Artikel 6 RL 2022/2555/EU

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1.
„Netz- und Informationssystem”

a)
ein elektronisches Kommunikationsnetz im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972,
b)
ein Gerät oder eine Gruppe miteinander verbundener oder zusammenhängender Geräte, die einzeln oder zu mehreren auf der Grundlage eines Programms die automatische Verarbeitung digitaler Daten durchführen, oder
c)
digitale Daten, die von den — in den Buchstaben a und b genannten — Elementen zum Zwecke ihres Betriebs, ihrer Nutzung, ihres Schutzes und ihrer Pflege gespeichert, verarbeitet, abgerufen oder übertragen werden;

2.
„Sicherheit von Netz- und Informationssystemen” die Fähigkeit von Netz- und Informationssystemen, auf einem bestimmten Vertrauensniveau alle Ereignisse abzuwehren, die die Verfügbarkeit, Authentizität, Integrität oder Vertraulichkeit gespeicherter oder übermittelter oder verarbeiteter Daten oder der Dienste, die über diese Netz- und Informationssysteme angeboten werden bzw. zugänglich sind, beeinträchtigen können;
3.
„Cybersicherheit” die Cybersicherheit im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/881;
4.
„nationale Cybersicherheitsstrategie” einen kohärenten Rahmen eines Mitgliedstaats mit strategischen Zielen und Prioritäten im Bereich der Cybersicherheit und der zu ihrer Verwirklichung erforderlichen Governance in diesem Mitgliedstaat;
5.
„Beinahe-Vorfall” ein Ereignis, das die Verfügbarkeit, Authentizität, Integrität oder Vertraulichkeit gespeicherter, übermittelter oder verarbeiteter Daten oder der Dienste, die über Netz- und Informationssysteme angeboten werden bzw. zugänglich sind, beeinträchtigt haben könnte, dessen Eintritt jedoch erfolgreich verhindert wurde bzw. das nicht eingetreten ist;
6.
„Sicherheitsvorfall” ein Ereignis, das die Verfügbarkeit, Authentizität, Integrität oder Vertraulichkeit gespeicherter, übermittelter oder verarbeiteter Daten oder der Dienste, die über Netz- und Informationssysteme angeboten werden bzw. zugänglich sind, beeinträchtigt;
7.
„Cybersicherheitsvorfall großen Ausmaßes” einen Sicherheitsvorfall, der eine Störung verursacht, deren Ausmaß die Reaktionsfähigkeit eines Mitgliedstaats übersteigt, oder der beträchtliche Auswirkungen auf mindestens zwei Mitgliedstaaten hat;
8.
„Bewältigung von Sicherheitsvorfällen” alle Maßnahmen und Verfahren zur Verhütung, Erkennung, Analyse und Eindämmung von Sicherheitsvorfällen oder die Reaktion darauf und die Erholung davon;
9.
„Risiko” das Potenzial für Verluste oder Störungen, die durch einen Sicherheitsvorfall verursacht werden, das als eine Kombination des Ausmaßes eines solchen Verlusts oder einer solchen Störung und der Wahrscheinlichkeit des Eintretens des Sicherheitsvorfalls zum Ausdruck gebracht wird;
10.
„Cyberbedrohung” eine Cyberbedrohung im Sinne des Artikel 2 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2019/881;
11.
„erhebliche Cyberbedrohung” eine Cyberbedrohung, die das Potenzial besitzt, die Netz- und Informationssysteme einer Einrichtung oder der Nutzer solcher Systeme aufgrund ihrer technischen Merkmale erheblich zu beeinträchtigen, indem sie erheblichen materiellen oder immateriellen Schaden verursacht;
12.
„IKT-Produkt” ein IKT-Produkt im Sinne des Artikels 2 Nummer 12 der Verordnung (EU) 2019/881;
13.
„IKT-Dienst” bezeichnet einen IKT-Dienst im Sinne des Artikels 2 Nummer 13 der Verordnung (EU) 2019/881;
14.
„IKT-Prozess” einen IKT-Prozess im Sinne des Artikels 2 Nummer 14 der Verordnung (EU) 2019/881;
15.
„Schwachstelle” eine Schwäche, Anfälligkeit oder Fehlfunktion von IKT-Produkten oder IKT-Diensten, die bei einer Cyberbedrohung ausgenutzt werden kann;
16.
„Norm” eine Norm im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates(1);
17.
„technische Spezifikation” eine technische Spezifikation im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012;
18.
„Internet-Knoten” eine Netzeinrichtung, die die Zusammenschaltung von mehr als zwei unabhängigen Netzen (autonomen Systemen) ermöglicht, in erster Linie zur Erleichterung des Austauschs von Internet-Datenverkehr, der nur der Zusammenschaltung autonomer Systeme dient und weder voraussetzt, dass der Internet-Datenverkehr zwischen zwei beliebigen teilnehmenden autonomen Systemen über ein drittes autonomes System läuft; noch den betreffenden Datenverkehr verändert oder anderweitig beeinträchtigt;
19.
„Domänennamensystem” oder „DNS” ein verteiltes hierarchisches Verzeichnissystem, das die Identifizierung von Diensten und Ressourcen im Internet ermöglicht und es Endnutzergeräten erlaubt, Internet-Routing- und Konnektivitätsdienste zu nutzen, um diese Dienste und Ressourcen zu erreichen;
20.
„DNS-Diensteanbieter” eine Einrichtung, die

a)
für Internet-Endnutzer öffentlich verfügbare rekursive Dienste zur Auflösung von Domänennamen anbietet oder
b)
autoritative Dienste zur Auflösung von Domänennamen zur Nutzung durch Dritte, mit Ausnahme von Root-Namenservern, anbietet;

21.
„Namenregister der Domäne oberster Stufe” oder „TLD-Namenregister” eine Einrichtung, der eine bestimmte Domäne oberster Stufe (Top Level Domain — TLD) übertragen wurde und die für die Verwaltung der TLD, einschließlich der Registrierung von Domänennamen unterhalb der TLD, sowie für den technischen Betrieb der TLD, einschließlich des Betriebs ihrer Namenserver, der Pflege ihrer Datenbanken und der Verteilung von TLD-Zonendateien über die Namenserver, zuständig ist, unabhängig davon, ob der Betrieb durch die Einrichtung selbst erfolgt oder ausgelagert wird, jedoch mit Ausnahme von Situationen, in denen TLD-Namen von einem Register nur für seine eigenen Zwecke verwendet werden;
22.
„Einrichtung, die Domänennamen-Registrierungsdienste erbringt” ein Registrar oder eine Stelle, die im Namen von Registraren tätig ist, wie etwa ein Anbieter oder Wiederverkäufer von Datenschutz- oder Proxy-Registrierungsdiensten;
23.
„digitaler Dienst” einen Dienst im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates(2);
24.
„Vertrauensdienst” einen Vertrauensdienst im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014;
25.
„Vertrauensdiensteanbieter” einen Vertrauensdiensteanbieter im Sinne des Artikels 3 Nummer 19 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014;
26.
„qualifizierter Vertrauensdienst” einen qualifizierten Vertrauensdienst im Sinne des Artikels 3 Nummer 17 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014;
27.
„qualifizierter Vertrauensdiensteanbieter” einen qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter im Sinne des Artikels 3 Nummer 20 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014;
28.
„Online-Marktplatz” einen digitalen Dienst im Sinne des Artikels 2 Buchstabe n der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(3);
29.
„Online-Suchmaschine” eine Online-Suchmaschine im Sinne des Artikels 2 Nummer 5 der Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates(4);
30.
„Cloud-Computing-Dienst” einen digitalen Dienst, der auf Abruf die Verwaltung und den umfassenden Fernzugang zu einem skalierbaren und elastischen Pool gemeinsam nutzbarer Rechenressourcen ermöglicht, auch wenn diese Ressourcen auf mehrere Standorte verteilt sind;
31.
„Rechenzentrumsdienst” einen Dienst, mit dem spezielle Strukturen oder Gruppen von Strukturen für die zentrale Unterbringung, die Verbindung und den Betrieb von IT- und Netzausrüstungen zur Erbringung von Datenspeicher-, Datenverarbeitungs- und Datentransportdiensten sowie alle Anlagen und Infrastrukturen für die Leistungsverteilung und die Umgebungskontrolle bereitgestellt werden;
32.
„Inhaltszustellnetz” bezeichnet ein Netz dezentraler Server zur Gewährleistung einer hohen Verfügbarkeit, Zugänglichkeit oder schnellen Zustellung digitaler Inhalte und Dienste für Internetnutzer im Auftrag von Inhalte- und Diensteanbietern;
33.
„Plattform für Dienste sozialer Netzwerke” eine Plattform, auf der Endnutzer mit unterschiedlichen Geräten insbesondere durch Chats, Posts, Videos und Empfehlungen miteinander in Kontakt treten und kommunizieren sowie Inhalte teilen und entdecken können;
34.
„Vertreter” eine in der Union niedergelassene natürliche oder juristische Person, die ausdrücklich benannt wurde, um im Auftrag eines DNS-Diensteanbieters, einer Einrichtung, die Domänennamen-Registrierungsdienste erbringt, eines TLD-Namenregisters, eines Anbieters von Cloud-Computing-Diensten, eines Anbieters von Rechenzentrumsdiensten, eines Betreibers von Inhaltszustellnetzen, eines Anbieters verwalteter Dienste, eines Anbieters verwalteter Sicherheitsdienste oder eines Anbieters von einem Online-Marktplatz, von einer Online-Suchmaschine oder von einer Plattform für Dienste sozialer Netzwerke, der bzw. die nicht in der Union niedergelassen ist, zu handeln, und an die sich eine nationale zuständige Behörde oder ein CSIRT — statt an die Einrichtung — hinsichtlich der Pflichten dieser Einrichtung gemäß dieser Richtlinie wenden kann;
35.
„Einrichtung der öffentlichen Verwaltung” eine als solche in einem Mitgliedstaat nach nationalem Recht anerkannte Einrichtung, ausgenommen Justiz, Parlamente und Zentralbanken, die die folgenden Kriterien erfüllt:

a)
sie wurde zu dem Zweck gegründet, im allgemeinen Interesse liegende Aufgaben zu erfüllen, und hat keinen gewerblichen oder kommerziellen Charakter,
b)
sie besitzt Rechtspersönlichkeit oder ist gesetzlich dazu befugt, im Namen einer anderen Einrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit zu handeln,
c)
sie wird überwiegend vom Staat, Gebietskörperschaften oder von anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts finanziert, untersteht hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht dieser Körperschaften oder verfügt über ein Verwaltungs-, Leitungs- bzw. Aufsichtsorgan, das mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts eingesetzt worden sind,
d)
sie ist befugt, an natürliche oder juristische Personen Verwaltungs- oder Regulierungsentscheidungen zu richten, die deren Rechte im grenzüberschreitenden Personen-, Waren-, Dienstleistungs- oder Kapitalverkehr berühren;

36.
„öffentliches elektronisches Kommunikationsnetz” ein öffentliches elektronisches Kommunikationsnetz im Sinne von Artikel 2 Nummer 8 der Richtlinie (EU) 2018/1972;
37.
„elektronischer Kommunikationsdienst” einen elektronischen Kommunikationsdienst im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Richtlinie (EU) 2018/1972;
38.
„Einrichtung” eine natürliche Person oder nach dem an ihrem Sitz geltenden nationalen Recht geschaffene und anerkannte juristische Person, die in eigenem Namen Rechte ausüben und Pflichten unterliegen kann;
39.
„Anbieter verwalteter Dienste” eine Einrichtung, die Dienste im Zusammenhang mit der Installation, der Verwaltung, dem Betrieb oder der Wartung von IKT-Produkten, Netzen, Infrastruktur, Anwendungen oder jeglicher anderer Netz- und Informationssysteme durch Unterstützung oder aktive Verwaltung erbringt, die entweder in den Räumlichkeiten der Kunden oder aus der Ferne erbringt;
40.
„Anbieter verwalteter Sicherheitsdienste” einen Anbieter verwalteter Dienste, der Unterstützung für Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Risikomanagement im Bereich der Cybersicherheit durchführt oder erbringt;
41.
„Forschungseinrichtung” eine Einrichtung, deren primäres Ziel es ist, angewandte Forschung oder experimentelle Entwicklung im Hinblick auf die Nutzung der Ergebnisse dieser Forschung für kommerzielle Zwecke durchzuführen, die jedoch Bildungseinrichtungen nicht einschließt.

Fußnote(n):

(1)

Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur europäischen Normung, zur Änderung der Richtlinien 89/686/EWG und 93/15/EWG des Rates sowie der Richtlinien 94/9/EG, 94/25/EG, 95/16/EG, 97/23/EG, 98/34/EG, 2004/22/EG, 2007/23/EG, 2009/23/EG und 2009/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung des Beschlusses 87/95/EWG des Rates und des Beschlusses Nr. 1673/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 316 vom 14.11.2012, S. 12).

(2)

Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1).

(3)

Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22).

(4)

Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 57).

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