Präambel RL 2021/2101/EU
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 50 Absatz 1,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts ist Transparenz wesentlich. In ihren Mitteilungen vom 27. Oktober 2015 mit dem Titel „Arbeitsprogramm der Kommission 2016 — Jetzt ist nicht die Zeit für Business as usual” und vom 16. Dezember 2014 mit dem Titel „Arbeitsprogramm der Kommission 2015 — Ein neuer Start” erklärte es die Kommission zur Priorität, dem Ruf der Bürgerinnen und Bürger der Union nach Fairness und Transparenz zu folgen und die Union zum weltweiten Vorbild zu machen. Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass bei den Bemühungen um mehr Transparenz die Gegenseitigkeit zwischen Mitbewerbern berücksichtigt wird.
- (2)
- In seiner Entschließung vom 26. März 2019(3) hat das Europäische Parlament betont, dass eine ambitionierte öffentliche länderspezifische Berichterstattung erforderlich ist, um die Transparenz von Unternehmen zu erhöhen und die öffentliche Kontrolle zu verbessern. Parallel zu den Arbeiten des Rates zur Bekämpfung der Ertragsteuervermeidung muss die öffentliche Kontrolle der Ertragsteuerbelastung multinationaler Unternehmen, die in der Union tätig sind, verstärkt werden, um die Transparenz und Verantwortung von Unternehmen weiter zu fördern und damit zum Wohl unserer Gesellschaften beizutragen. Eine solche Kontrolle ist auch erforderlich, um eine aufgrund besserer Informationen geführte öffentliche Debatte insbesondere über den Grad der Steuerehrlichkeit bestimmter in der Union tätiger multinationaler Unternehmen und die Auswirkungen der Steuerehrlichkeit auf die Realwirtschaft zu fördern. Die Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Ertragsteuertransparenz würde auch dem allgemeinen wirtschaftlichen Interesse dienen, indem in der gesamten Union gleichwertige Garantien für den Schutz von Anlegern, Gläubigern und anderen Dritten im Allgemeinen vorgesehen werden, und somit dazu beitragen, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger der Union in die Fairness der nationalen Steuersysteme wiederherzustellen. Durch einen Ertragsteuerinformationsbericht kann eine solche öffentliche Kontrolle unabhängig davon erreicht werden, wo das oberste Mutterunternehmen der multinationalen Gruppe seinen Sitz hat.
- (3)
- Die öffentliche länderspezifische Berichterstattung ist ein wirksames und geeignetes Hilfsmittel, um die Transparenz der Tätigkeiten multinationaler Unternehmen zu erhöhen und der Öffentlichkeit zu ermöglichen, die Auswirkungen dieser Tätigkeiten auf die Realwirtschaft zu beurteilen. Sie verbessert auch die Fähigkeit der Aktionäre, die von Unternehmen eingegangenen Risiken zutreffend einzuschätzen, führt zu Anlagestrategien, die auf genauen Informationen beruhen, und verbessert die Fähigkeit von Entscheidungsträgern, die Effizienz und die Auswirkungen nationaler Rechtsvorschriften zu bewerten. Die öffentliche Kontrolle sollte durchgeführt werden, ohne das Investitionsklima in der Union oder die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in der Union, einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen gemäß der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(4), zu beeinträchtigen.
- (4)
- Eine öffentliche länderspezifische Berichterstattung hat zudem wahrscheinlich positive Auswirkungen auf die Rechte der Arbeitnehmer auf Information und Konsultation, wie sie in der Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(5) vorgesehen sind, sowie — durch die Verbesserung der Kenntnisse über die Tätigkeiten von Unternehmen — auf die Qualität des Dialogs, der innerhalb der Unternehmen stattfindet.
- (5)
- Entsprechend den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 22. Mai 2013 wurde eine Überprüfungsklausel in die Richtlinie 2013/34/EU aufgenommen. Diese Überprüfungsklausel verpflichtet die Kommission, unter Berücksichtigung der Entwicklungen in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Ergebnisse entsprechender europäischer Initiativen die Möglichkeit der Einführung einer Pflicht für große Unternehmen weiterer Wirtschaftszweige zur alljährlichen Erstellung eines länderspezifischen Berichts zu prüfen.
- (6)
- In der Union wurde die öffentliche länderspezifische Berichterstattung für den Bankensektor bereits durch die Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(6) sowie für die holz- und die mineralgewinnende Industrie durch die Richtlinie 2013/34/EU eingeführt.
- (7)
- Durch die Einführung einer öffentlichen länderspezifischen Berichterstattung durch die vorliegende Richtlinie übernimmt die Union bei der Förderung der Finanz- und Unternehmenstransparenz weltweit eine Führungsrolle.
- (8)
- Mehr Transparenz bei finanziellen Angaben wird Vorteile für alle mit sich bringen, da die Zivilgesellschaft stärker einbezogen wird, die Arbeitnehmer besser informiert werden und die Anleger eine geringere Risikoscheu haben. Außerdem werden Unternehmen von besseren Beziehungen zu Interessenträgern profitieren, was zu größerer Stabilität zusammen mit einem leichteren Zugang zur Finanzierung wegen klarerer Risikoprofile und einer gestärkten Reputation führen wird.
- (9)
- In ihrer Mitteilung vom 25. Oktober 2011 mit dem Titel „Eine neue EU-Strategie (2011-14) für die soziale Verantwortung der Unternehmen” definiert die Kommission soziale Verantwortung von Unternehmen als die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft. Soziale Verantwortung der Unternehmen sollte Sache der Unternehmen sein. Öffentliche Stellen können über einen intelligenten Mix freiwilliger politischer Maßnahmen und erforderlichenfalls ergänzender Regelungen eine unterstützende Rolle spielen. Unternehmen können über die Einhaltung der Gesetze hinausgehen und gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, indem sie weitere soziale, ökologische, ethische, verbraucherpolitische oder die Menschenrechte betreffende Erwägungen in ihre Geschäftsstrategie und -tätigkeit einfließen lassen.
- (10)
- Hat eine Unternehmensgruppe verschiede Arten von Einheiten mit Sitz in der Union, so sollte die Öffentlichkeit sämtliche Tätigkeiten der Unternehmensgruppe prüfen können. Im Falle von Gruppen, die in der Union ausschließlich über Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen tätig sind, sollten diese Tochterunternehmen und Zweigniederlassungen den Bericht des obersten Mutterunternehmens offenlegen und zugänglich machen. Sind diese Angaben oder ist dieser Bericht nicht verfügbar oder stellt das oberste Mutterunternehmen diesen Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen nicht alle erforderlichen Angaben zur Verfügung, so sollten die Tochterunternehmen und Zweigniederlassungen einen Ertragsteuerinformationsbericht mit allen ihnen vorliegenden, von ihnen erhaltenen oder eingeholten Angaben erstellen, offenlegen und zugänglich machen, sowie eine Erklärung aus der hervorgeht, dass ihr oberstes Mutterunternehmen die erforderlichen Angaben nicht zur Verfügung gestellt hat. Der Verhältnismäßigkeit und der Wirksamkeit halber sollte die Pflicht zur Offenlegung und Zugänglichmachung des Ertragsteuerinformationsberichts jedoch auf mittlere und große in der Union niedergelassene Tochterunternehmen und in der Union errichtete Zweigniederlassungen vergleichbarer Größe beschränkt werden. Der Anwendungsbereich der Richtlinie 2013/34/EU sollte daher entsprechend auf Zweigniederlassungen ausgedehnt werden, die in einem Mitgliedstaat von einem Unternehmen errichtet wurden, das außerhalb der Union niedergelassen ist und eine Rechtsform hat, die mit den in Anhang I der Richtlinie 2013/34/EU aufgeführten Rechtsformen vergleichbar ist. Zweigniederlassungen, die nach Artikel 37 Buchstabe k der Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates(7) aufgehoben wurden, sollten nicht mehr den Berichtspflichten der vorliegenden Richtlinie unterliegen.
- (11)
- Multinationale Gruppen und gegebenenfalls bestimmte unverbundene Unternehmen sollten einen Ertragsteuerinformationsbericht offenlegen, wenn die konsolidierten Umsatzerlöse der Gruppe oder die Umsatzerlöse des unverbundenen Unternehmens in den beiden letzten aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren eine bestimmte Höhe überschritten haben. Analog dazu sollte diese Verpflichtung entfallen, wenn die Umsatzerlöse die entsprechende Höhe über einen Zeitraum von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht überschreiten. In solchen Fällen sollte die multinationale Gruppe oder das unverbundene Unternehmen für das erste Geschäftsjahr, das auf das letzte Geschäftsjahr folgt, in dem die Höhe der Umsatzerlöse überschritten wurde, weiterhin berichtspflichtig sein. Eine solche multinationale Gruppe oder ein solches unverbundenes Unternehmen sollte den Berichtspflichten erneut unterliegen, wenn ihre bzw. seine Umsatzerlöse die entsprechende Höhe über einen Zeitraum von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren erneut überschritten haben. Angesichts der Vielzahl von Rechnungslegungsgrundsätzen, nach denen sich Abschlüsse richten können, sollten die „Umsatzerlöse” für Unternehmen, die dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen, zur Festlegung des Anwendungsbereichs die gleiche Bedeutung wie „Nettoumsatzerlöse” nach den nationalen Rechnungslegungsgrundsätzen dieses Mitgliedstaats haben. Artikel 43 Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie 86/635/EWG des Rates(8) und Artikel 66 Absatz 2 der Richtlinie 91/674/EWG des Rates(9) enthalten Maßgaben für die Bestimmung der Nettoumsatzerlöse eines Kreditinstituts bzw. eines Versicherungsunternehmens. Bei anderen Unternehmen sollten die Umsatzerlöse nach den Rechnungslegungsgrundsätzen ermittelt werden, auf deren Grundlage ihre Abschlüsse aufgestellt werden. Jedoch sollte für die Zwecke des Inhalts des Ertragsteuerinformationsberichts der Begriff „Erträge” anders definiert werden.
- (12)
- Um eine doppelte Berichterstattung für den Bankensektor zu vermeiden, sollten oberste Mutterunternehmen und unverbundene Unternehmen, die unter die Richtlinie 2013/36/EU fallen und die in ihrem Bericht gemäß Artikel 89 der genannten Richtlinie alle eigenen Tätigkeiten und gegebenenfalls alle Tätigkeiten ihrer in den konsolidierten Abschluss einbezogenen verbundenen Unternehmen erfassen, insbesondere auch die Tätigkeiten, die nicht unter Teil 3 Titel I Kapitel 2 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates(10) fallen, von den in dieser Richtlinie festgelegten Berichtspflichten ausgenommen werden.
- (13)
- Der Ertragsteuerinformationsbericht sollte gegebenenfalls eine Liste aller Tochterunternehmen für das betreffende Geschäftsjahr enthalten, die in der Union oder in Steuerhoheitsgebieten, welche in Anhang I und gegebenenfalls in Anhang II der einschlägigen Fassung der Schlussfolgerungen des Rates zur überarbeiteten EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke aufgeführt sind, niedergelassen sind. Um Verwaltungsaufwand zu vermeiden, sollte sich das oberste Mutterunternehmen auf die Liste der Tochterunternehmen stützen können, die im konsolidierten Abschluss des obersten Mutterunternehmens enthalten sind. Der Ertragsteuerinformationsbericht sollte zudem Angaben über sämtliche Tätigkeiten aller verbundenen Unternehmen der Gruppe enthalten, die in den Abschluss des obersten Mutterunternehmens einbezogen sind bzw. — je nach den Umständen — über sämtliche Tätigkeiten des unverbundenen Unternehmens. Die Angaben sollten sich auf das für eine wirksame öffentliche Kontrolle erforderliche Maß beschränken, damit sichergestellt ist, dass die Offenlegung für Unternehmen nicht zu unverhältnismäßigen Risiken oder Nachteilen bei der Wettbewerbsfähigkeit oder zu Fehlinterpretationen bezüglich der betroffenen Unternehmen führt. Der Ertragsteuerinformationsbericht sollte spätestens 12 Monate nach dem Bilanzstichtag zugänglich gemacht werden. Kürzere Fristen für die Offenlegung von Abschlüssen sollten nicht für den Ertragsteuerinformationsbericht gelten. Die durch diese Richtlinie eingeführten Bestimmungen berühren nicht die Bestimmungen der Richtlinie 2013/34/EU über Jahresabschlüsse und konsolidierte Abschlüsse.
- (14)
- Zur Vermeidung von Verwaltungsaufwand sollten Unternehmen berechtigt sein, bei der Erstellung eines Ertragsteuerinformationsberichts im Sinne der vorliegenden Richtlinie die Angaben auf der Grundlage der in Anhang III Abschnitt III Teile B und C der Richtlinie 2011/16/EU des Rates(11) enthaltenen Berichterstattungsvorgaben zu machen. Der Ertragsteuerinformationsbericht sollte den verwendeten Berichterstattungsrahmen angeben. Der Ertragsteuerinformationsbericht könnte zudem eine Gesamtschilderung enthalten, in der etwaige wesentliche Diskrepanzen zwischen den noch zu zahlenden und den bereits gezahlten Steuern auf Gruppenebene unter Berücksichtigung der entsprechenden Beträge für vorangehende Geschäftsjahre erläutert werden.
- (15)
- Es ist wichtig, die Vergleichbarkeit der Daten zu gewährleisten. Daher sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden, um ein gemeinsames Muster und maschinenlesbare elektronische Berichtsformate zur Vorlage des Ertragsteuerinformationsberichts gemäß dieser Richtlinie festzulegen. Bei der Festlegung des Musters und der Berichtsformate sollte die Kommission die Fortschritte berücksichtigen, die im Bereich der Digitalisierung und der Zugänglichkeit der von Unternehmen veröffentlichten Informationen erzielt wurden, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung des einheitlichen europäischen Zugangspunkts, wie in ihrer Mitteilung vom 24. September 2020 mit dem Titel „Eine Kapitalmarktunion für die Menschen und Unternehmen — neuer Aktionsplan” vorgeschlagen. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(12) ausgeübt werden.
- (16)
- Um eine ausreichende Detailtiefe zu gewährleisten, die es den Bürgerinnen und Bürgern besser zu beurteilen ermöglicht, welchen Beitrag multinationale Unternehmen zum gesellschaftlichen Wohlstand in den einzelnen Mitgliedstaaten leisten, sollten die Angaben nach Mitgliedstaaten aufgeschlüsselt werden. Darüber hinaus sollten die Angaben über die Geschäftstätigkeit multinationaler Unternehmen auch für bestimmte Steuerhoheitsgebiete in Drittländern, die besondere Herausforderungen beinhalten, mit großer Detailtiefe ausgewiesen werden. Für alle übrigen Drittlandtätigkeiten sollten die Angaben aggregiert gemacht werden, es sei denn, das Unternehmen möchte detailliertere Informationen vorlegen.
- (17)
- Für bestimmte Steuerhoheitsgebiete sollte eine große Detailtiefe ausgewiesen werden. Im Ertragsteuerinformationsbericht sollten die Angaben für jedes Steuerhoheitsgebiet, das in den Anhängen der Schlussfolgerungen des Rates zur überarbeiteten EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke(13) aufgeführt ist, stets getrennt ausgewiesen werden; dies sollte auch für deren spätere Aktualisierungen gelten, die zweimal jährlich, üblicherweise im Februar und Oktober, eigens gebilligt und im Amtsblatt der Europäischen Union (Reihe C) veröffentlicht werden. Anhang I der Schlussfolgerungen des Rates enthält die „EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke” , während Anhang II den „Stand der Zusammenarbeit mit der EU in Bezug auf die zur Umsetzung der Grundsätze des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich von kooperativen Ländern und Gebieten eingegangenen Verpflichtungen” betrifft. Für Anhang I sind die Länder und Gebiete, die berücksichtigt werden sollten, diejenigen, die am 1. März des Geschäftsjahres, für das der Ertragsteuerinformationsbericht erstellt werden soll, dort aufgeführt waren. Für Anhang II sind die Länder und Gebiete, die berücksichtigt werden sollten, diejenigen, die am 1. März des Geschäftsjahres, für das der Ertragsteuerinformationsbericht erstellt werden soll, sowie am 1. März des vorausgehenden Geschäftsjahres aufgeführt waren.
- (18)
- Die umgehende Offenlegung der Daten, die in den Ertragsteuerinformationsbericht aufzunehmen sind, könnte in bestimmten Fällen eine ernsthafte Beeinträchtigung der Marktstellung eines Unternehmens darstellen. Daher sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, den Unternehmen zu gestatten, die Offenlegung bestimmter Angaben für eine begrenzte Anzahl von Jahren aufzuschieben, sofern sie diesen Aufschub im Bericht eindeutig angeben und begründen sowie die Grundlage für die Begründung dokumentieren. Die von den Unternehmen nicht aufgenommenen Angaben sollten in einem späteren Bericht offengelegt werden. Angaben über Steuerhoheitsgebiete, die in den Anhängen I und II der Schlussfolgerungen des Rates zur überarbeiteten EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke aufgeführt sind, sollten nie ausgespart werden.
- (19)
- Um die Transparenz und Verantwortung von Unternehmen gegenüber Anlegern, Gläubigern, anderen Dritten und der breiten Öffentlichkeit zu stärken und eine angemessene Unternehmensführung zu gewährleisten, sollten die Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane eines in der Union niedergelassenen obersten Mutterunternehmens oder unverbundenen Unternehmens, das zur Erstellung, Offenlegung und Zugänglichmachung des Ertragsteuerinformationsberichts verpflichtet ist, die gemeinsame Verantwortung für die Erfüllung dieser Berichtspflichten gemäß dieser Richtlinie tragen. Da die Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane von in der Union niedergelassenen Tochterunternehmen, die von einem außerhalb der Union niedergelassenen obersten Mutterunternehmen kontrolliert werden, oder die für die Erfüllung der Offenlegungsformalitäten für die Zweigniederlassung zuständige Person bzw. Personen unter Umständen nur eingeschränkte Kenntnis vom Inhalt des vom obersten Mutterunternehmen erstellten Ertragsteuerinformationsberichts besitzen oder nur eingeschränkt in der Lage sind, derartige Angaben oder einen derartigen Bericht von ihrem obersten Mutterunternehmen zu erhalten, sollte die Verantwortung dieser Mitglieder oder Personen darin bestehen, nach ihrem bestem Wissen und Vermögen sicherzustellen, dass der Ertragsteuerinformationsbericht des obersten Mutterunternehmens oder unverbundenen Unternehmens auf eine Weise erstellt und offengelegt wurde, die dieser Richtlinie entspricht oder dass das Tochterunternehmen oder die Zweigniederlassung alle ihm bzw. ihr vorliegenden, von ihm bzw. ihr erhaltenen oder eingeholten Angaben auf eine Weise erstellt und offengelegt hat, die dieser Richtlinie entspricht. Falls die Angaben oder der Bericht unvollständig sind, sollte sich die Verantwortung dieser Mitglieder oder Personen auch auf die Offenlegung einer Erklärung erstrecken, aus der hervorgeht, dass das oberste Mutterunternehmen oder unverbundene Unternehmen die erforderlichen Angaben nicht zur Verfügung gestellt hat.
- (20)
- Um das Bewusstsein der Öffentlichkeit für den Umfang und die Einhaltung der durch die vorliegende Richtlinie in die Richtlinie 2013/34/EU eingefügten Berichtspflichten zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten verlangen, dass Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften angeben, ob ein Unternehmen verpflichtet war, einen Ertragsteuerinformationsbericht offenzulegen, und, wenn ja, ob dieser Bericht offengelegt wurde.
- (21)
- Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Sanktionen vorzusehen und alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass diese Sanktionen gemäß der Richtlinie 2013/34/EU durchgesetzt werden, gilt für Verstöße gegen die gemäß der vorliegenden Richtlinie erlassenen nationalen Bestimmungen über die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen.
- (22)
- Ziel dieser Richtlinie ist es, die Transparenz von Unternehmen und die öffentliche Kontrolle der Ertragsteuerinformationen von Unternehmen zu erhöhen, indem der bestehende Rechtsrahmen für die Berichtspflichten von Gesellschaften und anderen Unternehmen im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter im Sinne von Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe g des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) angepasst wird. Wie der Gerichtshof insbesondere in der Rechtssache C-97/96 Verband deutscher Daihatsu-Händler(14) befand, ist in Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe g AEUV ganz allgemein vom Ziel des Schutzes der Interessen „Dritter” die Rede, ohne dass insoweit einzelne Gruppen unterschieden oder ausgeschlossen würden. Der Begriff „Dritte” umfasst somit nicht nur Anleger und Gläubiger, sondern erstreckt sich auch auf andere betroffene Dritte, darunter Wettbewerber und die breite Öffentlichkeit. Darüber hinaus kann das Ziel der Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit, das den Institutionen durch Artikel 50 Absatz 1 AEUV in sehr allgemeinen Worten zugeschrieben wird, durch die Bestimmungen des Artikels 50 Absatz 2 AEUV nicht eingegrenzt werden. Da diese Richtlinie nur Pflichten zur Offenlegung von Ertragsteuerinformationsberichten zum Gegenstand hat und nicht die Harmonisierung der Steuern, ist Artikel 50 Absatz 1 AEUV die geeignete Rechtsgrundlage.
- (23)
- Um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts und gleiche Wettbewerbsbedingungen für multinationale Unternehmen der Union und solchen aus Drittländern zu gewährleisten, sollte die Kommission weiterhin nach Möglichkeiten für mehr Fairness und Steuertransparenz suchen. Insbesondere sollte die Kommission im Rahmen der Überprüfungsklausel prüfen, ob unter anderem eine vollständige Aufschlüsselung die Wirksamkeit dieser Richtlinie steigern würde.
- (24)
- Da das Ziel dieser Richtlinie von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen seiner Wirkung auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
- (25)
- Diese Richtlinie trägt dem von interessierten Kreisen geäußerten Anliegen hinsichtlich der Notwendigkeit Rechnung, Verzerrungen des Binnenmarkts abzubauen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit der Union zu beeinträchtigen. Sie sollte keinen ungebührlichen Verwaltungsaufwand für Unternehmen schaffen. Insgesamt steht der Umfang der offenzulegenden Angaben im Rahmen dieser Richtlinie in angemessenem Verhältnis zur angestrebten Verbesserung der Transparenz von Unternehmen und öffentlichen Kontrolle. Die Richtlinie steht daher im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.
- (26)
- Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung vom 28. September 2011 der Mitgliedstaaten und der Kommission zu erläuternden Dokumenten haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird. Bei dieser Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt.
- (27)
- Die Richtlinie 2013/34/EU sollte daher entsprechend geändert werden —
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. C 487 vom 28.12.2016, S. 62.
- (2)
Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 27. März 2019 (ABl. C 108 vom 26.3.2021, S. 623) und Standpunkt des Rates in erster Lesung vom 28. September 2021 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 11. November 2021 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
- (3)
ABl. C 108 vom 26.3.2021, S. 8.
- (4)
Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).
- (5)
Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 80 vom 23.3.2002, S. 29).
- (6)
Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).
- (7)
Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (ABl. L 169 vom 30.6.2017, S. 46).
- (8)
Richtlinie 86/635/EWG des Rates vom 8. Dezember 1986 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten (ABl. L 372 vom 31.12.1986, S. 1).
- (9)
Richtlinie 91/674/EWG des Rates vom 19. Dezember 1991 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen (ABl. L 374 vom 31.12.1991, S. 7).
- (10)
Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).
- (11)
Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. L 64 vom 11.3.2011, S. 1).
- (12)
Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).
- (13)
Siehe die Schlussfolgerungen des Rates zur überarbeiteten EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke und die dazugehörigen Anhänge (ABl. C 413 I vom 12.10.2021, S. 1) sowie ihre späteren Aktualisierungen.
- (14)
Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 1997, Verband deutscher Daihatsu-Händler, C-97/96, ECLI:EU:C:1997:581.
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