Präambel RL 2020/2020/EU
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 113,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(1),
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),
gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Am 30. Januar 2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den COVID-19-Ausbruch zu einer gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite und stufte ihn am 11. März 2020 als Pandemie ein.
- (2)
- Die Union hat sich mit der WHO und einer Gruppe globaler Akteure im Rahmen einer beispiellosen weltweiten Solidaritätsbewegung zusammengeschlossen, um die Pandemie zu bekämpfen. Ziel dieser Bewegung ist es, die für die Beherrschung und Bekämpfung von COVID-19 notwendige Entwicklung und gerechte Verteilung von In-vitro-Diagnostika, Behandlungen und Impfstoffen zu unterstützen.
- (3)
- Angesichts der rasant steigenden Fälle von COVID-19 in den Mitgliedstaaten hat die Kommission in ihrer Mitteilung vom 17. Juni 2020 eine EU-Strategie für COVID-19-Impfstoffe vorgeschlagen. Diese Strategie zielt darauf ab, die Entwicklung, Herstellung und Bereitstellung von Impfstoffen gegen das Virus zu beschleunigen und so die Menschen in der Union besser zu schützen. Zwar ist ein wirksamer und sicherer Impfstoff gegen COVID-19 die wahrscheinlichste dauerhafte Lösung für die Bewältigung der Pandemie, doch sind Tests für deren Eindämmung unabdingbar.
- (4)
- Auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer hat die Kommission außergewöhnliche Maßnahmen ergriffen, um den Opfern der Pandemie zu helfen. Am 3. April 2020 nahm die Kommission den Beschluss (EU) 2020/491(3) an, der es den Mitgliedstaaten erlaubte, Gegenstände, die zur Bekämpfung der Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs zwingend benötigt werden, darunter auch In-vitro-Diagnostika, vorübergehend von der Mehrwertsteuer und von Eingangsabgaben zu befreien. Jener Beschluss deckt jedoch nur Einfuhrlieferungen und nicht innergemeinschaftliche Lieferungen oder Inlandslieferungen ab.
- (5)
- Die Richtlinie 2006/112/EG des Rates(4) enthält Instrumente, die es den Mitgliedstaaten erlauben, die Kosten von COVID-19-Impfungen und -Tests teilweise zu verringern, insbesondere durch eine Steuerbefreiung ohne Recht auf Vorsteuerabzug für Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen und durch einen ermäßigten Steuersatz für Impfstoffe. Jene Richtlinie erlaubt es den Mitgliedstaaten jedoch nicht, einen ermäßigten Steuersatz auf die Lieferung von COVID-19-In-vitro-Diagnostika oder auf die Erbringung von eng mit diesen Diagnostika zusammenhängenden Dienstleistungen anzuwenden. Genauso wenig erlaubt sie es den Mitgliedstaaten, eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug auf die Lieferung von COVID-19-Impfstoffen und -In-vitro-Diagnostika oder auf die Erbringung von eng mit diesen Impfstoffen und Diagnostika zusammenhängenden Dienstleistungen zu gewähren.
- (6)
- Die Kommission hat 2018 einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze (im Folgenden „Vorschlag von 2018” ) vorgelegt. Falls er vom Rat angenommen wird, wird er es den Mitgliedstaaten unter anderem unter bestimmten Voraussetzungen erlauben, einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf die Lieferung von COVID-19-In-vitro-Diagnostika sowie auf die Erbringung von eng mit diesen Diagnostika zusammenhängenden Dienstleistungen anzuwenden. Zusätzlich würde der Vorschlag von 2018 es den Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen erlauben, eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug für die Lieferung von COVID-19-Impfstoffen und -In-vitro-Diagnostika sowie auf die Erbringung von eng mit diesen Impfstoffen und Diagnostika zusammenhängenden Dienstleistungen zu gewähren. Der Vorschlag von 2018 würde den Mitgliedstaaten die Anwendung dieser Steuersätze erlauben, wenn die entsprechenden Lieferung nur den Endverbrauchern zugutekommt und ein Ziel von allgemeinem Interesse verfolgt wird.
- (7)
- Da die Annahme des Vorschlags von 2018 jedoch noch im Rat anhängig ist, muss unverzüglich gehandelt werden, um die Richtlinie 2006/112/EG an die durch die COVID-19-Pandemie entstandenen außergewöhnlichen Umstände anzupassen. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass die Lieferung von COVID-19-Impfstoffen und -In-vitro-Diagnostika sowie die Erbringung von eng mit diesen Impfstoffen und Diagnostika zusammenhängenden Dienstleistungen in der Union so bald wie möglich erschwinglicher werden.
- (8)
- Dazu sollte es den Mitgliedstaaten gestattet sein, einen ermäßigten Steuersatz auf die Lieferung von COVID-19-In-vitro-Diagnostika und auf die Erbringung von eng mit diesen Diagnostika zusammenhängenden Dienstleistungen anzuwenden oder eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug auf die Lieferung von durch die Kommission oder die Mitgliedstaaten zugelassenen COVID-19-Impfstoffen und -In-vitro-Diagnostika sowie auf die Erbringung von eng mit diesen Impfstoffen und Diagnostika zusammenhängenden Dienstleistungen zu gewähren.
- (9)
- Die Möglichkeit, einen ermäßigten Steuersatz auf die Lieferung von COVID-19-In-vitro-Diagnostika und auf die Erbringung von eng mit diesen Diagnostika zusammenhängenden Dienstleistungen anzuwenden oder eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug auf die Lieferung von COVID-19-Impfstoffen und -In-vitro-Diagnostika und auf die Erbringung von eng mit diesen Impfstoffen und Diagnostika zusammenhängenden Dienstleistungen anzuwenden, sollte zeitlich begrenzt sein. Diese Möglichkeit sollte nur für die Dauer der durch die COVID-19-Pandemie entstandenen außergewöhnlichen Umstände eingeräumt werden. Da die Dauer dieser außergewöhnlichen Umstände ungewiss ist, sollte die Möglichkeit, auf diese Lieferungen einen ermäßigten Steuersatz oder eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug anzuwenden, bis zum 31. Dezember 2022 aufrechterhalten werden. Vor Ablauf dieses Zeitraums sollte die Möglichkeit der Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes oder einer Steuerbefreiung im Lichte der Pandemielage überprüft werden und gegebenenfalls sollte dieser Zeitraum verlängert werden können. Sollte der Vorschlag von 2018 vor Ende dieses Zeitraums angenommen werden und in Kraft treten, würden diese zeitlich befristeten Maßnahmen mit dem Ziel die Richtlinie 2006/112/EG an den COVID-19-Pandemie anzupassen, ihren Zweck nicht länger erfüllen.
- (10)
- Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich so bald wie möglich die Sicherstellung eines erschwinglicheren Zugangs zu der Lieferung von COVID-19-Impfstoffen und -In-vitro-Diagnostika sowie zu die Erbringung von eng mit diesen Diagnostika zusammenhängenden Dienstleistungen in der Union, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
- (11)
- Die Richtlinie 2006/112/EG sollte daher entsprechend geändert werden.
- (12)
- Wegen der COVID-19-Pandemie und der Dringlichkeit, der damit zusammenhängenden Krise im Bereich der öffentlich Gesundheit zu begegnen, wurde es als angemessen erachtet, eine Ausnahme von der Achtwochenfrist nach Artikel 4 des dem Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügten Protokolls Nr. 1 über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union vorzusehen.
- (13)
- Angesichts der Dringlichkeit der Lage hinsichtlich der COVID-19-Pandemie, sollte diese Richtlinie am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten —
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
Stellungnahme vom 26. November 2020 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
- (2)
Stellungnahme vom 2. Dezember 2020 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
- (3)
Beschluss (EU) 2020/491 der Kommission vom 3. April 2020 über die Befreiung von Gegenständen, die zur Bekämpfung der Auswirkungen des COVID-19-Ausbruchs im Jahr 2020 benötigt werden, von Eingangsabgaben und Mehrwertsteuer (ABl. L 103 I vom 3.4.2020, S. 1).
- (4)
Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1).
© Europäische Union 1998-2021
Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.