Präambel RL 2022/542/EU

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 113,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die derzeit in der Richtlinie 2006/112/EG des Rates(3) festgelegten Vorschriften über Mehrwertsteuersätze sollen das Funktionieren des Binnenmarkts gewährleisten und Wettbewerbsverzerrungen verhindern. Diese Vorschriften wurden vor mehr als zwei Jahrzehnten auf der Grundlage des Ursprungslandprinzips konzipiert. In ihrer Mitteilung vom 7. April 2016 über einen Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer — Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum: Zeit für Reformen und ihrer Mitteilung vom 4. Oktober 2017 über ein Follow-up zum Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer — Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Mehrwertsteuerraum: Zeit zu handeln bekundete die Kommission ihre Absicht, diese Vorschriften im endgültigen Mehrwertsteuersystem für den grenzüberschreitenden Warenhandel zwischen Unternehmen der Mitgliedstaaten, das auf der Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat basieren soll, anzupassen.
(2)
Im Rahmen eines Mehrwertsteuersystems, bei dem die Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen im Bestimmungsmitgliedstaat besteuert würde, ziehen die Lieferer bzw. Dienstleistungserbringer keinen signifikanten Vorteil daraus, sich in einem Mitgliedstaat mit niedrigeren Steuersätzen niederzulassen. Eine größere Vielfalt der Mehrwertsteuersätze würde sich in einem solchen System nicht störend auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken oder Wettbewerbsverzerrungen verursachen. Unter diesen Umständen wäre es angemessen, den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der Festsetzung der Mehrwertsteuersätze einzuräumen.
(3)
Gegenstände und Dienstleistungen, die für ermäßigte Steuersätze infrage kommen, sollten dem Endkunden zugutekommen und Ziele von allgemeinem Interesse verfolgen. Um unnötige Komplexität und einen damit verbundenen Anstieg der Kosten für die Unternehmen, insbesondere beim innergemeinschaftlichen Handel, zu vermeiden, würden normalerweise, nachdem Mitgliedstaaten entsprechende Gegenstände und Dienstleistungen ausgewählt haben, ermäßigte Steuersätze entlang der gesamten Handelskette zur Anwendung kommen.
(4)
Der rechtliche Rahmen, der die Anwendung ermäßigter Steuersätze erlaubt, sollte generell mit anderen Maßnahmen der Union, wie beispielsweise mit der Verordnung (EU) 2021/522 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) und der Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 über den europäischen Grünen Deal im Einklang stehen. Damit die Mitgliedstaaten zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit ihrer Gesundheitssysteme ermäßigte Steuersätze anwenden können, ist es angebracht, die Bandbreite der Gegenstände und Dienstleistungen zu erweitern, die als wesentlich erachtet werden, um die Gesundheitsversorgung zu unterstützen und Behinderungen auszugleichen und zu bewältigen. Überdies sollte den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt werden, zu einer klimaneutralen und ökologischen Wirtschaft beizutragen, indem sie ermäßigte Steuersätze auf umweltfreundliche Lieferungen anwenden und zugleich die schrittweise Beendigung der bestehenden Vorzugsbehandlung von umweltschädlichen Lieferungen vorbereiten.
(5)
Alle Mitgliedstaaten sollten gleich behandelt werden und daher dieselben Möglichkeiten hinsichtlich der Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze eingeräumt bekommen, die jedoch eine Ausnahme vom Normalsteuersatz bleiben sollten. Diese Gleichbehandlung kann dadurch erreicht werden, dass allen Mitgliedstaaten gestattet wird, auf die infrage kommenden Gegenstände und Dienstleistungen innerhalb festgelegter Grenzen höchstens zwei ermäßigte Steuersätze in Höhe des Mindestsatzes von 5 %, einen ermäßigten Steuersatz, der unter dem Mindestsatz von 5 % liegt, und eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug anzuwenden.
(6)
Unter Berücksichtigung des Erfordernisses, aus Haushaltsgründen einer Zunahme von ermäßigten Steuersätzen vorzubeugen, und unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sollte es den Mitgliedstaaten gestattet werden, ermäßigte Steuersätze, die nicht unter dem Mindestsatz von 5 % liegen dürfen, auf unter höchstens 24 Nummern des Anhangs III der Richtlinie 2006/112/EG fallende Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen anzuwenden. Aus denselben Gründen sollte es den Mitgliedstaaten freistehen, einen ermäßigten Steuersatz, der unter dem Mindestsatz von 5 % liegt, und eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug anzuwenden, jedoch nur auf unter höchstens sieben Nummern des Anhangs III der Richtlinie 2006/112/EG fallende Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, ausgewählt unter den Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die als zur Deckung der Grundbedürfnisse dienend erachtet werden, insbesondere denjenigen im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Nahrungsmitteln, Wasser, Arzneimitteln, pharmazeutischen Erzeugnissen, Gesundheitsprodukten und Hygieneartikeln, der Personenbeförderung und bestimmten Kulturartikeln (Bücher, Zeitungen und Zeitschriften), oder ausgewählt unter anderen in Anhang III der Richtlinie 2006/112/EG aufgeführten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, auf die andere Mitgliedstaaten ermäßigte Steuersätze, die unter dem Mindestsatz von 5 % liegen, oder Steuerbefreiungen mit Recht auf Vorsteuerabzug anwenden, solange sie die geltenden Fristen einhalten. Es ist angebracht, den Mitgliedstaaten, die bereits solche ermäßigten Steuersätze oder solche Steuerbefreiungen anwenden, die für die Einhaltung der genannten Fristen erforderliche Zeit einzuräumen.
(7)
Es ist angebracht, Solarpaneele unter die sieben Nummern aufzunehmen, die mit den umweltspezifischen Verpflichtungen der Union im Bereich der Dekarbonisierung und mit dem europäischen Grünen Deal im Einklang stehen, sowie ferner den Mitgliedstaaten die Möglichkeit anzubieten, die Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen auch mittels ermäßigter Mehrwertsteuersätze zu fördern. Zur Unterstützung des Übergangs zur Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Förderung der Autarkie der Union in Bezug auf Energie ist es notwendig, den Mitgliedstaaten zu gestatten, dem Endverbraucher einen besseren Zugang zu umweltfreundlichen Energiequellen zu verschaffen.
(8)
Die Inanspruchnahme jeder dieser Möglichkeiten sollte so ausgelegt werden, als würde sie eine Maßnahme darstellen, die sich in die Logik des Systems der Mehrwertsteuersätze einfügt und aus genau definierten sozialen Gründen und zugunsten des Endverbrauchers oder im allgemeinen Interesse erlassen worden ist.
(9)
Neben den allgemeinen Vorschriften über die Mehrwertsteuersätze bestehen einige Ausnahmeregelungen, die es bestimmten Mitgliedstaaten gestatten, niedrigere Sätze anzuwenden. Die genannten niedrigeren Steuersätze sind durch besondere geografische Merkmale oder durch soziale Gründe, die sich zugunsten des Endverbrauchers oder im allgemeinen Interesse auswirken sollen, gerechtfertigt. Solche niedrigeren Steuersätze könnten für andere Mitgliedstaaten von Bedeutung sein. Im Einklang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist es daher angebracht, eine allen Mitgliedstaaten offenstehende Möglichkeit vorzusehen, die darin bestehen würde, auf dieselben Gegenstände und Dienstleistungen wie diejenigen, auf die in anderen Mitgliedstaaten niedrigere Steuersätze anwendbar sind, und unter denselben Bedingungen niedrigere Steuersätze anzuwenden. Zur Einhaltung der Obergrenze von sieben Nummern sollten die Mitgliedstaaten, die am 1. Januar 2021 solche niedrigeren Steuersätze auf unter mehr als sieben Nummern des Anhangs III fallende Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen angewandt haben, die Anwendung von ermäßigten Steuersätzen, die unter dem Mindestsatz von 5 % liegen, und die Gewährung von Steuerbefreiungen mit Recht auf Vorsteuerabzug bis zum 1. Januar 2032 oder bis zum Zeitpunkt der Annahme der endgültigen Regelung, je nachdem, welcher Zeitpunkt der frühere ist, auf unter sieben Nummern des Anhangs III der Richtlinie 2006/112/EG fallende Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen beschränken. Diese Änderungen lassen die Ausnahmebestimmungen hinsichtlich der Anwendung der Steuerbefreiungen ohne Recht auf Vorsteuerabzug gemäß Anhang X der Richtlinie 2006/112/EG unberührt.
(10)
Außerdem gestatten es eine Reihe von anderen Ausnahmen bestimmten Mitgliedstaaten derzeit, ermäßigte Steuersätze, die nicht unter 12 % liegen, auf andere Gegenstände und Dienstleistungen als die in Anhang III der Richtlinie 2006/112/EG aufgeführten anzuwenden. In Anbetracht dessen, dass die genannten ermäßigten Steuersätze in Bezug auf die Höhe nahe beim Normalsatz liegen, und im Einklang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist es angebracht, eine allen Mitgliedstaaten offenstehende Möglichkeit vorzusehen, die darin bestehen soll, auf dieselben Gegenstände und Dienstleistungen wie diejenigen, auf die in anderen Mitgliedstaaten ermäßigte Steuersätze, die nicht unter 12 % liegen, anwendbar sind, und unter denselben Bedingungen ermäßigte Steuersätze, die nicht unter 12 % liegen, anzuwenden.
(11)
Andere Mitgliedstaaten sollten ermäßigte Steuersätze, die nicht unter 12 % liegen, auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht in Anhang III der Richtlinie 2006/112/EG aufgeführt sind, und ermäßigte Steuersätze, die unter 5 % liegen, und Steuerbefreiungen mit Recht auf Vorsteuerabzug auf unter jede Nummer des Anhangs III außer den Nummern 1 bis 6 und 10c fallende Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen anwenden können, solange sie sich an die in dieser Richtlinie vorgesehene Struktur der Mehrwertsteuersätze und die entsprechenden Bedingungen halten, die von den Mitgliedstaaten angewandt werden, in denen am 1. Januar 2021 ermäßigte Steuersätze oder Steuerbefreiungen mit Recht auf Vorsteuerabzug galten. Diese anderen Mitgliedstaaten sollten Mitgliedstaaten umfassen, die derzeit ermäßigte Steuersätze und Steuerbefreiungen mit Recht auf Vorsteuerabzug anwenden und noch andere Steuersätze, die nicht unter 12 % liegen, auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht in Anhang III der Richtlinie 2006/112/EG aufgeführt sind, ermäßigte Steuersätze, die unter 5 % liegen, oder Steuerbefreiungen mit Recht auf Vorsteuerabzug auf andere Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen anwenden möchten als die, die sie derzeit anwenden.
(12)
Mitgliedstaaten, die am 1. Januar 2021 ermäßigte Steuersätze oder Steuerbefreiungen mit Recht auf Vorsteuerabzug auf der Grundlage von Ausnahmen angewandt haben, sollten dem Mehrwertsteuerausschuss die wichtigsten Rechtsvorschriften und die Bedingungen für die Ausnahmen in ihrem nationalen Recht mitteilen, die am 1. Januar 2021 angewandt wurden und zu denen anderen Mitgliedstaaten Zugang gewährt werden soll. Um Rechtssicherheit zu gewährleisten und allen Mitgliedstaaten gleichberechtigten Zugang zu diesen Ausnahmen zu ermöglichen, ist auf der Grundlage von Informationen, die von den betreffenden Mitgliedstaaten bis zur gesetzten Frist bereitgestellt werden, von der Kommission ein vollständiges Verzeichnis der Gegenstände und Dienstleistungen, auf die solche ermäßigten Steuersätze und Steuerbefreiungen angewandt werden, unmittelbar nach Erhalt dieser Informationen zu erstellen und an alle Mitgliedstaaten zu verteilen. Die Einhaltung der Frist für die Übermittlung dieser Informationen durch die Mitgliedstaaten ist wesentlich, um sicherzustellen, dass alle Mitgliedstaaten gleichberechtigten Zugang zu Ausnahmen haben.
(13)
Auf der Grundlage der von der Kommission verteilten Informationen sollten Mitgliedstaaten ermäßigte Steuersätze und Steuerbefreiungen mit Recht auf Vorsteuerabzug auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen anwenden können, auf die andere Mitgliedstaaten diese ermäßigte Steuersätze und Steuerbefreiungen anwenden, sofern die ermäßigten Steuersätze und Steuerbefreiungen unter denselben Bedingungen angewandt werden, wie sie in den Mitgliedstaaten anwendbar sind, die diese Steuersätze und Steuerbefreiungen bereits anwenden. Für die Inanspruchnahme der genannten Möglichkeiten sollten die Mitgliedstaaten genaue Vorschriften erlassen und dem Mehrwertsteuerausschuss den Wortlaut der erlassenen Vorschriften mitteilen. Auf der Grundlage dieser Mitteilung sollte die Kommission dem Rat einen Bericht mit einem umfassenden Verzeichnis der Gegenstände und Dienstleistungen, auf die die Mitgliedstaaten ermäßigte Steuersätze und Steuerbefreiungen mit Recht auf Vorsteuerabzug anwenden, vorlegen.
(14)
In Anbetracht des Erfordernisses, das Verzeichnis der Gegenstände und Dienstleistungen, die für ermäßigte Steuersätze infrage kommen, zu modernisieren und zu aktualisieren, sollte die Richtlinie 2006/112/EG geändert werden, um die Anwendung von ermäßigten Steuersätzen für spezifische sozialpolitische Ziele zu gestatten, um für Klarheit zu sorgen und um dem Grundsatz der Neutralität Rechnung zu tragen, insbesondere durch Sicherstellung der Gleichbehandlung in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze bei Vermietung oder Leasing und der Lieferung bestimmter Gegenstände.
(15)
Um den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, den Übergang zur Nutzung umweltfreundlicher Heizanlagen im Einklang mit den umweltspezifischen Verpflichtungen der Union im Bereich der Dekarbonisierung zu unterstützen, sollte die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, ermäßigte Steuersätze auf die Lieferung und Installation hocheffizienter emissionsarmer Heizanlagen, die den Kriterien der Umweltgesetzgebung genügen, außerdem in Anhang III der Richtlinie 2006/112/EG enthalten sein.
(16)
Der Digitalisierung kommt bei der Wertschöpfung und der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit eine Schlüsselrolle zu. Mit dem Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft wird die digitale Leistungsfähigkeit der Mitgliedstaaten auf der Grundlage von im Voraus festgelegten Indikatoren, die erhebliche Unterschiede bei der digitalen Entwicklung zeigen, gemessen und eine Rangfolge erstellt. Um der unzureichenden Versorgung mit Internetzugangsdiensten abzuhelfen und um ihre Weiterentwicklung zu unterstützen, sollten die Mitgliedstaaten einen ermäßigten Steuersatz auf diese Dienste anwenden können. Die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf Internetzugangsdienste sollte auf die Ziele zugeschnitten sein, die in der nationalen Digitalisierungspolitik festgelegt sind, und dementsprechend im Umfang begrenzt sein. Gemäß der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) bieten Internetzugangsdienste Verbindungen, erstrecken sich aber nicht auf den Inhalt, der über das Internet bereitgestellt wird.
(17)
Außerdem sollte es in Anbetracht des digitalen Wandels der Wirtschaft für die Mitgliedstaaten möglich sein, für Aktivitäten, einschließlich von Veranstaltungen, die mittels Live-Streaming übertragen werden, dieselbe Behandlung vorzusehen wie für diejenigen, die für ermäßigte Steuersätze infrage kommen, wenn sie als Präsenzaktivitäten oder -veranstaltungen stattfinden.
(18)
Um die Besteuerung im Mitgliedstaat des Verbrauchs sicherzustellen, müssen alle Dienstleistungen, die für einen Verbraucher elektronisch erbracht werden können, an dem Ort steuerbar sein, an dem der Verbraucher ansässig ist oder seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Daher ist es notwendig, die Vorschriften für den Ort der Dienstleistung in Bezug auf solche Tätigkeiten zu ändern.
(19)
Um für Rechtssicherheit zu sorgen, ist es notwendig zu präzisieren, dass es im Fall von Einrichtungen mit sozialem Charakter die allgemeine Tätigkeit und die Ziele der Einrichtung als Ganzes- unabhängig vom letztendlich Begünstigten der Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen — sind, die bei der Bewertung der Anforderungen für die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes berücksichtigt werden sollten.
(20)
Darüber hinaus sollte die Richtlinie 2006/112/EG geändert werden, um die Anwendung ermäßigter Steuersätze in einer begrenzten Zahl von besonderen Situationen aus sozialen Gründen, zugunsten des Endverbrauchers und zur Verfolgung eines Ziels von allgemeinem Interesse zu gestatten. Daher sollte das Verzeichnis der Gegenstände und Dienstleistungen in Anhang III der Richtlinie 2006/112/EG, die für ermäßigte Steuersätze infrage kommen, um eine begrenzte Zahl solcher bestehender Ausnahmen erweitert werden.
(21)
Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass die Richtlinie 2006/112/EG angepasst werden muss, um den Rechtsrahmen für die Bewältigung künftiger Krisen bereit zu machen und damit die Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, rasch auf außergewöhnliche Situationen wie Pandemien, humanitäre Krisen und Naturkatastrophen zu reagieren. Zu diesem Zweck sollten Mitgliedstaaten, die von der Kommission ermächtigt wurden, eine Mehrwertsteuerbefreiung auf zugunsten von Katastrophenopfern eingeführte Gegenstände anzuwenden, unter denselben Umständen die Möglichkeit haben, eine Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug in Bezug auf die innergemeinschaftlichen Erwerbe und inländischen Lieferungen der genannten Gegenstände sowie die mit diesen Lieferungen zusammenhängenden Dienstleistungen an die infrage kommenden Einrichtungen anzuwenden, damit diese den Katastrophenopfern helfen können. Falls die Bedingungen für Steuerbefreiungen nicht mehr erfüllt sind, sollte die Lieferung solcher Gegenstände und Dienstleistungen der Mehrwertsteuer unterliegen.
(22)
Da die Hauptziele dieser Richtlinie, nämlich die Aktualisierung des Verzeichnisses der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die für ermäßigte Steuersätze infrage kommen, und die Festlegung der Grundregeln, die sicherstellen sollen, dass die Mitgliedstaaten gleichen Zugang zur Anwendung ermäßigter Steuersätze haben, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen bestehender Beschränkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(23)
Die Richtlinie 2006/112/EG ist durch die Richtlinie (EU) 2020/285 des Rates(6) geändert worden. Aufgrund der unterschiedlichen Struktur der Mehrwertsteuersätze, die in dieser Richtlinie vorgesehen ist, sollten die Bezugnahmen in der Richtlinie (EU) 2020/285 geändert werden.
(24)
Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung vom 28. September 2011 der Mitgliedstaaten und der Kommission zu Erläuternden Dokumenten(7) haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt.
(25)
Die Richtlinien 2006/112/EG und (EU) 2020/285 sollten daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

Stellungnahme vom 9. März 2022 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)

ABl. C 283 vom 10.8.2018, S. 35.

(3)

Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1).

(4)

Verordnung (EU) 2021/522 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. März 2021 zur Einrichtung eines Aktionsprogramms der Union im Bereich der Gesundheit ( „EU4Health-Programm” ) für den Zeitraum 2021–2027 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 282/2014 (ABl. L 107 vom 26.3.2021, S. 1).

(5)

Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zu Endkundenentgelten für regulierte intra-EU-Kommunikation sowie zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG und der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 (ABl. L 310 vom 26.11.2015, S. 1).

(6)

Richtlinie (EU) 2020/285 des Rates vom 18. Februar 2020 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Bezug auf die Sonderregelung für Kleinunternehmen und der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 in Bezug auf die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und den Informationsaustausch zur Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung der Sonderregelung für Kleinunternehmen (ABl. L 62 vom 2.3.2020, S. 13).

(7)

ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.

© Europäische Union 1998-2021

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