sollte für juristische Personen das Recht vorsehen, nach Maßgabe des nationalen Rechts Zugang zu Informationen über Verfahren zur Erstattung von Strafanzeigen zu erhalten. Dieses Recht ist insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen wichtig und sollte zu günstigeren Rahmenbedingungen für diese Unternehmen beitragen. Natürlichen Personen steht dieses Recht bereits nach der Richtlinie 2012/29/EU zu.
(35)
Die Mitgliedstaaten sollten mit Unterstützung der Kommission Strategien zur Verhütung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln und Maßnahmen zur Verminderung der Gefahr, dass derartige Straftaten stattfinden, in der Form von Informations- und Sensibilisierungskampagnen einführen oder fördern. In diesem Zusammenhang könnten die Mitgliedstaaten ein ständiges Online-Informationsportal mit konkreten Beispielen betrügerischer Praktiken in einem leicht verständlichen Format entwickeln und auf dem neusten Stand halten. Dieses Portal könnte Teil eines zentralen nationalen Online-Informationsportals für Opfer sein oder damit verknüpft sein. Die Mitgliedstaaten könnten ebenfalls Forschungs- und Bildungsprogramme einrichten. Den Bedürfnissen und Interessen schutzbedürftiger Personen sollte besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, dafür zu sorgen, dass ausreichende Finanzmittel für die betreffenden Kampagnen zur Verfügung gestellt werden.
(36)
Es ist notwendig, statistische Daten über Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsinstrumenten zu erheben. Die Mitgliedstaaten sollten daher verpflichtet werden, für die Einrichtung eines geeigneten Systems zur Erfassung, Erstellung und Bereitstellung vorhandener statistischer Daten zu den in dieser Richtlinie aufgeführten Straftaten Sorge zu tragen.
(37)
Mit dieser Richtlinie sollen die Bestimmungen des Rahmenbeschlusses 2001/413/JI geändert und erweitert werden. Da die vorzunehmenden Änderungen sowohl zahlenmäßig als auch inhaltlich erheblich sind, sollte der Rahmenbeschluss 2001/413/JI aus Gründen der Klarheit für die durch diese Richtlinie gebundenen Mitgliedstaaten vollständig ersetzt werden.
(38)
Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligen sich diese Mitgliedstaaten nicht an der Annahme dieser Richtlinie und sind weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.
(39)
Nach den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie und ist weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.
(40)
Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Strafen zu ahnden und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sowohl zwischen den zuständigen Behörden als auch zwischen natürlichen und juristischen Personen sowie zuständigen Behörden zu verbessern und zu fördern, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Ausmaßes oder ihrer Wirkung auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 EUV verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(41)
Diese Richtlinie wahrt die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundrechte und anerkannten Grundsätze, darunter das Recht auf Freiheit und Sicherheit, das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten, die unternehmerische Freiheit, das Eigentumsrecht, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, die Unschuldsvermutung und die Verteidigungsrechte, die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen sowie das Recht, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden. Diese Richtlinie soll die uneingeschränkte Wahrung dieser Rechte und Grundsätze gewährleisten und sollte entsprechend umgesetzt werden —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 197 vom 8.6.2018, S. 24.

(2)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 13. März 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 9. April 2019.

(3)

Rahmenbeschluss 2001/413/JI des Rates vom 28. Mai 2001 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln (ABl. L 149 vom 2.6.2001, S. 1).

(4)

Richtlinie 2013/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. August 2013 über Angriffe auf Informationssysteme und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2005/222/JI des Rates (ABl. L 218 vom 14.8.2013, S. 8).

(5)

Rahmenbeschluss 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42).

(6)

Rahmenbeschluss 2009/948/JI des Rates vom 30. November 2009 zur Vermeidung und Beilegung von Kompetenzkonflikten in Strafverfahren (ABl. L 328 vom 15.12.2009, S. 42).

(7)

Beschluss 2002/187/JI des Rates vom 28. Februar 2002 über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität (ABl. L 63 vom 6.3.2002, S. 1).

(8)

Richtlinie (EU) 2016/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union (ABl. L 194 vom 19.7.2016, S. 1).

(9)

Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG (ABl. L 337 vom 23.12.2015, S. 35).

(10)

Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(11)

Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI (ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57).

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