ANHANG II RL 79/622/EWG

BEDINGUNGEN FÜR DIE PRÜFUNGEN DER FESTIGKEIT VON SCHUTZVORRICHTUNGEN UND IHRER BEFESTIGUNG AN DER ZUGMASCHINE

1.
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

1.1.
Zweck der Prüfung

Zweck der mit Spezialvorrichtungen durchgeführten Prüfungen ist es, die Belastungen zu simulieren, denen die Schutzvorrichtung beim Umstürzen der Zugmaschine ausgesetzt ist. Diese in Anhang III beschriebenen Prüfungen sollen Beurteilungen über die Festigkeit der Schutzvorrichtung, ihrer Befestigung an der Zugmaschine sowie sonstiger, die Prüfkraft übertragende Zugmaschinenbauteile ermöglichen.

1.2.
Vorbereitung der Prüfungen

1.2.1. Die Schutzvorrichtung muß der Serienausführung entsprechen. Sie ist in der vom Hersteller vorgeschriebenen Weise auf einer der Zugmaschinen, für die sie bestimmt ist, zu befestigen. Eine vollständige Zugmaschine ist für die Prüfungen nicht erforderlich; die Schutzvorrichtung und die Teile der für die Prüfungen benutzten Zugmaschine, an denen sie befestigt ist, müssen jedoch eine betriebsmäßige Einheit, im folgenden Aufbau genannt, bilden.

1.2.2. Der Aufbau ist so auf der Grundplatte zu befestigen, daß sich die Verbindungselemente zwischen Aufbau und Grundplatte unter Belastung, bezogen auf die Schutzvorrichtung, nicht nennenswert verformen. Die Befestigungsart des Aufbaus an der Grundplatte darf die Festigkeit des Aufbaus nicht verändern.

1.2.3. Der Aufbau ist so abzustützen und zu befestigen oder zu ändern, daß die gesamte Prüfenergie von der Schutzvorrichtung und ihrer Befestigung an den starren Bauteilen der Zugmaschine aufgenommen wird.

1.2.3.1. Um den Anforderungen nach 1.2.3 zu entsprechen, muß die Änderung bewirken, daß die Federung der fahrenden Zugmaschine so verriegelt wird, daß auch kein Bruchteil der Prüfenergie von ihr absorbiert wird.

1.2.4. Die Zugmaschine ist zur Prüfung mit allen Bauelementen der serienmäßigen Ausführung zu versehen, die die Festigkeit der Schutzvorrichtung beeinflussen können oder die gegebenenfalls zur Durchführung der Festigkeitsprüfung erforderlich sind. Bauteile,die in der Freiraumzone eine Gefahr darstellen können, müssen ebenfalls vorhanden sein, damit geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen nach 4. erfüllt sind. Bei den Prüfungen werden alle Teile, die der Fahrer selbst abnehmen kann, entfernt. Wenn die Möglichkeit besteht, Türen und Fenster beim Betrieb offen zu lassen oder zu entfernen, müssen sie auch bei den Prüfungen offen bleiben bzw. entfernt werden, um den Widerstand der Schutzvorrichtung nicht zu verstärken. Wenn Fenster und Türen in dieser Stellung bei einem Umstürzen der Zugmaschine eine Gefahr für den Fahrer darstellen, ist dies im Prüfbericht zu erwähnen.

1.3.
Masse der Zugmaschine

Die in den Formeln (siehe Anhang III) zur Berechnung der Energien und der Druckkraft zu verwendende Bezugsmasse mt ist mindestens gleich der in Anhang I—2.4 der Richtlinie 74/150/EWG definierten Masse (d. h. ohne Sonderzubehör, jedoch mit Kühlflüssigkeit, Schmiermittel, Kraftstoff, Werkzeug und Fahrer), zuzüglich der Schutzvorrichtung und abzüglich 75 kg. Nicht zu berücksichtigen sind etwaige zusätzliche Front- oder Heckbelastungsgewichte, Reifenballast, Anbaugeräte oder sonstiges Sonderzubehör.

2.
GERÄTE UND AUSRÜSTUNGEN

2.1.
Waagerechte Belastungsprüfungen (seitliche und Längsbelastung)

2.1.1. Werkstoffe, Geräte und Befestigungsvorrichtungen, mit denen der Aufbau, unabhängig von den Reifen, falls diese vorhanden sind, fest auf der Grundplatte befestigt werden kann.

2.1.2. Vorrichtung zum Aufbringen einer waagerechten Kraft auf die Schutzvorrichtung gemäß den Abbildungen 1 und 2, Anhang IV, durch einen starren Balken.

2.1.2.1. Der starre Balken muß eine vertikale Abmessung von 150 mm haben.

2.1.2.2. Es ist dafür zu sorgen, daß die Belastung auf der ganzen Länge eines Balkens von nicht weniger als 250 mm und nicht mehr als 700 mm Länge gleichmäßig in Richtung der Belastung verteilt werden kann und zwischen diesen Grenzwerten eine vielfache Länge von genau 50 mm hat.

2.1.2.3. Die mit der Schutzvorrichtung in Berührung kommenden Kanten des Balkens müssen abgerundet sein, wobei der Abrundungsradius höchstens 50 mm betragen darf.

2.1.2.4. Kardan- oder gleichwertige Gelenke sind zu verwenden, um sicherzustellen, daß die Belastungsvorrichtung die Schutzvorrichtung weder durch Rotation noch durch Translation in einer anderen Richtung als der Belastungsrichtung beansprucht.

2.1.2.5. Wenn der Teil der Schutzvorrichtung, der die Last trägt, nicht in waagerechter Ebene und senkrecht zur Druckrichtung verläuft, so ist der Zwischenraum so auszufüllen, daß die Last auf diese Länge verteilt wird.

2.1.3. Geräte, mit denen im Rahmen der technischen Möglichkeiten die Energie gemessen werden kann, die von der Schutzvorrichtung und den starren Teilen der Zugmaschine, an denen diese befestigt ist, aufgenommen wird, z. B. zur Messung der aufgebrachten Kraft und der Verlagerung ihres Aufbringungspunktes in die Richtung der aufgebrachten Kraft gegenüber einem bestimmten Punkt auf dem Fahrgestell der Zugmaschine.

2.1.4. Vorrichtungen zum Nachweis, daß die Freiraumzone während der Prüfung nicht verletzt worden ist. Es kann eine Vorrichtung gemäß den Abbildungen 6 in Anhang IV benutzt werden.

2.2.
Druckprüfungen (hinten und vorn)

2.2.1. Werkstoffe, Geräte und Befestigungsvorrichtungen, mit denen die Zugmaschine unabhängig von den Reifen fest auf der Grundplatte aufgebaut werden kann.

2.2.2. Vorrichtungen zum Aufbringen einer senkrechten Kraft auf die Schutzvorrichtung gemäß Anhang IV Abbildung 3, wobei der starre Druckbalken eine Breite von 250 mm hat.

2.2.3. Geräte zur Messung der insgesamt aufgebrachten senkrechten Kraft.

2.2.4. Vorrichtungen zum Nachweis, daß die Freiraumzone während der Prüfung nicht verletzt worden ist. Es kann eine Vorrichtung gemäß den Abbildungen 6 des Anhangs IV benutzt werden.

2.3.
Meßtoleranzen

2.3.1. Abmessungen: ± 3 mm

2.3.2. Verformung: ± 3 mm

2.3.3. Masse der Zugmaschine: ± 20 kg

2.3.4. Lasten und Kräfte: ± 2 %

2.3.5. Belastungsrichtung: Abweichung von der Waagerechten und Senkrechten gemäß Anhang III:

bei Prüfungsbeginn, unbelastet: ± 2°

bei Prüfung unter Last: 10° oberhalb der Waagerechten und 20° unterhalb der Waagerechten. Diese Abweichungen müssen soweit wie möglich verringert werden.

3.
PRÜFUNGEN

3.1.
Allgemeine Bestimmungen

3.1.1.
Reihenfolge der Prüfungen

3.1.1.1. Die Prüfungen sind in der nachstehenden Reihenfolge durchzuführen:

3.1.1.1.1.
Längsbelastung (vgl. Anhang III — 1.2)
Bei Zugmaschinen, bei denen mindestens 50 % der in 1.3 beschriebenen Masse auf die Hinterräder entfällt, ist die Längsbelastung von hinten aufzubringen (Fall 1). Bei den übrigen Zugmaschinen erfolgt die Belastung von vorn (Fall 2).
3.1.1.1.2.
Erste Druckprüfung
Die erste Druckprüfung ist am gleichen Ende der Schutzvorrichtung wie die Längsbelastung anzusetzen, d.h.
hinten: im Fall 1 (vgl. Anhang III — 1.5)
oder vorn: im Fall 2 (vgl. Anhang III — 1.6)
3.1.1.1.3.
Seitliche Belastung (vgl. Anhang III — 1.3)
3.1.1.1.4.
Zweite Druckprüfung
Die zweite Druckprüfung ist an dem der Längsbelastung entgegengesetzten Ende der Schutzvorrichtung anzusetzen, d. h.
vorn: im Fall 1 (vgl. Anhang III — 1.6)
oder hinten: im Fall 2 (vgl. Anhang III — 1.5)
3.1.1.1.5.
Zweite Längsbelastung (vgl. Anhang III — 1.7)
Eine zweite Längsbelastung muß bei Zugmaschinen, deren Schutzvorrichtung klappbar ist, durchgeführt werden, falls die Längsbelastung (siehe 3.1.1.1.1) nicht in der Richtung aufgebracht wurde, die ein Wegklappen der Schutzvorrichtung bewirkt hätte.

3.1.1.2. Bricht oder bewegt sich ein Teil der Haltevorrichtung während der Prüfung, so ist diese Prüfung zu wiederholen.

3.1.1.3. Während der Prüfungen dürfen an der Zugmaschine oder an der Schutzvorrichtung keine Reparaturen oder Einstellungen vorgenommen werden.

3.1.2.
Spurweite

Die Räder sind zu entfernen oder auf eine Spurweite einzustellen, die gewährleistet, daß während der Prüfung keine Beeinträchtigung der Schutzvorrichtung auftritt.

3.1.3.
Entfernung von Bauteilen, die keine Gefahrenquelle darstellen

Alle Teile der Zugmaschine und der Schutzvorrichtung, die, als in sich geschlossene Einheit, einen Schutz für den Fahrer darstellen, einschließlich der Wetterschutzeinrichtung, sind zur Besichtigung auf der Zugmaschine mitzuliefern. Der der Prüfung zu unterziehende Aufbau braucht nicht mit einer Windschutzscheibe, Seiten- oder Heckfenstern aus Sicherheitsglas oder ähnlichen Werkstoffen, abnehmbaren Verkleidungen, Ausrüstungen und Zubehörteilen ausgerüstet zu sein, die nicht zur Festigkeit des Aufbaus beitragen und im Falle eines Überrollens keine Gefahr darstellen.

3.1.4.
Meßgeräte

Die Schutzvorrichtung ist mit den Meßgeräten auszustatten, die nötig sind, um die erforderlichen Daten für das Kraft/Verformungs-Schaubild (siehe Abbildung 4 des Anhangs IV) ermitteln zu können. Die Gesamtverformung und die bleibende Verformung der Schutzvorrichtung werden für jede Prüfungsphase gemessen und aufgezeichnet (siehe Abbildung 5 des Anhangs IV).

3.1.5.
Belastungsrichtung

Bei einer Zugmaschine, deren Sitz sich nicht in der Mittelebene der Zugmaschine befindet und/oder bei nichtsymmetrischer Festigkeit der Schutzvorrichtung ist die seitliche Belastung an der Seite aufzubringen, auf der eine Verletzung der Freiraumzone während der Prüfungen am wahrscheinlichsten ist (siehe auch Anhang III — 1.3).

4.
ANNAHMEBEDINGUNGEN

4.1. Eine zur Erteilung der EWG-Bauartgenehmigung vorgeführte Schutzvorrichtung gilt hinsichtlich der Festigkeit als zufriedenstellend, wenn nach den Prüfungen die nachstehenden Bedingungen erfüllt sind:

4.1.1. Sie darf keine Brüche oder Risse gemäß Anhang III — 3.1 aufweisen.

4.1.1. Die Schutzvorrichtung darf während der Prüfungen gemäß Anhang III — 1.2, 1.3, 1.5, 1.6 und gegebenenfalls 1.7 an keiner Stelle in die in Anhang III — 3.2 beschriebene Freiraumzone eingedrungen sein bzw. sich außerhalb des geschützten Bereichs der Schutzvorrichtung befunden haben. Ist eine Überlastprüfung vorgenommen worden, so muß die im Stadium der Nennenergieabsorption aufgebrachte Kraft mehr als 0,8 Fmax der größten sowohl bei der Hauptprüfung wie auch bei der betreffenden Überlastprüfung aufgetretenen Kraft betragen (siehe Abbildungen 4b und 4c des Anhangs IV).

4.1.2. Während der Versuche darf keinerlei Druck von der Schutzvorrichtung auf die tragenden Teile des Sitzes ausgeübt werden.

4.1.3.
In dem Augenblick, wo die erforderliche Energie bei jeder vorgeschriebenen waagerechten Belastungsprüfung erreicht wird, muß die aufgebrachte Kraft mehr als 0,8 Fmax betragen.

4.2. Außerdem darf der Fahrer durch keinerlei sonstige Eigenschaft besonders gefährdet werden, beispielsweise durch unzureichende Polsterung der Innenseite des Daches oder durch irgendwelche sonstige Stellen, an denen sich der Fahrer den Kopf stoßen kann.

5.
PRÜFBERICHT

5.1. Der Prüfbericht ist dem in Anhang VII wiedergegebenen EWG-Bauartgenehmigungsbogen beizufügen. Ein Muster des Prüfberichts ist in Anhang V enthalten. Der Prüfbericht muß folgende Angaben umfassen:
5.1.1.
Eine allgemeine Beschreibung der Form und der Bauart der Schutzvorrichtung (vorgeschriebene Abmessungen siehe Anhang V), einschließlich des normalen Ein- und Ausstiegs und des Notausstiegs, des Heizungs- und Lüftungssystems und des anderen lieferbaren Zubehörs, sofern dieses vorhanden ist und in die Freiraumzone eindringen oder eine Gefahr darstellen kann.
5.1.2.
Einzelheiten über etwaige Sondervorrichtungen, z. B. Sicherung gegen Weiterrollen der Zugmaschine.
5.1.3.
Eine kurze Beschreibung der Innenpolsterung.
5.1.4.
Angabe des Typs der Windschutzscheibe und der Verglasung sowie aller eingearbeiteten EWG- oder sonstigen Prüfzeichen.

5.2. Im Falle der Erweiterung der EWG-Bauartgenehmigung auf andere Zugmaschinentypen ist in den Prüfbericht ein genauer Hinweis auf den Prüfbericht für die ursprüngliche EWG-Bauartgenehmigung aufzunehmen, und es sind präzise Angaben hinsichtlich der Vorschriften des Anhangs I — 3.4 zu machen.

5.3. Aus dem Prüfbericht muß ersichtlich sein,- welcher Zugmaschinentyp (Fabrikmarke, Typ und Handels-Bezeichnung usw.) für die Prüfungen verwendet worden ist und für welche Typen die Schutzvorrichtung bestimmt ist.

6.
SYMBOLE

mt=
Bezugsmasse der Zugmaschine (kg) gemäß 1.3;
D=
Verformung (mm) der Schutzvorrichtung an der Stelle und in der Richtung des Lastangriffs;
D′=
Verformung (mm) der Schutzvorrichtung für die erforderliche errechnete Energie;
F=
statische Belastungskraft (N) (Newton);
Fmax=
höchste statische Kraft während der Belastung (N), mit Ausnahme der HUberlastung;
F′=
Kraft für die erforderliche errechnete Energie;
F-D=
Kraft-Verformungs-Kurve;
Eis=
bei der seitlichen Belastung zu absorbierende Eingangsenergie (J) (Joule);
Eil 1=
bei der Längsbelastung zu absorbierende Eingangsenergie (J);
Eil 2=
bei der zusätzlichen Längsbelastung zu absorbierende Eingangsenergie (J);
Fr=
bei der Druckprüfung hinten aufgebrachte Kraft (N);
Ff=
bei der Druckprüfung vorn aufgebrachte Kraft (N).
Ei=
vom Rahmen absorbierte Formänderungsenergie. Fläche unter der F—D-Kurve (J) (siehe Abbildung 4 a, Anhang IV);
E′i=
vom Rahmen nach der zusätzlichen Belastung infolge eines Bruches oder Risses absorbierte Formänderungsenergie (J) (siehe Abbildung 4 b und 4 c, Anhang IV);
Ea=
vom Rahmen an der Stelle der Entlastung absorbierte Formänderungsenergie. Fläche unter der F—D-Kurve (J) (siehe Abbildung 4b, Anhang IV);
E″i=
vom Rahmen bei der Überlastungsprüfung absorbierte Formänderungsenergie. Fläche unter der F—D-Kurve (J) (siehe Abbildung 4c, Anhang IV).

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