Präambel RL 2023/970/EU
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 157 Absatz 3,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- In Artikel 11 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, das von allen Mitgliedstaaten ratifiziert worden ist, ist vorgesehen, dass die Vertragsstaaten alle geeigneten Maßnahmen zu treffen haben, um unter anderem das Recht auf gleiches Entgelt, einschließlich sonstiger Leistungen, und auf Gleichbehandlung bei gleichwertiger Arbeit sowie Gleichbehandlung bei der Bewertung der Arbeitsqualität zu gewährleisten.
- (2)
- In Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union ist das Recht auf Gleichstellung von Frauen und Männern als wesentlicher Wert der Union festgeschrieben.
- (3)
- Gemäß den Artikeln 8 und 10 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) wird gefordert, dass die Union in ihrer Politik und bei allen ihren Tätigkeiten darauf hinwirkt, Ungleichheiten zu beseitigen, die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern und Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts zu bekämpfen.
- (4)
- Gemäß Artikel 157 Absatz 1 AEUV ist jeder Mitgliedstaat verpflichtet, die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicherzustellen. In Artikel 157 Absatz 3 AEUV ist vorgesehen, dass die Union Maßnahmen zur Gewährleistung der Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, einschließlich des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit (im Folgenden „Grundsatz des gleichen Entgelts” ), beschließt.
- (5)
- Der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden „Gerichtshof” ) hat festgestellt, dass der Anwendungsbereich des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen nicht auf die Diskriminierungen beschränkt werden kann, die sich aus der Zugehörigkeit zu dem einen oder dem anderen Geschlecht ergeben(3). In Anbetracht des Gegenstands und der Natur der Rechte, die damit geschützt werden sollen, hat dieser Grundsatz auch für Diskriminierungen zu gelten, die ihre Ursache in einer Geschlechtsumwandlung haben.
- (6)
- In einigen Mitgliedstaaten ist es derzeit möglich, sich rechtlich als ein drittes, oftmals neutrales, Geschlecht registrieren zu lassen. Diese Richtlinie berührt nicht die einschlägigen nationalen Vorschriften zur Umsetzung einer solchen Anerkennung in Bezug auf Beschäftigung und Entgelt.
- (7)
- Gemäß Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta” ) sind Diskriminierungen, insbesondere wegen des Geschlechts, verboten. In Artikel 23 der Charta ist vorgesehen, dass die Gleichheit von Frauen und Männern in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen ist.
- (8)
- In Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heißt es unter anderem, dass jeder, ohne Unterschied, das Recht auf gleiches Entgelt für gleiche Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf gerechte Entlohnung, die eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, hat.
- (9)
- Die vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission gemeinsam proklamierte europäische Säule sozialer Rechte enthält unter anderem die Grundsätze der Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Frauen und Männern sowie das Recht auf gleiches Entgelt bei gleichwertiger Arbeit.
- (10)
- In der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(4) ist vorgesehen, dass bei gleicher Arbeit oder bei einer Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, mittelbare und unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf sämtliche Entgeltbestandteile und -bedingungen beseitigt werden soll. Insbesondere wenn zur Festlegung des Entgelts ein System beruflicher Einstufung verwendet wird, muss dieses System auf gemeinsamen geschlechtsneutralen Kriterien beruhen und so beschaffen sein, dass Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts ausgeschlossen werden.
- (11)
- In der Bewertung der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2006/54/EG (2020) wurde festgestellt, dass die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts durch mangelnde Transparenz der Entgeltsysteme, mangelnde Rechtssicherheit in Bezug auf den Begriff der gleichwertigen Arbeit und Verfahrenshindernisse für Diskriminierungsopfer behindert wird. Arbeitnehmern fehlen die nötigen Informationen, die sie für eine erfolgreiche Geltendmachung eines Anspruchs auf gleiches Entgelt benötigen, insbesondere Angaben zu den Entgelthöhen von Gruppen von Arbeitnehmern, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten. In der Bewertung wurde festgestellt, dass sich durch größere Transparenz geschlechtsspezifische Verzerrungen und Diskriminierungen in den Vergütungsstrukturen eines Unternehmens oder einer Organisation aufdecken ließen. Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Sozialpartner wären dadurch auch in der Lage, geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung der Anwendung des Rechts auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit (im Folgenden „Recht auf gleiches Entgelt” ) zu ergreifen.
- (12)
- Nach einer gründlichen Bewertung des bestehenden Rahmens für gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit und einem umfassenden und inklusiven Konsultationsprozess wurde in der Mitteilung der Kommission „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025” vom 5. März 2020 angekündigt, dass die Kommission verbindliche Maßnahmen zur Entgelttransparenz vorschlagen würde.
- (13)
- Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der COVID-19-Pandemie haben sich unverhältnismäßig negativ auf Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter ausgewirkt, und der Verlust von Arbeitsplätzen hat sich häufig auf die von Frauen dominierten Niedriglohnsektoren konzentriert. Die COVID-19-Pandemie hat deutlich gemacht, dass die Arbeit, die hauptsächlich von Frauen geleistet wird, nach wie vor strukturell unterbewertet wird, und sie hat den hohen sozioökonomischen Wert der Arbeit von Frauen in Form von Dienstleistungen mit direktem Kontakt mit Menschen unter Beweis gestellt, wie z. B. in den Bereichen der Gesundheitsversorgung, Reinigung, Kinderbetreuung, Sozialfürsorge und häuslichen Pflege für ältere Menschen und andere erwachsene pflegebedürftige Angehörige, was in starkem Gegensatz zur geringen Sichtbarkeit und Anerkennung dieser Arbeit steht.
- (14)
- Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie werden daher das Geschlechtergefälle und das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle weiter verschärfen, es sei denn, die Wiederherstellungsmaßnahmen sind geschlechtersensibel. Diese Auswirkungen haben es noch dringlicher gemacht, sich mit der Frage des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit zu befassen. Die Stärkung der Umsetzung des Grundsatzes des gleichen Entgelts durch weitere Maßnahmen ist besonders wichtig, um sicherzustellen, dass die Fortschritte, die bei der Beseitigung von Entgeltunterschieden erzielt wurden, nicht beeinträchtigt werden.
- (15)
- Das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle in der Union besteht weiterhin: im Jahr 2020 lag es bei 13 %, wobei es erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gibt, und es hat sich in den letzten zehn Jahren nur geringfügig verringert. Das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, beispielsweise Geschlechterstereotypen, die Fortdauer der „gläsernen Decke” und des „klebrigen Bodens” sowie die horizontale Segregation, einschließlich des überdurchschnittlichen Anteils von Frauen in gering bezahlten Dienstleistungstätigkeiten, sowie die ungleiche Aufteilung von Pflege- und Betreuungsaufgaben. Zudem wird das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle zum Teil durch unmittelbare und mittelbare geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierung verursacht. Alle diese Elemente stellen strukturelle Hindernisse dar, die komplexe Herausforderungen für die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze und die Verwirklichung des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit schaffen, und sie haben Langzeitfolgen wie das Rentengefälle und die Feminisierung der Armut.
- (16)
- Ein allgemeiner Mangel an Transparenz in Bezug auf die Entgelthöhen innerhalb von Organisationen führt zum Fortdauern einer Situation, in der geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierung und Verzerrungen unentdeckt bleiben oder im Verdachtsfall schwer nachzuweisen sind. Es sind daher verbindliche Maßnahmen erforderlich, um die Entgelttransparenz zu verbessern, Organisationen zu ermutigen, ihre Vergütungsstrukturen zu überprüfen, um sicherzustellen, dass Frauen und Männer, die gleiche oder gleichwertige Arbeit leisten, das gleiche Entgelt erhalten, sowie Diskriminierungsopfer in die Lage zu versetzen, ihr Recht auf gleiches Entgelt auszuüben. Diese verbindlichen Maßnahmen müssen durch Bestimmungen ergänzt werden, mit denen bestehende Rechtsbegriffe wie Entgelt und gleichwertige Arbeit präzisiert werden, und durch Maßnahmen zur Verbesserung der Durchsetzungsmechanismen und des Zugangs zur Justiz.
- (17)
- Die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts sollte durch die Beseitigung unmittelbarer und mittelbarer Entgeltdiskriminierung verbessert werden. Dies hindert Arbeitgeber nicht daran, Arbeitnehmer, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, auf der Grundlage objektiver, geschlechtsneutraler und vorurteilsfreier Kriterien wie Leistung und Kompetenz unterschiedlich zu vergüten.
- (18)
- Diese Richtlinie sollte für alle Arbeitnehmer gelten, einschließlich Teilzeitbeschäftigte, befristet beschäftigte Arbeitnehmer und Personen mit einem Arbeitsvertrag oder Beschäftigungsverhältnis mit einem Leiharbeitsunternehmen sowie Arbeitnehmer in Führungspositionen, die nach den geltenden Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten in dem jeweiligen Mitgliedstaat einen Arbeitsvertrag haben und/oder in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, wobei die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu berücksichtigen ist(5). Falls sie die einschlägigen Kriterien erfüllen, fallen Hausangestellte, Arbeitnehmer, die auf Abruf, intermittierend, auf der Grundlage von Gutscheinen und auf Online-Plattformen beschäftigt sind, Arbeitnehmer in geschützten Beschäftigungsverhältnissen sowie Praktikanten und Auszubildende in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie. Die Feststellung des Vorliegens eines Beschäftigungsverhältnisses sollte sich an den Fakten orientieren, die sich auf die tatsächliche Arbeitsleistung beziehen, und nicht an der Beschreibung des Verhältnisses durch die Parteien.
- (19)
- Ein wichtiges Element zur Beseitigung von Entgeltdiskriminierung ist die Entgelttransparenz vor Beschäftigung. Diese Richtlinie sollte daher auch für Stellenbewerber gelten.
- (20)
- Um Hindernisse für die Opfer von geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung bei der Ausübung ihres Rechts auf gleiches Entgelt zu beseitigen und Arbeitgeber bei der Gewährleistung der Achtung dieses Rechts anzuleiten, sollten die Kernbegriffe im Zusammenhang mit gleichem Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit wie Entgelt und gleichwertige Arbeit im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs präzisiert werden. Dadurch sollte die Anwendung dieser Konzepte insbesondere für Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen erleichtert werden.
- (21)
- Der Grundsatz des gleichen Entgelts sollte in Bezug auf Löhne, Gehälter und alle sonstigen Vergütungen, die die Arbeitnehmer aufgrund ihrer Beschäftigung von ihrem Arbeitgeber unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistung erhalten, eingehalten werden. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs(6) sollte der Begriff „Entgelt” nicht nur das Gehalt, sondern auch ergänzende oder variable Bestandteile des Entgelts umfassen. Im Rahmen von ergänzenden oder variablen Bestandteilen sollten alle zusätzlich zum üblichen Grund- oder Mindestlohn oder -gehalt gewährten Vergütungen, die der Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistung erhält, berücksichtigt werden. Solche ergänzenden oder variablen Bestandteile können unter anderem Boni, Überstundenausgleich, Fahrvergünstigungen, Wohnungs- und Verpflegungszuschüsse, Aus- und Weiterbildungsentschädigungen, Abfindungen bei Entlassung, gesetzliches Krankengeld, gesetzlich vorgeschriebene Entschädigungen und Betriebsrenten umfassen. Der Begriff „Entgelt” sollte alle Elemente der gesetzlich oder tarifvertraglich und/oder nach den Gepflogenheiten in den einzelnen Mitgliedstaaten geschuldeten Vergütung umfassen.
- (22)
- Um eine einheitliche Darstellung der in dieser Richtlinie vorgeschriebenen Informationen zu gewährleisten, sollten die Entgelthöhen als Bruttojahresentgelt und entsprechender Bruttostundenentgelt angegeben werden. Es sollte möglich sein, die Entgelthöhen auf der Grundlage des für den Arbeitnehmer festgelegten tatsächlichen Entgelts zu berechnen, unabhängig davon, ob es jährlich, monatlich, stündlich oder anderweitig festgelegt ist.
- (23)
- Die Mitgliedstaaten sollten nicht verpflichtet sein, für die Zwecke dieser Richtlinie neue Stellen einzurichten. Es sollte ihnen möglich sein, die sich daraus ergebenden Aufgaben im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten bestehenden Stellen, einschließlich der Sozialpartner, zu übertragen, vorausgesetzt, die Mitgliedstaaten erfüllen die Verpflichtungen gemäß dieser Richtlinie.
- (24)
- Um die Arbeitnehmer zu schützen und ihrer Angst vor Viktimisierung bei der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts Rechnung zu tragen, sollte es ihnen möglich sein, sich durch einen Vertreter vertreten zu lassen. Dabei könnte es sich um Gewerkschaften oder andere Arbeitnehmervertreter handeln. Gibt es keine Arbeitnehmervertreter, so sollten sich die Arbeitnehmer durch einen Vertreter ihrer Wahl vertreten lassen können. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, ihre nationalen Gegebenheiten und unterschiedliche Rollen bei der Arbeitnehmervertretung zu berücksichtigen.
- (25)
- In Artikel 10 AEUV ist vorgesehen, dass die Union bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen darauf abzielt, Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen. In Artikel 4 der Richtlinie 2006/54/EG ist vorgesehen, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf das Arbeitsentgelt geben darf. Geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierung, bei der das Geschlecht eines Opfers eine entscheidende Rolle spielt, kann in der Praxis vielfältige Formen annehmen. Dabei kann es sich um eine Überschneidung verschiedener Achsen der Diskriminierung oder Ungleichheit handeln, bei der der Arbeitnehmer zu einer oder mehreren Gruppen gehört, die gegen eine Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts einerseits sowie der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung nach Maßgabe der Richtlinie 2000/43/EG des Rates(7) oder der Richtlinie 2000/78/EG des Rates(8) andererseits geschützt ist bzw. sind. Frauen mit Behinderungen, Frauen unterschiedlicher Rasse oder ethnischer Herkunft, einschließlich Roma-Frauen, und junge oder ältere Frauen zählen zu den Gruppen, die intersektioneller Diskriminierung ausgesetzt sein können. Mit der vorliegenden Richtlinie sollte daher klargestellt werden, dass es im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung möglich sein sollte, eine solche Kombination zu berücksichtigen, um etwaige Zweifel auszuräumen, die nach dem geltenden Rechtsrahmen in dieser Hinsicht bestehen können, und nationale Gerichte, Gleichbehandlungsstellen und andere zuständige Behörden in die Lage zu versetzen, insbesondere zu inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Zwecken jeder Benachteiligung, die sich aus intersektioneller Diskriminierung ergibt, gebührend Rechnung zu tragen; dazu gehört die Feststellung des Vorliegens einer Diskriminierung, die Wahl der geeigneten Vergleichsperson, die Bewertung der Verhältnismäßigkeit und gegebenenfalls die Festsetzung der Höhe des gewährten Schadensersatzes oder der verhängten Sanktionen.
- (26)
- Um das Recht auf gleiches Entgelt einzuhalten, müssen Arbeitgeber Vergütungsstrukturen festlegen, die gewährleisten, dass es keine geschlechtsspezifischen Entgeltunterschiede zwischen Arbeitnehmern gibt, die gleiche oder gleichwertige Arbeit leisten, die nicht durch objektive, geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt sind. Diese Vergütungsstrukturen sollten einen Vergleich des Wertes unterschiedlicher Aufgaben innerhalb derselben Organisationsstruktur ermöglichen. Diese Vergütungsstrukturen sollten auf bestehenden Leitlinien der Union in Bezug auf Systeme zur geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung oder auf Indikatoren oder geschlechtsneutralen Modellen aufgebaut werden können. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs sollte der Wert der Arbeit anhand objektiver Kriterien, einschließlich berufliche Anforderungen, Bildungs-, Aus- und Weiterbildungsbildungsanforderungen, Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen, unabhängig von Unterschieden in den Beschäftigungsmodellen, bewertet und verglichen werden. Um die Anwendung des Konzepts der gleichwertigen Arbeit insbesondere für Kleinstunternehmen sowie kleinere und mittlere Unternehmen zu erleichtern, sollten die zu verwendenden objektiven Kriterien vier Faktoren umfassen: Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen. Diese Faktoren wurden in den bestehenden Leitlinien der Union als wesentlich und ausreichend für die Bewertung der in einer Organisation ausgeführten Aufgaben ermittelt, unabhängig davon, zu welchem Wirtschaftszweig die Organisation gehört.
- (27)
- Nationale Systeme zur Lohnfestlegung variieren und können auf Tarifverträgen und/oder vom Arbeitgeber beschlossenen Elementen beruhen. Diese Richtlinie hat keine Auswirkungen auf die unterschiedlichen nationalen Systeme zur Lohnfestlegung.
- (28)
- Die Ermittlung einer gültigen Vergleichsperson ist ein wichtiger Parameter für die Feststellung, ob Arbeit als gleichwertig betrachtet werden kann. Dies ermöglicht es Arbeitnehmern, nachzuweisen, dass sie schlechter behandelt wurden als eine Vergleichsperson eines anderen Geschlechts, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet. Auf der Grundlage der durch die Definitionen der unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierung gemäß der Richtlinie 2006/54/EG herbeigeführten Entwicklungen sollte in Situationen, in denen es keine reale Vergleichsperson gibt, der Rückgriff auf eine hypothetische Vergleichsperson erlaubt sein, um es Arbeitnehmern zu ermöglichen, nachzuweisen, dass sie nicht in gleicher Weise behandelt wurden wie eine hypothetische Vergleichsperson eines anderen Geschlechts behandelt worden wäre. Damit wäre ein großes Hindernis für potenzielle Opfer geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung beseitigt, insbesondere auf stark geschlechtsspezifisch segregierten Arbeitsmärkten, wo es aufgrund der Anforderung, eine Vergleichsperson des anderen Geschlechts zu finden, fast unmöglich ist, einen Anspruch auf gleiches Entgelt geltend zu machen.
- (29)
- Der Gerichtshof hat klargestellt, dass sich für die Bewertung, ob sich Arbeitnehmer in einer vergleichbaren Situation befinden, der Vergleich nicht notwendigerweise auf Situationen beschränkt, in denen Männer und Frauen für denselben Arbeitgeber arbeiten(9). Arbeitnehmer können sich in einer vergleichbaren Situation befinden, auch wenn sie nicht für denselben Arbeitgeber arbeiten, wenn die Entgeltbedingungen auf eine einheitliche Quelle zurückzuführen sind, die diese Bedingungen festlegt, und wenn diese Bedingungen gleich und vergleichbar sind. Dies kann der Fall sein, wenn die einschlägigen Entgeltbedingungen durch gesetzliche Bestimmungen oder Vereinbarungen geregelt werden, die sich auf für mehrere Arbeitgeber geltendes Entgelt beziehen, oder wenn die Bedingungen für mehr als eine Organisation oder mehr als einen Betrieb einer Holdinggesellschaft oder eines Konzerns zentral festgelegt werden. Darüber hinaus hat der Gerichtshof klargestellt, dass sich der Vergleich nicht auf Arbeitnehmer beschränkt, die gleichzeitig mit der klagenden Partei beschäftigt sind(10). Darüber hinaus sollte bei der Durchführung der eigentlichen Bewertung anerkannt werden, dass ein Unterschied beim Entgelt durch Faktoren erklärt werden kann, die nicht mit dem Geschlecht in Verbindung stehen.
- (30)
- Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Schulungen und spezifische Instrumente und Methoden zur Verfügung gestellt werden, um Arbeitgeber bei der Bewertung der Frage, was unter gleichwertiger Arbeit zu verstehen ist, zu unterstützen und anzuleiten. Dadurch sollte die Anwendung dieses Konzepts insbesondere für Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen erleichtert werden. Unter Berücksichtigung des nationalen Rechts, von Tarifverträgen und/oder Gepflogenheiten sollten die Mitgliedstaaten die Sozialpartner mit der Entwicklung spezifischer Instrumente und Methoden betrauen oder diese in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern oder nach Anhörung der Sozialpartner entwickeln können.
- (31)
- Systeme zur beruflichen Einstufung und Arbeitsbewertung können zu geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung führen, wenn sie nicht geschlechtsneutral eingesetzt werden, insbesondere wenn sie von traditionellen Geschlechterstereotypen ausgehen. In solchen Fällen tragen sie zum Fortbestehen des Entgeltgefälles bei, indem sie die von Männern oder Frauen dominierten Berufe in Situationen, in denen die geleistete Arbeit gleichwertig ist, unterschiedlich bewerten. Werden hingegen geschlechtsneutrale Systeme zur Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung verwendet, tragen sie wirksam zur Schaffung eines transparenten Entgeltsystems bei und gewährleisten, dass unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ausgeschlossen wird. Mit diesen Systemen wird mittelbare Entgeltdiskriminierung im Zusammenhang mit der Unterbewertung von Tätigkeiten, die üblicherweise von Frauen geleistet werden, erkannt. Dies geschieht durch die Messung und den Vergleich von Tätigkeiten, deren Inhalt zwar unterschiedlich, aber gleichwertig ist; dadurch unterstützen sie den Grundsatz des gleichen Entgelts.
- (32)
- Fehlende Informationen über die vorgesehene Entgeltspanne einer Stelle führen zu einer Informationsasymmetrie, die die Verhandlungsmacht von Stellenbewerbern einschränkt. Durch die Gewährleistung von Transparenz sollten potenzielle Arbeitnehmer in die Lage versetzt werden, eine fundierte Entscheidung über das erwartete Gehalt zu treffen, ohne jedoch die Verhandlungsmacht des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers in irgendeiner Weise einzuschränken, um ein Gehalt auch außerhalb der angegebenen Spanne auszuhandeln. Transparenz würde zudem eine explizite und geschlechtsneutrale Grundlage für die Festlegung des Entgelts gewährleisten und die Unterbewertung des Entgelts im Vergleich zu Kompetenzen und Erfahrungen unterbinden. Transparenz würde auch gegen intersektionelle Diskriminierung vorgegangen werden, bei der intransparente Entgeltfestlegung diskriminierende Praktiken aus verschiedenen Diskriminierungsgründen zulässt. Stellenbewerber sollten Informationen über das Einstiegsentgelt oder dessen Spanne in einer Weise erhalten, dass fundierte und transparente Verhandlungen über das Entgelt gewährleistet werden, wie beispielsweise in einer veröffentlichten Stellenausschreibung, vor dem Vorstellungsgespräch oder andernfalls vor Abschluss eines Arbeitsvertrags. Die Informationen sollten vom Arbeitgeber oder auf andere Weise, z. B. durch die Sozialpartner, bereitgestellt werden.
- (33)
- Um das Fortbestehen des geschlechtsspezifischen Entgeltgefälles zu unterbinden, von dem einzelne Arbeitnehmer im Laufe der Zeit betroffen sind, sollten Arbeitgeber sicherstellen, dass Stellenausschreibungen und Berufsbezeichnungen geschlechtsneutral sind und Einstellungsverfahren auf nichtdiskriminierende Weise geführt werden, um das Recht auf gleiches Entgelt nicht zu unterminieren. Arbeitgebern sollte es nicht gestattet sein, sich nach dem aktuellen Entgelt oder der bisherigen Entgeltentwicklung eines Stellenbewerbers zu erkundigen oder proaktiv zu versuchen, Informationen darüber einzuholen.
- (34)
- Entgelttransparenzmaßnahmen sollten das Recht der Arbeitnehmer auf gleiches Entgelt schützen und gleichzeitig die Kosten und den Verwaltungsaufwand für Arbeitgeber so weit wie möglich begrenzen, wobei Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist. Gegebenenfalls sollten die Maßnahmen auf die Arbeitgebergröße zugeschnitten sein; dabei ist die Mitarbeiterzahl zu berücksichtigen. Die Zahl der bei Arbeitgebern beschäftigten Arbeitnehmer, die als Kriterium dafür heranzuziehen ist, ob ein Arbeitgeber der Berichterstattung über das Entgelt gemäß dieser Richtlinie unterliegt, wird unter Berücksichtigung der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission(11) über Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen festgelegt.
- (35)
- Arbeitgeber sollten Arbeitnehmern die Kriterien, die für die Festlegung ihrer Entgelthöhe und ihrer Entgeltentwicklung verwendet werden, zur Verfügung stellen. Die Entgeltentwicklung bezieht sich auf den Prozess des Übergangs eines Arbeitnehmers zu einer höheren Entgelthöhe. Kriterien für die Entgeltentwicklung können unter anderem individuelle Leistung, Kompetenzentwicklung und Dienstalter sein. Bei der Umsetzung dieser Verpflichtung sollten die Mitgliedstaaten besonders darauf achten, einen übermäßigen Verwaltungsaufwand für Kleinstunternehmen und kleine Unternehmen zu vermeiden. Die Mitgliedstaaten sollten als Minderungsmaßnahme auch gebrauchsfertige Vorlagen bereitstellen können, um Kleinstunternehmen und kleine Unternehmen bei der Erfüllung dieser Verpflichtung zu unterstützen. Die Mitgliedstaaten sollten Arbeitgeber, die Kleinstunternehmen oder kleine Unternehmen sind, von der Verpflichtung im Zusammenhang mit der Entgeltentwicklung befreien können, indem sie ihnen beispielsweise gestatten, die entsprechenden Kriterien auf Antrag der Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen.
- (36)
- Alle Arbeitnehmer sollten das Recht haben, auf Anfrage von ihrem Arbeitgeber Auskunft über ihre individuelle Entgelthöhe und — aufgeschlüsselt nach Geschlecht — über die durchschnittlichen Entgelthöhen für die Gruppe von Arbeitnehmern, die gleiche oder gleichwertige Arbeit wie sie selbst verrichten, zu erhalten. Sie sollten auch die Möglichkeit haben, die Auskünfte über Arbeitnehmervertreter oder eine Gleichbehandlungsstelle zu erhalten. Arbeitgeber sollten Arbeitnehmer jährlich über dieses Recht sowie über die Schritte, die zur Ausübung dieses Rechts unternommen werden müssen, informieren. Arbeitgeber können auch von sich aus solche Informationen bereitstellen, ohne dass die Arbeitnehmer sie anfordern müssen.
- (37)
- Mit dieser Richtlinie sollte sichergestellt werden, dass Menschen mit Behinderungen angemessenen Zugang zu den Informationen haben, die gemäß dieser Richtlinie für Stellenbewerber und Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden. Solche Informationen sollten diesen Personen unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Behinderungen in einem Format und mit der geeigneten Form der Hilfe und Unterstützung zur Verfügung gestellt werden, um Zugänglichkeit und Verständlichkeit der Informationen zu gewährleisten. Dies könnte die Darstellung von Informationen auf verständliche und wahrnehmbare Weise, in geeigneter Schriftgröße, mit ausreichendem Kontrast oder in der jeweiligen Behinderung angemessenen anderen Formaten umfassen. Gegebenenfalls findet die Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates(12) Anwendung.
- (38)
- Arbeitgeber mit mindestens 100 Arbeitnehmern sollten regelmäßig über das Entgelt Bericht erstatten, wie in dieser Richtlinie vorgesehen. Diese Informationen sollten von den Überwachungsstellen der Mitgliedstaaten auf angemessene und transparente Weise veröffentlicht werden. Arbeitgeber können diese Berichte beispielsweise auf ihrer Website veröffentlichen oder sie auf andere Weise öffentlich zugänglich machen, beispielsweise indem sie Informationen in ihre Lageberichte, gegebenenfalls in den Lagebericht, der gemäß der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(13) erstellt wird, aufnehmen. Arbeitgeber, die den Anforderungen jener Richtlinie unterliegen, können in ihrem Lagebericht zusammen mit anderen beschäftigungsbezogenen Angelegenheiten auch über das Entgelt Bericht erstatten. Um die Entgelttransparenz in Bezug auf die Arbeitnehmer zu maximieren, können die Mitgliedstaaten die Berichterstattungsfrequenz erhöhen oder für Arbeitgeber mit weniger als 100 Arbeitnehmern eine regelmäßige Berichterstattung über das Entgelt vorschreiben.
- (39)
- Die Berichterstattung über das Entgelt sollte es den Arbeitgebern ermöglichen, ihre Entgeltstrukturen und ihre Entgeltpolitik zu bewerten und zu überwachen und so den Grundsatz des gleichen Entgelts proaktiv einzuhalten. Die Berichterstattung und gemeinsame Entgeltbewertungen tragen dazu bei, für geschlechtsspezifische Verzerrungen in den Entgeltstrukturen und für Entgeltdiskriminierung zu sensibilisieren und tragen dazu bei, solche Verzerrungen und Diskriminierung wirksam und systematisch zu bekämpfen, was allen Arbeitnehmern desselben Arbeitgebers zugutekommt. Gleichzeitig sollten die nach Geschlecht aufgeschlüsselten Daten die zuständigen Behörden, Arbeitnehmervertreter und andere Interessenträger dabei unterstützen, das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle in allen Sektoren (horizontale Segregation) und Funktionen (vertikale Segregation) zu überwachen. Die Arbeitgeber möchten die veröffentlichten Daten möglicherweise durch eine Erläuterung etwaiger geschlechtsspezifischer Entgeltunterschiede oder Entgeltgefälle ergänzen. Wenn Unterschiede beim durchschnittlichen Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht durch objektive, geschlechtsneutrale Faktoren gerechtfertigt sind, sollte der Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen, um die Ungleichheiten zu beseitigen.
- (40)
- Um die Belastung für Arbeitgeber zu verringern, könnten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Daten über ihre nationalen Verwaltungen erheben und miteinander verknüpfen, damit das Entgeltgefälle zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern je Arbeitgeber berechnet werden kann. Eine solche Datenerfassung kann die Verknüpfung von Daten mehrerer öffentlicher Verwaltungen, wie z. B. Finanzaufsichtsbehörden und Sozialversicherungsstellen, erfordern und wäre möglich, wenn Verwaltungsdaten zur Verfügung stehen, um die Daten der Arbeitgeber auf Betriebs- oder Organisationsebene mit den Daten der Arbeitnehmer auf individueller Ebene, einschließlich Geld- und Sachleistungen, abzugleichen. Die Mitgliedstaaten könnten diese Informationen nicht nur für diejenigen Arbeitgeber einholen, die der Pflicht zur Entgeltberichterstattung nach dieser Richtlinie unterliegen, sondern auch für Arbeitgeber, die nicht der Pflicht zur Entgeltberichterstattung unterliegen und die freiwillig Bericht erstatten. Die Veröffentlichung der erforderlichen Informationen durch die Mitgliedstaaten sollte die Arbeitgeber, die von den Verwaltungsdaten erfasst sind, von der Pflicht zur Entgeltberichterstattung entbinden, sofern das mit der Berichtspflicht angestrebte Ergebnis erreicht wird.
- (41)
- Um die Informationen über das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle auf der Organisationsebene allgemein zugänglich zu machen, sollten die Mitgliedstaaten die gemäß dieser Richtlinie benannte Überwachungsstelle damit beauftragen, die von den Arbeitgebern erhaltenen Daten zum Entgeltgefälle zu sammeln, ohne letztere zusätzlich zu belasten. Die Überwachungsstelle sollte diese Daten unter anderem auf einer leicht zugänglichen Website veröffentlichen, damit die Daten der einzelnen Arbeitgeber, Sektoren und Regionen des betreffenden Mitgliedstaats verglichen werden können.
- (42)
- Die Mitgliedstaaten können Arbeitgeber, die nicht den Berichterstattungspflichten gemäß dieser Richtlinie unterliegen, und die freiwillig über das Entgelt berichten, beispielsweise mittels eines Entgelttransparenzsiegels Anerkennung bieten, im Hinblick darauf, bewährte Verfahren in Bezug auf die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte und Pflichten zu fördern.
- (43)
- Gemeinsame Entgeltbewertungen sollten bei Entgeltungleichheiten in Organisationen mit mindestens 100 Arbeitnehmern eine Überprüfung und Überarbeitung der Entgeltstrukturen auslösen. Die gemeinsame Entgeltbewertung sollte durchgeführt werden, wenn Arbeitgeber und die betroffenen Arbeitnehmervertreter sich nicht darüber einig sind, dass ein Unterschied bei der durchschnittlichen Entgelthöhe von mindestens 5 % zwischen Frauen und Männern in einer bestimmten Gruppe von Arbeitnehmern durch objektive und geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt werden kann, wenn der Arbeitgeber eine solche Rechtfertigung nicht vorlegt oder wenn der Arbeitgeber einen solchen Unterschied der Entgelthöhe innerhalb von sechs Monaten nach dem Tag der Vorlage der Entgeltberichterstattung nicht korrigiert hat. Die gemeinsame Entgeltbewertung sollte von Arbeitgebern in Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretern durchgeführt werden. Gibt es keine Arbeitnehmervertreter, so sollten sie für den Zweck der gemeinsamen Entgeltbewertung von den Arbeitnehmern benannt werden. Gemeinsame Entgeltbewertungen sollten innerhalb einer angemessenen Frist dazu führen, dass geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierungen beseitigt werden, indem Abhilfemaßnahmen angenommen werden.
- (44)
- Jegliche Verarbeitung oder Veröffentlichung von Informationen im Rahmen dieser Richtlinie sollte der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates(14) entsprechen. Es sollten spezifische Sicherheitsvorkehrungen hinzugefügt werden, um eine direkte oder indirekte Offenlegung von Informationen über einen identifizierbaren Arbeitnehmer zu verhindern. Arbeitnehmer sollten nicht daran gehindert werden, ihr Entgelt freiwillig offenzulegen, um den Grundsatz des gleichen Entgelts durchzusetzen.
- (45)
- Es ist wichtig, dass die Sozialpartner Fragen des gleichen Entgelts in Tarifverhandlungen erörtern und ihnen besondere Aufmerksamkeit widmen. Die verschiedenen Merkmale des nationalen sozialen Dialogs und der Tarifverhandlungssysteme in der Union, die Autonomie und Vertragsfreiheit der Sozialpartner sowie ihre Eigenschaft als Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter sollten berücksichtigt werden. Daher sollten die Mitgliedstaaten im Einklang mit ihrem nationalen System und ihrer nationalen Praxis geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Sozialpartner zu ermutigen, Fragen des gleichen Entgelts gebührend zu berücksichtigen; dazu könnten auch Diskussionen auf der geeigneten Ebene der Tarifverhandlungen, Maßnahmen, um die Ausübung des Rechts auf Tarifverhandlungen in Bezug auf die betreffenden Angelegenheiten anzuregen und ungebührliche Einschränkungen dieses Rechts zu beseitigen, und die Entwicklung geschlechtsneutraler Systeme zur Arbeitsbewertung und Einstufung gehören.
- (46)
- Allen Arbeitnehmern sollten die erforderlichen Verfahren zur Verfügung stehen, die ihnen das Recht auf Zugang zur Justiz gewähren. Nationale Rechtsvorschriften, die die Inanspruchnahme der Schlichtung oder der Einschaltung einer Gleichbehandlungsstelle verbindlich vorsehen oder mit Anreizen oder Sanktionen versehen, sollten die Parteien nicht daran hindern, ihr Recht auf Zugang zu den Gerichten wahrzunehmen.
- (47)
- Die Einbindung von Gleichbehandlungsstellen zusätzlich zu anderen Interessenträgern trägt maßgeblich zur wirksamen Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei. Die Befugnisse und Mandate der nationalen Gleichbehandlungsstellen sollten daher angemessen sein, um geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierung, einschließlich der Entgelttransparenz oder sonstiger in dieser Richtlinie festgelegten Rechte und Pflichten, vollständig abzudecken. Um die verfahrenstechnischen und kostenbedingten Hindernisse zu überwinden, mit denen Arbeitnehmer beim Versuch, ihr Recht auf gleiches Entgelt wahrzunehmen, konfrontiert sind, sollten Gleichbehandlungsstellen sowie Verbände, Organisationen, und Arbeitnehmervertreter oder andere Rechtspersonen mit einem Interesse an der Gewährleistung der Gleichstellung von Männern und Frauen die Möglichkeit haben, Einzelpersonen zu vertreten. Sie sollten Arbeitnehmer helfen können, indem sie in deren Namen oder zu ihrer Unterstützung handeln; dies würde es Arbeitnehmern, die Opfer von Diskriminierung geworden sind, ermöglichen, bei mutmaßlicher Verletzung ihrer Rechte und mutmaßlichem Verstoß gegen den Grundsatz des gleichen Entgelts ihre Ansprüche wirksam geltend zu machen.
- (48)
- Die Geltendmachung von Ansprüchen im Namen oder zur Unterstützung mehrerer Arbeitnehmer ist eine Möglichkeit, Verfahren zu erleichtern, die andernfalls aufgrund von verfahrenstechnischen und finanziellen Hindernissen oder der Furcht vor Viktimisierung nicht eingeleitet würden. Auch wenn Arbeitnehmer Mehrfachdiskriminierungen ausgesetzt sind, die schwer voneinander zu trennen sind, können Verfahren auf diese Weise erleichtert werden. Sammelklagen haben das Potenzial, systemische Diskriminierung aufzudecken und das Recht auf gleiches Entgelt und die Gleichstellung der Geschlechter in der Gesellschaft insgesamt sichtbar zu machen. Die Möglichkeit des kollektiven Rechtsschutzes könnte die proaktive Einhaltung von Maßnahmen zur Entgelttransparenz fördern, Gruppendruck schaffen, das Bewusstsein und die Bereitschaft der Arbeitgeber, präventiv zu handeln, erhöhen und den systemischen Charakter der Entgeltdiskriminierung angehen. Die Mitgliedstaaten können beschließen, Qualifikationskriterien für die Vertreter von Arbeitnehmern in Gerichtsverfahren in Bezug auf Ansprüche auf gleiches Entgelt festzulegen, um sicherzustellen, dass solche Vertreter ausreichend qualifiziert sind.
- (49)
- Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass Gleichbehandlungsstellen über ausreichende Mittel verfügen, damit sie ihre Aufgaben im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung wirksam und angemessen wahrnehmen können. Werden die Aufgaben mehr als einer Stelle übertragen, so sollten die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass diese sich in ausreichendem Maße koordinieren. Dies umfasst zum Beispiel Beträge aus erhobenen Geldbußen den Gleichbehandlungsstellen zuzuweisen, damit diese ihre Aufgaben im Zusammenhang mit der Durchsetzung des Rechts auf gleiches Entgelt wirksam wahrnehmen können; dazu gehört auch, Ansprüche aufgrund von Entgeltdiskriminierung geltend zu machen oder Opfer bei der Geltendmachung solcher Ansprüche zu unterstützen.
- (50)
- Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs sollte der Schadensersatz den Schaden, der durch geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierung entstanden ist, vollständig decken(15). Dazu gehören vollständige Entgeltnachzahlungen und Nachzahlungen damit verbundener Prämien oder Sachleistungen sowie den Schadensersatz für entgangene Chancen, wie Zugang zu bestimmten Leistungen je nach Entgelthöhe, und für immateriellen Schaden, wie beispielsweise erlittenes Leid aufgrund der Unterbewertung der geleisteten Arbeit. Beim Schadensersatz kann gegebenenfalls eine geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierung, die sich mit Diskriminierung in Bezug auf andere Schutzgründe überschneidet, berücksichtigt werden. Die Mitgliedstaaten sollten keine vorab festgelegte Obergrenze für einen solchen Schadensersatz einführen.
- (51)
- Neben dem Schadensersatz sollten auch andere Abhilfemaßnahmen vorgesehen werden. Die zuständigen Behörden oder die nationalen Gerichte sollten beispielsweise einen Arbeitgeber anweisen können, strukturelle oder organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, damit er seinen Pflichten im Bereich des gleichen Entgelts nachkommt. Zu diesen Maßnahmen kann zum Beispiel die Pflicht gehören, das Verfahren zur Entgeltfestlegung auf der Grundlage einer geschlechtsneutralen Bewertung und Einstufung zu überprüfen; einen Aktionsplan zu erstellen, um die festgestellten Diskrepanzen zu beseitigen und ungerechtfertigte Entgeltgefälle abzubauen; die Arbeitnehmer über ihr Recht auf gleiches Entgelt zu informieren und dafür zu sensibilisieren sowie eine obligatorische Schulung des für Humanressourcen verantwortlichen Personals in Fragen des gleichen Entgelts und der geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und Einstufung einzuführen.
- (52)
- Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs(16) enthält die Richtlinie 2006/54/EG Bestimmungen, um sicherzustellen, dass die Beweislast auf den die beklagte Partei verlagert wird, wenn die Vermutung einer Diskriminierung besteht. Dennoch ist es für die Opfer und die Gerichte nicht immer einfach, zu wissen, wie sie selbst diese Vermutung begründen können. In der Rechtssache C-109/88 kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die Beweislast auf die beklagte Partei verlagert werden sollte, wenn ein Entgeltsystem angewandt wird, dem jede Durchschaubarkeit fehlt, ohne dass der Arbeitnehmer die Vermutung einer Entgeltdiskriminierung belegen muss. Entsprechend sollte die Beweislast auf die beklagte Partei verlagert werden, wenn ein Arbeitgeber die in dieser Richtlinie festgelegten Verpflichtungen zur Entgelttransparenz nicht erfüllt, beispielsweise indem er sich weigert, von den Arbeitnehmern angeforderte Informationen bereitzustellen, oder gegebenenfalls nicht über das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle Bericht erstattet, es sei denn, der Arbeitgeber weist nach, dass ein solcher Verstoß offensichtlich unbeabsichtigt und geringfügig war.
- (53)
- Nationale Vorschriften über die Verjährungsfristen in Bezug auf das Geltendmachen von Ansprüchen betreffend mutmaßliche Verletzungen der gemäß dieser Richtlinie bestehenden Rechte sollten gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs so gestaltet sein, dass sie die Ausübung dieser Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Verjährungsfristen schaffen spezifische Hindernisse für Opfer geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung. Zu diesem Zweck sollten gemeinsame Mindeststandards festgelegt werden. Darin sollte festgelegt sein, wann die Verjährungsfrist beginnt, wie lange sie dauert und unter welchen Umständen eine Hemmung oder Unterbrechung der Frist eintritt, und vorgesehen werden, dass die Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen mindestens drei Jahre beträgt. Die Verjährungsfristen sollten nicht beginnen, bevor die klagende Partei Kenntnis von dem Verstoß hat oder diese Kenntnis vernünftigerweise von ihm erwartet werden kann. Die Mitgliedstaaten sollten beschließen können, dass die Verjährungsfrist nicht beginnt, solange der Verstoß weiter besteht, oder dass sie nicht vor Beendigung des Arbeitsvertrags oder des Beschäftigungsverhältnisses beginnt.
- (54)
- Die Kosten eines Rechtsstreits stellen ein schwerwiegendes Hindernis für Opfer geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung dar, Ansprüche aufgrund mutmaßlicher Verletzungen ihres Rechts auf gleiches Entgelt geltend zu machen, was zu unzureichendem Schutz für Arbeitnehmer und zu einer unzureichenden Durchsetzung des Rechts auf gleiches Entgelt führt. Um dieses wesentliche Verfahrenshindernis auf dem Weg zur Gerechtigkeit zu beseitigen, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die nationalen Gerichte bewerten können, ob eine unterlegene klagende Partei berechtigte Gründe hatte, den Anspruch geltend zu machen, und, wenn dies so ist, anordnen zu können, dass die unterlegene klagende Partei die Kosten des Verfahrens nicht tragen muss. Dies sollte insbesondere dann gelten, wenn eine obsiegende beklagte Partei die in dieser Richtlinie festgelegten Entgelttransparenzpflichten nicht erfüllt hat.
- (55)
- Die Mitgliedstaaten sollten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für Verstöße gegen nationale Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie oder gegen nationale Vorschriften vorsehen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bereits in Kraft sind und sich auf das Recht auf gleiches Entgelt beziehen. Diese Sanktionen sollten Geldbußen umfassen, die auf dem Bruttojahresumsatz des Arbeitgebers oder der Gesamtentgeltsumme des Arbeitgebers beruhen könnten. Sonstigen erschwerenden oder mildernden Umständen des Einzelfalls, beispielsweise wenn Entgeltdiskriminierung aufgrund des Geschlechts mit Diskriminierung in Bezug auf andere Schutzgründe verbunden ist, sollte Rechnung getragen werden. Es liegt an den Mitgliedstaaten, festzulegen, für welche Verletzungen der Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit gleichem Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit Geldbußen die angemessenste Form der Sanktionierung darstellen.
- (56)
- Die Mitgliedstaaten sollten spezifische Sanktionen für wiederholte Verletzungen von Rechten oder Pflichten in Bezug auf das gleiche Entgelt für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit festlegen, um der Schwere der Handlung Rechnung zu tragen und diese Verletzungen weiter zu verhindern. Solche Sanktionen könnten verschiedene Arten finanzieller Negativanreize umfassen, wie den Entzug öffentlicher Zuwendungen oder den Ausschluss von sonstigen finanziellen Anreizen oder öffentlichen Ausschreibungen für einen bestimmten Zeitraum.
- (57)
- Die sich aus dieser Richtlinie ergebenden Pflichten der Arbeitgeber sind Teil der geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Verpflichtungen, deren Einhaltung die Mitgliedstaaten gemäß den Richtlinien 2014/23/EU(17), 2014/24/EU(18) und 2014/25/EU(19) des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Teilnahme an Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu gewährleisten haben. Um diese Pflichten für Arbeitgeber in Bezug auf das Recht auf gleiches Entgelt zu erfüllen, sollten die Mitgliedstaaten daher insbesondere sicherstellen, dass Wirtschaftsteilnehmer bei der Ausführung eines öffentlichen Auftrags oder einer Konzession über Verfahren zur Entgeltfestlegung verfügen, die nicht zu einem geschlechtsspezifischen Entgeltgefälle zwischen Arbeitnehmern innerhalb einer Gruppe von Arbeitnehmern, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, führen, das sich nicht durch geschlechtsneutrale Faktoren rechtfertigen lässt. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten in Erwägung ziehen, öffentliche Auftraggeber zu verpflichten, gegebenenfalls Sanktionen und Kündigungsbedingungen einzuführen, um die Wahrung des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei der Ausführung von öffentlichen Verträgen und Konzessionen zu gewährleisten. Den Vertragsparteien sollte es auch möglich sein, die Nichteinhaltung des Grundsatzes des gleichen Entgelts durch den Bieter oder einen seiner Unterauftragnehmer berücksichtigen, wenn sie erwägen, Ausschlussgründe anzuwenden oder beschließen, dem Bieter, der das wirtschaftlich günstigste Angebot einreicht, den Zuschlag nicht zu erteilen.
- (58)
- Die wirksame Umsetzung des Rechts auf gleiches Entgelt erfordert einen angemessenen verwaltungsrechtlichen und gerichtlichen Schutz vor Benachteiligungen als Reaktion auf den Versuch von Arbeitnehmern, dieses Recht wahrzunehmen, als Reaktion auf eine Beschwerde beim Arbeitgeber, oder als Reaktion auf ein Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren zur Durchsetzung der Einhaltung dieses Rechts. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs(20) sollte die Kategorie der Arbeitnehmer, die unter den vorgesehenen Schutz fallen, weit verstanden werden und alle Arbeitnehmer umfassen, gegen die ein Arbeitgeber als Reaktion auf eine wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts eingereichte Beschwerde Vergeltungsmaßnahmen ergreifen kann. Der Schutz ist nicht auf Arbeitnehmer, die eine Beschwerde eingereicht haben, oder auf ihre Vertreter oder auf die Personen beschränkt, die bestimmte Formerfordernisse einhalten, von denen die Anerkennung eines bestimmten Status, wie dem eines Zeugen, abhängig gemacht wird.
- (59)
- Um die Durchsetzung des Grundsatzes des gleichen Entgelts zu verbessern, sollten mit dieser Richtlinie die bestehenden Durchsetzungsinstrumente und -verfahren in Bezug auf die Rechte und Pflichten nach dieser Richtlinie und die Bestimmungen über gleiches Entgelt gemäß der Richtlinie 2006/54/EG gestärkt werden.
- (60)
- In der vorliegenden Richtlinie werden Mindestanforderungen festgelegt, womit dem Vorrecht der Mitgliedstaaten, für Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen einzuführen und beizubehalten, Rechnung getragen wird. Gemäß dem derzeitigen Rechtsrahmen erworbene Ansprüche sollten weiterhin gelten, es sei denn, durch diese Richtlinie werden für Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen eingeführt. Die Umsetzung dieser Richtlinie darf weder dazu genutzt werden, bestehende Rechte abzubauen, die in vorhandenem Unionsrecht oder nationalem Recht in diesem Bereich festgelegt sind, noch darf sie als Rechtfertigung dafür dienen, die Rechte der Arbeitnehmer in Bezug auf den Grundsatz des gleichen Entgelts einzuschränken.
- (61)
- Um eine angemessene Überwachung der Umsetzung des Rechts auf gleiches Entgelt sicherzustellen, sollten die Mitgliedstaaten eigens eine Überwachungsstelle einrichten oder benennen. Diese Stelle, die in eine bestehende Stelle mit ähnlichen Zielen integriert werden können sollte, sollte spezifische Aufgaben im Zusammenhang mit der Umsetzung der Maßnahmen zur Entgelttransparenz nach dieser Richtlinie haben und bestimmte Daten zur Überwachung von Entgeltungleichheiten und Auswirkungen der Maßnahmen zur Entgelttransparenz erfassen. Die Mitgliedstaaten sollten mehr als eine Stelle benennen können, sofern die in dieser Richtlinie vorgesehenen Überwachungs- und Analysefunktionen von einer zentralen Stelle wahrgenommen werden.
- (62)
- Die Erstellung nach Geschlecht aufgeschlüsselter Lohnstatistiken und die Bereitstellung genauer und vollständiger Statistiken für die Kommission (Eurostat) sind für die Analyse und Überwachung von Veränderungen beim geschlechtsspezifischen Entgeltgefälle auf Unionsebene von maßgeblicher Bedeutung. Nach der Verordnung (EG) Nr. 530/1999 des Rates(21) sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle vier Jahre eine Statistik über die Struktur der Verdienste auf Mikroebene zu erstellen, die harmonisierte Daten zur Berechnung des geschlechtsspezifischen Entgeltgefälles liefern. Jährliche qualitativ hochwertige Statistiken könnten die Transparenz erhöhen und die Überwachung und Sensibilisierung für geschlechtsspezifische Entgeltungleichheiten verbessern. Die Verfügbarkeit und Vergleichbarkeit solcher Daten ist entscheidend für die Bewertung von Entwicklungen, sowohl auf nationaler Ebene als auch unionsweit. An die Kommission (Eurostat) übermittelte einschlägige Statistiken sollten für statistische Zwecke im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates(22) gesammelt werden.
- (63)
- Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich eine bessere und wirksamere Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts durch die Festlegung gemeinsamer Mindestanforderungen, die für alle Unternehmen und Organisationen in der gesamten Union gelten sollten, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie, die sich auf die Festlegung von Mindeststandards beschränkt, nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
- (64)
- Die Sozialpartner spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Art und Weise, wie Maßnahmen zur Entgelttransparenz in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden, insbesondere in den Mitgliedstaaten mit einer hohen Tarifbindung. Die Mitgliedstaaten sollten daher die Möglichkeit haben, die Sozialpartner mit der vollständigen oder teilweisen Durchführung dieser Richtlinie zu betrauen, sofern die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die mit dieser Richtlinie angestrebten Ergebnisse jederzeit gewährleistet sind.
- (65)
- Bei der Umsetzung dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten verwaltungsrechtliche, finanzielle oder rechtliche Auflagen vermeiden, die der Gründung und dem Ausbau von Kleinstunternehmen sowie kleinen oder mittleren Unternehmen entgegenstehen würden. Die Mitgliedstaaten sollten daher die Auswirkungen ihrer Umsetzungsmaßnahmen auf Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen prüfen, um sicherzustellen, dass diese Unternehmen nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden — wobei besonderes Augenmerk auf Kleinstunternehmen zu richten ist —, den Verwaltungsaufwand zu verringern und die Ergebnisse dieser Prüfung zu veröffentlichen.
- (66)
- Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 42 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates(23) angehört und hat am 27. April 2021 eine Stellungnahme abgegeben —
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. C 341 vom 24.8.2021 S. 84.
- (2)
Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 30. März 2023 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 24. April 2023.
- (3)
Urteil des Gerichtshofs vom 30. April 1996, P gegen S, C-13/94, ECLI:EU:C:1996:170; Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, K.B., C-117/01, ECLI:EU:C:2004:7; Urteil des Gerichtshofs vom 27. April 2006, Richards, C-423/04, ECLI:EU:C:2006:256; Urteil des Gerichtshofs vom 26. Juni 2018, MB, C-451/16, ECLI:EU:C:2018:492.
- (4)
Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 23).
- (5)
Urteil des Gerichtshofs vom 3. Juli 1986, Lawrie-Blum, 66/85, ECLI:EU:C:1986:284; Urteil des Gerichtshofs vom 14. Oktober 2010, Union Syndicale Solidaires Isère, C-428/09, ECLI:EU:C:2010:612; Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 2014, FNV Kunsten Informatie en Media, C-413/13, ECLI:EU:C:2014:2411; Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juli 2015, Balkaya, C-229/14, ECLI:EU:C:2015:455; Urteil des Gerichtshofs vom 17. November 2016, Betriebsrat der Ruhrlandklinik, C-216/15, ECLI:EU:C:2016:883; Urteil des Gerichtshofs vom 16. Juli 2020, Governo della Repubblica italiana (Status der italienischen Friedensrichter), C-658/18, ECLI:EU:C:2020:572.
- (6)
Beispielsweise Urteil des Gerichtshofs vom 9. Februar 1982, Garland, C-12/81, ECLI:EU:C:1982:44; Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juni 1982, Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Großherzogtum Luxemburg, C-58/81, ECLI:EU:C:1982:215; Urteil des Gerichtshofs vom 13. Juli 1989, Rinner-Kühn, C-171/88, ECLI:EU:C:1989:328; Urteil des Gerichtshofs vom 27. Juni 1990, Kowalska, C-33/89, ECLI:EU:C:1990:265; Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juni 1992, Böttel, C-360/90, ECLI:EU:C:1992:246; Urteil des Gerichtshofs vom 13. Februar 1996, Gillespie und andere, C-342/93, ECLI:EU:C:1996:46; Urteil des Gerichtshofs vom 7. März 1996, Freers und Speckmann, C-278/93, ECLI:EU:C:1996:83; Urteil des Gerichtshofs vom 30. März 2004, Alabaster, C-147/02, ECLI:EU:C:2004:192.
- (7)
Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22).
- (8)
Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303 vom 2.12.2000, S. 16).
- (9)
Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 2002, Lawrence u. a., C-320/00, ECLI:EU:C:2002:498.
- (10)
Urteil des Gerichtshofs vom 27. März 1980, Macarthys Ltd, C-129/79, ECLI:EU:C:1980:103.
- (11)
Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36).
- (12)
Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (ABl. L 327 vom 2.12.2016, S. 1).
- (13)
Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).
- (14)
Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).
- (15)
Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2015, Arjona Camacho, C-407/14, ECLI:EU:C:2015:831, Rn. 45.
- (16)
Urteil des Gerichtshofs vom 17. Oktober 1989, Danfoss, C-109/88, ECLI:EU:C:1989:383.
- (17)
Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 1).
- (18)
Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65).
- (19)
Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243).
- (20)
Urteil des Gerichtshofs vom 20. Juni 2019, Hakelbracht u. a., C-404/18, ECLI:EU:C:2019:523.
- (21)
Verordnung (EG) Nr. 530/1999 des Rates vom 9. März 1999 zur Statistik über die Struktur der Verdienste und der Arbeitskosten (ABl. L 63 vom 12.3.1999, S. 6).
- (22)
Verordnung (EG) Nr. 223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 über europäische Statistiken und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1101/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Übermittlung von unter die Geheimhaltungspflicht fallenden Informationen an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften, der Verordnung (EG) Nr. 322/97 des Rates über die Gemeinschaftsstatistiken und des Beschlusses 89/382/EWG, Euratom des Rates zur Einsetzung eines Ausschusses für das Statistische Programm der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 87 vom 31.3.2009, S. 164).
- (23)
Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).
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