ANHANG I RL 87/402/EWG

BEDINGUNGEN FÜR DIE ERTEILUNG EINER EWG-BAUARTGENEHMIGUNG

1.
Es gelten die folgenden Begriffsbestimmungen und Bestimmungen von Punkt 1 des Kodex 6(1) des OECD-Beschlusses C(2008) 128 vom Oktober 2008, mit Ausnahme von Punkt 1.1 „Land- oder forstwirtschaftliche Zugmaschinen” :

1.
Begriffsbestimmungen

1.1 (entfällt)

1.2
Umsturzschutzvorrichtung

Eine Umsturzschutzvorrichtung (Sicherheitsführerhaus/Sicherheitsrahmen), nachstehend „Schutzvorrichtung” genannt, ist eine Vorrichtung an einer Zugmaschine, die dazu dient, den Fahrzeugführer vor den Gefahren zu schützen, die durch Umstürzen der Zugmaschine bei normaler Verwendung auftreten können. Umsturzschutzvorrichtungen verfügen über eine Freiraumzone, deren Größe den Fahrzeugführer schützt, wenn dieser sich in der Sitzposition entweder innerhalb des Schutzaufbaus befindet oder innerhalb eines Raumes, der begrenzt ist durch eine Reihe gerader Linien, die von den Außenkanten der Schutzvorrichtung zu jedem möglicherweise mit dem Boden in Berührung kommenden Teil der Zugmaschine verlaufen, das im Falle eines Überrollens die Zugmaschine abstützen kann.

1.3
Spurweite

1.3.1
Vorläufige Begriffsbestimmungen: Radmittelebene

Die Radmittelebene liegt in der Mitte zwischen den beiden Ebenen, die an den Außenkanten der Felgen anliegen.

1.3.2
Begriffsbestimmung für Spurweite

Die durch die Radachse verlaufende Ebene schneidet die Radmittelebene in einer Linie, die an einem bestimmten Punkt auf die Aufstandsfläche trifft. Werden die so definierten Punkte der Räder einer Achse der Zugmaschine mit A und B bezeichnet, so ist die Spurweite der Abstand zwischen den Punkten A und B. Diese Definition von Spurweite gilt für Vorder- und Hinterachse gleichermaßen. Bei Zwillingsbereifung ist die Spurweite der Abstand zwischen den Mittelebenen der Reifenpaare.

1.3.3
Zusätzliche Begriffsbestimmung: Mittelebene der Zugmaschine

Die äußerste Lage der Punkte A und B der Hinterachse der Zugmaschine stellen den größtmöglichen Wert für die Spurweite dar. Die vertikale Ebene, die rechtwinklig zu der durch die Punkte A und B beschriebenen Linie durch deren Mittelpunkt verläuft, ist die Mittelebene der Zugmaschine.

1.4
Radstand

Der Radstand ist der Abstand der zwei vertikalen Ebenen, die die beiden durch die Punkte A und B beschriebenen Linien, jeweils für die Vorder- und die Hinterräder, wie oben definiert, durchlaufen.

1.5
Bestimmung des Sitz-Index-Punktes; Anbringungsstelle des Sitzes und Sitzeinstellung für Prüfzwecke

1.5.1
Sitz-Index-Punkt (SIP)(*)

Der Sitz-Index-Punkt ist gemäß ISO 5353:1995 zu bestimmen.

1.5.2
Anbringungsstelle des Sitzes und Sitzeinstellung für Prüfzwecke

1.5.2.1
Ist die Neigung der Sitzlehne und der Sitzschale verstellbar, so sind diese so einzustellen, dass sich der Sitz-Index-Punkt in der höchsten hinteren Stellung befindet.
1.5.2.2
Ist der Sitz mit einer Federung ausgestattet, ist er in der Mitte des Schwingungsbereiches festzustellen, sofern der Sitzhersteller nicht eindeutig etwas anderes angibt.
1.5.2.3
Ist der Sitz nur in der Längsrichtung und in der Höhe verstellbar, so muss die durch den Sitz-Index-Punkt verlaufende Längsachse parallel zu der durch den Mittelpunkt des Lenkrads verlaufenden senkrechten Längsebene der Zugmaschine sein und darf nicht mehr als 100 mm von dieser Längsebene entfernt verlaufen.

1.6
Freiraumzone

1.6.1
Vertikale Bezugsebene und -linie

Die Freiraumzone (Abbildung 6.1 Anhang II) ist durch eine vertikale Bezugsebene und eine Bezugslinie definiert.
1.6.1.1
Die Bezugsebene ist eine vertikale Ebene, die im Allgemeinen längs der Zugmaschine durch den Sitz-Index-Punkt sowie durch die Mitte des Lenkrades verläuft. Die Bezugsebene ist in der Regel mit der Längsmittelebene der Zugmaschine identisch. Es wird angenommen, dass sich diese Bezugsebene bei Belastung horizontal mit dem Sitz und dem Lenkrad verschiebt, jedoch in ihrer senkrechten Stellung in Bezug auf die Zugmaschine bzw. den Boden der Überrollschutzvorrichtung verbleibt.
1.6.1.2
Die Bezugslinie ist die in der Bezugsebene enthaltene Linie, die sowohl durch einen Punkt verläuft, der sich 140 + ah hinter und 90 — av unterhalb des Sitz-Index-Punkts befindet, als auch durch den ersten Punkt des Lenkradkranzes, den sie schneidet, wenn sie horizontal verlängert wird.

1.6.2
Bestimmung der Freiraumzone für Zugmaschinen mit nicht umkehrbarem Sitz.

Die Freiraumzone für Zugmaschinen mit nicht umkehrbarem Sitz ist in den Nummern 1.6.2.1 bis 1.6.2.11 definiert (siehe unten); sie wird von folgenden Ebenen begrenzt, wobei sich die Zugmaschine auf einer horizontalen Fläche befindet und der Sitz, falls verstellbar, in der höchsten hinteren Stellung ist(**) und das Lenkrad, falls verstellbar, in mittlerer Stellung für einen sitzenden Fahrer eingestellt ist:
1.6.2.1
zwei beiderseitig im Abstand von 250 mm zur Bezugsebene verlaufenden vertikalen Ebenen; diese vertikalen Ebenen erstrecken sich über der in 1.6.2.8 definierten Ebene 300 mm nach oben und in Längsrichtung mindestens 550 mm vor einer vertikalen Ebene senkrecht zur Bezugsebene, die (210–ah) mm vor dem Sitz-Index-Punkt verläuft;
1.6.2.2
zwei beiderseitig im Abstand von 200 mm zur Bezugsebene verlaufenden vertikalen Ebenen; diese vertikalen Ebenen erstrecken sich über der in 1.6.2.8 definierten Ebene 300 mm nach oben und in Längsrichtung von der in 1.6.2.11 definierten Fläche bis zur vertikalen Ebene senkrecht zur Bezugsebene, die (210–ah) mm vor dem Sitz-Index-Punkt verläuft;
1.6.2.3
einer geneigten Ebene senkrecht zur Bezugsebene verlaufend, parallel zu und 400 mm über der Bezugslinie liegend, nach hinten zu dem Punkt auslaufend, wo sie die vertikale, senkrecht zur Bezugsebene verlaufende Ebene schneidet, die durch einen Punkt (140 + ah) mm hinter dem Sitz-Index-Punktes verläuft;
1.6.2.4
einer geneigten Ebene, die sich rechtwinklig zur Bezugsebene anschließt, auf die in 1.6.2.3 definierte Ebene an ihrem hintersten Punkt auftrifft und auf dem höchsten Punkt der Sitzrückenlehne aufliegt;
1.6.2.5
einer vertikalen Ebene senkrecht zur Bezugsebene, mindestens 40 mm vor dem Lenkrad und mindestens 760–ah vor dem Sitz-Index-Punkt verlaufend.
1.6.2.6
einer zylindrischen Fläche, deren Achse rechtwinklig zur Bezugsebene verläuft und mit einem Radius von 150 mm tangential an die in 1.6.2.3 und 1.6.2.5 definierten Ebenen anschließt;
1.6.2.7
zwei geneigten parallelen Ebenen, die durch die oberen Begrenzungen der in 1.6.2.1 festgelegten Ebenen verlaufen, wobei die geneigte Ebene, auf deren Seite der Schlag angesetzt wird, mindestens 100 mm von der Bezugsebene oberhalb des Freiraums entfernt ist.
1.6.2.8
einer horizontalen Ebene, die 90–av unter dem Sitz-Index-Punkt verläuft;
1.6.2.9
zwei Ausschnitten der vertikalen Ebene, die senkrecht zur Bezugsebene und 210–ah vor dem Sitz-Index-Punkt verläuft; diese beiden Teilebenen verbinden jeweils die hinteren Begrenzungen der unter 1.6.2.1 festgelegten Ebenen und die vorderen Begrenzungen der unter 1.6.2.2 festgelegten Ebenen;
1.6.2.10
zwei Ausschnitten der horizontalen Ebene, die 300 mm oberhalb der in 1.6.2.8 definierten Ebene verläuft; diese beiden Teilebenen verbinden jeweils die oberen Begrenzungen der in 1.6.2.2 festgelegten vertikalen Ebenen und die unteren Begrenzungen der in 1.6.2.7 festgelegten geneigten Ebenen;
1.6.2.11
einer gegebenenfalls gekrümmten Fläche, deren Mantellinie senkrecht zur Bezugsebene verläuft und die an der Rückseite der Sitzrückenlehne anliegt.

1.6.3
Bestimmung der Freiraumzone für Zugmaschinen mit umkehrbarem Führerstand

Bei einer Zugmaschine mit umkehrbarem Führerstand (mit umkehrbarem Sitz und Lenkrad) besteht der Freiraum aus dem von den beiden Freiraumzonen umgebenen Bereich; die Freiraumzonen werden durch die beiden unterschiedlichen Stellungen des Lenkrads und des Sitzes bestimmt.

1.6.4
Zusätzliche Sitze

1.6.4.1
Bei einer Zugmaschine, die mit zusätzlichen Sitzen ausgestattet werden kann, wird bei den Prüfungen jener von beiden Freiraumzonen umgebene Bereich verwendet, der sich aus den Sitz-Index-Punkten aller möglichen Sitzpositionen ergibt. Die Schutzvorrichtung darf nicht Teil der größeren Freiraumzone sein, in der diese unterschiedlichen Sitz-Index-Punkte berücksichtigt sind.
1.6.4.2
Wird nach der Prüfung eine neue Sitzposition vorgeschlagen, ist zu bestimmen, ob sich die Freiraumzone um den neuen Sitz-Index-Punkt innerhalb des vorher festgelegten Raums befindet. Ist dies nicht der Fall, muss eine neue Prüfung durchgeführt werden.

1.7
Zulässige Messtoleranzen

Längenmaße:
± 3 mm
Ausgen.:
— Reifenverformung:
± 1 mm
— Verformung der Schutzvorrichtung bei horizontalen Belastungen:
± 1 mm
— Fallhöhe des Pendelblocks:
± 1 mm
Massen:
± 1 %
Kräfte:
± 2 %
Winkel:
± 2°

1.8
Symbole

ah(mm)Hälfte der horizontalen Sitzverstellung
av(mm)Hälfte der vertikalen Sitzverstellung
B(mm)Mindestgesamtbreite der Zugmaschine
Bb(mm)Größte Außenbreite der Umsturzschutzvorrichtung
D(mm)Verformung der Schutzvorrichtung am Aufschlagspunkt (dynamische Prüfungen) bzw. Verformung an der Stelle und in der Richtung der Belastung (statische Prüfungen)
D′(mm)Verformung der Schutzvorrichtung für die errechnete erforderliche Energie
Ea(J)Absorbierte Verformungsenergie bei Wegnahme der Belastung; der Bereich liegt innerhalb der Kurve F-D.
Ei(J)Absorbierte Verformungsenergie; der Bereich liegt unterhalb der Kurve F-D.
E′i(J)Nach einer zusätzlichen infolge von Brüchen und Rissen vorgenommenen Belastungsprüfung absorbierte Verformungsenergie
E″i(J)Während der Überlastprüfung absorbierte Verformungsenergie bei Wegnahme der Belastung vor der Prüfung mit Überlast; der Bereich liegt unterhalb der Kurve F-D.
Eil(J)Bei Längsbelastung zu absorbierende Eingangsenergie
Eis(J)Bei seitlicher Belastung zu absorbierende Eingangsenergie
F(N)Statische Belastungskraft
F′(N)Belastungskraft für errechnete erforderliche Energie entsprechend E'i
F-DKraft-Verformungs-Schaubild
Fi(N)Am hinteren starren Teil aufgebrachte Kraft
Fmax(N)Höchste statische Kraft während der Belastung, Überlast nicht berücksichtigt
Fv(N)Vertikale Druckkraft
H(mm)Fallhöhe des Pendelblocks (dynamische Prüfungen)
H′(mm)Fallhöhe des Pendelblocks bei zusätzlicher Prüfung (dynamische Prüfungen)
I(kgm2)Bezugsträgheitsmoment der Zugmaschine um die Achse der Hinterräder, unabhängig von der Masse der Hinterräder
L(mm)Bezugsradstand der Zugmaschine
M(kg)Bezugsmasse der Zugmaschine bei den Festigkeitsprüfungen entsprechend 3.2.1.4

2.
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

2.1. Die Schutzvorrichtungen und ihre Befestigung an der Zugmaschine müssen so beschaffen sein, daß ihr Hauptzweck nach Nummer 1.1 erfüllt wird.

2.2. Diese Bedingung gilt als erfüllt, wenn die Vorschriften der Anhänge II, III und IV eingehalten werden.

3.
ANTRAG AUF ERTEILUNG EINER EWG-BAUARTGENEHMIGUNG

3.1. Der Antrag auf Erteilung einer EWG-Bauartgenehmigung betreffend die Festigkeit der Schutzvorrichtung und ihrer Befestigung an der Zugmaschine ist vom Hersteller der Zugmaschine, vom Hersteller der Schutzvorrichtung oder ihren jeweiligen Bauftragten zu stellen.

3.2. Dem Antrag sind folgende Unterlagen in dreifacher Ausfertigung und nachstehende Angaben beizufügen:

maßstabgerechte Zeichnung der Schutzvorrichtung oder Zeichnung unter Angabe der Hauptabmessungen. In dieser Zeichnung muß insbesondere die Befestigung im Detail dargestellt sein;

Fotos von der Seite und von vorne, mit Einzelheiten der Befestigung;

kurze Beschreibung der Schutzvorrichtung mit folgenden Angaben: Bauart, Art der Befestigung an der Zugmaschine und, soweit erforderlich, Einzelheiten der Verkleidung sowie Einzelheiten der Innenpolsterung;

Angaben über die für die tragenden Bauelemente der Schutzvorrichtung und der Befestigung verwendeten Werkstoffe (siehe Anhang VI).

3.3. Dem für die Durchführung der Bauartgenehmigungsprüfung zuständigen technischen Dienst ist eine für den Zugmaschinentyp, für den die zu genehmigende Schutzvorrichtung bestimmt ist, repräsentative Zugmaschine vorzuführen. An diese Zugmaschine ist die Schutzvorrichtung angebaut. Außerdem sind vom Hersteller die Abmessungen der Reifen anzugeben, mit denen die Vorder- und Hinterachse bestückt sind bzw. bestückt werden können.

3.4. Der Inhaber einer EWG-Bauartgenehmigung kann beantragen, daß diese auf andere Zugmaschinentypen erweitert wird. Die zuständigen Behörden, die die erste EWG-Bauartgenehmigung erteilt haben, gewähren die beantragte Erweiterung, wenn die genehmigte Schutzvorrichtung sowie der (die) Zugmaschinentyp(en), für den (die) die Erweiterung der ursprünglichen EWG-Bauartgenehmigung beantragt wird, nachstehende Bedingungen erfüllt (erfüllen):

Die Masse der Zugmaschine ohne Ballast gemäß Anhang III Nummer 1.4 überschreitet die für die Prüfung verwendete Bezugsmasse um nicht mehr als 5 %.

Die Art der Befestigung ist gleich, und die Anbaupunkte an der Zugmaschine sind gleich.

Bauteile wie Kotflügel und Motorhauben, die als Abstützung für die Schutzvorrichtung dienen können, sind von gleicher Festigkeit und befinden sich — bezogen auf die Schutzvorrichtung — an gleicher Stelle.

Die kritischen Abmessungen und die Anordnung des Sitzes und des Lenkrads in bezug auf die Schutzvorrichtung sowie die Anordnung der als starr geltenden und zur Prüfung der Frage des Schutzes für den Freiraum heranzuziehenden Punkte gegenüber der Schutzvorrichtung müssen dergestalt sein, daß die Freiraumzone bei den einzelnen Prüfungen ungeachtet der Verformungen durch die Vorrichtung geschützt bleibt.

4.
AUFSCHRIFTEN

4.1. Jede Schutzvorrichtung, die dem genehmigten Typ entspricht, muß mit folgenden Aufschriften versehen sein:

4.1.1. Fabrik- oder Handelsmarke;

4.1.2. EWG-Genehmigungszeichen nach dem Muster des Anhangs VII;

4.1.3. Seriennummer der Schutzvorrichtung;

4.1.4. Zugmaschinenmarke und -typ(en), für den (die) die Schutzvorrichtung bestimmt ist.

4.2. Alle diese Angaben sind auf einem Schild zu vermerken.

4.3. Die Angaben müssen sichtbar, leserlich und dauerhaft angebracht sein.

Fußnote(n):

(1)

OECD-Kodex für amtliche Prüfungen der vorderen Umsturzschutzvorrichtungen land- oder forstwirtschaftlicher Schmalspurzugmaschinen auf Rädern.

(*)

Für Erweiterungsprüfungen, durch die Prüfprotokolle untersucht werden, in denen ursprünglich der Sitzbezugspunkt verwendet wurde, sind die erforderlichen Messungen unter Verwendung des Sitzbezugspunktes statt des Sitz-Index-Punktes durchzuführen und die Verwendung des Sitzbezugspunktes ist deutlich anzuzeigen (siehe Anhang 1).

(**)

Hinweis für Nutzer: Der Sitz-Index-Punkt wird gemäß ISO 5353 bestimmt und stellt in Bezug auf die Zugmaschine einen festen Punkt dar, der sich nicht bewegt, wenn der Sitz in einer anderen als der mittleren Stellung eingestellt wird. Zur Bestimmung der Freiraumzone ist der Sitz in die höchste hintere Stellung zu bringen.

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